Dienstag, 26. Dezember 2017

Mit der Geburt Jesu fing Alles an...oder über eine Pädagogik auf Jesus hin?

Feministin brüllen ja gerne auf Proabtreibungskundgebungen: "Hätte Maria abgetrieben, wäre uns all das erspart geblieben!", aber dies antichristliche Geschreie lassen wir heute auf sich beruhen und fragen uns etwas anderes: Wer käme auf die Idee, einen mehrere hundert Seiten umfassenden Roman mittig aufzuschlagen, um dann anzufangen, ihn zu lesen? Oder wer legte die ersten zwei Teile der Romantriologie: "Der Herr der Ringe" beiseite, um mit dem dritten Teil anzufangen? Aber zu Hauf meinen Christen, daß das Leseverhalten, was sonst sinnwidrig ist, im Falle der christlichen Religion das sinnvollste ist. Man beginnt mit dem Neuen Testament, mit der Geburtsgeschichte Jesu als dem Anfang. 
Aber wenn Jesus sich als der Messias bezeugt, wie will das ein Leser verstehen, wenn er nicht diesen Begriff vom Alten Testament her kennt? Und wie soll der Begriff des Opfers verstanden werden, wenn man nichts vom Opferkult des Alten Testamentes weiß? Wie die Bergpredigt verstehen, wenn nicht gewußt wird, daß sie Jesu Explikation des Psalmes 15 ist: Wer darf wohnen im Zelte Gottes? 
Keine Rechenlehrerin käme auf die Idee, den Tafelkläßlern das Addieren und Subtrahieren beibringen zu wollen, ohne zuvor ihnen das Zählen erlernt zu haben. So gibt es auch eine Präpadeutik für die Religion, ohne die Religion so unvermittelbar bleibt, wie das Addieren, wenn die Schüler zuvor nicht das Zählen gelernt haben. 
Als These möchte ich aufstellen, daß der Ursprung jeder Religion eine Weltanschauung ist, in der die Welt nicht als ein in sich abgeschlossenes System verstanden wird, in dem alle Ereignisse in der Welt natürlich, das ist aus der Welt, hinreichend erklärbar ist.Das Fundament der Religion, ihres Wesens nach, ist, daß mitten in der Welt mit Einwirkungen von Nichtweltlichem, Übernatürlichem, Göttlichem oder Daimonischen zu rechnen ist. Die Lebenswelt ist offen für Anderes. Solange dies nur als übernatürliche Kräfte gedeutet wird, wird so das Übernatürliche nur als etwas Schiksalhaftes gedeutet, dem der Mensch hilflos ausgeliefert ist.
Der erste Schritt zur Religion ist dann die Praxis der Magie, daß diese übernatürlichen Kräfte vom Menschen beeinflußbar sind, daß er sie gar beherrschen kann durch magische Beschwörungen!Die Religion generiert sich aus dieser Praxis erst, wenn diese übernatürlichen Kräfte personalistisch aufgefaßt werden, daß also eine kommunikative Praxis die magische aufhebt- im Sinne Hegels. Die Form dieser Praxis ist das Opfer und das Gebet. Dem das Opfer und das Gebet dargebracht wird, wird dabei als Herr über das Opfer und das Gebet geglaubt, das ist, daß er ein Opfer erhören oder auch verwerfen kann, das es Gnade ist, wenn das Opfer angenommen wird. Die übernatürlichen Kräfte werden so personalisiert. Jetzt erst können diese Kräfte sich als sich offenbarend vorgestellt werden, als Adressaten von Opfern und Gebeten. 
Dann erst kann auch das moralische Leben Gegenstand der Reflexion der Religion werden in dem Sinne, daß nun gefragt wird: Wie muß der Mensch moralisch leben, damit sein Opfer und sein Gebet von Gott erhört werden wird, daß er es erhören will. Einfach gesagt: Aus Mörderhänden nimmt Gott kein Opfer an und aus Lügenmündern keine Gebete. 
Diese Elementaria setzt selbst das Alte Testament schon voraus als Selbstverständlichkeiten jeder Religion. Die Bibel legt uns dann nur noch das Besondere der christlichen Religion dar! 
Was passiert aber, wenn dies Fundament sich aufgelöst hat, durch eine vernünftelnde Aufklärung als abergläubisch- magisch denunziert worden ist? 
Die Verkündigung Jesu, auf dem festen Fundament des Wesens der Religion aufgebaut, verliert ihr Fundament und wird jetzt auf sandigem Boden neu errichtet, weil nun seine Verkündigung und sein Wirken mit einem aufklärerischen Vorverständnis gelesen wird. Jesus kann nun nur noch Verkündiger allgemeiner moralische Tugenden sein, die ihre Begründung in einem Gottesverständnis finden, daß Gott auf: "Ich liebe alle Menschen!" reduziert. So predigt man selbst am Hl. Abend, dem Hochfest der Menschwerdung Gottes die Liebe zu Asylanten, statt Gott zu verkünden! Die Religion wird völlig vermoralisiert! Ja, das Christentum soll gar keine Religion mehr sein. Das behauptete nicht nur D. Bonhoeffer, da sind ihm viele als Verderber der christlichen Religion gefolgt.     

Zusatz (aus meinem Buch: Der zensierte Gott))


Dies von Kant hier skizzierte religionslose Christentum ist heute im 20. und 21. Jahrhundert zumindest in Europa die Regelform des gelebten Christentums geworden: Christsein heißt, anständig leben und ab und zu, wenn es einem was bringt, am kirchlichen Leben, an feierlichen Festen teilzunehmen: Weihnachten und Ostern. Das Pflichtpathos reduziert sich dabei auf die etwas laue Vorstellung von einem Bemühen um Anständigkeit und meint faktisch, daß man so lebt, wie die Gesellschaft es einem vorschreibt, was unter Anständigkeit zu verstehen ist. Keller, ein modernistischer Jesuit, formuliert das so: „So sind alle Menschen aller Zeiten in Jesus Christus hineingenommen und gerettet, auch wenn sie nichts von dieser seiner Liebe wissen, falls sie nur nicht dadurch von ihm abrücken, dass sie wider ihr Gewissen handeln und ihn dadurch verwerfen, dass sie ihre Mitmenschen ablehnen oder gar hassen.“1 Keller zieht daraus radikale Konsequenzen. Eigentlich sei das Christentum mit seinem Zentrum der Nächstenliebe keine Religion. „Weil Menschen jedoch offenbar nicht ohne Religion leben können, Christentum jedoch keine bestimmte Religion seiner Anhänger voraussetzt, sondern jenen Ausprägungen von Religion, die Freiheit oder Mitmenschlichkeit hindern, sogar entgegentreten muss, übernahm es spätestens seit der Konstantinischen Wende selbst typisch Religiöses, das es zuvor in dieser Weise nicht kannte, wie einen eigenen Priesterstand, Kirchen als Tempel mit Altar, heilige Geräte, Orte und Zeiten, oft aus dem Heidentum, aber auch aus jüdischer Tradition entlehnt.“2 Das wäre legitim, „wenn auch gültig bleibt, dass diese Formen für das Christentum nicht wesentlich sind“.3

1Keller, A., SJ, Grundkurs des christlichen Glaubens. Alte Lehren neu betrachtet, 2011,
. S. 500.
2Keller, a.a,O. S. 88.
3Keller, a.a.O. S. 88.
     

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