Montag, 12. Oktober 2015

Kinder,Küche,Kirche

Fragen wir uns einfach mal: wann wandert die christliche Religion hinaus aus dem Leben der Politik, der Wirtschaft, den Sphären, von denen man sagte, daß der Mann hinauszöge ins "feindliche Leben",während die Frau als Hausfrau ihr Regnum in der Küche und im Kinderzimmer hatte?Vielleicht in der Zeit der Aufklärung, oder doch eher in der Romantik, die die Religion als etwas Gefühlhaftes und somit Frauliches dem männlichen Denken gegenüberstellte, sodaß heute noch Frauen sich mehr von der christlichen Religion angesprochen fühlen?  Eines ist aber gewiß: diese Beheimatung der Religion in das häusliche Leben zeigt etwas PROBLEMATISCHES an: daß die Religion aus dem gesellschaftlichen Leben sich zurückzog oder zurückgezogen wurde, um nun ihr Reservat in der Familie zu finden, im Idealbild der Mutter, die mit ihren Kindern betet. Werfen wir Blicke in das Alte Testament, so erblicken wir ein ganz anderes Bild. Es ist die Sache des Staates, des Königs von Israel, den Tempel einzuweihen (König Salomo), Propheten stellen sich Königen entgegen und ermahnen sie, daß sie ihr Regieren gemäß Gottes Willen auszurichten haben. Die Institution der Familie ist dabei der Ordnung es Volkes subordiniert und die Familie ist, damit das Volk durch nachkommen sich am leben erhält und-gemäß der Verheißung Gottes an sein Volk-zu einem großen Volke werde. Nein, die Ordnung der Ehe und der Familie bildet wahrlich nicht das Herzstück des     Alten Bundes. Und Jesu Christi Verkündigung hat ihr Zentrum in der Ausrichtung auf das Reich Gottes! Ja, um der Nachfolge Christi willen verlassen Männer Frau und Kind, um ganz sich in seinen Dienst zu stellen.  Ja, die Idee einer neuen Familie wird kreiert, die der Urgemeinde, die die Familie der "Familienflüchtlinge" wird, die um des Reiches Gottes willen ihre Bindungen an die Welt, gerade die familieren aufgaben, um dann mit Jesus als Wanderprediger zu wirken. G. Theißen verdanken wir in seinen soziologischen Untersuchungen zur Jesusbewegung die feinsinnige Unterscheidung von der 
Gruppe derer, die im wörtlichen Sinne Jesu nachfolgten und so ihre bürgerliche Existenz aufgaben,
und den anderen, die seßhaft blieben, aber dann in ihrem bürgerlichen Leben ihr Leben nach Jesu Verkündigung versuchten, auszurichten. Nur in dieser Gruppe wurde der christliche Glaube in der Familie  gelebt- für die konsequente Nachfolge hieß es aber, daß das Familienleben aufzugeben war zugunsten der wirklichen Nachfolge, daß man mit ihm zog. Nur aus dieser radicalen Nachfolgepraxis erklärt sich ja auch die Aufforderung Jesu an den reichen Jüngling, allen Besitzes sich zu entledigen, um dann ihm nachzufolgen als Mitwandernden. Besitz macht eben immobil- und nicht nur die Immobilien. Die Gemeinde, und die Kirche avancierten so für den Gläubigen zu seiner wahren Familie. Man denke an Jesu provokanten Ausspruch, daß die, die meinen Willen tuen, meine Brüder und Schwestern sind. 
Als aber die Kirche der Cooperator des Staates wurde, änderte sich dieses. Nun wurde die Kirche aktiv in dem ganzen Raum des gesellschaftlichen Lebens und dabei wurde die Causa der Ordnung der Ehe und der Familie auch wieder ihre Angelegenheit, von delikaten Fragen, wen ein König heiraten dürfe und wen nicht- bis hin zu der Problematik von Zweitehen bei Geschiedenen. Die laxere Praxis der Orthodoxen Kirchen in dieser Frage verdankt sich ja dem staatliche Einfluß, daß es viele intakte Familien gebe um des Nachwuchses an Staatsbürgern willen.
Aber der Geist der Aufklärung, gespeist durch die Erfahrungen innerchristlicher Religionskriege, ließ die Parole aufkommen, daß je weniger Einfluß die Religion auf die Politik nähme, desto besser sei es. Die allgemeine Vernunft und wenn dann nur die natürliche Religion, die in den Grenzen der bloßen Vernunft (Kant) solle das öffentliche Leben bestimmen. Die Religion und die Kirchen sollten dabei so weit wie möglich aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Die Französische Revolution exterzierte es dann vor. Das war dann wohl die Geburtsstunde, daß fortan die Religion im Hause in der Familie gelebt wurde angeleitet von der Hausfrau, als die Herrin der Familie. Eine Synthese aus christlichen und Familienfeiern machte dann das christliche Leben des verbürgerlichten Christentumes aus. Daß der eigentliche Ort des christlichen Lebens nämlich die Familie sei. ist immer nur die positive Seite der negativen, daß vor der Haustüre dann das weltliche Leben begann, in dem das Christliche nur noch als Motivation zum anständig leben übrigbblieb, aber die Ordnung der Welt dann schon das, was anständig ist, bestimmte.
Was wir nun erleben, ist schlicht die Auflösung der Ordnung der Familie im sich fortentwikelnden Kapitalismus, um es etwas altmodisch zu formulieren, weil nun der Kapitalismus die bürgerliche Gesellschaft selbst als ein Hindernis seiner Weiterentwicklung abstreift hin zur Massengesellschaft atomisierter Individuen.  Die christliche Religion wird so in ihr letztes Reservat zurückgedrängt, in das der privaten Innerlichkeit- und das dürfte die Wahrheit des Ausrufes K. Rahners sein, daß der Christ der Zukunft ein Mystiker sein wird.  Das einst verkündete Reich Gottes ereignet so sich nur noch in gefühlvollen schönen Augenblicken erlebter Religiösität. 
Die Familiensynode streitet so gesehen nur noch darüber, ob die Ordnung der Ehe noch ein von christlichen Wertvorstellungen bestimmter Ort sein kann, oder ob auch dieser Raum wie vordem der der Politik und der Wirtschaft säkularisiert werden wird. Angesichts des Standes der Säkularisation dieser Ordnung kann der Ausgang nicht strittig sein: was auch immer die Ergebnisse der Synode sein werden: die Säkularisation der Ordnung der Ehe ist wohl nicht mehr aufhaltbar! Und als Katholische Christen müssen wir ergänzen: das fing mit Luthers Votum an. daß die Ehe ein weltlich Ding ist.  Aber mit dem verbürgerlichten Christentum geht auch nur noch eine Schwundstufe der christlichen Religion unter. 

Corollarium 1
Hat die Verortung der christlichen Religion in die Familie mit der Konzentration auf das Kinderzimmer nicht immer auch den faden Beigeschmack, daß die christliche Religion eben etwas Kindgemäßes ist wie die Gestalt des Weihnachtsmannes (welches Kind liebt ihn nicht), das aber dann abgelegt wird wie zu klein gewordene Kinderschuhe, wenn die Madels und Buben halt aufhören, an Feen und Zauberer und das Christuskund im Stalle zu zu glauben?


     

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