Samstag, 30. August 2014

Irrwege der Theologie-was tun mit der Philosophie

Lenin schrieb einst: "Wer einigermaßen mit der philosophischen Literatur vertraut ist, muß wissen, daß es kaum einen modernen Professor der Philosophie (wie auch der Theologie) geben dürfte, der sich nicht direlt oder indirekt mit der Widerlegung des Materialismus befaßt."  L. Althusser, ein Leninschüler meinte gar, daß die gesamte Philosophiegeschichte nur einen Gehalt habe: den Kampf des Materialismus wider den philosophischen Idealismus. Offenkundig ist die christliche Theologie in diesem Kampf mitbeteiligt. Sie stünde auf Seiten des Idealismus im Widerstreit zum Materialismus.  
Aber was geht uns Katholische Christen die Philosophie an?, könnte angefragt werden. Wären wir Anhänger des protestantischen: "Die Schrift allein", stimmten ein in die Parole: "Entweder der Gott der Bibel oder der Gott der Philosophen", dann könnten wir, auch wenn uns dies bei Gebildeten den Eindruck fundamentalistischen Denkens hervorrufen könnte,  die Philosophie getrost den Universitäten überlassen und uns fromm dem Studium der hl. Schrift hingeben. Aber wir sind Katholiken! Die Katholische Theologie lebte immer auch aus dem lebendigen Dialog mit der Philosophie. In dem schönen, Platon gewidmeten Buch von Egidius Schmalzriedt, (Platon.Der Schriftsteller und die Wahrheit, 1969) lautet gleich der erste Satz: "Nach Wahrheit streben, die Wahrheit zu ergründen suchen-das gehört zu den allgemeinen Merkmalen, die geradezu die Definition des Begriffes Philosophie auszumachen scheinen."  Zwei Wissenschaften mit dem selben Erkenntnisziel: Pilatus eine Antwort zu geben auf seine Frage: "Was ist Wahrheit?". Das verheißt ein harmonisches und zugleich konflikträchtiges Mit- und Gegeneinander. 
Ja, es scheint, daß die Theologie dem zweiten Stock eines Hauses gliche, das eben nur gut errichtet werden kann, wenn als Fundament oder als erster Stock die Philosophie diene. Und, glaubt man Lenin, dann gäbe es eine Philosophie, auf der kein theologisches Stockwerk errichtet werden könnte, das wäre die materialistische Philosophie, der die idealistische gegenüber stünde, und auf der kann eine christliche Theologie aufgebaut werden!  
Nun könnte eingewandt werden, daß Jesus Christus das Fundament der Theologie sei und somit nicht die Philosophie.Salomonisch gestimmt möchte ich vorschlagen, Beides als wahr anzunehmen: für das theologische Denken ist Jesus Christus das Fundament, aber bevor wir anfangen, theologisch zu denken, müssen wor uns eine Rechenschaft darüber geben, was denn das Denken ist und wie es zur Wirklichkeit sich verhält. Was ist Denken, was ist Wirklichkeit und was die Beziehung von Denken und Wirklichkeit, das sind vortheologische Fragen, ohne deren Klärung wir auch nicht theologisch denken können!

Was tut man aber, wenn man nicht mehr theologisch denken kann? Dann wird die wissenschaftliche Theologie zur wissenschaftlichen Betrachtung von Männern und Frauen, die etwas über Gott und die Welt (als Inhalt der Theologie) ausgesagt haben. Das Ausgesagte wird dann biographisch, zeitgeschichtlich, oder auch mehr sozialgeschichtlich als eine Ausdrucksform einer bestimmten Frömmigkeit von bestimmten Menschen in einer bestimmten Zeit rekonstruiert. "Habe ich erfaßt, was uns dieser theologische Denker damit sagen wollte?" wird zur Kontrollfrage der Wissenschaft. Ob das Ausgesagte wahr ist, im Sinne von: ob es eine wahre Aussagen über Gott und die Welt ist?, gehört dann nicht mehr zur Wissenschaft. Vielleicht können wir an dieser Verschiebung von: ist eine Aussage über Gott wahr? zu der Frage: ist die Aussage von X über Gott adäquat begriffen und wiedergegeben worden,ersehen, was passiert, wenn die wissenschaftliche Theologie meist unreflektiert irgendein Verhältnis zur Philosophie praktiziert- meist in der Meinung, ohne eine Philosophie auszukommen, was aber nichts anderes meint, als daß man sich der vorherrschenden Richtung der Philosophie unterordnet. 
Und es herrscht im 21. Jahrhundert die materialistische Philosophie vor! Die marxistisch-leninistische Philosophie ist zwar spätestens mit der Implosion des real existierenden Sozialismus untergegangen, mit ihm auch die mit dem Marxismus sich liiert habende katholische Befreiungstheologie, aber das war und ist ja immer nur eine Gestalt materialistischer Philosophie gewesen! 
Es bedarf eines reflektierten und neu zu klärenden Verhältnisses zur Philosophie. Das ist etwas anderes, als die von Thomas von Aquin genial geschaffene Einheit von aristotelischer Philosophie und katholischer Tradition einfach nur zitierenderweise zu wiederholen. Der hl.Thomas war nicht so konservativ, daß er auf die geschaffene Einheit des platonisch-christlichen Denkens verwies, um auf jeden  Versuch des Dialoges mit der neuen Philosophie, und das war für ihn und seine Zeitgenossen der neu entdeckte Aristoteles zu verzichten: Wir haben doch schon Platon, das reicht uns! 
Gehört die idealistische Philosophie zur Christlichen Theologie- und warum? Warum ist die Weltanschauung des Materialismus nicht vereinbar mit dem Christentum? Es gibt Zeiten, in denen das Fragen wichtiger ist als das Antworten, denn erst wenn wir wieder die Fragen richtig stellen gelernt haben, werden wir auch die Antworten finden!

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