Freitag, 25. September 2015

"Es gibt kein gutes Töten"-oder was nicht in Kath net stehen durfte

Der Augsburger Familienbund tönte: "Es gibt kein gutes Töten" zur Causa der Legitimität einer Beihilfe zum Freitod. (Meinen Kurzkommentar dazu publizierte Kath net nicht und auch sonst keinen, deshalb gibt es jetzt eine ausführlichere Erörterung dieses Themas. Festzuhalten ist a) daß das Gebot heißt: "Du sollst nicht morden", so die hier sehr gut übersetzende Einheitsübersetzung- "Du sollst nicht töten als Übersetzungsalternative ist nicht mit dem Kontext der gesamten Bibel kompatibel, b)
daß die Katholische Morallehre verbindlich sagt, daß das Töten in einem gerechten Krieg erlaubt ist und daß c) der Staat als Schwertgewalt das Recht zur Ausübung der Todesstrafe zusteht, auch wenn bedauerlicherweise Papst Franziskus in Amerika sich für die Abschaffung der Todesstrafe aussprach(aber dieser Papst eben nicht nur in dieser Causa den Eindruck evoziert, nicht ganz in der Katholischen Lehrtradition verwurzelt zu sein)  und daß d) es das Recht zum Töten in einer Notwehrsituation gibt. Selbstverständlich geht es dabei nicht um ein "gutes Töten", sondern um die moralische Legitimität und nur darüber wird ja auch in dem Diskurs über die Erlaubbarkeit einer Beihilfe zum Freitod diskutiert.
Strikt zu unterscheiden ist dabei die Frage, ob eine Handlung unmoralisch ist oder ob sie als eine zu durch den Staat zu bestrafende gelten soll. Zur Veranschaulichung: ein Ehebruch ist eine unmoralische Handlung, sie gilt aber nicht als strafbare Handlung wie etwa eine Vergewaltigung.In 
der jetzigen Debatte geht es allein um die Frage, ob eine Beihilfe zum Freitod eine strafbare Handlung sein soll, sodaß der sie Ausübende vom Staate strafrechtlich verfolgt werden soll. Merksatz: ich kann sehr wohl eine Handlung als unmoralisch ansehen, aber es für gut erachten, daß der Staat sie nicht bestraft. So ist das Fernbleiben von der Sonntagsmesse auch eine unmoralische Handlung, wenn es nicht schwerwiegende Gründe für das Fernbleiben gibt, aber wer möchte schon einen Verstoß gegen die Pflicht. Sonntags die Messe zu besuchen, als eine vom Staat zu bestrafende Unterlassungshandlung ansehen! 
Das grundlegende Problem in der Causa der Beihilfe zu einem Freitod ist nun dies, daß der Freitod selbst keine strafbare Handlung ist, besser gesagt nicht mehr ist, sodaß es sehr fragwürdig ist, wie eine Beihilfe zu einer nicht strafbaren Tat eine strafbare Tat sein kann. Deshalb wird ein Verbot einer
Beihilfe zu einem Freitod auch aus der besonderen Situation des Berufstandes des Arztes und des ihm subordinierten Personales dem den Freitod wünschenden Patienten gegenüber begründet, als Verstoß gegen die Pflichten eines Arztes. Ein generelles Verbot jeder Beihilfe zum Freitod setzte dagegen die Beurteilung des Freitodes als strafbare Handlung voraus. Wer das bejaht, daß der Freitod wieder eine strafbare Handlung sein soll, der muß dann aber auch die Konsequenz ziehen, daß dann ein gescheiterter "Selbstmörder" mit einer Gefängnishaft  zu bestrafen ist! 
Das besondere Problem der Beihilfe zum Freitod ist so gesehen so zu bestimmen: wenn der seinen Freitod Wünschende seinen Freitod nicht  selbstständig ohne eine Unterstützung von Anderen vollziehen kann, darf er dann zur Realisierung seines Willens zum Freitod eine Unterstützung einfordern und darf sie ihm durch wen unter welchen Conditionen gewährt werden?
Wer hier wie der Augsburger Familienbund jede Beihilfe staatlich verbieten möchte, sodaß der Beihilfe Gewährende dann zu bestrafen ist, der muß sich fragen lassen: ist es moralisch legitimierbar, einen Menschen gegen seinen ausdrücklichen Willen zum Weiterleben zu zwingen? Abstrakter und somit moraltheologisch relevanter gefragt: darf durch Gewalt ein Mensch gegen seinen Willen zu dem ihm Guten gezwungen werden? Ich möchte hier verschiedene Arten der Gewaltausübung gegen Patienten unterscheiden. Zur Veranschaulichung: wer einem bettlägrigen Patienten kein Trinken und Essen gibt, verursacht so, daß er verdurstet und verhungert. In diesem Falle ist das Nichtgewähren von einer Hilfe (das Geben von Nahrung) eine Gewalthandlung gegen den Patienten, die zu seinem Tode führt. Diese Gewaltanwendung soll als unterlassende  Hilfe gelten. So heißt nun die Frage: darf
durch das Unterlassen einer Hilfe zum Freitod ein Mensch gegen seinen ausdrücklichen Willen zum Weiterleben gezwungen werden, wenn der Vorsatz und die Realisierung des Freitodes eine erlaubte Handlung ist. Diese Frage wäre zu bejahen, wenn es eindeutige Indizien dafür gibt, daß der Patient seinen Wunsch zum Freitod nicht freiwillig äußert. Es gilt aber der Grundsatz, daß von der Freiwilligkeit des Wunsches auszugehen ist, wenn nicht eindeutige Indizien dagegensprechen, so wie ja in einem Ehenichtigkeitserklärungsverfahren auch die Nichtfreiwilligkeit des Eheversprechens zu beweisen ist. (Aus moraltheologischer Sicht gilt der Sünder für sein Tun als voll versantwortlich, weil davon ausgegangen wird, daß er freiwillig sündigt.Die Unfreiwilligkeit müßte dann  bewiesen werden im konkreten Einzelfall. Die aus der roussouischen Anthroplogie stammende Vorstellung, daß der gesunde Mensch nie sündigen würde, sodaß alles Sündigen krankeitsbedingt ist, meist psychischer Art, sodaß der Täter nicht zu bestrafen sondern zu therapieren sei, ist nicht christlich!) 
Wenn aber der Wunsch zum Freitod freiwillig ist, dann kann es keinen legitimen Grund geben, die Beihilfe zu einer nicht verbotenen Tat als zu bestrafende zu qualifizieren. Wer das will, muß dann aber auch klar sagen, daß er es für rechtens und moralisch legitim hält, Menschen gegen ihren Willen zum Weiterleben zu zwingen durch das Unterlassen von einer Hilfe zum Freitod. Da im Regelfall wir es mit chronischen Schmerzpatienten zu tun haben, die einen Freitod sich erwünschen, kommt als Folgeproblem hinzu, daß diese Patienten dann auch noch gegen ihren Willen einer Schmerztherapie unterzogen werden müssen ob ihrer chronischen Schmerzen. Besteht der Wunsch zum Freitod weiterhin und gibt es Möglichkeiten, daß der Patient ihn auch ohne eine Beihilfe realisieren könnte, dreht sich die Gewaltspirale gegen den Patienten weiter: er muß fixiert werden (das ist die üblich gewordene euphemistische  Umschreibung von Fesseln) als ein Akt physischer Gewalt gegen den Patienten oder so mit Medikamenten behandelt werden, daß er seines Willens, sich töten zu wollen, beraubt wird- also ein Akt psychischer Gewalt gegen den Patienten- denn auch diese Medikamente werden ja dem Patienten gegen seinen Willen verabreicht!   
Der Augsburger Familenbund bleibt uns nun leider jeder Erklärung schuldig, wie dieses Maß an Gewalt gegen Patienten moralisch erlaubbar ist, um Menschen gegen ihren Willen zu einem Weiterleben zu zwingen!
M.E. ist es moralisch nicht legitimierbar, Menschen gegen ihren Willen zu einem Weiterleben zu zwingen. Das gilt sowohl für Menschen, die selbstständig ihren Freitod realisieren könnten, die dann aber durch Gewaltanwendung daran gehindert werden, entweder durch Fixierungen (Fesselungen bis zur Zwangsjacke) oder durch psychische Gewalt, indem sie per Medikamente so ruhig gestellt werden, daß sie den Freitod nicht mehr wollen können, als auch für Menschen, die zur Realisierung ihres Freitodes auf eine Beihilfe angewiesen sind und die ihnen dann nicht gewährt wird. Damit soll nun aber in keinster Weise dem Staate das Recht abgesprochen werden, seine Gesetze per Gewalt, wenn es sein muß, durchzusetzen- es ist aber wohl ein Zuviel an staatlicher Gewalt, wenn er die Aufgabe übernimmt,Menschen gegen ihren Willen gewaltsam zum Weiterleben zu zwingen!             



       


                


               

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen