Sonntag, 18. Januar 2015

Probleme theologischen Denkens-Denken als Wahre?

Eine kleine Betrachtung zum Verhältnis von „theologischer Existenz“ und der bürgerlichen Vorstellung von Beruf

Ein hochtrabender Titel, dem ich jetzt wohl noch nicht gerecht werden kann, sodaß ich diesem Programm seinen Anspruch verkleinernd ein: vorläufige Erwägungen hinzusetze. Im Hintergrund: die Differenz vom protestantischen Pfarrer und dem katholischen Priester und dem Reformwillen, den katholischen in der Gemeinde tätigen Priester dem protestantischen Pfarrer anzugleichen, soll heißen: daß der Protestantismus als verbürgerlichtes Christentum in einer dialektischen Doppelbewegung den Weltmenschen in seiner aufgespaltenen Existenz als Berufs- und Privatmensch aufwertet, indem er jede seiner sozialen Rollen als ein Berufensein zu auslegt und die priesterliche Existenz abwertet, indem sie ihn umformt zu einem bürgerlichen Beruf in der Aufsplitterung von Berufs- und Familien- und Privatleben. Beruf heißt im bürgerlichen Sinne immer auch, daß der Beruf/postmodern: Job Mittel zum Zweck des eigentlichen Privatlebens ist. Der Mensch lebt nicht um seines Berufes willen sondern um zu leben arbeitet er. Das Eigentliche ist ihm das Leben außerhalb der Sphäre des Berufes, aber er benötigt den Beruf, damit er leben kann.
Luther macht so aus dem Priesterdasein eine bürgerliche Existenz und darum gehört zum protestantischen Pfarrer auch konstitutiv die Familie- wie andererseits zum katholischen Priesterdasein das Zölibat. Heiligkeit meint hier nämlich: die Absonderung vom weltlichen Leben und die Ganzhingabe an die göttliche Berufung zum Priesterdasein: es ist ein ungeteiltes Sein. Wie der Kelch der Eucharistie/des Meßopfers ausschließlich für diese heilige Handlung benutzt wird und nicht auch noch für ein profanes Weintrinken , so ist auch der heilige Priester nur für den priesterlichen Dienst da und ist nicht noch etwas davon Abgesondertes.

Ganz Priester sein, das könnte eine Entsprechung haben im: ganz Theologe sein. Wenn der bürgerliche Künstler Werke schafft, um (bürgerlich)zu leben, lebte der „heilige“ Künstler nur, um Werke zu schaffen und dann wäre der ein wahrer Theologe, der lebte, um Theologe zu sein. Könnte man sich den hl. Paulus vorstellen als einen, der um seines Broterwerbes willen Mission betriebe und predigte- einen hl. Thomas, der bei Abfassung seiner Summa sich früge: werde ich damit auch ein gutes Geld verdienen? Kommerziele Theologe sähe anders aus: so wie die „Bücher“ des Klosterbruders Anselm von Grün, hauptberuflich der Ökonom seines Klosters und der reine Kommerzbücher schreibt. Ich schreibe, wie es euch (meine potentiellen Lesern) gefällt. Wahrheit- nur wenn sie verkaufbar ist.

Wenn das theologische Denken ein Weg der Bestimmung des Menschen zur Gotteserkenntnis ist, dann müßte es eine selbstzweckliche Tätigkeit sein. In der bürgerlichen Berufsexistenz gibt es nichts Selbstzweckliches mehr, denn jede Hervorbringung ist ein Produzieren für den Markt, das seine Erfüllung erst im Gekauftwerden findet und nicht im Werk selbst. Das meint wohl: Kunst um der Kunst willen. Somit wäre es eine Gefahr für die theologische Existenz, wenn sie zum Broterwerbsjob würde- war nicht alle große Theologie ein Produkt klösterlicher Existenz, während die Verbürgerlichung der Theologie zum Professorenberuf erst eine humanistische Theologie hervorbrachte, dessen Ziel im Beifall der Zuhörer und Leser sich ereignet.

So gesehen könnte jeder Theologe sein Verhältnis zur Theologie selbstkritisch prüfen in der Frage: Wie hielte ich es mit der Theologie, wenn ich mit und durch sie nicht meinen Lebensunterhalt verdienen kann? Ist mir die Theologie nur eine Broterwerbsquelle oder das, wozu ich als zur Gotteserkenntnis Bestimmter lebe?

Vielleicht kommt uns Heutigen diese Frage nur so abwegig vor, weil wir nicht mehr wissen, was Denken und was insbesondere theologisches Denken ist! Wir meinen, immer schon zu wissen, was das Denken ist und das ist wohl der Grundirrtum schlechthin, der uns eine theologische Existenz verunmöglicht. Wir können nur noch bürgerlich den Job des Theologen ausüben.

Frügen wir ernsthaft, was der Gegenstand des Denkens ist, so müßten wir mit Hegel und dem hl. Thomas respondieren: Gott oder alles, insofern es begriffen wird in seinem Dasein von, in und zu Gott hin. Das Wie dieses Denkens distinguiert dann das theologische vom philosophischen Denken.
Unter der ontologischen Wahrheit von einem Etwas verstand die traditionelle Theologie das ideele Sein von Etwas, das sich in einem Einzelfall dieser seiner Idee individualisiert hat. Zur Veranschaulichung: Urteile ich: „Das ist ein Baum“, so kann dieses Urteil nur wahr sein, wenn das damit Gemeinte ein besonderer Fall des Baumseins ist und das Baumsein ist die Idee des Baumes, zu der es konstitutiv dazugehört, sich in endlich vielen Einzelindividuationen zu realisieren. Das Denken in dm Falle des Urteiles, das sei ein Baum, zielt so auf das ideele Sein des Baumes und begreift das Einzeletwas als eine Individuation seiner Idee.

Denken meint also nicht im Idealfall eine photographisch exakte Wiederspiegelung von Einzeldingen, oder das Sehen von dem, wie es wirklich ist, bzw. eine Abstraktion zu schaffen von Einzeletwassen, sondern ein Partizipieren am Wesen der Dinge, denn ihr Wesen ist ihr Gedachtsein in Gott als Idee. Das Denken ist so den Dingen nichts Äußerliches sondern begreift das Wesen von Allem, denn das ist sein ideeles Sein, das in der Realität in Einzeldingen erscheint. Denken heißt, durch den Schein das Wesen des Erscheinenden zu erfassen, seinen Begriff.

Theologisches Denken ist somit nichts anderes, als Alles von,in und zu Gott hin zu begreifen im Gegensatz zu jeder Einzelwissenschaft, die Etwasse abstrakt, weil isoliert von dieser Relation von: von, in und zu Gott, beschreibt, ohne dann dessen Wesen zu begreifen. Erst der Unglücksfall des Nominalismus verkannte diese Wahrheit des Denkens, indem ihm nun das Einzeletwas das einzig Wahre wurde und die Idee von ihm zur bloßen blutleeren Abstraktion.

Daß dieses Denken selbstzweckliches Denken sein kann und als solches auch ausgeübt werden kann, setzt eigentlich Subjekte der Theologie voraus, die ökonomisch unabhängig sich dem Denken zuwenden können und nicht um etwas anderes willen diese Tätigkeit ausüben können- sonst wird die Theologie zur Broterwerbsquelle und fremdbestimmt wie der Künstler, der nur noch für den freien Markt gemäß ihm produziert- Waren, statt Kunstwerke, Ware statt Wahrheit.



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