Dienstag, 29. August 2017

Die Verteufelung des Künstlichen- oder das Nein zum Leben

Der Bischof von Györ (Raab) nahm in einem Interview mit der Tageszeitung Magyar Nemzet dazu Stellung. Er betonte, daß es sich bei der künstlichen Befruchtung deshalb um eine Sünde handelt, weil die „Natürlichkeit“ der Zeugung in der Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau nicht gegeben ist. Daher sei die Methode für die katholische Kirche „inakzeptabel“.
Zitiert nach kath info 28.8. 2017
Offensichtlich lebt diese Argumentation aus der Antithetik von "natürlich" und "künstlich", wobei das "Natürliche" das Gute und das "Künstliche" das Böse ist! Das leuchtet doch jedem ad hoc ein, daß natürliches Atmen etwas Gutes und eine "künstliche Beatmung" etwas Schlechtes ist. Wenn  also ein Mensch nicht mehr "natürlich" atmen kann infolge einer schweren Erkrankung und er künstlich beatmet werden müßte, dann muß die Kirche jede Art von künstlicher Beatmung ablehnen, weil der Mensch nun mal zum natürlichen Atmen verpflichtet ist. Der Patient stürbe dann, aber natürlich. Lieber natürlich sterben als künstlich leben- auf diese Parole kann nur der kommen, dem Technik als etwas Künstliches etwas Daimonisches ist. Das müßte dann auch für die künstliche Ernährung Schwersterkrankter gelten als auch für Menschen, die es bis jetzt leider noch vorziehen, bebrillt durchs Leben zu gehen, statt ihr Schlechtsehenkönnen als Schicksal anzunehmen. Denn auch das künstliche Sehen durch Brillengläser ist etwas Unnatürliches.
Wahrscheinlich ist diesem illuminierten Bischof noch nicht aufgegangen, daß das Wohnen an kalten Wintertagen in beheizten Räumen auch nicht natürlich ist, und daß er so ob seiner Vorliebe fürs natürliche Leben in kalten Winternächten unter freiem Himmel zu nächtigen hat- ganz natürlich- natürlich im Adamsgewand, da die Kleidung auch etwas Künstliches ist!
Aber so konsequent ist dieser Bischof natürlich  nicht: Tag und Nacht lebt und arbeitet er in einer durch Technik bestimmten Welt, ja ihm ist das Künstlich-Technische so sehr zu einer Selbstverständlichkeit geworden. daß er den künstlichen Charakter von all dem gar nicht mehr wahrnimmt.
Aber wenn es um das menschliche Leben geht, um die Entstehung, dann soll plötzlich alles natürlich zugehen! Was aber nur, wenn das Kind nicht anders als durch einen Kaiserschnitt zu Welt gebracht werden kann? Darf das der Christ oder muß dann das Kind, um nicht künstlich zur Welt gebracht zu werden, im Mutterleib absterben? Gehört es zur Würde des Menschen, lieber natürlich zu  sterben, etwa durch das Unterlassen eines Kaiserschnittes, als daß es künstlich zur Welt gebracht wird?
Aber bei dem Entstehen des Menschen, da muß alles doch natürlich zugehen! Mitnichten: Die Natur des Menschen besteht gerade darin, sein natürliches Leben zu kultivieren und das heißt auch immer, es zu verkünstlichen. Bei jedem Mittagessen zeigt sich, wie unnatürlich wir uns ernähren, wenn wir Kunstgeräte wie Messer und Gabel nutzen und nicht fressen und saufen sondern essen und trinken aus Eß- und Trinkgeräten. Nur der Barbar lebt rein natürlich.
Wenn keine natürliche Empfängnis möglich ist, spricht so nichts gegen eine künstliche Befruchtung. Es entspricht der Entwickelung des Menschen, daß er durch die Technik die Natur und damit auch seine eigene lernt zu beherrschen. Wenn ein Mensch von Geburt an blind ist, spricht moraltheologisch nichts dagegen, ihn durch das Implantieren künstlicher Augen zum Sehenkönnen zu verhelfen, sobald das der Medizintechnik möglich ist.Blindheit ist eben dann kein Schicksal mehr, sondern eine Aufgabe für die Medizintechnik, hier Blinde zu Sehenden zu machen.Das gilt so auch für die künstliche Befruchtung! 
Daß aber ein Bischof  zu dieser Causa sich äußert, ohne daß er dabei an das 1.Gebot erinnert, daß Gott uns Menschen gab, ist nicht mehr tolerierbar. Das erste Gebot heißt ja bekanntlich: "Seid fruchtbar und mehret euch!" (1. Buch Mose, 1.Kapitel- noch vor dem Sündenfall!) Nun will also dieser Bischof Menschen davon abhalten, das erste Gebot Gottes zu erfüllen mit der Begründung, daß sie nur natürlich sich fortpflanzen dürften! Aber das ist in nichts begründet außer in der kirchlichen Perhorreszierung des Künstlichen und der Apotheose des Natürlichen! Konsequent zu Ende gedacht hieße das, daß nur der unkultivierte Barbar, ganz natürlich lebend gemäß Gottes Willen lebt, wohingegen jedes zivilisierte und somit immer auch verkünstlichte Leben wider Gottes Willlen ist!
Aber noch was! Ist denn die menschliche  Fortpflanzung  überhaupt "natürlich" ? Hier muß an die katholische Lehre von der Seele erinnert werden. Der menschliche Leib und nur er entsteht aus dem Geschlechtsakt, die Seele dagegen wird direkt von Gott geschaffen und dann dem menschlichen Körper inkarniert. Diese Seele formt dann den menschlichen Leib zu seinem Körper. Die Inkarnation der unmittelbar von Gott geschaffenen Seele kann man nun selbst nicht als etwas Natürliches bezeichnen. Es ist geradezu etwas Übernatürliches, wie eben auch und gerade die Seele nichts Natürliches ist, da sie nicht etwas aus der Welt weltimmanent Entstandenes ist. Jede Zeugung eines Menschen ist so einerseits etwas Natürliches und andererseits Übernatürliches und somit Nichtnatürliches. Eine künstliche Befruchtung tangiert dabei aber nur die natürliche Seite der Entstehung des Menschen, die wesentlichere, daß er Seele ist, verdankt der Mensch allein der göttlichen Initiative. So ist schon jede natürliche Befruchtung und Zeugung im Kern etwas Nichtnatürliches! 
Nur ein völlig gestörtes Verhältnis zum Künstlich-Technischen ermöglicht solche Urteile eines Bischofes. Und es muß konstatiert werden, daß auch das Wesen des Menschen völlig verkannt wird, dem es nämlich zu eigen ist, nicht nur seine natürliche Umwelt zu kultivieren und das heißt auch immer zu verkünstlichen, sondern so auch mit seiner Eigennatur umzugehen! 

Zusatz: Die Verständnislosigkeit dieses Bischofes dem Kinderwunsch von Eltern gegenüber spricht auch für sich. Moralischer Rigorismus opfert eben Menschen, weil ihm die Moral wichtiger ist als das Leben, in diesem Falle die Weitergabe des Lebens!        

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