Sonntag, 31. Januar 2016

Lesefrüchte: Emanuel Hirsch/Luther über den Staat

Spätestens seit dem Kulturkampf Bismarcks wider die von ihm als ultramontanistisch verurteilte Katholische Kirche hat der deutsche Katholizismus ein etwas gestörrtes Verhältnis zum Staat, auch wenn die heutigen Bischöfe sich gern den jetzt staatstragenden Parteien anzubiedern versuchen. Die Staatslehre scheint so eher eine Stärke des Protstantismus zu sein, zumal er ob seiner schwachen Kirchenstruktur gerade auch dies kompensierend ein gutes Verständnis für die Notwendigkeit eines starken Staates entwickelt hat.    
In E. Hirsch Essay: "Deutschlands Schicksal. Staat, Volk und Menschheit im Lichte einer ethischen Geschichtsansicht", (3. Auflage 1925 S. 72 f) liest sich das so:
"Alles höhere sittliche Leben, alle Güte, alles Zarte und Edle, wird mithin im staats- und rechtlosen Zustand, kaum entstanden, dem Tode geweiht sein. Es würde gerade, weil es wehrlos ist, der Knechtung und Ausrottung durch das Rohe und Gemeine verfallen. Nur innerhalb der staatlichen Ornung ist eine Erhebung über die Tierheit möglich. Wie Luther wundervoll formuliert hat:
" Also ist des weltlichen Regiments Werk und Ehre, daß es aus wilden Tieren Menschen macht und Menschen erhält, daß sie nicht wilde Tiere werden....Meinst du nicht, wenn die Vögel und Tiere reden könnten und das weltliche Regiment unter den Menschen sehen sollten, sie würden sagen: O ihr lieben Menschen, ihr seid nicht Menschen sondern eitle Götter gegen uns. Wie gar sicher sitzt, lebt und habt ir alle Ding.Wir aber so gar keins von dem andern eine Stunde sicher sind,weder Lebens noch Hauses noch Nahrung Wehe eurer Undankbarkeit,daß ihr nicht sehet,wie ein herrlich Leben euch unser Gott vor uns Tieren gegeben hat."
Selbstredend hat E. Hirsch dies Lutherzitat auch oder gerade auch in kritischer Intention dem Weimeraner Staat gegenüber in Anschlag gebracht, daß er eben dem nicht gerecht wird. Im Lutherzitat vermengeln sich eben indikativische mit imperativischen Aussagen über den Staat. Für Luther und Hirsch stellt sich damit implizit die Frage nach der Möglichkeit einer Pervertierbarkeit des Staates zu einem Unstaat. Aber der Unstaat als perverieter Staat ist eben auch nur im Lichte des Wissens um das, was der Staat zu sein hat als göttliche Ordnung, erkennbar! 
Waum schafft das, was hier nach Luther und Hirsch der Staat schafft, bzw. zu schaffen hat, die Kirche nicht? Die Antwort ist einfach: Weil die Moralpredigt allein das nicht schafft, wenn ihr die staatliche Gewalt nicht zur Hilfe kommt und das erzwingt, was der wilde anarchische Mensch von sich aus nicht will!  Erst wo der Mensch durch das Gewaltmonopol vom Kriege aller gegen alle befreit ist (Hobbes,Leviathan) kann er eine Kultur entwickeln und so Geistiges hervorbringen. Geerade darum ist der Staat eine so gute Ordnung Gottes neben der Ordnung der Kirche.    

    

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