Dienstag, 10. März 2015

Familie und Staat oder der Kampf wider den Sexualkundeunterricht in den Schulen

Der Katholische Katechismus lehrt bezüglich des Verhältnisses von Staat und Familie: (Nr. 2211):"Die politische Gemeinschaft [damit ist der Staat gemeint]hat die Pflicht, die Familie in Ehren zu halten, ihr beizustehen, und ihr vor allem zu gewährleisten: -die Freiheit, eine Familie zu gründen, Kinder zu haben und sie gemäß den eigenen moralischen und religiösen Überzeugungen zu erziehen".F. Küble bezeichnet dies in ihrem Artikel, "Das natürliche Erziehungsrecht der Eltern gehört zur Schöpfungsordnung Gottes" (Theologisches 1/2 2015, Sp. 55) als "ein Abwehr-Recht gegenüber staatlicher Willkür und totalitärer Anmaßung." Damit wird eine "klassisch-liberale" Position vertreten, die ganz aus der  der Vorstellung von  einer Dichotomie von dem immer zum Totalitären neigenden Staat und dem positiven Freiheitswillen des  Individuums, bzw. jetzt hier der Familie lebt. Die aktuelle Situation, man denke an die Rot-Grünen Konzepte für den schulischen Sexualkundeunterricht lassen diese Antithetik auch plausibel erscheinen. Aber es ist trotzdem ein rein ideologisches Konzept.
Aus Sicht der Katholischen Kirche ist eben nicht nur die Familie sondern ebenso auch der Staat für die gute Erziehung der Kinder zuständig. Und gerade deshalb gehört ja der Religionsunterricht auch an die staatlichen Schulen und wird eben nicht nur in Räumen der Kirche erteilt. Daß Sexualität etwas Wichtiges ist, ist unbestreitbar und darum ist und muß auch die  Sexualkunde ein Bestandteil der schulischen Lehrpläne sein. Diesbezüglich gab es deshalb auch keine prinzipiellen Probleme, solange das Thron-und Altarbündnis bestand und die staatliche Erziehung sich im Einklang mit der Lehre der Kirche befand. So sehr es dann immer auch im Detail Kompetenzkonflikte gab, im Grundsätzlichen bestand ein Konsens über die religiös-moralische Ausrichtung der Erziehung in der Familie und in staatlichen Schulen.  Das Naturrecht der Eltern, die ersten Erzieher der Kinder zu sein, widerspricht so in keinster Weise dem Auftrage des Staates, auch Erzieher in staatlichen Schulen und Universitäten zu sein. 
Erst durch die Emanzipation des Staates von der Kirche, endgültig nach dem 1.Weltkrieg vollzogen, stellte sich die Verhältnisbestimmung des Erziehungsauftrages der Eltern zu dem Erziehungsauftrag des Staates als problematisch da und zwar genau dann, wenn der Staat, sich als Weltanschauungsstaat gestaltend, die schulische Erziehung gemäß seiner politischen Weltanschauung durchführt. Aber auch hier muß aus christlicher Sicht Vorsicht walten in der Kritik des Staates. Der Staat ist vom Wesen her eine von Gott gewollte Ordnung, die Gott selbst mit der Schwertgewalt ausgestattet hat, damit der Staat auch regieren kann. Die Verteufelung des Staates als "Moloch", "der sich anmaßt, die Kinder den Eltern zu entfremden" gehört konstitiutiv zur Polemik des Liberalismus gegen den Staat, ist aber kein legitimer Bestandteil christlicher Staatskritik! Eine christliche Kritik beanstandet nicht das Daß des Erziehungsauftrages des Staates, sondern das Wie der Durchführung, wenn die Inhalte und das Wie der Vermittelung der Inhalte sich im Widerspruch zur Lehre der Kirche befinden. Niemand fordert ja auch die Abschaffung des Internets, bloß weil in ihm eben auch pornpographische Filme gezeigt werden.  
Dem Katechismus liegt wohl eine etwas anmutig liebliche Vorstellung zu Grunde, die einer intakten Familie, in der die Eltern ihre Kinder christlich erziehen und die dann entsetzt feststellen, daß ihren Kindern in den staatlichen Schulen etwas beigebracht wird, das der christlichen Erziehung widerspricht. So ist die Praxis der "Zeugen Jehovas" ja bekannt, daß die ihre Kinder zu bestimmten Schulstunden nicht in den Unterricht lassen, genau dann, wenn das in der Schule Gelehrte nicht mit ihrem Zeugen-Jehovas-Glauben übereinstimmt. Der Katechismus gibt den "Zeugen Jehovas" recht: auch sie haben das Naturrecht auf ihrer Seite, ihre Kinder gemäß ihrer Religion und Moral zu erziehen und sie müssen es nicht dulden, daß ihre Kinder anders, als sie es wünschen, erzogen werden! 
Und nun haben wir das ganze Problem dieser Bestimmung des Katechismus vor Augen! Seit der kirchlichen Anerkennung der Religionsfreiheit durch das 2.Vaticanum spricht die Kirche allen Eltern, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören, das recht zu, sie nach ihrer Überzeugung zu erziehen. Und so heißt es denn in der Familiencharta, 1983, 1983 vom Vatican publiziert: "Eltern haben das Recht auf Gewähr, dass ihre Kinder nicht gezwungen werden, Schulklassen zu besuchen, die nicht in Übereinstimmung stehen mit ihren moralischen und religiösen Übereinstimmungen." (Sp 56) Es geht nicht mehr um die wahre Erziehung, sondern um das rein Formale: Eltern haben das Recht, ihre Kinder gemäß ihrer Religion zu erziehen und dürfen Sorge dafür tragen, daß ihre Kinder nicht in der Schule gegen die religiöse Überzeugung der Eltern erzogen werden. Das gilt nun natürlich ob der reinen Formalität nicht nur für christliche Eltern, für Zeugen Jehovas sondern dann auch für muslimische Eltern! Da gibt es "gemäßigt" und "militant-fundamentalistisch" ausgerichtete islamische Eltern! An welchem Schulunterricht darf denn dann noch ein muslimisches Kind teilnehmen, wenn Daheim  die Flagge des "Islamischen Staates" weht und wenn die Haßerziehung Andergläubigen gegenüber zur religiösen Erziehung nach Meinung der Eltern unbedingt dazugehört! 
Wer dies Elternerziehungsrecht konsequent zu Ende denkt, muß Ja sagen zur Auflösung des politischen Gemeinwesens in zig Ghettokulturen, in Parallelgesellschaften um es etwas harmloser zu formulieren, wobei es dem Staat dann  faktisch unmöglich wäre, gemeinsame verpflichtende Werte und Normen durch die Schule vermitteln zu lassen, weil jedes Elternpaar ihre Kinder von diesem Unterricht  dann dispensieren dürften, widerspräche der Lehrinhalt ihrer Religion! 
Aber es muß konstatiert werden, daß seit dem Ende der Konstantinischen Epoche die Kirche sich in der Defensive sieht, staatlichen Gestaltungsansprüchen gegenüber. Dabei sind diese legitim, denn auch dazu hat Gott die Ordnung des Staates gesetzt, aber sie werden nun zusehens inhaltlich inadäquat gefüllt. Statt nun aber offensiv eine staatliche Erziehung im Geiste der Wahrheit zu fordern, zieht sich die Kirche zurück in die Familiennische. Hier soll ein staatsfreier Raum  konzipiert werden durch die These eines Naturrechtes der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder und dem soll dann angegliedert werden die Option, daß Eltern ihre Kinder teilweise von der Schulbesuchspflicht entbinden können, wenn  in der Schule etwas gelehrt wird, was der Religion der Eltern widerspricht. (Und so praktizieren es ja in Deutschland-wohl sehr erfolgreich die Zeugen Jehovas-und wohl in Bälde zunehmend islamistische Eltern!) Die Kirche traut sich nun nicht mehr, dies als das Recht der wahren Religion zu fordern, sondern-weil plötzlich alle Religionen gleichberechtigt sind-wohl gar gleich wahr- sondern als naturalistisches Recht aller Eltern. In dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, gibt es eine "Kirche des Satans", die USA ist eben religiös sehr tolerant. Auch diese Eltern dürfen ihre Kinder gemäß ihrer Religion erziehen, denn dies Recht ist ein unveräußerlichrs Naturrecht und auch sie dürfen dann ihre Kinder vom Schulbesuch dispensieren, wenn Antisatanisches in der Schule gelehrt wird!  Ja, da gab es vorkonzilare Päpste, die hielten die Parole der Religionsfreiheit für Ausgeburten des Teufels...Jetzt kann, wie man es wirklich vor einiger Zeit in seriösen Zeitungen lesen, ein britischer Soldat dienstfrei bekommen, auf seinen Antrag hin, an einer religiös-satanischen Veranstaltung teilzunehmen, weil es eine Vorschrift für die britische Armee gibt, daß Soldaten-so weit es möglich ist-die Teilnahme an religiösen Veranstaltungn zu ermöglichen ist. 
Die Kirche zahlt einen hohen Preis für das Naturrecht der Kindererziehung seitens der Eltern! Sie verzichtet so auf den Anspruch der wahren Erziehung zugunsten liberalistischer Beliebigkeit!  

Es muß hierbei aber grundsätzlich unterschieden werden zwischen der taktischen Haltung der Kirche, die in einer Phase der Schwäche, nach der Zerstörung der Thron-und Altarbündnisses, sich für eine Nischenstrategie entschieden hat, dem sich säkularisierenden Staat gegenüber Freiräume zu erwirken, die dann christlich  gefüllt werden können, mit dem Kollateralschaden, daß diese Freiräume nun auch von allen anderen Religionen gefüllt werden können (auch Satanisten haben das Naturrecht, ihre Kinder nach ihrer Religion zu erziehen, um sie vor dem "Moloch" Staat zu bewahren) und der Ideologie des Liberalismus, die eben keine gemeinsamen Werte und Normen anerkennen will und alles der Privatwillkür anheim stellen möchte, wobei die Privatwillkür ihre einzige Grenze in der Anerkennung der Privatwillkür des Anderen findet. Für diese Privatfreiheit ist der Staat immer die größte Freiheitsgefahr!  

1.Corallarium:
Der Begriff des Naturrechtes ist -leider- nur der eines moralischen Anspruches, den die Kirche im Namen der "Natur" an den Staat stellt. Recht wird das Naturrecht natürlich nur dadurch, daß dies Naturrecht der Staat anerkennt als Grundlage etwa seines positiven Rechtes.  Man kann eigentlich nur urteilen, daß ein Staatsrecht gegen den Willen Gottes verstößt und daß damit der Staat, als von Gott gesetzte Ordnung, gegen sich selbst, sein eigenes Wesen handelt.

2. Corallarium
Die Lieblingskinder des Liberalismus, das Privateigentum und die Familie gibt es als Recht auf Privateigentum und das Recht auf die Familie als staatsfreien Raum nur durch den Staat, denn im Naturzustand gibt es faktisch nur das "Recht des Stärkeren", so daß jedes Eigentum nur solange Besitz des Eigentümers ist, wie lange es ihm nicht jemand raubt, um es dann als seinen Besitz anzusehen. Das gilt auch für den Privatraum der Familie: jeder "Stärkere" kann die Ordnung der Familie beseitigen, indem er in sie einbricht und sich nimmt, was ihm gefällt! Aber der Liberalismus sieht in dem Ermöglichungsgrund von Privateigntum und Privatfamilie eben nur die Begrenzung dieser Ordnung als Gefährdung!      

         

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