Donnerstag, 22. September 2016

Der postmetaphysische Mensch- eine Lesefrucht

"Die Hölle, das ist das Außen. In diesem methodischen Inferno, dieser Gleichgültigkeit eines Raumes, in dem kein Einwohnen geschieht, sind die modernen Punkt-Individuen bindungslos zerstreut. Es kommt daher nicht nur, wie die Existentialisten sagen, darauf an, sich durch ein frei gewähltes Engagement im Sinnlosen selbst eine Richtung zu geben; vielmehr geht es, nach der allgemeinen Bloßstellung des Menschen auf den Oberflächen der Erde und der Systeme darum, das gleichgültige Außen zu bewohnen, als könnten sich in ihm beseelte Blasen längerfristig stabilisieren.  [Vgl Sloterdijks Triologie Sphären] [...]Die Lebenskünste der Moderne zielen darauf, Nicht-Gleichgültiges im Gleichgültigen zu errichten." Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S.184.
Nur in künstlich geschaffenen Blasen könne der Mensch in einer objektiv gleichgültigen Welt leben, in denen und nur in ihnen so etwas wie ein sinnvolles Leben möglich sei! Als solche Blasen sieht der Philosoph Paare, Kommunen, Chöre, Teams, die Völker und die Kirchen an. (S.184). Dies ist nun nicht religions- oder kirchenkritisch gemeint, sondern: Ohne künstliche Blasen könne der Mensch auf Erden so wenig leben wie ein Raumfahrer ohne Weltraumanzug im Weltraum. Aber die postulierte Nützlichkeit besagt eben auch die Unwahrheit dieser Sphären aus, denn in ihnen wird etwas hervorgebracht, was es objektiv nicht gibt, sondern nur als etwas diese Kunstblasen Konstituierendes. 
Das Denken erhält so einen zwiefachen Charakter: einerseits erkennt das Denken die Sinnlosigkeit der Außenwelt und andererseits bringt es Sphären, Blasen hervor, die sinnvoll durch das Denken hervorgebracht werden, in denen der Mensch leben kann. Denken ist somit auch das Erdenken von etwas, was es nur im Denken gibt: sinnvolles Leben- erstaunliche Einsichten eines Philosophen. 

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