Mittwoch, 27. April 2016

Zum Antiklerikalismus des Papstes Franziskus

„Ich werde (…) ein entschiedener Kirchengegner, wenn ich einem Klerikalen gegenüberstehe. Der Klerikalismus dürfte mit dem Christentum nichts zu tun haben. Paulus, der erste, der zu den Heiden, zu den Anhängern anderer Religionen gesprochen hat, war der erste, der dies gelehrt hat.“ Papst Franziskus, zitiert nach Wikipedia, Artikel:
Klerikalismus
Sich antiklerikal geben, das kommt immer gut an. Der sich auf den Umgang mit Medien verstehende Papst weiß eben, welche Schlagwörter er zu benutzen hat, um anzukommen. So warnt er just die Kirche in Lateinamerika vor dem Klerikalismus und empfiehlt statt-dessen, volksnah, menschennah zu sein.
Der Klerikalismus ist eine Haltung der Kirche in drei verschiedenen Richtungen: a) innerkirchlich als das hierarchische Verhältnis des Amtes zu den Laien, b) das Verhältnis der Kirche zum Staat und c) das Verhältnis der Kirche zu den anderen Religionen. Ein breiter Konsensus herrscht, daß die klerikale Haltung etwas Negatives ist, das so sehr, daß keiner mehr für einen Klerikalismus eintritt, er aber als Vorwurf gegen Conservative und Traditionalisten gerne erhoben wird in diffamierender Intention.
Die erste antiklerikale Bewegung war die der Rotte Korach, (Numeri 16). Gott ist uns allen gleich nahe: "Alle sind heilig, die ganze Gemeinde, und der Herr ist mitten unter ihnen." (16,3)
Der Vorwurf an die Kleriker Mose und Aaron lautet also: "Warum erhebt ihr euch über die Gemeinde des Herrn?" (16,3). Weil Gott allen gleich nahe ist, darf es keine Hierarchie geben, das ist seitdem die Erkennungsparole aller Antiklerikalen. Der Begriff der Hierarchie ist ein sehr komplexer mit vielen Implikationen: a) daß es eine Wahrheit gibt, die für alle Menschen von größter Bedeutung ist, die aber nicht allen zugänglich ist.Wenn  eine göttliche Offenbarung in einem bestimmten Raum und zu einer bestimmten Zeit  sich ereignete, dann gibt es Empfänger dieser Offenbarung, die so etwas wissen, erkannt haben, was die Anderen nicht wissen können. Diese cognitive Differenz verlangt nun, daß es Zeugen der Offenbarung gibt, die das von ihnen Erkannte an die anderen weiter vermitteln. Das war die Ursprungsintention des Apostelamtes, daß die, die von Anfang an dabei waren bis zu Jesu Christi Himmelfahrt, das nun weitergebend bezeugen. 
In der Aufklärung formulierte sich dann die Kritik an dieser Vorstellung, indem nun gesagt wurde, daß es ein jedem vernünftigen Menschen zugängliches Wissen von Gott und wie der Mensch zu leben habe, gäbe, die natürliche Religion, die den wahren Kern jeder Religion ausmache. Was die positiven Religionen in ihrer Differenz zur einen wahren natürlichen zusätzlich lehrten, wäre ein Produkt des Pristerbetruges, indem sie ein vermeintlich nur ihnen zugängliches Wissen als heilsnotwendig behaupten, um so ihre Herrschaft über die Laien zu legtimieren. ( So vereinfacht dargestellt Kants Grundanliegen in seiner kirchenkritischen Schrift: Die Religion in den Grenzen der Vernunft). Einfach gesagt: Wenn die natürliche Religion zum Heile ausreicht, ist eine Kirche, gar eine klerikale völlig überflüssig. Es darf nur Vereinigungen von Gleichgläubigen geben, um der geselligen Ausübung der Religion willen. Wenn der Heilige Geist allen gegeben ist, dann kann es eben keine Zeugen mehr geben, die anderen Gläubigen etwas mitteilen könnten, was diese schon nicht wüßten. 
Ganz außer Acht gelassen wird in diesem Antiklerikalismus, daß das Priestertum, daß Gott die ihm geziemenden Opfer dargebracht werden können, Menschen voraussetzt, die sich dem profanen Leben teilweise oder ganz entziehen, um so als Heilige (das ist erstmal nur das Abgesondertsein vom weltlichen Leben) kultfähig zu sein. Entweder wird im Antiklerikalismus das kultische Opfer in Gänze verworfen, so Kant, Luther hier folgend, oder es wird demokratisiert: daß alle Gott wohlgefällige Opfer darbringen können- so die Rotte Korach. 
Das Verhältnis Jesu Christi zu seinen Jüngern, besser übesetzt mit Schülern, war ein Lehrer-Schüler-Verhältnis. Dies Verhältnis prolongiert sich nun in dem von Christus selbst eingesetztem Amt des Apostels, des Zwölferkreises und insbesondere in dem Amt Petri: Weide meine Schafe! Nicht sagt der Lehrer der Wahrheit: Ihr wißt nun alles, ihr Gläubigen und darum braucht ihr keinen mehr, der euch weidet! Nein, er setzt selbst, ganz klerikal das Amt des Priesters ein, indem er Gründonnerstag die 12 zu Priestern weihte. Er lud eben nicht alle seine Freunde zu diesem letzten Abendmahl ein, sondern nur die 12 Apostel, die er dann mit der priesterlichen Vollmacht ausstattete, als er die Kultfeier der Eucharitie einsetzte. Aber aus dem wird im antiklerikalen Geist ein brüderliches feierliches Abendessen zum Abschiednehmen ohne Opfer und Priester!
So muß konstatiert werden, daß der Klerikalismus zu jeder Religion gehört, die sich auf eine bestimmte in der Geschichte ergangene Offenbarung Gottes gründet und die in ihrem Leben einen priesterlichen Opferkult aufweist. Nur ein sich auf einen religiösen Humanitarismus reduzierende Religion kann antiklerikal sein, weil in ihr nur jedem vernünftigen Menschen zumutbare Wahrheiten gelehrt werden. 
Zu dem Einmaleins des Antiklerikalismus gehört es nun, zu glauben, daß die staatliche Politik am besten funktioniert, wenn keine Religion sich in sie einmischt und schon gar nicht eine organisierte Religion. Politik soll eine rein vernünftige Theorie und Praxis sein, wohingegen jede Religion, wenn sie sich nicht darauf limitiert, natürliche Religion zu sein im Geiste der Aufklärung, etwas Irrationales ist, das so die Vernünftigkeit der Politik in Frage stellen würde. Was aus Sicht der Theologie übernatürliche Wahrheiten sind, in denen sich die natürliche Vernunft vollendet, ist für den Antiklerikalen das Irrationale, das so zu domestizieren ist, nur für den Hausgebrauch! Die strikte Trennung von Kirche und Staat ist so das Vernunftanliegen aller Antiklerikaler! Die Katholische Kirche sieht dagegen in der Cooperation zwischen Kirche und Staat das Ideal, gerade weil die weltimmanente Vernunft, die die Politik des Staates bestimmen sollte, ihre eigene Vollendung in der Offenbarung, der übernatürlichen Vernunft findet. Das war das theologische Fundament des Thron- und Altarbündnisses der Konstantinischen Epoche, die die Antiklerikalen so gern perhorreszieren. 
Nun verblüfft der Papst mit der These, daß das Verhältnis der christlichen Religion zu den anderen Religionen kein klerikales sein soll. Damit drückt er aber nur das aus, was heuer die gängige Praxis des interreligiösen Dialoges ausmacht: Die christliche Religion kommuniziert mit allen anderen Religionen auf gleicher Augenhöhe. Klerikal wäre es, wenn sie stattdessen wie der Apostel Paulus als Vertreter der einzig wahren Religion den anderen gegenüberträte. Aber um des geschwisterlichen Dialogisierens willen, wird diese Wahrheitsdifferenz niviliert: alles eben gleich wahr!

Was ist nun das Antiklerikale im Besonderen bei diesem Papst? Papst Franziskus sagt das so:
"Geistliche sollten den Menschen und ihren Problemen nahe sein und sich vor Floskeln hüten, so der Papst." (Kath net vom:) Ist der Geistliche ein den Menschen naher Mitmensch? Wer so frägt, kann nur eine Antwort darauf bekommen: So sollten die Geistlichen der Kirche sein- nur sind eben nicht alle- leider -so! Aber so wird völlig vergessen, was denn einen Geistlichen konstitutiv ausmacht! Er ist von seinem Wesen her der Mittler zwischen Gott und dem Menschen. In der vorkonziliaren Liturgie der Kirche drückte dies sich formvollendet in der Stellung des Priesters in der Messe aus: Er stand zwischen dem Hochaltar und dem Volk und dies Dazwischenstehen war auch ein hierarchisches: tiefer als der Hochaltar und höher als das Volk stehend vermittelte er so wie ein Brückenbauer. Deshalb war und durfte er nie ganz bei Gott sein und er durfte nie ganz beim Volke sein und so gerade konnte er ein geistlicher Vermittler sein! Von Gott empfing er von "Oben" und er wandte sich zum Volke, um dann selber höher stehend das Empfangene runterzureichen. Er empfing aber auch vom Volke von "Unten", um das so ihm Anvertraute nach "Oben" weiter zu vermitteln. 
Ein Geistlicher, der nur noch dem Volke nahe ist, den Menschen, der hat eben nichts mehr von"Oben" zu vermitteln! Moderne Seelsorge würde das die Spiegelung des Menschen im Priester nennen, sodaß der sich so beim Geistlichen Aussprechende klarer sich und seine Lage in der Wiederspiegelung wahrnimmt, um so zu adäquaten Lösungen zu finden, denn die braucht er nicht mehr von "Oben", klerikal vermittelt, sondern die sind schon in ihm, nur daß er sich seiner eigenen Lösungskompetenz noch bewußt werden muß. Einfacher gesagt: Der Priester muß dem Kunde aufs Maul schauen, damit er ihm das sagen kann, was der hören will. Kundenorientierung, Serviveorientierung statt klerikaler Bevormundung heißt dann dies zeitgemäße kirchliche Marketingkonzept! Nicht mehr das von "Oben" bestimmt, was wahr ist, sondern der Kunde unten, dem sich die Kirche als Serviceorganisation anzupassen hat! Das ist Menschennähe, Volksnähe und wunderbar antiklerikal!   
Daß die Predigtknzel nachkonziliar abgeschafft, der Prister meist in Augenhöhe mit dem Volke agiert, zeigt dann eben auf, daß er nicht mehr ein Brückenbauer ist, der von "Oben" nach "Unten" vermittelt, sondern daß er eben nur noch privat agiert als Angebotsanbieter  an seine Hörer und Zuschauer!   
Ergo:Der Antiklerikalismus ist eine Kriegserklärung an die Katholische Kirche. Daß Papst Franziskus dafür mehr als Sympathien hegt, ist für die Kirche ein einziges Unglück, zeigt aber auch, wie sehr diesem Papst es hauptsächlich darauf ankommt, in den Medien gut anzukommen!      
                
                  
           


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