Mittwoch, 12. Dezember 2018

"Freiheit, Gleichheit,Brüderlichkeit" Fremdkörper im Abendland?

Der "Untergang des Abendlandes" ist viel im Munde, Oswald Spengler aktueller denn je, wenn auch nur mit dem Titel seines Meisterwerkes. Gehört das Ideal der "Glechheit" zur Kultur des christlichen Abendlandes, oder bezeichnet es eher eine destruktive Größe, die in der Französischen Revolution das Licht der Welt erblickte, aber als ein freimaurerisch inspirierter Fremdkörper in der abendländischen Kultur?
"Lacan teilt mit Nietzsche und Freud die Vorstellung,daß Gerechtigkeit als Gleichheit auf Neid beruht:auf unseren Neid auf den anderen,der hat, was wir nicht haben und der es genießt." Slavvoj Zizek, Lacan. Eine Einführung, 2008, S.54.Das Streben nach Gerechtigkeit speist sich also aus der Quelle des Neides, wenn unter der Forderung nach Gerechtigkeit die Forderung nach einer Gleichheit verstanden wird.
Spotan wird wohl jeder da zuerst widersprechen: Gerechtigkeit ist, wenn jeder gemäß seiner Leistung mehr oder weniger belohnt wird, daß guten Schülern gute und schlechten Schülern schlechte Noten gegeben werden. Dahingegen ist es ungerecht, wenn ein Lehrer einer Schülerin eine gute Note vergibt aus Sympathie ihr gegenüber, wenn sie eine schlechte verdient hätte. Aber allen Schülern eine 1 zu geben, damit Niemand neidisch auf eine bessere Note, als man selbst bekam, sein wird ist doch im Höchstmaß ungerecht.
Und damit stehen wir schon mitten in der Problematik des Gleichheitsideales. Denn das meint tatsächlich, daß Alle das Recht haben, so wie Alle genießen zu dürfen. Daß wer etwas hat, was der andere nicht hat, wird nun als eine Ungerechtigkeit empfunden- nur wo Alle gleich sind, da ist Gerechtigkeit. Dem neidischen Blick wird dabei gerade das, was ich nicht habe, der Andere aber, zu der Quelle des Glückes, an dem ich nur keinen Anteil haben kann, weil mir genau das fehlt, was das Glück des Anderen ausmacht. Der Andere genießt, was ich zu meinem Unglücke nicht genießen kann. 
Also, das ergäbe die Forderung, daß das, was bisher nur die Privilegierten genießen konnten, nun zum Genießbaren für Alle wird. Alle genießen unlimitiert, das wäre die vollkommene Gleichheitsgerechtigkeit.
Aber Zizek verblüfft den Lesenden auch hier ( wie so oft): "Die Forderung nach Gerechtigkeit ist letztlich die Forderung, das exzessive Genießen der anderen einzuschränken, damit jedermanns Zugang zum Genießen gleich ist." (S.54) Unter dem exzessiven Genießen muß also ein Modus des Genießens gemeint sein, der nicht universalisierbar ist, daß nicht jeder so genießen kann. Die einfachste Erklärung dafür wäre wohl:Wenn alle reich wären, wäre keiner reich, denn der Begriff des Reichseins impliziert notwendig: das Mehrhaben als die Anderen. Exzessiv könnte nur dann etwas genossen werden, wenn es verbunden ist mit dem Wissen, etwas exclusiv zu genießen, etwas zu genießen, wovon viele ausgeschlossen sind. Ein kleiner Witz mag das veranschaulichen:
Wie kann die Frau Doktor noch ihren echten Pelzmantel genießen, wenn sie ihre Putzfrau im gleichen Pelzmantel in ihrem Tennisclub antrifft? 
Indem das exclusive Genießen aufgelöst wird durch die Forderung nach dem Genießen für Alle, löst sich der Genuß auf.  So wird die Vulgarisierung des Genießens zur Askese, dem Verzicht auf das Genießen. "Das notwendige Ergebnis dieser Forderung ist natürlich Askese." (S.54)
Eine Gesellschaft, die so die Gleichheit realisieren würde aus dem Ungeiste des Neides heraus, wäre eine freudlose ohne Genuß. Der hl. Augustin erkannte schon, daß das Streben nach dem Genießen die Antriebskraft des Menschen sei mit seiner Unterscheidung von dem, was wir um seiner selbst willen tuend genießen und dem, was wir nur tuen, um ein Ziel außerhab dieses Tuens zu erreichen. Diese Selbstbezüglichkeit sprengt die Vorstellung eines exzessiven Genießens, denn hier scheint es so, als wenn dazu konstitutiv gehört die Vorstellung, daß es ein privilegiertes Genießen ist:  Der echte Pelzmantel verursacht nur diesen Genuß, wenn damit das Wissen verbunden ist, daß nur wenige so genießen können. Wird der echte Pelzmantel zum Besitz der Vielen, hört er  auf, Objekt  des Genießens sein zu können. Der Massenkonsum vertilgt so die Möglichkeit exzessiven Genießens, wenn Alles, was jetzt noch nur für wenige ist, durch die Forderung der gleichmacherischen Gerechtigkeit zum Konsumobjekt der Vielen wird.  So produziert der  Massenkonsum den asketischen Konsumenten. Aus dem Munde Älterer tönt das dann so: Früher freuten sich die Kinder zu Weihnachten über eine Süßigkeit, jetzt sind sie so überfüttert, daß sie sich gar nicht mehr freuen können: das asketische= genußlose Kind.  
Es bedarf wohl keiner Begründung, daß für die abendländische Kultur die  Gerechtigkeitsvorstellung, jedem gemäß seiner Leistung das Bestimmende war und daß mit dieser Gleichheitsgerechtigkeitsforderung so ein Fundament dieser Kultur untergraben wurde und wird.   

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