Donnerstag, 9. November 2017

Eine Orientierungsskizze: Das Kreuz und die Kirche und die Teilhabe am Heil

Wie wird das Kreuz Christi (als Kurzformel für das für uns durch Jesus Christus gewirkte Heil) zu meinem Kreuz, sodaß es mir gilt? Katholiken, Lutheraner und Reformierte unterscheiden sich gerade in dieser Frage.
Der Reformiert-Calvinistische Standpunkt ist der, daß Gott in aller Ewigkeit beschlossen hat, für welche Menschen Christus das Heil am Kreuze gewirkt hat und für wen nicht.Die zum Heil Erwählten erlangen dann das Heil, wie die Nichterwählten es nicht erlangen können. Das Vermittelungsproblem, wie wird das Kreuz Christi zu meinem Kreuz ist somit respondiert: allein durch Gottes Erwählen. Es bleibt nur noch das Problem: Wie erkenne ich, daß ich ein Erwählter bin? Und das ist das Zentralproblem der reformierten Theologie.Denn die Taufe, der Glaube und der Empfang des Abendmahles sind keine eindeutigen Zeichen meines Erwähltseins! 
Der lutherische Standpunkt sagt nun, daß nur durch meinen Glauben das im Kreuz gewirkte Heil zu meinem Heil wird, im Sinne von: Wie ich Christus vertraue, so ist er mir. Nur dem, der darauf vertraut, daß Christus für seine Sünden gestorben ist, für den ist er dann auch heilswirksam gestorben. In der lutherischen Theologie ergreift der Glaube das Heil, während nach der reformierten Theologie er nur das Heil anerkennt, denn nicht weil ich glaube, gilt mir das Heil, sondern es gilt mir nur, wenn ich ein von Gott Erwählter bin. Für die lutherische Theologie hat so auch die Kirche eine heilsvermittelnde Funktion, denn durch sie wird das Wort Gottes gepredigt, das es gilt,im Glauben aufzunehmen für das Heil. Für die lutherische Theologie sind aber die Sakramente so gesehen immer ein Problem: Wozu sind sie gut, wenn das Heil allein abhängt vom (gepredigten)Wort, das im Glauben anzunehmen ist? Das Evangelium vermittelt so sehr allein das Heil dem, der es gläubig aufnimmt, daß eigentlich kein Platz mehr ist auch nur für die zwei von Luther übriggelassenen Sakramente. Faktisch steht kaum vermittelt das Taufsakramet und das Abendmahl neben der Heilsvermittelung allein durch das gepredigte Evangelium. Diese beiden Sakramente sollen nun auch Heil vermitteln, das Abendmahl, indem es gläubig empfangen wird.Aber genau genommen empfängt der Kommunikant im Abendmahl dann nur das, was er als an das Evangelium Glaubender schon empfangen hat. Für das Taufsakrament wird dies noch komplizierter, da bei der auch im Luthertum üblichen Säuglingstaufe man schwerlich von einer im Glauben empfangenen Taufgnade sprechen kann. 
Das war auch der Grund der Radicalieserung der Reformation zur Herausbildung eines linken Flügels, indem die Erwachsenentaufe propagiert wurde, mit dem Kollateralschaden, daß nun nichts Gesichertes mehr ausgesagt werden konnte über unmündig gestorbene Kinder. Da lag es nahe, die traditionelle Lehre der Erbsünde abzulehnen und die unmündig verstorbenen Kinder als unschuldig anzusehen. So wurden Teile des linken Flügels pelaginistisch und das, obzwar sie ultraaugustinisch angefangen hatten mit Luther. 
Die Katholische Lehre sagt nun, daß das Heil durch die Sakramente vermittelt wird. Der katholische Glaube gehört dann zu den Empfangsbedingungen eines heilswirksamen Empfanges der Sakramente mit der Ausnahme des Sakramentes der Taufe. Hier gilt nun, daß die Kirche das heilsnotwendige Vermittelungsorgan ist. Das ist die Kirche nach Luther im strengen Sinne nicht, denn der Glaube, der allein hinreichende kann ja auch aus dem bloßen Bibellesen sich generieren ohne eine Vermittelungstätigkeit durch die Kirche. Das ist die Nähe Luthers zum Reformiertentum.
Man kann sich aber des Eindruckes nicht erwehren, daß diese Differenzen im postmodernen Christentum am verlöschen sind. Dieser Eindruck stimmt leider. Die Postmoderne hat ein neues Verständnis von Kreuz Christi, Kirche und der Teilhabe am Heil entwickelt!
Dabei wird an die reformierte Konzeption angeknüpft! Aus Gott, der einen Teil der Menschen erwählt  und einen nicht erwählt, bzw. reprobiert, wird der Gott, der als Liebe jeden Menschen von Ewigkeit her liebt. Das Kreuz Christi zeigt dann nur noch, daß Gott uns liebt (wie das gedacht werden soll, bleibt dann aber völlig unklar, es soll nur besagen, daß das Kreuz Christi nicht uns das Heil gewirkt hat, sondern nur etwas zeigt, was unabhängig vom Kreuzesgeschehen schon immer uns galt. Das Vermittelungsproblem reduziert sich so nun darauf: Wie erkennen wir, daß jeder Mensch ein von Gott Geliebter ist? Das leiste die Verkündigung Jesu. Oder aber: Das sagt doch im Prinzip jede Religion. Alles Handeln der Kirche bezeugt so nur noch, daß jeder Mensch von Gott geliebt wird. Das ist die große Ähnlichkeit zur reformierten Konzeption, daß das Heil allein durch das ewige Erwählen Gottes gewirkt ist und daß es nur noch darauf ankommt, dies zu erkennen. Der Glaube ergreift nicht mehr das Heil, er er- und anerkennt nur noch, was unabhängig von ihm wahr ist für jeden Menschen, im Reformiertentum, für jeden Erwählten gilt.
Da die Postmoderne aber die Freiheit des Menschen das wichtigste Gut ansieht im Sinne der Selbstbestimmung, kann jeder Mensch, indem und nur indem er Nein sagt zur Liebe Gottes, davor "bewahrt" werden, in das Reich Gottes eingehen zu müssen. Aus dem durch Gottes Gericht Verurteiltwerden zur Verdammnis wird so ein freiwilliger Verzicht auf das Leben im Reiche Gottes! Aber Gott hört nie auf zu lieben, auch den Neinsagern gilt das. 
Die Kirche und jede religiöse Vermittelung des Heiles ist so überflüssig, weil ja jeder Mensch immer schon ein von Gott Geliebter, Bejahter ist. Nicht die Vermittelung  des Heiles ist so die Aufgabe der Kirche sondern das Eintreten dafür, daß jeder Mensch auf Erden als ein von Gott Bejahter so auch leben kann.                

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