Sonntag, 24. Januar 2016

Ein Gott und viele Religionen und ein Appendix

Wenn es EINEN Gott gibt, warum gibt es dann nicht EINE sondern VIELE Religionen?
Die Pluralität der Religionen könnten wir uns in Entsprechung zu der Pluralität der Weltanschauungen denken: Es gibt zwar nur eine Welt, aber weil die Menschen verschieden sind, verschiedene Weltanschauungen. Dabei ist die Vorstellung gesetzt, daß die Welt als das Objekt der Weltanschauungen sich rein passiv zu den von Menschen produzierten Weltanschauungen verhält und daß die Verschiedenheit allein sich der Verschiedenheit der Menschen verdankt, wobei dann ähnliche Menschen ähnliche Weltanschauungen hervorbringen. Weltanschauungen sind so Kulturprodukte desMenschen und so wären auch Religionen Kulturprodukte. Sie zu verstehen, hieße dann, sie aus ihren Produktionsbedingungen her zu rekonstruieren. Es fällt uns heuer schwer, nachzuvollziehen, wie in den 70 und 80er Jahren solche "materialistischen" Ansätze linke Theologen geradezu begeisterte.
Man lese einmal: "Theorie und Praxis einer alternativen Bibellektüre"Christen für den Sozialismus Korrespondenz 20/21 1979 nach. Geblieben ist davon, daß die Religionen ihren Grund in der Kultur des Menschen haben und daraus sich auch die Vielheit der Religionen erklärt. Es muß aber auch das "Wesen" der Religion erkennbar sein, sodaß Religion von Nichtreligion unterscheidbar ist. Wüßte ich nicht, was überhaupt eine Religion ausmacht, könnte ich bestimmte Phänomene nicht dem Begriff der Religion subsumieren. Die Pluralität der Gottes- oder Göttervorstellungen besagt so wenig aus über Gott oder die Götter, aber sehr viel über die Kultur, die sie hervorgebracht hat. 
Aktuell verbindet sich dieses Verständnis der Religionen mit der Frage, wie in den Zeiten der Globalisierung die Religionen ihr Verhältnis zueinander so gestalten können, daß ein friedliches Miteinander der Religionen möglich ist. Im aufgeklärten Europa erweckt eben der militante Islam die verdrängte Erinnerung, daß gerade Religionen der Grund für Gewalt und Krieg sein kann.  
Es muß aber die Frage gestellt werden, ob die Religion adäquat gedacht wird, wenn sie nur als rein menschliches Produkt verstanden wird. Ist der Gott oder die Götter der Religionen nicht in erster Linie als Subjekt gedacht, daß selbst erst den Menschen zur Religion befähigt: Gott oder Götter erscheinen Menschen, "kommunizieren" mit ihnen, offenbaren sich, erleuchten...
Wenn es einen Gott gibt und er der Grund dafür ist, daß es menschliche Religionen gibt als Antwort des Menschen auf sein Erscheinen, warum gibt es dann viele Religionen, wenn es nur einen Gott gibt?
Es müßte einen Grund in Gott für die Vielfalt der Religionen geben, obwohl Gott als EINER doch die Vorstellung von EINER Religion nahelegt. 
Eine mögliche Antwort ist: daß die Reigionen selbst als verschieden hervorgebracht zu denken sind, und zwar so, daß dann die christliche Religion als allein von Gott durch seinen Sohn hervorgebracht vorgestellt wird, durch seine Selbstoffenbarung, wohingegen alle anderen ihren Grund und ihre Schwäche darin haben, daß sie sich nur auf die natürliche Erkennbarkeit Gottes gründen und die dann eben menschlich allzumenschlich inadäquat ausgelegt wurde. Sie gründen sich so auch auf ein Sichoffenbaren Gottes, auf sein Offenbarsein in der von ihm geschaffenen Welt, durch die der Schöpfer erkennbar ist, weil es sein eigenstes Werk ist. 
Dann verhalten sich die vielen Religionen zu der einen wahren, wie die natürliche Gotteserkenntnis zu der von Gott in Jesus Christus offenbarten Gotteserkenntnis. Die natürliche Gotteserkenntnis bereitet dann den Menschen auf die offenbarte Religion vor, sozusagen als Vorschule des Glaubens für den wahren Lehrer der Wahrheit. Wie die Verkündigung Jesu bei seinen jüdischen Hörern die Botschaft des Alten Testaments voraussetzte, so bei heidnischen Hörern seine Botschaft die heidnisch-natürliche Religion. 
Man kann aber auch diese Zuordnung kritisch befragen, ob es denn wahr sei, daß alle anderen Religionen sich nur der Erkenntnisquelle der natürlichen Gotteserkenntnis verdanken. Gibt es in ihnen doch auch Zeugnisse eines übernatürlichen Bewirktseins. Dies kann bejaht werden, wenn die Engel Gottes und ihr Wirken in der Welt mitbedacht werden. So verdankt sich der Islam offenkundig dem Einwirken eines Engels: Mohammed offenbarte ein Engel die Grundzüge der neuen Religion. Und Paulus erwähnt in seinem Galaterbrief die Möglichkeit, daß durch Engel ein neues und falsches Evangelium in die Welt kommen kann. Dann hätten wir drei Ursprünge von Religion: Gott als sich selbst offenbarender, damit die wahre Religion entsteht, Gott, der sich durch die Natur offenbart, damit so die Voraussetzung für die Aufnahme der wahren Religion gesetzt ist und die Möglichkeit, daß Religionen Engel als ihren Grund aufweisen. gute Engel oder auch abgefallene, wie der Apostelfürst Paulus betont. Das ergibt keine hierarchische Struktur für die Religionen:
die wahre, die die auf der natürlichen Gotteserkenntnis und auf ein übernatürliches Einwirken durch Engel sich gründen und die, die nur natürlich sind und die, die ihren Grund in gefallenen Engeln haben, also satanisch sind.        
Aber genau diese hierarchische Bestimmung des Verhältnisses der einen zu den vielen Religionen soll im interreligiösen Dialog außer Kraft gesetzt werden. Hier soll als Grundsatz für das Dialogsieren gelten: Jede Religion ist im Prinzip gleich wahr. Das Ziel des Dialogsierens ist so auch nicht die Überwindung der verschiedenen Vorstellungen von Gott und den Göttern zur Erkenntnis des wahren Gottes, sondern die wechselseitige Akzeptanz der unterschiedlichen religiösen Vorstellungen um des friedlichen Miteinanders.  Damit wird: aus der Natur, von Engeln, von Gott und vom Satan auf eine Stufe gestellt, als wäre das alles gleichgültig.   
Wenn der materialistische Ansatz recht hätte, daß sich alle Religionen der menschlichen Kultur allein verdankten und in keiner Weise einem übernatürlichem Grunde, und wenn der auch nur der der Erkennbarkeit Gottes in und durch seine Schöpfung, der natürlichen Welt also , dann könnte dieses Dialogkonzpt akzeptabel sein. Aber diese Theorie verkennt nun mal das Wesen des Religiösen, daß es immer direkt oder vermittelt eines Übernatürlichen ist und so kein reines Kuturprodukt ist. 

Appendix
Der Begriff der wahren Religion ist nur dann ein sinnvoller, wenn es auch unwahre Religion gibt, denn sonst gliche er der Aussage eines weißen Schimmels, eines runden Kreises oder eines nassen Wassers. "Wahr" fügte dem Begriff der Religion nichts hinzu, weil, wenn es nur die wahre Religion gäbe, das Wahrsein schon zum Wesen der Religion zugehörig wäre. 
Wie kann es nun eine unwahre Religion geben? Eine Religion, die nur aus der Quelle der natürlichen Gotteserkenntnis sich hervorgebracht hätte (plus Erweiterungen durch Engelbotschafen) wird zur unwahren, wenn sie sich in der Begegnung mit der wahren Religion selbst, so wie sie ist, beahren will, statt in der wahren Religion aufgehoben zu werden. (Aufheben im hegelschen Sinne). Zur Veranschaulichung: ein kleines Kind, das sich krabbelnd fortbewegte und sich weigerte, laufen zu lernen: das was für eine bestimmte Entwicklungsphase des Kindes die angemessene Fortbewegungsart war, wird zur unwahren, wenn es gilt, jetzt, die dem Kinde gemäß gewordene zu erlernen und sich anzueignen. 
Wenn es so unwahr(gewordene) Religionen gibt, kann erst die wahre Religion auch als wahre begriffen werden. Denn nun qualifziert das "wahr" diese Religion in seiner Differenz zu den unwahren Religionen. 
Davon zu unterscheiden ist eine unwahre Religion, insofern sie von ihrem Grunde her immer schon eine unwahre ist. Paulus spricht hier von einem falschen Evangelium, verkündet von gefallenen Engeln. Auch hier gilt: die unwahre Religion ist, wird von Gott zugelassen, damit in Differenz zu ihr die wahre als wahre Religion sein kann. In Anlehnung  an Armin Kreiners Theodizee (Gott und das Leid, Gott  im Leid) kann geurteilt werden, daß die Entscheidung eines Menschen für die wahre Religion nur dann eine moralisch qualifzerbare Entscheidung ist, wenn es auch die Möglichkeit zur unwahren Religion gibt. Einfach veranschaulicht: Eheliche Treue wäre keine Tugend, gäbe es nicht die lebbare Möglichkeit zum Ehebruch. Deshalb läßt Gott die Möglichkeit zum Bösen, daß es auch realisiert werden kann, zu, damit es die Möglichkeit zum Guten gibt.  
Anders gesagt: daß die wahre Religion sich als wahre weiß, setzt voraus, daß sie sich als die Negation der negativen Religion, das ist die unwahre, begreift. Die Katholische Kirche wurde sich ihrer Katholizität erst recht bewußt, als sie durch den Abfall von ihr sich als Verneinung dieses Abfalles, etwa der Reformation, bewußt wurde. Gerade das tridentinische Konzil als Negation der Negation des katholischen Glaubens durch die Reformation, ist nicht einfach ein conservatives Bewahren des immer schon so Geglaubten, sondern der Glaube der Kirche gewann erst durch die Negation der reformatorische Irrlehren die Klarheit des Katholischen Glaubens.                     

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