Donnerstag, 24. September 2015

Zur Lage der Theologie (1.Versuch)

Wer über die Lage der Kirche in Deutschland sprechen will, der sieht sich genötigt, auch und gerade über die Deutsche Theologie nachzudenken. Betritt man einen Hörsaal, ein Seminar einer theologischen Fakultät- etwas Befremdliches erlebt man da. Man versuche sich, dies Bild zu imaginieren. Wir befänden uns auf einer Fortbildungsveranstaltung der Partei der "Grünen", der Dozent referiert zum Thema der aktuellen Herausforderungen angesichts des Klimawandels und er erklärte, daß der beste Beitrag zum Umweltschutz der rasche Ausbau der Kernenergie wäre. Dies schmückte er dann noch aus mit allerlei Seitenhieben wider "Traditionalisten"  mit ihren "Atomkraft-Nein-Danke" Buttons. Das ist fürwahr zu grotesk, als daß es imaginierbar wäre. Man erwartet doch rechtens von einem Dozenten dieser Partei, daß er zumindest soweit sich mit dem Parteiprogramm der "Grünen" identifiziert, daß er dessen Herzstück, das Nein zur Atomenergie bejaht und so es auch lehrt. 
Was soll man nun aber von einer Organisation halten, die die Ausbildung ihrer zukünfftigen Mitarbeiter weitestgehend in Hände von Ausbildern gibt, die (unter Absehung von rühmlichen Ausnahmen) alles Mögliche und Unmögliche dozieren, nur nicht das, was die Kirche verbindlich lehrt.Ja, wer den universitären Betrieb auch nur ein wenig kennt, der kann sich kaum vorstellen, daß in Deutschland jemand Professor werden kann, der das vertritt, was die Kirche lehrt. So uneins das linlslibreral- katholische Spektrum auch unter sich sein mag, das Gegen alles Conservative vereint sie so. Ja, es ist fraglich, ob noch eine Doktorarbeit mit klar erkennbarer conservativen Tendenz anerkannt werden kann. Reden wir Klartext: das ist erstmal fakultätsinterne Machtpolitik, daß Glechgesinnte gefördert und Oppositionelle ausgegrenzt werden. Im Zweifelsfall ist eben die Gesinnung eines Bewerbers von größerer Bedeutung als seine fachliche Qualifikation.  Man wird wohl sagen dürfen, daß gerade in den Geisteswissenschaften der 68er Marsch durch die Institutionen sehr erfolgreich war- aber auch nur so, daß sich nun die "linken" Reformkräfte selbst dabei auch veränderten. Um es zu versimplifizieren: den im Geiste der 68er Denkenden war die Kirche, oder besser die Basis in der Kirche ein potentieller Ort eines anti-bürgerlich-alternativen Lebensstilles, der in die bürgerliche Gesellschaft emanzipatorisch hineinwirken sollte. Die Gemeinden und zuförderst Gemeinschaften in ihnen sollten -durch linke Ideologie erhellt, die sich dabei irgendwie mit der christlichen Religion vermischen sollte- sollten so das Licht der Welt sein, und dazu bedurften sie einer "progressiven" linken Theologie. Den größeren Zusammenhang solch einer neolinken Konzeption bildete die Enttäuschung in orthodox-linken Kreisen über das Ausbleiben der erhofften "Linkswende" der "arbeitenden Klasse". wohingegen Bürger chrrislichen Glaubens eher auf linken Moralismus ansprechbar waren. etwa nach dem Motto, daß wir Reichen Europas schuld seien an der Armut der dritten Welt und diesen Schuldzusammenhang bezeichne man dann als Kapitalismus und Imperialismus. All das ist spätestens 1989 mit der Implosion des real existierenden Sozialismus untergegangen. Jetzt erleben wir eine Umkehrung: nicht mehr sollen christliche Gemeinden das Licht für die Welt bilden, damit von ihr in die bürgerliche Gesellschaft sie revoluzunierende Impulse ausgehen, sondern die Gesellschaft, so wie sie jetzt ist, gilt schon als das Positive, oder sich zum Positiven Hinentwickelnde  und die Kirche als das Dahinterzurückgebliebende. Die Welt ist nun das Licht für die Kirche, die jetzt die Emanzipationsentwicklungen der bestehenden Gesellschaft nachzufolgen habe. Es ist doch erstaunlich, daß ich die gesamte Reformdiskussion in der Katholischen Kirche reduzieren läßt auf die Frage: wie viel Einpassung braucht die Kirche jetzt, damit sie morgen noch lebensfähig ist und Menschen noch erreichen kann? Und diese Tendenz ist die dominierende der wissenschaftlichen Theologie!
Wie kommt das?Banal, aber nicht unzutreffend ist, daß jeder Student vom ersten Semester an lernt, daß gute Noten nur dem vorbehalten sind, der eben in Übereinstimmung mit dem Professor die Prüfungsfragen respondiert. So ist es eben Alltagspraxis, daß man vor Prüfungen etwa über drei Definitionen von der "Erbsünde" verfügt, für jeden Prüfer die, die er hören möchte und früge man den Prüfling, welche er denn für die angemessene hielte, die Antwort bekäme : immer die, die der Prüfer jetzt von mir hören möchte!  Und so geht es weiter bis zur Habilitation bei dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Aber das ist nun selbstredend nicht der Hauptgrund, aber doch auch kein unwesentlicher, denn es ist die Lebenserfahrung, daß ohne ein Sich-nicht-Anpassen an nicht voran kommt im Leben.  Klartext: es ist fraglich, ob heuer an Universitäten noch Arbeiten angenommen und gar mit einer guten Note ausgezeichnet werden, die nicht in der Genderideologiesprache verfaßt sind. 
Aber das bleibt doch recht oberflächlich. Es muß eben der Epochenbruch, der der Auflösung der Moderne und der des Beginnes der Postmoderne mitberücksichtigt werden, den ich vereinfachend auch auf das Ende des real existierenden Sozialismus datieren möchte als dem endgültigen Scheitern des letzten Versuches, die Welt, die Gesellschaft kraft der Vernunft neu und radical anders umzugestalten. Die Moderne soll so begriffen werden als das Großprojekt, das, was die Religion von Gott als Reich Gottes erhoffte, nun als die Aufgabe des Menschen anzusehen und zu realisieren. Die moderne Thelogie versuchte sich diesem Projekt der Moderne anzuschließen- das berühmteste Beispiel ist dafür sicher der Konzilstext: "Gaudium et spes", der uns heuer so fürchterlich zukunftsoptimitisch daherkommt. Aber was war und ist dann die Konzeption postmoderner Theologie? Auf den ersten Blick die der Einpassung in den postmodernen Pluralismus mit der These, daß eine erkannte und offenbare Wahrheit das Ende der Legitimität des Pluralismus wäre, denn dann könnte ja zwischen wahr und unwahr unterschieden werden. Der Traditionalismus mit seinem Glauben an das Offenbarsein der Wahrheit in der Kirche ist so der schlimmste Feind jeder sich postmodernisierenden Theologie!  
Zur Postmoderne gehört dann, wie es Sloterdijk so treffend erfaßte, daß die Theologie jetzt wie eine Ware für den Markt produziert wird. Nicht was wahr ist, zählt sondern was ankommt. Und das hat auch etwas zu tun mit der gesellschaftlichen Nützlichkeit von Theologien: also, welchen Beitrag kann die Theologie dafür leisten, daß ein friedliches Miteinander der Religionen und Kulturen in einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft gelingen kann. 
Um diesem gerecht zu werden, wird eben dann die traditionelle Theologie umgeformt, damit sie der Postmoderne genügt. Dies Umformen läßt dann die so produzierte Theologie häretisch werden.
Aber gibt es auch innere Gründe für diesen Umformungsprozeß der Theologie? Einige liegen nahe: 
der wissenschaftliche Diskurs steht unter dem Gesetz des Neuen- Erkenntnis ist nur als neue Erkenntnis Erkenntnis, die so das bisher als Erkenntnis geltende entwertet oder verbessert. Wenn in einem Paradigma einer Wissenschaft (etwa der Neoscholastik) keine neuen Erkenntnisse mehr möglich sind, weil alle Möglichkeiten in ihm ausgeschöpft sind, dann evoziert dies den Willen zu einem Paradigmenwechsel in dieser Wissenschaft- plötzlich heißt es, daß man jetzt nicht mehr neoscholastisch Theologie produzieren könne, man müsse neue Wege beschreiten. Dies Verständnis von dem wissenschaftlichen Betrieb als Ort der Hervorbringung immer neuer Erkenntnisse schließt so die Vorstellung einer erkannten Wahrheit, die nur noch reproduziert werden braucht, aus. Wer immer innovativ sein muß, muß auch zwangsläufig häretisch werden, will er nicht nur alte Erkenntnisse immer wieder nur neu aufwärmen.           
Zudem wird die Theologie im Hause der Wissenschaften betrieben und den Wissenschaften in der Moderne ist Gott als Subjekt abhandengekommen! In keiner Wissenschaft wird eine Aussage wie die:
"Gott hat das gewirkt" noch zugelassen- sie muß ersetzt werden durch die, daß es Menschen gibt, die die Vorstellung haben, daß das durch Gott gewirkt sei. Die wissenschaftliche Theologie teilt  diesen Trend mit, indem sie historisch phänomelogisch  wird: Menschen gab und gibt es, die glauben, daß Gott das gewirkt habe. Auch die größten Dogmatiken werden so zu Denkprodukten von Menschen, die viel über den jeweiligen Urheber und das theologische Denken seiner Zeit aussagen, aber kaum etwas Wahres über Gott! 
Soweit dieser erste fragmentsarische Versuch- denn angesichts der Krise der Kirche muß eben nach dem Elend der Theologie in der Postmoderne gefragt werden, weil durch diese Theologie die Kirche krank gemacht wird!    
            


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