Samstag, 24. November 2018

Subtiler Atheismus in der Kirche

Kann es denn Atheismus in der Kirche geben? Wer hier vorschnell mit einem Nein! antwortet, höchstens einräumt, daß es vielleicht einige "schwarze Schafe" unter dem Klerus gibt, der muß sich leider eines Besseren belehren lassen.
Zur Kirche gehört auch die wissenschaftliche Theologie, in der aber gerne die Meinung vertreten wird, daß ob des Ideales der Freiheit der Wissenschaften die Theologie sich von den normativen Vorgaben der Kirche zu  emanzipieren habe, sodaß ein Wissenschaftler der Theologie nur das zu lehren habe, was er als Wissenschaftler als wahr verantworten könne. Georg May faßt die wundersamen Ergebnisse dieser Art des Betreibens der Theologie in seinem Buch: "300 Jahre gläubige und ungläubige Theologie" zusammen, aber dies Buch evoziert so ja den Eindruck, daß es eine bloße Frage der inneren Einstellung sei, ob die Theologie gläubig oder ungläubig betrieben würde. 
Wie nun aber sähe es aus, wenn es einen strukturellen Atheismus in der Theologie gäbe,wie sie in der Moderne praktiziert wird als objektive Tendenz unabhängig von der persönlichen Einstellung des Wissenschaftlers? 
Die Grundvoraussetzung der wissenschaftlichen Bibelerforschung ist, daß als wahr bzw. wahr-scheinlich nur ein Ereignis gelten kann, was rein weltimmanent erklärbar ist. So müssen alle Wundererzählungen im Alten wie im Neuen Testament daraufhin geprüft werden, ob sie weltimmanent erklärbar sind. Wenn die Erzählungen etwas nicht weltimmanent Erklärbares beinhalten, dann muß das als rein fiktiv, als Legende, begriffen werden. So gilt selbstverständlich ein Prophetenwort als nicht echtes Prophetenwort, wenn es ein Geschehen als zukünftig sich ereignend prophezeit, was dann sich auch ereignet hat. Denn kein Mensch kann Zukünftiges vorauswissen, wenn nicht diese Erkenntnis im Gegenwärtigen schon als Möglichkeit angelegt ist. So gelten alle Voraussagen Jesu, daß er leiden und sterben müsse, als unechte Jesusworte, weil er sein Schicksal nicht vorausgewußt haben könne.  
Das Axiom das alles, was sich in der Welt ereignen kann, rein weltimmanent erklären müssen kann, sonst sei es kein Element der Welt, ist eine atheistische Prämisse, die ausschließt, daß Gott  in der Welt handeln kann. In der Welt können nur Menschen, religiös motiviert handeln, aber Gott ist aus der Geschichte als Handlungssubjekt ausgeschlossen. Das ist der methodische Atheismus der historisch-kritischen Methode, die die Exegese der Bibel und die Kirchengeschichtsforschung bestimmt. Das heißt auch, daß es nie von Gott gegebene Gesetze geben kann, die nur so in der Bibel erzählt werden als hätte sie Gott selbst offenbart noch Visionen und Privatoffenbarungen Gottes in der Kirchengeschichte. Im realen Leben gibt es nicht Gott, sondern nur in religiösen Erzählungen, die Gott als wirkend vorstellen. So schließt jeder moderne Kirchenhistoriker es a priori aus, daß durch ein Wunderwirken Gottes selbst Kaiser Konstantin zum Förderer der Katholischen Kirche wurde. Dies Ereignis ist nur eines der Geschichte, wenn es weltimmanet erklärt wird. Alles andere sind nur fromme Legenden. Fast in jeder Messe, in der die Liturgie eines Heiligen gedenkt, weiß der Priester zu sagen, daß wenig Zuverlässiges über diesen Heiligen gewußt wird, daß aber Legenden über ihn Wundersames erzählen, was aber alles unhistorisch und unwahr ist. 
Die dogmatische Theologie sieht da genauso trostlos aus, indem sie jeden theologischen Gedanken als Meinung eines Menschen in einer bestimmten Zeit und eines bestimmten Raumes rekonstruiert, in dem der zu untersuchende Theologe sein besonderes Anliegen ausdrückt. Dies Ausgedrückte sagt dann viel über den so sich Ausgedrückthabenden aus, aber es ist eben nur eine mehr oder weniger gut fundierte Meinung über einen theologischen Gegenstand. Gott ist dem theologischen Denken über ihn so äußerlich, daß nie geurteilt werden kann, ob es denn auch ein Erkennen Gottes ist. Die moderne Theologie kennt so Gott nicht selbst als Subjekt, das seine Erkenntnis im theologischen Denken selbst hervorbringt(wie etwa Paulus sagen kann: Nicht ich, sondern die Gnade mit mir (1.Korinther 15,10), sondern nur ein rein menschliches Denken zu Gott hin, von dem nie geurteilt werden kann, ob es denn Gott auch wirklich erreicht oder doch nur ein subjektives Meinen bleibt.Das ergibt dann solche Formulierungen: Im Mittelalter dachte man Gott so, die Aufklärung veränderte das Gottesbild der Kirche so und das Urchristentum ....und irgendwie glaubt auch jeder Einzelne immer auch ganz persönlich.
Wenn in der praktischen Theologie etwa nach den Ursachen des heutigen Priestermangels geforscht wird, wird a priori eine Antwort, nämlich die theologische ausgeschlossen, daß Gott selbst nur noch so wenige beruft. Nur weltimmmanete Erklärungen und Therapien sind für den Diskurs dieser Causa zugelassen (am beliebtesten ist natürlich dabei die Aussage, daß der Zölibat an allem schuld sei!), nur Gott selbst kann damit nichts zu tuen haben. Warum nicht? Weil Gott eben in der wissenschaftlichen Theologie nie als Subjekt vorkommt, sondern nur als religiöse Vorstellung, die nur als solche dann Menschen zum Agieren motivieren könne.
Eine unerquickliche Frage stellt sich so: Ist die Theologie, so wie sie modern praktiziert wird in ihrem prinzipiellen Atheismus, daß Gott nicht den Status eines Subjektes in ihr einnimmt, selbst das Einfallstor für den Atheismus in der Kirche?  
     
      

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