Mittwoch, 4. Mai 2016

Seelsorge- gibt es das denn noch in der Kirche?

Seelsorge ist ein eindeutig zweideutiger Begriff: die Sorge um die Seele (als Genitiv objektivus verstanden) oder als die Sorge der Seele (als Genitiv subjektivus verstanden). Nur, was nützt das, wenn schon die einfache Frage: Hat denn der Mensch überhaupt eine Seele? als Voraussetzung einer Seelsorgetheorie und Praxis nur noch gelangweiltes Kopfschütteln hervorruft. Man will Seelsorge praktisch ganz konkret betreiben und überläßt solche spekulativen Fragen dann lieber der theoretischen Philosophie. Nur, es muß dann gefragt werden,ob das Spezifische der Seelsorge verloren geht, indem faktisch nur noch ein diakonisches Handeln praktiziert wird. 
Die Vorstellung einer Sorge um die Seele beinhaltet ja den Problemkomplex des Seelenheiles. Das ist nun etwas von dem, was die Psychologie betreibt, Grundverschiedenes.Die Wiederherstellung der Gesundheit der Psyche, das Anliegen einer Therapie ist zu unterscheiden von der Seelsorgepraxis schlechthin, der Beichte! Im Zentrum der Seelsorge steht die Beziehung der menschlichen Seele zu Gott, in der Therapie und der Beratung durch Psychologen eine Erkrankung oder irgendwie geartete Störung der Psyche. Also die klassische Seelsorge kümmert sich um die Sorgen der Seele um ihr Heil in Hinsicht auf die Beziehung zu Gott. 
Daß Menschen zu allen Zeiten und so auch heuer  Probleme haben, die nicht das Seelenheil betreffen und doch für sie von existenzieller Wichtigkeit sind, ist unbestreitbar. Darum muß es eben auch neben der Seelsorge Ärzte für Erkrankungen und Störungen der Psyche geben. Dabei ist in der Regel zwischen dem objektiven Problem, zum Beispiel, daß man seit langem arbeitslos ist und der Auswirkung dieses objektiven Problemes im subjektiven Erleben des Betroffenen zu unterscheiden. Das Arbeitsamt ist für die objektive Seite dieses Problemes zuständig, aber für die subjektive eventuell ein Therapeut, wenn die Psyche ob dieser Lebensituation einen Schaden nimmt. Die Seelsorge ist genau genommen für diesen Fall nicht zuständig. Nur für das diakonische Handeln ist dies ein Fall. Nur, nun drängt sich ein Verdacht auf: Weil halt heuer kaum noch wer Sorgen um das Heil hat, sie gar erleidet, hat sich die klassische Seelsorge von ihrer Ursprungsaufgabe entfremdet und sie kümmert sich jetzt um eigentlich alles, was einem Menschen Sorgen bereitet. Das ruft nun ein prinzipielles Problem dieser modernen Seelsorgepraxis hervor: Wie können nun die Sorgen der Menschen, die sie realiter haben und sie in Sorge versetzen mit den Gehalten der christlichen Seelsorge in Beziehung zueinander gebracht werden? Da sitzt der um seinen Arbeitsplatz Fürchtende, der unglücklich Liebende, der von Mitmenschen Gemobbte beim Seelsorger, er spricht sich aus und dann? Es ist erstaunlich, aber wahr: Die meisten Seelsorgekonzepte empfehlen hier das, was auch jeder psychologisch geschulter Berater auch weiß und praktiziert: emphatisches Zuhören und emotionale Zuwendung zum Betroffenen "rüberbringen",  und den lieben Gott läßt man dann außen vor, es sei denn, man meint, daß schon die Zuwendung zum Betroffenen die liebende Annahme durch Gott wiederspiegele, nonverbal natürlich, denn Religiöses wird, wenn überhaupt nur noch nonverbal vermittelt im praktischen Helfen! Nüchtern betrachtet: Die Seelsorgepraxis ist durch diakonisches Handeln ersetzt worden- und moderne Theologen rechtfertigen das eben mit der Tatsache, daß der Mensch heuer keine Sorgen um sein Seelenheil mehr kenne und das ist auch gut so, weil Gott als Liebe jede Sorge um mein Seelenheil völlig überflüssig mache! Ein Dogmatikprofessor erklärte sogar in seiner Vorlesung, daß die Erbsünde allein darin bestehen könne, zu glauben, von Gottes Liebe getrennt zu sein, also sich um sein Heil zu sorgen! So mache Gott die klassische Seelsorge zur bloßen Verkündigung, daß es keinen Grund für eine Seelsorge, als Sorge um die Seele gäbe! Darum braucht die Kirche auch keine Seelsorger mehr, sie braucht nur noch Diakone, auch wenn man dann gern ihr Tuen mit dem Begriff der  Seelsorge ummäntelt: Es klingt nach mehr! Nur, gibt es denn überhaupt noch Seelen oder sind die dem modernen Menschen auch abhanden gekommen mit dem Verlust der Sorge der Seele um ihr Heil?    
         

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen