Freitag, 4. August 2017

Unbehagen in der Kultur- und ihre Subkulturen

"Der Freiheitsdrang richtet sich also gegen bestimmte Formen und Ansprüche der Kultur oder gegen Kultur überhaupt." S. Freud, Das Unbehagen in der Kultur, Fischer Tb, 1981, S.91. Von Natur aus sei der Mensch frei, er könne tun und lassen, was er wolle, da er aber immer mit Mitmenschen ausgestattet ist, führt diese Freiheit zum Kriege aller gegen alle. Hier gälte dann wirklich, daß der Mensch des Menschen Wolf sei. 
Die Kultur hat nun den Auftrag, diese  unmittelbare Freiheit aufzuheben, sie zu domestizieren. Freud betont dabei den negativen Charakter dieser Einschränkungen, die eben auch dazu führen, daß der Mensch sich ob seiner domestizierten Freiheit in der Kultur unbehaglich fühlt. Er lebt von seiner Ursprünglichkeit entfremdet. 
Zwei Reaktionsmöglichkeiten ergeben sich daraus: a) eine Kritik an einem Zuviel an Reglementierungen der Freiheit und b) eine Kritik an der Reglementierung überhaupt. Ersteres ist eine mit der Kultur kompatible Kritik, die zweite ist faktisch die Negation jeder Kultur.
Gewöhnlich wird eher unterschieden von der Friheit ihr Mißbrauch, so als wenn der Mißbrauch der Freiheit nicht gerade zur Freiheit konstitutiv dazugehört. Dann kann eine Welt der Freiheit erphantasiert werden, in der alle frei keiner seine Freiheit mißbraucht. Aber der Gedanke des Mißrauchens setzt schon eine Limitierung der Freiheit voraus, denn aus sich ist die Freiheit unbegrenzt. Eine kultivierte Gestalt der Freiheit wird so schon als gegeben angesehen. Und das ist immer eine limitierte Freiheit. Erst diese begrenzte Freiheit ist dann ein Kulturgut. Freud: "Die individuelle Freiheit ist kein Kulturgut." (S.90) Als ursprünglich unlimitierte ist sie einerseits die Voraussetzung der Kultur, sie wird aus der menschlichen Freiheit geboren und andererseits muß sie aufgehoben werden in eine wechselseitig anerkannte Freiheit und das ist die kultivierte Freiheit.
Man könnte auch von einer ursprünglichen Willkürfreiheit sprechen, die dann zur Freiheit erst kultiviert würde, verharmloste das nicht den Selbstdomestikationsprozeß der Freiheit. 
Muß deshalb der Mensch in einer Kultur lebend diese immer auch als ihn einengend erfahren? Hier muß mit S. Freud eindeutig Ja dazu gesagt werden. 
Vielleicht gibt es deshalb in der Kultur immer auch eine Subkultur der Gewaltverherrlichung und der Pornographie, damit das aus der Kultur Ausgeschlossene zumindest fiktiv da ausgelebt werden kann. Dann wäre gegenüber der These einer Animation zum Unerlaubten durch eine solche Subkultur ihr entlastender Charakter zu betonen, als müßte der Kulturmensch ab und zu sich als Barbar geben, um dann wieder als kultivierter Mensch leben zu können. 
Nur Gutmenschgläubige wollen von diesem dunklen  Untergrund der Kultur nichts wissen, weil für sie den völlig domestizierten Menschen mit dem Naturmenschen identifizieren. Nur setzt die Religion nicht den domestizierten Menschen voraus, sondern versteht ihn als ihr Produkt. So gibt es auch eine Religionskritik aus dem Unwillen über alle Kultur im Geiste der Willkürfreheit.   
              

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