Seiten

Mittwoch, 30. April 2025

Zur „Theologie des Leibes“ - ein verstörender Verdacht!

 

Zur „Theologie des Leibes“ - ein verstörender Verdacht!



Nicht in medias res sondern über einen Umweg soll nun dies Thema angegangen werden, um so besser ins Ziel anzukommen: Auch der best zubereitete Schweinsbraten von Frau Sonnbichler wird ihrem Mann nicht mehr munden, bekäme er ihn jeden Tag zu Mittag vorgesetzt.1 Das gilt so von allem, was wir genießen wollen: Eine inflationäre Häufigkit entwertet jeden Genuß. Sex wird in unserer Zeit so inflationär genossen, daß selbst die ausgefallendsten Versionen seiner Praktizierung nicht mehr die Sexübersättigten befreidigen können. Die Akteure der Romane Marquise de Sades veranschaulichen dies dem Leser überdeutlich. Wer schon alles zigfach ausprobiert hat, alles auch seinen Reiz desVerbotenen und Pervertierten verloren hat, wie soll dann der Sex noch begeistern?

Der täglich servierte Schweinsbraten der Frau Sonnbichler könnte aber ihrem Mann wieder zu einem Hochessensgenuß werden, wenn er nur noch zu Weihnachten, Ostern und ein paar anderen besonderen Festtagen serviert werden würde. Das scheint mir die Substanz der in conservativen Kreisen zu hochgeschätzten „Theologie des Leibes“ des Papstes Johannes Paul II zu sein, wenn der Schwerpunkt auf ihre Rezeptions- und Wirkungsgeschichte gelegt wird. 99,999 Prozent der Katholiken praktizieren ihre Sexualität so, als hätte dies Ereignis der „Theologie des Leibes“ nie stattgefunden und die diesbezügliche Lehre des Katechismus wird nicht nur nicht praktiziert, sondern selbstredend als völlig unsinnig abgelehnt. Aber warum sollte man sich nicht auch mal Minderheiten zuwenden, den sehr Wenigen, die die Sexualitätslehre des Katechismus gemäß dieser Theologie praktizieren.

Das Kernanliegen der „Theologie des Leibes“ ist, ganz in Übereinstimmung mit der Lehre des Katechismus, daß Sex nur in der Ehe praktiziert werden dürfe. Der Katechismus lehrt eindeutig: „Die leibliche Vereinigung ist nur dann moralisch zu rechtfertigen, wenn zwischen dem Mann und der Frau eine endgültige Lebensgemeinschaft gegründet worden ist.“ (2391) „Unzucht ist die körperliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht miteinander verheiratet sind.“ (2253). Aber nun betritt doch die „Theologie des Leibes“, so wie sie in der „Tagespost“ regelmäßig vertreten wird, doch neue Wege, wenn zwar die Verhütung mit künstlichen Mitteln als moralisch unerlaubt, mittels natürlicher Mittel aber als erlaubt beurteilt. In der Nr 2351 lehrt dagegen der Katechismus: „Unkeuschheit ist ein ungeregelter Genuß der geschlechtlichen Lust oder ein ungeordnetes Verlangen nach ihr. Die Geschlechtslust ist dann ungeordnet, wenn sie um ihrer selbst willen angestrebt und dabei von ihrer inneren Hinordnung auf Wiedergabe des Lebens und auf eine liebende Vereinigung losgelöst wird.“2 Das heißt konkret: Wenn ein verheiratetes Paar sich geschlechtlich vereinigen will, aber so, daß dabei die Frau nicht schwanger werden kann, dann betreibt das Paar Unzucht. Die Intention, daß nicht ein Kind dabei entstehen kann, macht diese Vereinigung zu einem unzüchtigen Akt. Das gilt somit auch für jeden Geschlechtsakt, wenn mit der Zuhilfenahme natürlicher Mittel oder Methoden eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden soll.

Sex soll weiterhin nur in der Ehe praktiziert werden, aber dann in ihr doch auch mit der Intention, daß die Frau nicht schwanger werden könne, wenn dazu keine künstlichen Mittel appliziert werden. Die Intention dieser neuen Theologie ist nun, daß die praktizierte Sexualität zwischen Verheirateten aufgewertet werden soll und so von dem Ruf befreit zu werden, nur ein Übel zu sein, das aber um des Erhaltes des Lebens doch zu praktizieren ist. Es drängt sich so der Verdacht auf, daß diese Theologie mit der modernen Einstellung zur Sexualität übereinstimmt, daß der Sex das Wichtigste und Beste auf Erden sei, daß er aber um seiner Qualitätsabsicherung willen in seiner Häufigkeit zu reduzieren sei. Wird berücksichtigt, daß Frauen durchschittlich 30, Männer 33 Jahre alt sind, wenn sie heiraten, und daß zwischen 12 und 14 Jahren die Geschlechtsreife sich einstellt, daß fast 20 Jahre lang Frauen und Männer enthaltsam zu leben haben! Das kann, wenn überhaupt es gelingen kann, nur möglich sein, wenn dann diese lange Periode der Enthaltsamkeit durch die Vorstellung eines Übermaßes an Lustbefriedigung in der ehelich praktizierten Sexualität durchhaltbar wird.

Es ist, als wenn Frau Sonnbichler ihrem Ehemann am Jahresanfang erklärte, erst zu Weihnachten bekäme er seinen excellenten Schweinsbraten, auf den er sich dann das ganze Jahr hindurch vorfreuen könnte. Aber damit nun wenigstens dann in der Ehe die Sexualität genossen werden kann, darf sie nun auch praktiziert werden, wenn beide kein (weiteres) Kind wollen und sie deswegen so praktizieren, daß auf keinen Fall die Frau schwanger werden kann. Nur dürften dazu keine künstlichen Mittel verwendet werden.

Dem Einfluß der personalistischen Philosophie verdankt sich nun dieser, Verbindung von der Liebe und der Sexualität, daß einerseits insinuiert wird, daß der Geschlechtsverkehr nur zwischen Sichliebenden erlaubt sein könne, das ist aber unvereinbar mit der kirchlichen Ehelehre, daß auch eine reine Vernunftehe legitim ist und daß eine gültig geschlossene Ehe gültig bleibt, auch wenn das Paar aufgehört hat sich zu lieben, und daß dann auch noch der Geschlechtsverkehr erlaubt ist, und daß die Liebe, nur wenn sie nur als eine durch den Tod eines der Ehepartner Beendbare vorgestellt wird, eine Liebe ist, die den Geschlechtsverkehr erlaube. Die Liebe, nur wenn sie als eine „endgültige Lebensgemeinschaft“ von beiden Ehepartnern bejaht wird, erlaube dann erst den Geschlechtsverkehr. In diesem Punkte stimmen dann also der Katechismus und die „Theologie des Leibes“ überein.

Aber ist diese Vorstellung der personalistischen Anthropologie vertretbar? Wenn heute eine Frau oder ein Mann heiratet, kann er nicesht mit Gewißheit ausschließen, daß der Partner sich von ihm scheiden lassen will und wird, sodaß faktisch ihre Lebensgemeinschaft genichtet wird, auch wenn sie in der dogmatischen Theorie noch fortbesteht, Der eine Partner kann das höchstens für sich selbst ausschließen, aber nie hundertprozentig für den Anderen. Das heißt, daß heutzutage keine Ehe mehr geschlossen werden kann, in der mit 100 prozentiger Sicherheit gewährleistet ist, daß sie eine Lebensgemeinschaft ist, die erst durch den Tod eines der Partner beendet werden wird. Wenn aber das Versprechen auf eine erst durch den Tod eines der Ehepartner auflösbaren Lebensgemeinschaft die notwendige Condition für die Erlaubbarkeit des Geschlechtsverkehres ist, dann dürfte der Geschlechtsverkehr auch in einer Ehe nie vollzogen werden. Denn die Ehe ist nur noch der Theorie nach, nicht der Realität nach eine „endgültige Lebensgemeinschaft“.

Der Geschlechtsverkehr dürfe nicht um seiner selbst willen angestrebt werden. (2351). Die „Theologie des Leibes“, zumindest so, wie sie die „Tagespost“ rezipiert, bejaht den Geschlechtsverkehr um seiner selbst willen genossen, wenn dazu nur natürliche Mittel appliziert werden. Das Künstliche wird dabei unreflektiert als das Nichtnatürliche daimonisiert, so als wäre die Ermordung eines Menschen mit künstlichen Mitteln, ihn zu erschießen, etwas Unerlaubtes, die Ermordung aber mit natürlichen Mitteln,ihn mit bloßen Händen zu erwürgen etwas Erlaubtes, da es da natürlich zuginge. Aber wie kommt denn nun der Katechismus auf die Idee, daß derGeschlechtsverkehr um seiner selbst willen genossen, etwas Unerlaubtes sei? Auch hier wird ein kleiner Umweg eingeschlagen, um hier Klarheit zu schaffen.

Man möge sich bitte vorstellen, ich urteilte: Jedes Mal, wenn ich einen Glühwein trinke, sündige ich. Der Beweis für diese absurde These: Das Trinken diene der Lebenserhaltung, denn ohne eine genügende Einnahme von Flüssigkeiten stirbt der Mensch. Das Glühweintrinken dient nicht der Lebenserhaltung sondern allein dem Genuß, also ist es unerlaubt. Der Kardinalfehler dieses Beweisganges ist die Einschummelung eines „Nurs“, daß das Trinken nur der Lebenserhaltung zu dienen habe und deswegen jedes Trinken um des Genießens willen eine unerlaubte Handlung sei.Im Hintergrund steht dabei die Unterscheidung des hl. Augustin zwischen dem „uti“ als ein Gebrauchen zu und dem „frui“ als einem selbstzwecklichen Genießen. Ich lese das Buch, um mich für eine Prüfung vorzubereiten, ich bereite mich auf die Prüfung zu, um sie zu bestehen, ich will sie bestehen, um.....Hier wird immer etwas gebraucht, (uti), um ein Ziel außerhalb des Gebrauchens zu erreichen, das dann selbst nur wieder ein Mittel für ein weiteres Ziel ist. Augustin frägt nun, ob es ein letztes Ziel geben könne, das selbst wiederum nicht ein Mittel für ein weiteres Ziel abgibt? Das kann für den hl. Augustin nur das „höchste Gut“, das „summum bonum“, also Gott selbst sein. Deswegen dürfe nur Gott genossen, alles andere aber nur benutzt werden und zwar so, daß es auf das Endziel ausgerichtet sei. Wer etwas anderes als Gott genieße, sündigt so. Damit steht jedes etwas Tuen um seiner selbst willen unter der Anklage, denn nur Gott ist etwas Selbstzweckliches, nein ist das Selbstzweckliche, Somit wird jede praktizierte Sexualität wie auch jede Tasse Glühwein, wenn um seiner selbst willen genossen, zu einer Sünde.

Dabei wird aber die Güterlehre des hl. Augustin vergessen, daß Gott zwar das höchste Gut ist, daß aber alle anderen erstrebten Güter ihr Gutsein durch ihre Teilhabe am Gutsein Gottes haben und so genossen werden dürfen, da in ihrem Gutsein, das in ihrem Genießen genossen wird, Gottes Gutsein in seinem Abbildsein in jedem Guten genossen wird. Nur Gott ist aus sich gut, alles andere hat sein Gutsein nur durch seine Partizipation an dem Gutsein Gottes, oder um es ästhetisch zu formulieren: Alles Schöne ist nur schön ob seines Abbildseins des Urbildes des Schönen. So kann und darf alles Gute und Schöne genossen werden und nicht nur gebraucht werden um eines Zweckes außerhalb des Gebrauchens. So ist der Geschlechtsverkehr zwar auf den Zweck der Fortpflanzung ausgerichtet, kann aber, wie auch die Tasse Glühwein genossen werden, wenn der Geschlechtsverkehr nur um des Genusses willen praktiziert wird. Denn sowohl der Glühwein wie auch der Geschlechtsverkehr sind auch Güter, die um ihrer selbst willen genossen werden dürfen.

In diesem Punkte entfernt sich so die“Theologie des Leibes“ von der Lehre des Katechismus, aber ohne daß das solide begründet wird durch einen Rekurs auf die Güterlehre des hl. Augustin. Es muß aber auch betont werden, daß es eine Hierarchie der Güter gibt: die von der Seele erstrebten Güter stehen in dieser Ordnung über den Gütern des Leibes, auch wenn diese gut sind. Der Verdacht besteht nun darin, daß das Gut der praktizierten Sexualität durch diese Leibestheologie maßlos überbewertet werden soll, indem die restriktive Bestimmungen, wann und wie sie nur praktiziert werden dürfe, sie zu einem Mangelgut werden läßt, als wenn der Schweinsbraten statt jeden Sonntag nur noch zu Weihnachten gegessen werden dürfte.

1Vgl: „Sturm der Liebe“ M.E. Erfährt man in dieser Serie weit mehr über das Phänomen der Liebe als in dieser Leibestheologie.

2Die Formulierung der „liebenden Vereinigung“ist dabei aber sehr problematisch: Es gilt, daß auch der Geschlechtsverkehr legitim ist, wenn er in einer sog. Vernunftehe praktiziert wird, wenn also beide sich nicht lieben, oder wenn sie zwar aus Liebe geheiratet haben, aber aufgehört haben, sich zu lieben. Liebt sich das Paar, ist aber nicht verheiratet, ist dagegen diese Vereinigung unerlaubt. Es kommt nämlich allein auf das miteinander Verheiratetsein an.

Dienstag, 29. April 2025

Gefährliche Freiheit – Befremdliches und Irritierendes oder muß der Mensch bevormundet werden?

 

Gefährliche Freiheit – Befremdliches und Irritierendes



Daß die Freiheit etwas Gutes und Begehrenswertes ist, ist eine so selbstverständliche Ansicht, daß diese Meinung von Niemandem in Frage gestellt wird. Nur zu aufmerksamen Bibellesern können da Bedenken kommen, wenn er sich frägt, warum den das Volk Israel von Gott aus dem Sklavenhaus Ägyptens durch Gott befreit ununterbrochen wider Moses und Gott murrt: Wären wir doch nur bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben! Die so gewonnene Freiheit erkaufte sich das Volk mit einem Verlust an Sicherheit: In Ägypten lebten sie zwar als Sklaven, aber sie wurden dann da auch hinreichend mit dem Lebensnotwendigen versorgt. Wie armselig kam ihnen das dürftige Wüstenleben vor, verglichen sie es mit ihrem ägyptischen Fleischtopfleben.

Anselm von Canterbury ist wohl einer der bedeutendsten Theologen der Kirche, der nun deswegen in unseren glaubensschwachen Zeiten regelmäßig diffamiert wird wegen seiner Kreuzestheologie. Weniger bekannt ist sein Traktat über die Willensfreiheit.1 In dem ersten Kapitel wird die Questio erörtert, ob das „Vermögen zu sündigen“ „zur Freiheit des Willens“ gehört oder nicht gehört. Daß das Vermögen, zu sündigen zur Freiheit dazugehören könnte, das würde die Willensfreiheit zu einer gefährlichen qualifizieren. So exponiert dann Anselm das Problem: „Besteht nämlich die Willensfreiheit, wie manche meinen,darin, sündigen oder nicht sündigen zu können, und haben wir dieses Vermögen immer, wieso bedürften wir dann zuweilen der Gnade? Haben wir es aber nicht, wieso wird uns dann zur Sünde angerechnet, wenn wir ohne freien Willen fehlen?“ (S.70)

Aber diese Problemexponierung verdrängt das moraltheologische Problem des freien Willens! Wenn nämlich der Mensch notwendig immer nur das Gute wollen würde und keine Freiheit dazu hätte, das Nichtgute zu wollen, dann würde er das Gute nicht in einer moralisch qualifizierbaren Weisen wollen. Er funktionierte dann nur wie eine gut konstruierte Maschine.Aber wenn eine so konstruierte Maschine noch so gut funktionierte, dies Funktionieren wäre nicht moralisch qualifizierbar. Denn ein Wollen oder Handeln als moralisch oder unmoralisch zu beurteilen, setzt denknotwendig die Freiwilligkeit des Gewollten voraus, daß das Gute gewollt oder auch nicht gewollt werden konnte. Anselm versucht nun, dies Problem durch die Einführung eines komparativistischen Verständnisses zu lösen: „Dann ist aber der Wille, der von der Rechtheit, nicht zu sündigen, nicht abgebracht werden kann, freier als der, der die Rechtheit zu verlassen, imstande ist.“ (S.71). Im Raume der Handlungsfreiheit ist die Einführung eines komparativistischen Freiheitsverständnisses sinnvoll. Für unsere heutige Zeit ist es evident, daß je voller der Geldbeutel ist, desto mehr Handlungsoptionen, nämlich Kaufoptionen verfügt der Geldbeutelbesitzer. Aber im Raume der Willensfreiheit kann es weder ein Mehr noch ein Weniger an Freiheit geben: Hier ist der Mensch frei oder nicht frei. Damit gehört aber konstitutiv das Vermögen zum Sündigen, zum Mißbrauch der Freiheit zur Freiheit. Das macht die Freiheit zu etwas Gefährlichem.

Der Traktat über die „Freiheit des Willens“ spricht dabei die größte Gefahr dieses Freiheitsverständnisses nur indirekt an, so grauenerweckend ist sie: Gehörte nämlich zur Freiheit des Willens die Freiheit zum Sündigen, dann müßte man Gott und den Engeln, da ihnen die Willensfreiheit zugeschrieben wird, die Freiheit zum Sündigen auch zugeschrieben werden. Das wäre eine „unerlaubte Behauptung“. (S.70)2. Wenn also zur Freiheit, damit ihr Gebrauch moralisch qualifizierbar ist, das Vermögen zum Wollen des Nichtguten gehört, dann ergibt sich daraus eine Notwendigkeit der Limitierung der Freiheit. Wenn nun aber als das Ideal der Mensch gedacht wird, der nicht mehr über die Freiheit zum Sündigen verfügte, dann würde dieser Mensch in seinem Wollen und Handeln nicht mehr als ein moralisch zu Qualifizierender zu stehen kommen: Um der Sicherheit vor dem Sündigenkönnen willen müßte er seiner Freiheit beraubt werden. Arnold Gehlens anthropologische These vom Menschen als einem Mängelwesen besticht, wenn man dabei insbesondere seine defizitäre Bestimmung durch seinen ihm eigenen Triebapparat ins Auge faßt. Nur wird dabei die eigentliche Pointe überlesen, daß erst durch die Freiheit des Willens dieses Defizit an der Bestimmtheit durch die Triebe hervorgerufen wird, daß er sich selbst noch einmal kontingent reflexiv zu ihnen verhalten kann. Er kann eben auch gegen seine Triebe handeln. Der Lebens- und Überlebenswille determinieren ihn nicht zu einem Lebenwollen, er kann auch nicht (mehr) leben wollen, er kann so seinen eigenen Tod wollen können. Die freiheit reißt so einen riß in die Naturordnung und ermöglicht so erst, daß es Geschichte gibt als etwas vom Naturgeschehen Verschiedenes. Es bedarf also einer Moral und der Institutionen, die diese dem Menschen eigentümliche Freiheit wieder kontrollieren, denn er kann ob dieser Freiheit gegen seine Natur widernatürlich leben.Der schlichte Dualismus, daß die Vernunft, das Über-Ich (Freud) wider das Triebleben streitet, ist deswegen zu modifizieren in die Struktur des Trieblebens, der Sphäre der Freiheit und der der Moral, die den freien Umgang mit den Trieben regulieren soll.

Der Diskurs über den Menschen ist somit immer auch einer über die Begrenzung seiner Freiheit. Der aktuelle politische Diskurs kapriziert sich geradezu darauf, die Freiheit des Menschen als die Ursache aller politischen Probleme ansehend diese zu domestizieren. Interessanterweise profilieren sich dabei die sich selbst als demokratisch verstehenden Parteien als Kämpfer wider die Freiheit, indem sie um den Mißbrauch der Freiheit einzuschränken, die Freiheit selbst einzuschränken. Wenn die Bürger, statt freie Menschen zu sein, nur noch funktionieren, dann gäbe es keine politischen Probleme mehr.



1Ich zitiere den Traktat nach der Ausgabe: Anselm von Canterbury. Vier Traktate: Wahrheit und Freiheit, hrsg von: Hansjürgen Verweyen, 1982.

2Hier entsteht nun der Theologie ein fast unlösbares Problem: Wird Gott ontologisch als vollkommen und somit notwendig als das Gute Wollender gedacht, kann von ihm nicht mehr prädiziert werden, daß er im moralischen Sinne gut ist, denn das setzt denknotwendig die Freiwilligkeit des das Gute Wollens voraus, daß auch das Nichtgute gewollt werden könnte. Diese Frage verlangt aber eine eigenständige Behandlung, die in diesem Aufsatz nicht geleistet werden kann. Es sei aber an die Aussage der Gotteslehre erinnert, daß Gott nicht selbst sich der von ihm gesetzten Ordnung unterordnet, denn er kann die von ihm dekretierten Naturgesetze aufheben und selbst auch Unmoralisches fordern, etwa von Abraham die Tötung seines Sohnes.

Montag, 28. April 2025

Der liberale Katholizismus: „Dienen wollen wir nicht!“ - „Nein zum Pflichtjahr nach der Schule“

Der liberale Katholizismus: „Dienen wollen wir nicht!“ - „Nein zum Pflichtjahr nach der Schule“



Der Standpunktkommentar zur Frage eines Pflichtjahres bzw zur Wiedereinführung der Wehrpflicht fällt, wie nicht anders zu erwarten gewesen, auf der linksliberalen Internetseite Kath de am 28.4.2025 verneinend aus. Als gut Liberaler will man zwar Rechte beanspruchen und lamentiert dann auch gerne über eine angebliche Diskriminierung von jungen Menschen in unserem Lande, daß sie nicht hinreichend berücksichtigt werden, aber von staatsbürgerlichen Pflichten will man dann nichts wissen. Selbst wenn der Kommentar dann gar der Kriegshysterie, Herr Putin wolle uns angreifen, zustimmt: Wir Jungen wollen nicht in der Bundeswehr dienen. Warum nicht? Weil das ein Zuviel an Einschränkung an der persönlichen Freiheit wäre. So wird dabei in diesem Kommentar raisoniert:  „Simon Linder kritisiert die Debatte um die Einführung eines neuen Pflichtdienstes. Die Diskussion werde auf dem Rücken der jungen Leute geführt, die ohnehin nicht ausreichend im Fokus der Politik stünden.“

Da der Mensch nun mal ein zoon politicon ist, und gar im Rufe steht, ein animal rationale zu sein, so lehrt es uns zumindest Aristoteles, sollte klar sein, daß ein Staatsbürger nicht nur Rechte gegenüber dem Staate hat, sondern auch Pflichten! Kein Gemeinwesen kann ohne den Anspruch an seiner Mitglieder, auch Pflichten der Allgemeinheit gegenüber zu haben, auskommen. Daß dann ein Bürger auch freiwillig dieses oder jenes tut, sozusagen ein Kürprogramm vollzieht, entpflichtet ihn nicht von seinen staatsbürgerlichen Pflichten. Es sei einmal eine simple Frage gestellt: Wie viel unternahm der Staat, die Allgemeinheit, bis ein neugeborenes Kind seine schulische Ausbildung vollendet hat? Wem verdankt er denn, daß es Schulen gibt, in denen er seinen Unterricht genießen konnte? In der Regel werden Kinder in einem Spital geboren: Warum gibt es denn Spitäler? Wie oft hat das Kind und der Heranwachsende von dem Gesundheitssystem profitiert,bis zum Ende seiner Schulzeit? Aber das Kind ist auch in eine Kultur hineingeboren worden, der er sein ganzes kulturelles Leben verdankt und das ist weit mehr als nur schreiben, lesen und rechnen lernen. Bevor ein Staatsbürger auch in Mensch für andere wird, ist er zuerst ein Empfangender.

Wer so viel von der Allgemeinheit bekommt, wie sollte der dann nicht auch der Pflicht unterliegen, zurückzugeben, nachdem er so viel empfangen hat! Ein Pflichtdienst ist so nur die logische Konsequenz, daß der Mensch nicht eine autonome Inselexistenz führt, sondern ein in ein Gemeinschaftsleben integriertes Wesen ist. Ein soziales Pflichtjahr würde so der Existenz des Menschen gerecht als einem zoon politicon.

Zu fragen ist nun, ob zur Verteidigungsfähigkeit eine Armee aus freiwilligen Berufssoldaten nicht geeigneter ist als eine Armee, die sich hauptsächlich aus Wehrpflichtigen zusammensetzt. Es müßte genau untersucht werden, ob die relativ kurze Ausbildungszeit von Wehrpflichtigen überhaupt ausreichen kann, um angemessen für einen Kriegsfall ausgebildet zu werden. Näher liegt es da dann doch, für alle Staatsbürger ein soziales Pflichtjahr anzuordnen, daß dann aber stattdessen auch der Dienst in der Bundeswehr abgeleistet werden kann, wohl dann länger als 1 Jahr bei entsprechend besserer Besoldung.

Aber das grundlegende Problem, das dieser Standpunktkommentar unüberlesbar zum Ausdruck bringt, ist die Verweigerung, staatsbürgerliche Pflichten zu haben: Man will zwar gut vom Vater Staat versorgt werden, und fühlt sich schon diskriminiert, wenn man mit seinen Privatwünschen nicht permanent im Mittelpunkt des politischen Diskurses steht, aber von Pflichten will man nichts wissen. Aber das Staatsbürgerleben kann und darf sich nicht allein auf das Freiwilligkeitsprinzip auferbauen. Die bürgerliche Sphäre ist nun mal die der Privatinteressen und des Handels, des Ausgleiches zwischen den Privategoismen, der freiwillig geschlossenen Verträge. Die Sphäre des Staates dagegen ist die, in der der Mensch als ein soziales Wesen lebt, in der er als ein Glied der Gemeinschaft für die Gemeinschaft existiert. Im Staatsleben organisiert ein Volk als ein selbstbewußtes sein Eigenleben. Hier wird gedient.Ein soziales Pflichtjahr wäre so auch eine gute Medizin gegen einen überschäumenden Individualismus, dem jeder Sinn für das Gemeinschaftsleben abhanden gekommen ist.

 

Samstag, 26. April 2025

Ein gewichtiger Nachruf auf Papst Franziskus - ohne eine Kommentierung!

 

"Freimaurer feiern Papst Franziskus: Ein »Bruder« im Geiste

Die Große Loge von Italien würdigt das Pontifikat von Papst Franziskus als »tief im Einklang mit den Prinzipien der Freimaurerei«. 

Dieser Nachruf auf Papst Franziskus, zitiert nach der "Freien Welt" vom 25.4.2025 bedarf keiner Kommentierung!

„Katholische Kirche in Deutschland regelt Segen für alle Paare“ Eine Kritik!

 

Katholische Kirche in Deutschland regelt Segen für alle Paare“ Eine Kritik!



Seitens des Laien ZKs und der deutschen Bischöfe versuchte man nun, die Gunst der Stunde ausnutzend , der alte Papst ist tot und der neue noch nicht gekürt, ein Positionspapier zum Wie des Segnens von Homopaaren, geschieden Wi(e)derverheirateten und sonstigen, die regulär den Ehesegen gespendet bekommen können, in die Welt zu setzen, das gewiß nicht von einem amtierenden Papst abgesegnet worden wäre. Man will eben viel progressiver als der Reformpapst Franziskus sich inszenieren,hoffend auf das Lob der linksliberalen Medien.

Also, wieder nichts Neues aus dem Kampfgechehen wider die Lehre der Kirche! Aber diese Kath de Überschrift vom 23.4.2025 könnte doch uns, um aus der Tristesse der Dauerwiederholungen der Deformagenda des sog. Kirchenvolksbegehrens und seiner Aktualisierung durch den Synodalen Irrweg zu entkommen, zu einem auf den ersten Blick abwegigen Gedanken führen. Wer über das Leben Wesentliches aussagen möchte, kann über den Tod nicht schweigen, denn das Leben ist die Negation des Todes, wie der Tod die Negation des Lebens ist. Da der Grundsatz: „Omnes determinatio est negatio“, muß, um vom Segen Gehaltvolles auszusagen, auch und gerade vom Fluch geschrieben werden, denn die Antithese zum Segnen ist das Verfluchen. Dabei möchte ich den Gedanken, daß wo nicht mehr verflucht werden kann, auch nicht mehr gesegnet werden kann.

Vieles, was einst seinen Ort im religiösen Diskurs und somit auch in der Kirche hatte, ist aus ihr herausgedrängt worden, da es nicht mehr in die Zeit passe und findet sich dann, manchmal wild wuchernd außerhalb der Kirchenmauern wieder. Besonders in der so arg verschmähten Trivialliteratur finden sich solche aus der Kirche entrümpelten Elemente wieder. Zu diesen gehört ganz offenkundig der ganze Vorstellungskomplex des Fluches.1

In dem sehr unterhaltsam geschriebenen Roman: „Gefährlich süßes Sehnen“ der Aurorin Candace Camp stößt der Leser auf diese Reflexion über ein Familienschicksal, daß es ihr nie vergönnt war, finanziell dauerhaft erfolgreich zu sein, sodaß diese Familie immer wieder von Armut bedroht ihre Töchter gut verheiraten mußte, um zu Geld zu kommen. Der Grund dafür läge in einer Verfluchung dieser Familie. Das liest sich dann so:

Der Grund dafür – wie Rachels engstirniger und abergläubische Vater vermutete – lag in einem Papistenfluch, mit dem der erste Earl of Ravenscar belegt worden war,als ihm während der Auflösung der Klöster die Abtei Branton Abbey von seinem Freund und Gönner Heinrich VIII für seine Treue und Ergebenheit geschenkt worden war. Edward Aincourt, Lord Ravenscar, hatte das Kloster abreißen lassen und die Steine dazu benutzt,einen Familienbesitz zu bauen.Der Abt von Branton musste – so wollte es die Legende – aus der Abtei getragen werden, da er sich weigerte, sie freiwillig zu verlassen. Draußen belegte er den Earl und all seine Nachkommen mit einem Fluch, indem er verkündete, dass >keiner, der hinter diesen Mauern lebt, jemals glücklich werden wird.<“ (S. 26)

Bis hierhin gelesen, ist der Sachverhalt klar: Aus der Perspektive eines modern aufgeklärten Bewußtseins wird diese Rekonstruktion des Familienschicksales nacherzählt und als „engtirnig“ und „abergläubisch“ abgetan. Aber dann folgt direkt darauf in einem eigentümlich ironischen Ton verfaßt diese Kommentierung: „Ob man es tatsächlich für die Folge dieses Fluches oder ganz einfach für den Charakter einer Familie halten soll, die zu stolz und verschwenderisch war, um ihr Geld zusammenzuhalten, sei dahingestellt.“ Die Ironie ist nun das Stilmittel der Postmoderne. Man vergleiche dazu die Bedeutung der Ironie in dem postmodernistischen Roman R.Musils: „Der Mann ohne Eigenschaften.“ Wenn nicht mehr klar zwischen wahr und unwahr, zwischen richtig und falsch unterschieden werden kann oder nicht mehr soll, dann werden die Möglichkeiten nebeneinander gestellt und die Frage, welche denn dann davon die wahre sei, mit der Irinonie der Unbeantwortbarkeit beantwortet. Wenn der moderne Mensch mit Luther ausruft: „Hier stehe ich und kann nicht anders“ ruft der postmoderne Mensch aus: „Hier stehe ich, aber ich könnte auch ganz woanders stehen!“ Statt eines Sichentscheidens für etwas, das ist für mich wahr“, verharrt der postmoderne Mensch in der Unentschiedenheit der ironischen Distanz.: „Es könnte was dran sein, es könnte auch nichts dran sein!“

So ist das Hochzeitsbrauchtum, es müsse etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes und etwas Blaues dabei sein, damit die Ehe eine glückliche wird, allseits bekannt, und wird auch durch die Erfolgsserie: „Sturm der Liebe“ popularisiert: Glauben die das Praktizierenden denn wirklich daran, oder urteilen sie eher: „Es könnte ja was dran sein, es kann auch nichts dran sein, aber man kann sich doch an diese Tradition halten, vielleicht ist doch was dran!“ Für den modernen Geist ist der Fluch etwas rein Abergläubisches und somit nur zu Verurteilendes, aber dem postmodernen Geist etwas, was wahr und was auch unwahr sein könnte, wo man sich aber nun nicht entscheiden muß, man kann es ja so praktizieren.

Wenn man aber dogmatisch fixiert den Fluch für etwas auf jeden Fall Irrationles und Abwegiges verurteilt, müßte man dann nicht konsequenterweise den Segen, die Segnungspraxis der Kirche als ebenso irrational verwerfen? Der Protestantismus urteilt tatsächlich so, indem er jede Segnung als unsinnig abtut außer der an Personen vollzogenen. Es dürfte kein Fehlurteil sein, mutmaßt man, daß hier das Segnen auf eine sprachliche Verkündigung, die nur wirksam sein kann, wenn der so „Gesegnete“ an das Wort glaubt, und der Segen dann nur ein Vertrauen auf das Zugesgte ist, reduziert wird. Wer die aktuelle Debatte um die Segnungsmöglichkeiten für homosexuelle Paare daraufhin kritisch liest, dem muß sich der Verdacht aufdrängen, daß hier unter dem Segen nichts anderes mehr verstanden wird als die öffentliche Bekundung der Kirche, daß sie auch die praktizierte Homosexualität bejahe. Die Verweigerung des Segens bekunde dann das kirchliche Nein zur praktizierten Homosexualität.

Aber wenn ein Priester Feuerwehrautos, Felder und Ehepaare segnet, dann sagt er damit nicht einfach, daß die Kirche die Feuerwehr, die Landwirtschaft und die Ordnung der Ehe gutheiße! Das Segnen ist ein effektives Handeln wie auch das Verfluchen! Wenn das Verfluchen nichts Effektives mehr sein darf, dann kann das Segnen auch nichts Effektives mehr sein. Dieser Verlust an den Glauben an die Effektivität kirchlicher Ritualhandlungen bedroht meinem Verdacht nach auch die Praxis der Taufe, daß die Taufe nur noch symbolisch darstelle, daß Gott dieses Kind, weil es ein Mensch ist, liebe und so nichts wirke, sondern nur darstelle, was dem Kinde unabhängig von der Spendung dieses Sakramentes gelte.

1Anbei: Es ist bezeichnend für die heutige Theologie, daß sie, wenn sie noch das Gespräch mit der Kunst und der Literatur führt, religionskritischen Werken den Vorzug gibt, und positiv dem Religiösem eingestellte Werke auch als ästhetisch minderwertig verurteilt.

Freitag, 25. April 2025

Der neue Feind: „die Friedensbewegung“ in der Zeit der Kriegsvorbereitung, einst in der Kirche gern gesehen!

 

Der neue Feind: „die Friedensbewegung“ in der Zeit der Kriegsvorbereitung, einst in der Kirche gern gesehen!



So diffamiert die „Tagespost“ am 23.42025 die Ostermärsche der Friedensbewegung in Deutschland, die trotz allem Totsagens doch noch existent ist: Foto: „ Diether Dehm, ehemals SPD, ehemals Linkspartei , Ex-Stasi-Spitzel und Schlager-Poet, bei einer Friedensprozession am Karfreitag unter dem Motto „Frieden kennt keine Brandmauern" auf dem Postplatz in Dresden.“ Die Friedensbewegung ist halt eine von Moskau ferngesteuerte Bewegung, sodaß in ihr nun „Stasi-Spitzel“ führend mitwirken und politisch Linksstehende. Letzteres betont dieser Artikel: „Sie marschieren wieder“ in Hinsicht auf die Leserschaft der „Tagespost“, die wohl Antipathien gegen die SPD und die“Linke“ hegt.

Aber ein aufmerksamer Leser muß doch etwas irritiert werden durch diese Zuordnung der Friedensbewegung in das „linke“ Lager, wird sie doch jetzt als etwas „Rechtes“ diffamiert. Am 24.4.2025 berichtet die Internetseite: „NachDenkseiten“: Dieter Hallervorden hat Gesicht gezeigt und eine bemerkenswerte Rede gehalten, die auf einer Friedensdemo am Karfreitag in Dresden eingespielt wurde. Doch anstatt auf den Inhalt der Rede einzugehen und Hallervordens Kritik aufzugreifen, hatten zahlreiche Medien nichts Besseres zu tun, als die Veranstaltung als „rechts“ zu framen. Hallervordens Appel für Frieden wurde kurzerhand zur „Kurzschlussverschwörungsrede“ (FAZ) umgedeutet.“ Der populäre Komiker erwiderte: „Die sollten eher dagegen aufstehen, wenn jemand Goebbels‘ Lieblingswort ‘kriegstüchtig’ wieder en vogue bringt"“

Für die „Tagespost“ ist deswegen die jetzige Friedensbewegung ein Querfrontphänomen, daß da Linke und Rechte gemeinsam gegen die demokratische Mitte agitieren. Früher war das noch einfach: Die Linken sind für den Frieden, sind Antimilitaristen und gar Pazifisten, wohingegen die Rechten als Militaristen den Krieg liebten, und ihn eigentlich gar als etwas Selbstzweckliches verherrlichten. Wie kommt es denn nun zu dieser Konfusion, daß Friedensbewegte als „rechts“ verunglimpft werden und die Demokraten „Ja“ sagen zum Krieg als dem geeigneten Mittel zum Kampf gegen Rußland? Noch irritierender ist doch nun, daß Rußland seit der Oktoberrevolution positiv beurteilt wurde, auch wenn nicht jeder Linke den sowjetischen Sozialismus als gelungen guthieß, wohingegen die „Rechten“ doch eher als rußlandfindlich angesehen werden, schließlich hätte doch Hitler als der Rechte schlechthin seinen sog. „Vernichtungskrieg“ gegen Rußland geführt. Die demokratisch regierten Länder kamen dann ja auch 1941 Stalin zur Hilfe in seinem Kampf gegen das rechtsregierte Deutschland.

Diesem Phänomen wird man wohl nur gerecht, wenn man die Oberflächlichkeit der heutigen Medienwelt mitbedenkt, daß die Vokabel „Rechts“ einfach zur Diffamierung von allem dient, was politisch oppositionell sich artikuliert. Wie die Qualifizierung von etwas als „Kitsch“ nichts anderes mehr bedeutet als: „Das ist auf keinen Fall akzeptabel“ so besagt das so auch die Vokabel: „Rechts“Alles Beliebige kann so als „Kitsch“ oder als „Rechts“ verteufelt werden, weil damit ja auch nur ausgesagt wird, daß es vollkommen inakzeptabel sei.

Aber doch verbirgt sich hinter dieser Diffamierungskampagne mehr: Die ersten ideologisch geführten Kriege führte Napoleon, der so die Errungenschaften der „Französischen Revolution“ zu dem Fundament Europas machen wollte und so das christliche Abendland überwinden. In der kommunistischen Partei Rußlands wurde dann, als die Hoffnungen auf eine kommunistische Revolution in Deutschland in der Weimarer Republik scheiterten, diskutiert, ob ein Revolutionsexport durch die Rote Armee dann dem Sozialismus in den anderen europäischen Ländern,isb in Deutschland möglich sein könnte, auch als eine Hilfe für die weltpolitisch isolierte Sowjetunion. Daß der Krieg so ein unter Linken bejahtes Mittel der (revolutionären)Politik war ud ist, wird nun völlig verdrängt, als wären „Rechte“ die Befürworter ideologischer Kriege. Um von dieser linken militaristischen Tradition abzulenken, soll nun das „Ja“zum Kriege etwas „Rechtes“ sein. Liest man daraufhin rechte Texte, selbst Hitlers „Mein Kampf“ findet sich eher eine antiutopistische Haltung, daß Kriege nun mal ein Mittel der Politik sind und es keine berechtigte Hoffnung dafür gibt, daß Staaten ein für alle mal auf dies Mittel verzichten werden.1

Aber wenn es um Rußland geht, dann müßten doch die antikommunistisch gesonnenen Rechten für einen Krieg gegen Rußland sein und tatsächlich existiert in Deutschland eine rechtsradicale Partei diese Position, die „Partei des dritten Weges“, aber damit steht sie im rechten Lager isoliert dar! Ein Blick in ein Geschichtsbuch erklärt uns diese Eigentümlichkeit: Den Linken und allen Demokraten war die Französische Revolution das Ereignis der politischen Geschichte Europas, in der die Vernunft praktisch wurde. Aber diesem aufblühenden Reich des Lichtes stellten sich finstere Mächte entgegen, die sich zur „Heiligen Allianz“ gegen den Fortschritt verschwörten: das zaristische Rußland, das preußische Deutschland und das reaktionäre Österreich. Den antirevoluionären Conservativen wurde so gerade Rußland zu dem Bollwerk wieder die Ideale der Französischen Revolution. Es kann als eine Ironie der Geschichte angesehen werden, daß nun das postsozialistische Rußland unter der Führung Putins zu der conservativen Gegenmacht gegen das ultraliberal permissive Westeuropa avanciert. Das jetzige Rußland hat kaum noch etwas mit dem Rußland Lenins gemein, aber viel mit der einstigen Heiligen Allianz wider den französischen Revolutionsvirus. Man vergleiche dazu einmal Thomas Manns Einschätzung Deutschlands im Spannungsfeld zwischen Frankreich und Rußland in seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“.

Für Linke und Linksliberale steht so der Kampf gegen Rußland als der reaktionärsten Macht Europas in der Tradition des Krieges Napoleons gegen das zaristische Rußland, während Conservative und Rechte im heutigen Rußland in der Tradition der „Heiligen Allianz“ einen Verbündeten gegen den heutigen Zeitgeist der Auflösung aller Traditionen sieht. Der Schulterschluß zwischen den Kaisern und der Kirche in dieser Allianz findet ja seine Entsprechung in dem Schulterschluß der jetzigen russischen Regierung mit der Russisch-Orthodoxen Kirche, gegen den dann gerade alle liberalen Theologen auf das heftigste polemisieren, nicht nur die“Tagespost“.

So avanciert nun tatsächlich die Friedensbewegung zu dem Feind, da sie sich der Aggressionspolitik des Westens gegen Rußland widersetzt, wohingegen Linke und Liberale ihre neue Liebe zum Kriege als das Mittel gegen reaktionäre Mächte neu entdecken. Auf den Straßen wird innenpolitisch die Parole: „Afdler töten!“ gerufen und außenpolitisch heißt die Parole nun: „Kriegsbereit gegen Rußland werden!“. So kämpfen die Ideale der Französischen Revolution aufs Neue wider ihre Gegner, auch mit dem Mittel der Gewalt, des Krieges.





1Das Narrativ, Rechte seien Kriegsenthusiasten beruht ja auf dem Narrativ, daß Hitler bzw besser die NSDAP schon von Anfang an, also vor 1933 einen Plan zur Welteroberung in der Tasche hatten, daß Deutschland durch Kriege die ganze Welt erobern sollte und daß dann die ganze Poitik des 3.Reiches auf dies Ziel ausgerichtet gewesen sei. Es hält dies Narrativ keiner historisch-kritischen Untersuchung stand, gehört aber zu den Grundlagendogmen der offiziellen Geschichtsschreibung.Vgl hierzu, komprimiert und gediegen: Florian Urban: "99 populäre Irrtümer über den Zweiten Weltkrieg".

Donnerstag, 24. April 2025

Eine Kriegserklärung wider die christliche Religion – oder die Modernisierung der Kirche als ein Entkernungsprogramm

 

Eine Kriegserklärung wider die christliche Religion – oder die Modernisierung der Kirche als ein Entkernungsprogramm



In der Flotte der Kanonenbote der Politischen Korrektheit profiliert sich die Internetseite: „Feinschwarz“ mit ihrem konsequenten Konzept einer politisch korrekten Umformung der christlichen Religion und der Kirche. Dabei genüge es eben nicht, die Transformationsagenda des Synodalen Weges umzusetzen, die Substanz der christlichen Religion solle aus ihr entfernt werden, um dann unter der Maskerade der christlichen Religion eine linkshumanitaristische Pseudokirche entstehen zu lassen. Zu diesem Zweck entdeckt nun am 23.4.2025 ein „Feinschwarzartikel“: den „Philosophen“ Herbert Schnädelbach. Sein Fazit seiner Religions- und Kirchenkritik brachte er schon vor 25 Jahren auf den Punkt: „Das Fazit seiner kulturgeschichtlichen Abrechnung: Das Christentum stellt einen Fluch dar, weil es seine „Geburtsfehler“ nicht loswird. Als da wären: die Erbsünde, die Vorstellung vom Sühnetod Christi am Kreuz als einem „blutigen Rechtshandel“, der unselige Missionsauftrag, der fatale Antijudaismus der Kirchen, die gewaltstrotzende Vorstellung vom Ende der Zeiten, nicht zuletzt der Einkauf platonischer Philosophie als intellektuelles Rüstzeug mitsamt leibfeindlichen Folgen.“

Anerkennenswert an dieser Polemik wider die christliche Religion ist nun daß hier tatsächlich die Substanz der christlichen Religion erfaßt wird, daß sie eine Erlösungsreligion ist, daß die Erbsündenlehre die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen expliziert, und daß er sich nicht selbst erlösen kann, daß er deswegen nur durch das Kreuz Christi erlöst werden kann, daß diese Erlösungsreligion den wahren Weg zur Erlösung kennt und den so weltweit verkündet, also mission betreibt. Der Antijudaismus der Kirche meint dann nur, daß die Kirche auch den Juden das Evangelium verkündigt, da auch ein Jude nur durch dieses erlöst werden kann. Daß die Erlösung auch ein Kampf gegen die sich der Erlösung widersetzenden Kräfte ist und darum nicht gewaktfrei ist, das wird im politischen Raum der Französischen Revolution mit ihren Gewaltexzessen zugute gehalten, aber Gottes Revolution wider den Alten Äon müsse hundertprozentig gewaltfrei verlaufen1. Daß dann noch gegen die platonische Philosophie als angeblich leibfeindliche polemisiert,kommt selbstredend bei allen gut an, denen die frei ausgelebte Sexualität das höchste Gut auf Erden ist. Die christliche Erlösungsreligion wird also vermaledeit, weil sie eben eine Erlösungsreligion ist.

Was soll nun an die Stelle der christlichen Erlösungsreligion gestellt werden:

Menschwerdung bildet als Glaubensmotiv den Ausgangspunkt, jeden Fluch des Christentums zu bearbeiten. Es haftet am Schöpfungsglauben: an der Überzeugung, dass sich auch in einer Welt voller Zerstörung ihr Sinngehalt nicht verliert. Es vermittelt sich in der solidarischen Verpflichtung, den anderen Menschen als Bruder und Schwester wahrzunehmen, weil man in ihnen Gott begegnet. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, gibt Jesus seinen Jünger:innen im Matthäusevangelium mit auf den Weg. Diese Vorstellung leitet Praxis an. Sie verwandelt Gleichgültigkeit, Ablehnung, Isolation – zumindest als Forderung. Es handelt sich um eine schöpferische Glaubensenergie.“

Entkleidet man dies Gerede seines pathetischen Tones, so bleibt nichts übrig als ein Sonntagsredenhumanitarismus. Selbstverständlich wird dabei Jesu Christi große Gerichtspredigt verfälscht, indem aus den Glaubensbrüdern und Glaubensschwestern, die Jesus hier meint, im Geiste der Französischen Revolution eine universalistische.Verbrüderungsphantasie wird, eine Idee, die im Freimaurertum ihren geistigen Vater hat2. Der unter dieser Maskerade verhüllte schlichte Humanitarismus wird dann noch religiös dekoriert: Aus der Glaubenswahrheit, daß Gott in einem Menschen sich inkarniert, wird ein Gott, der uns in jedem Menschen, statt in dem einem begegnet. Daraus können dann leicht die Lieblingsthemen des politisch korrekten Denkens deriviert werden, von den Anliegen der LGBTQler über den Kampf gegen Rechts und dem Umweltschutz bis zu jedem neuen Sternchen des mondänen Geredes der Fernsehunterhaltungsquaselrunden. Ein philosophisches Denken auf dem Niveau eines Platons paßt da eben nicht in die leib- und unterleiborientierte Themenagenda der Unterhaltungskultur.



1Es hat sich wohl noch nicht gänzlich in der Universitätstheologie herumgesprochen, daß das Ideal der Gewaltfreiheit ad acta zu legen sei, da es nun gälte, Krieg gegen Rußland, dem Schurkenstaat schlechthin zu führen und dann wohl auch gegen China und gegen den Iran, um nur die wichtigsten Aggressionsobjekte des „Freien Westens“ zu benennen.

2 „Die Gran Logia de España, die Großloge der Freimaurer Spaniens, hat die Botschaft von Papst Franziskus zum ersten „Internationalen Tag der Geschwisterlichkeit aller Menschen“ am 4. Februar 2021 ausdrücklich gut geheißen.Geschwisterlichkeit [ist] der neue Horizont der Menschheit“, hat Papst Franziskus in seiner Videobotschaft zum Internationalen Tag der Geschwisterlichkeit wörtlich gesagt. Mit diesem Zitat beginnt eine Reihe von Twitternachrichten der Spanischen Großloge, in der die Freimaurervereinigung zu dem von der UNO eingeführten Gedenktag Stellung nimmt. Die universale Geschwisterlichkeit aller Menschen gilt als ein Hauptprinzip der Freimaurerei.“ Kath net am 10.2.2021. Für viele Theologen existiert heutzutage kein Unterschied mehr zwische dem Freimaurerkonzept der Geschwisterlichkeit, früher Brüderlickeit genannt und der Verheißung des Reich Gottes.


Mittwoch, 23. April 2025

Was in der Bibel nicht stehen dürfte – oder kann dem Bibellesenden Zuwideres wahr sein?

 

Was in der Bibel nicht stehen dürfte – oder kann dem Bibellesenden Zuwideres wahr sein?



denn ich weiß,daß gesegnet ist,wen du segnest, und verflucht,wen du verfluchest“. So steht es geschrieben im 4.Buch Mose, 22,6. A.Arndt kommentiert in seiner Vulgatausgabe diese Aussage wie folgt: „Die Wirksamkeit des Segens und Fluches war Glaube des gesamten Alterthumes“. Dies könnte als eine reservatio mentalis gelesen werden, daß man füher das wohl so geglaubt hätte, aber jetzt sähen wir das – als Aufgeklärte?- anders, aber es heißt dann weiter: „denn er beruhte auf Thatsachen.“ Die Geschichte des Baleam, wie er beauftragt wurde, das jüdische Volk zu verfluchen und wie das dann mißlang, setze ich als bekannt voraus und möchte sie deshalb hier nicht rekapitulieren. Es soll sich auf das theologische Problem focussiert werden, daß des Glaubens an die Wirksamkeit des Segnens und des (Ver)Fluchens. Baleams Äußerung: „so könnte ich doch den Ausspruch des Herrn, meines Gottes, nicht ändern“ (22,18) beinhaltet auch eine selbstkritische Limitierung des verfluchen Könnenden, daß er nicht wirksam das Volk Israel verfluchen könne, wenn Gott es gesegnet habe.

Aber der Skandalon bleibt bestehen: Hier wird einem Menschen die Fähigkeit zugesprochen, segnen und verfluchen zu können. Die Geschichte zeigt dann auf, wie Gott es bewirkt, daß sein Volk, statt verflucht gesegnet wird. Aber gerade das bedeutet, daß so das jüdische Volk verflucht hätte werden können, sofern man nicht den selbstkritischen Einwand Baleams stark macht, daß er nicht effektiv verfluchen könne, was Gott selbst gesegnet habe. Nun dürfte es als sehr wahrscheinlich angesehen werden, befrüge man heutige Christen, daß auch unter ihnen eine überwältigende Mehrheit den Glauben an eine Wirksamkeit einer Verfluchung für etwas Abergläubisches ablehnen würden. Wenn nun aber der Glaube, daß durch ein Verfluchen wirklich etwas verflucht wird, purer Aberglaube ist, muß dann nicht der Glaube, daß das Segnen den Gesegneten effektiv segne auch als etwas Abergläubisches reprobiert werden?

Das Internetlexikon: Wikipedia definiert den Fluch in dem dazugehörigen Artikel so: Ein Fluch oder eine Verfluchung ist ein Spruch (gelegentlich auch mit einer zugehörigen Gestik verbunden), der ursprünglich auf ritualisierte (magische)1 Weise einer Person oder einem Ort Unheil bringen oder zur Sühne bewegen bzw. zwingen soll. Zorn oder der Wunsch zu strafen oder sich zu rächen können ihn begründen. Wer wirksam verflucht wird, muss dabei weder anwesend sein noch von dem Fluch wissen. Sein Gegenteil ist der Segen.“ Besser kann es nicht formuliert werden. Bemerkenswert ist nun, daß im 3.Buch Mose, 19,14 das Verfluchen eines Tauben ausdrücklich verboten wird; der Grund ist einsichtig, daß der nicht hören kann, wenn er verflucht wird.Aber ein prinzipielles Fluchverbot findet sich nicht. Nur muß wohl geurteilt werden, daß die Verfluchung eines Menschen dem Gebot der Nächstenliebe widerspricht.

Wenn also das Fluchen uns Aufgeklärten als eine abergläubische Praxis erscheinen muß, kann dann das Segnen der Kritik gegenüber, auch eine abergläubische Praxis zu sein, immunisiert werden?Slavoj Zizek verdanken wir den brillanten Gedanken, daß die Kultur als das sei, was wir praktizierten, ohne noch daran zu glauben. Meine Verdachtsthese lautet nun, daß wenn gesegnet wird, dies nur noch als eine Äußerung einer Gutwilligkeit den Gesegnetwerdenden gegenüber vollzogen wird, und wenn noch geflucht werden würde, dies als ein Ausdruck der Widerwilligkeit gegenüber den so Verfluchten vollzogen wird. Deshalb darf noch gesegnet werden, aber nicht verflucht werden, da ein so offensichtliches Zeigen von Widerwilligkeit nicht tolerierbar ist.

So verlangt die Homosexlobby ja auch den Segen für homosexuelle Paare als einen Akt der öffentlichen Anerkennung der praktizierten Homosexualität, denn ginge es nur um eine Segnung, kann diese ja jeder Homosexuelle wie jeder andere auch empfangen. Den Ehesegen dagegen kann nur das sich verheiratende Paar für ihre Ehe empfangen, aber kein Paar, das nicht verheiratet ist.

Es ist nicht inkonsequent, um die Praxis des Verfluchens als abergläubisches Tuen zu verwerfen, auch das Segnen zu entmythologisieren, um aus daraus nur eine Äußerung der Gutgewilltheit dem Gesegnetwerdenden zu machen, aber damit verliert die christliche Religion an ihrer eigenen Substantialität, daß sie eine Religion mit religiösen Praktiken ist, wozu nunmal auch das Segnen und Verfluchen gehört.

Das Zeugnis der Bibel ist dagegen eindeutig: Das Segnen und das Verfluchen gehört zur religiösen Praxis und wird als eine effektive Praxis verstanden. Damit gehört aber beides zu dem zu Eliminierenden, wenn die Kirche nach einer Aufklärungskompatibilität strebt. 

Corollarium

Es muß zwischen dem vernüntigem und dem aufklärerischen Denken distinguiert werden. So widerspricht es dem vernüntigem Denken nicht, alles Gute auf die Erstursache Gott und alles Böse auf die Erstursache Teufel zurückzuführen, wohl aber dem aufklärerischen Denken, das alles für rein weltimmanent erklärbar posuliert. Schon die der Aufklärung folgende Romantik widersetzte sich diesem Reduktionismus, ohne deswegen antivernünftig zu werden. Daß es aber das Irrationale auch gibt, ist etwas ganz anderes, denn das ist das von Gott Nichtgewollte, das durch den Logos Ausgeschlossene, das aber so doch auch ist als das Negierte.Hier verweise ich auf die bedenkenswerte Konzeption des Theologen Karl Barth über das "Nichige" in seiner "Kirchlichen Dogmatik".



1Es ist en passent daran zu erinnern, daß die religiöse Praxis sich aus der magischen herausentwickelt hat, aber mit ihr gemein hat, das Übernatürliches durch ritualisierte Praktiken erwirkt werden kann, so wenn der Priester Wein in das Blut Christi und Brot in den Leib Christi verwandelt. Der aufklärerische Protestantismus lehnt deshalb diese katholische Lehre ab!

Dienstag, 22. April 2025

Zum Tode Papst Franziskus : De mortuis nil nisi bonum!

 

Zum Tode Papst Franziskus : De mortuis nil nisi bonum!


Als Nachruf zu dem nun abberufenen Papst Franziskus möchte ich das Zusammen-lesen des Kath info Nachrufes: „Papst Franziskus wurde abberufen“ und den auf „Communio“ erschienen Beitrag: „Vom Ende der Welt nach Rom“, beide am 21.4.2025 publiuiert, wärmstens empfehlen und kapriziere mich nun, statt noch einen Nachruf aus meiner Feder den vielen, wobei nicht alle so gut geraten sind wie diese zwei, hinzufügen auf diese alte und doch an allen Orten und allen Zeiten beherzigte Maxime: „Über die Toten nichts, außer Gutes!“1

Wie ist nun dieses Redeverbot erklärbar, an das sich fast alle zu allen Zeiten und Orten hielten und halten, es so gesehen eine wahrhaft katholische, das ist: eine allegemeine Praxis ist? Über einen kleinen Umweg erschließt sich der Sinngehalt ad hoc: Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsstelle gekündigt hat oder ihm gekündigt wurde, hat er ein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis. In diesem darf nun nichts stehen, das im eine Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber erschweren oder gar verunmöglichen würde. Es darf da nicht geschrieben werden: „Er hat schlecht gearbeitet!, aber auch solche umschreibenden Formulierungen wie: „Er war stets bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“,das heißt nämlich im Klartext; daß er seine Aufgaben nicht erfüllen konnte oder wollte, sind vom Gesetzgeber her verboten. Es existiert hier ein Spannungsfeld zwischen dem Gebot eines wahrhaftigen Zeugnisses und der Verpflichtung, dem ehemalig Angestellten nicht durch das ausgestellte Arbeitszeugnis zu schaden, ihm eine Neuanstellung bei einem anderen Arbeitgeber zu verunmögichen. Das Arbeitszeugnis ist also so ausstellen, daß es der Wiedereinstellung förderlich ist. Das heißt: Es darf in ihm nichts Schlechtes stehen, nur Gutes!

Wer gestorben ist, verläßt auch diese Welt. Er bringt sozusgen seine über ihn getätigten Nachrufe wie ein Arbeitszeugnis mit, um so in dem jenseitigen Leben gut aufgenommen zu werden. Die Trauerreden am Grabe sind so Empfehlungsbriefe für den von uns Gegangenen, der nun vor der Einlaßtür des Himmels steht, nicht mit leeren Händen, sondern ausgestattet mit gut ausgefallenen Arbeitszeugnissen. Enthielte dies Schlechtes über den Verstorbenen, könnte das ihm den Übergang in das andere Leben erschweren oder gar verunmöglichen. Deshalb darf da nichts Negatives hineingeschrieben werden. Denn es ist keine Selbstverständlichkeit, daß ein Verstorbener in das ewige Leben aufgenommen wird, auch und gerade nicht in der christlichen Religion.2

Aber diese Regel dürfte wohl noch eine zweite Bedeutung haben, die ich für die ursprünglichere halte. Wer schlecht über seine Mitmenschen redet, muß damit rechnen, daß sie sich dafür rächen.Man kann nun unser Kultur als einen Prozeß der Zivilisierung des Menschen betrachten, es sei hier an die vorzügliche Studie Norbert Elias über den Prozeß der Zivilisation erinnert, der es insbesondere um die Kontrolle und Domestikation unsere Leidenschaften und Affekte geht, aber auch der gut zivilisierte Bürger möchte gern Verleumdern irgendwie entgegentreten. Ursprünglicher war wohl der Wille zur Rache. Was passiert nun, wenn man über Tote lästert, über sie Schlechtes redet? Es muß damit gerechnet werden, daß auch die Toten sich dafür rächen wollen und sie können das auch! Daß die Toten einfach tot sind, sich in Staub oder anspruchsvoller formuliert in Nichts auflösen, ist keine selbstverständliche Vorstellung über tote Menschen. Als „Geister“ könnten sie Rache nehmen für das, was man an Schlechtem über sie sagte. Jeder Ahnenkult, jede Pietät den Verstorbenen gegenüber, wozu auch der Umgang mit dem Leib des Verstorbenen gehört, ob und wie er beerdigt wird, gründet sich ursprünglich in dieser Furcht vor einer möglichen Rache der Toten. In Schauerromanen, im Genre des Hororromanes ist ja diese Vorstellung von unerlösten Geistern, den Seelen Verstorbener, die sich für irgendetwas rächen wollen gut bekannt, ja diese archaische Vorstellung lebt da noch.


Nur eine materialistisch-biologistische Anthropologie verunmöglicht eine so geartete Vorstellung der sich rächenden Toten, aber sie ist nun wirklich ein Konstrukt atheistischer Phantasie, wohingegen religiös fundierte Kulturen die Vorstellung, daß die Verstorbenen einfach nur tot, das ist: nicht mehr sind! Nicht kennt. Die Unterwelt, der Hades sind eben Orte, in die die Verstorbenen hinansteigen als Seele, und wo es nicht völlig ausgeschlossen ist, daß sie auch wieder zurückkehren können. Nur deshalb konnte ja die Totenbeschwörerin für den König Saul den schon verstorbenen Propheten Samuel herbeibeschwören,sodaß dieser dann dem König sein Schicksal anzeigen konnte. Das dreigeteilte Weltbild, daß es den Himmel, die Erde und die Unterwelt gibt, meint eben nicht, daß diese drei Welten völlig voneinander abgetrennt ohne die Möglichkeit von Transiten existierten. Vielleicht erfreuen sich rein materialistische Weltanschauungen auch deshalb so großer Beliebtheit, weil sie uns vor der Möglichkeit der Konfrontation mit Über- und Unterirdischen bewahren.Bezeichnend ist es ja,daß das Halloweenfest in den USA versäkularisiert wurde, ging es doch ursprünglich hier um „Arme Seelen“, die auf Erden erschienen, um uns um Hilfe zu bitten.

Ein nicht österlicher Witz zum Schluß: Warum wird die Welt immer böser? Antwort: Weil nur die guten Menschen sterben, die bösen nicht. Der Beweis: Die Reden am Grabe und die Nachrufe.

1Es stellt so einen extremen Kulturbruch da, wenn über die deutschen Soldaten des 2.Weltkrieges und nicht nur über die der Waffen-SS nichts als nur Böses ausgesagt werden darf gemäß den Direktiven der Politischen Korrektheit.

2So ist es auch fraglich, ob die Grabbeilagen als Nutzgegenstände für ein postmortales Leben gemeint sind oder als Geschenke zur Erlangung einer günstigen Aufnahme in dies jenseitige Leben.

Montag, 21. April 2025

Eine (fast)vergessene Glaubenswahrheit – man erwähnt sie nicht mehr und entwahrheitet sie so?

 

Eine (fast)vergessene Glaubenswahrheit – man erwähnt sie nicht mehr und entwahrheitet sie so?


Bestimmte heilig Gesprochene gelten einem linksliberalen Katholiken als so daneben gegriffen, daß man ihre Heiligsprechung als ungültig erklären möchte, indem man diesen einfach nicht mehr erwähnt. So wird wohl zumindest in Deutschland mit dem heilig gesprochenen Gründer des Opus Dei verfahren, wohingegen D.Bonhoefer geehrt wird, als wäre er ein Heiliger und anerkannter Kirchenlehrer.

Daß man an der im apostolischen Glaubensbekenntnis bekannten Jungfräulichkeit Mariens Anstoß nimmt und dann lieber von der jungen Maria spricht, ist eine leider weit verbreitete Praxis, weniger bekannt und wohl sehr viel erfolgreicher wird nun die Verdrängung dieser Glaubenswahrheit:“Jesus Christus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes“, (Katechismus der Katholischen Kirche 632-635).

In Nr.633 schreibt der Katechismus, daß die hl. Schrift „den Aufenhaltsort der Toten,zu dem Christus nach dem Tode hinabgestiegen ist, „Hölle“,“Scheol“ oder „Hades“. Man könnte so fragen, ob „in das Reich des Todes“ eine angemessene Übersetzung des: descendit ad inferos“ ist, da infernus eigentlich „unterirdisch“ im Sinne von „Unterwelt“ meint. Sehr angemessen erklärt dann Nr 633 diesen Ort als dem, wo „diejenigen, die sich darin aufhielten“;der Anschauung Gottes entbehrten. Irritieren muß nun aber die Tatsache, daß diese so gewichtige Aussage im großen Glaubensbekenntnis nicht mehr enthalten sein: Sollte man bei der Ausformulierung dieses Glaubensbekenntnisses schon Probleme mit dieser Glaubenswahrheit gehabt haben?

Wie erklärt nun der Katechismus diese Glaubenswahrheit? „Jesus ist nicht in die Unterwelt hinabgestiegen,um die Verdammten daraus zu befreien,und auch nicht,um die Hölle,den Ort der Verdammung aufzuheben,sondern um die Gerechten zu befreien,die von ihm geliebt werden.“ Es wird dann noch zustimmend der Römische Katechismus so zitiert: „Die Seelen der Gerechten,die in Abrahams Schoß das Heil erwarteten, hat Christus der Herr bei seinem Abstieg in die Hölle befreit.“

Diese Aussage ist nun mehr als absurd, denn wie kann man den Schoß Abrahams identifizieren mit dem Ort der Hölle! Wer Lukas 16,19-31 liest, kann unmöglich auf die Idee kommen, daß Lazarus nach seinem Tode in der Hölle, der Unterwelt weilte, als er im Schoße Abrahams saß und nicht in der Hölle wie der Reiche.Gravierender aber ist doch, daß Jesus Christus von sich selbst aussagt, daß er gekommen sei, die Sünder zu retten und daß er so nicht zu den Gerechten, den Gesunden als ein Arzt gesandt worden ist.

Der 1.Petrusbrief 3,19 lehrt so: „So ist er auch zu den Geistern gegangen,die im Gefängnis waren,und hat ihnen gepredigt.“ Im Vers 6 des 4,Kapitels wird dann klargestellt, was hier unter den „Geistern“ zu verstehen ist: „Denn auch Toten ist das Evangelium verkündet worden“.Die Geister sind also die Seelen der Verstorbenen in der Unterwelt und sie sind nicht in Abrahams Schoß. Diese Seelen werden nun näher bestimmt: Diese waren einst ungehorsam, als Gott in den Tagen Noachs geduldig wartete, während die Arche gebaut wurde; in ihr wurden nur wenige,nämlich acht Menschen gerettet“. (V 20). Diese Seelen waren also so sehr gegen Gott ungehorsam gewesen, daß Gott sie mit dem Tode bestraft hatte. Also können sie auf keinen Fall als Gerechte angesehen werden. Die Intention dieser Petrusaussage ist ganz und gar gegenteilig: Selbst denen, die so schwer gesündigt hatten wider Gott, ermöglicht der Sohn Gottes durch seine Predigt eine Rettung, wenn sie dann das Evangelium annehmen.

Wie redet denn dagegen die heilige Schrift von den Gerechten im Alten Bund? Hennoch und der Prophet Elia wurden von Gott direkt in den Himmel aufgenommen, sie gingen gar in das ewige Leben ein, ohne zu sterben. Moses konnte auf dem Berg der Verklärung Jesus erscheinen, mit ihm sprechen, obzwar er schon längst verstorben war. Wäre er in dem Gefängnis der Unterwelt eingespert, dort wartend auf die Erlösung durch das Hinabsteigen Jesu in dies Gefängnis, er hätte Jesus nicht auf dem Berge der Verklärung erscheinen können, auch nicht zusammen mit Elia! Es gibt also Gerechte im Alten Bund, die nicht in der Unterwelt des Todes weilten, bis sie dann erst durch die Höllenfahrt Jesu aus dieser Unterwelt heraus gerettet wurden, sondern schon im Himmel waren, wie auch Abraham. Theologisch muß geurteilt werden, daß diese vor Gott nicht als gerecht beurteilt worden sein konnten, wenn Gott ihnen nicht die Verdienste Jesu Christi zugerechnet hätte, aber so waren sie dann auch vor Gott gerecht, da er ihnen die zukünftigen Verdienste zugerechnet hatte.

Offenkundig bereite diese Petrusaussage der Theologie schon früh große Probleme, obgleich sie doch sorgfältig gelesen klar und eindeutig ist. Heutigen Tages ist diese Petrusstelle aber völlig inakzeptabel geworden: Schon allein die dualistische Anthropologie, daß der Mensch ein Zusammengefügtes aus einer Seele und einem Körper ist1, sodaß der Tod die Auflösung dieser Zusammensetzung ist, daß der Leib beeerdigt wird und die Seele getrennt davon in den Himmel, in das Fegefeuer oder in die Hölle kommt. Außerdem sei Gott ja die Liebe, sodaß alle Verstorbenen, mit ganz wenigen Ausnahmen, obschon sich jetzt die Hölle mit Putin-Verstehern, Trumpanhängern und AfDlern anfüllt, bei Gott oder gar in Gott, Zwar ist die Lehre vom Ganztod eine protestantische Erfindung, daß der Mensch ganz stürbe, es also keine unsterbliche Seele ihm zu eigen sei, sodaß Gott ihn in seinem Endgericht ganz neu erschaffen wird, aber wie alles Protestantische von katholischen Theologen enthusiastisch rezipiert worden, isb unter dem Banner der Entplatoniserung der Theologie.2 Jesus konnte so, ist er in das Reich des Todes hinangestiegen da auf keine Seelen stoßen, denen er dann gar noch das Evangelium hätte predigen können. Für eine solche vulgärmaterialistische Anthroplogie kann es keine Seelen in der Unterwelt geben, die Jesus dann hätte befreien können.

Diese Glaubenswahrheit ist so nun endgültig für die modernistische Theologie inakzeptabel geworden und so stellt man sie in die Rümpelkammer der Theologiegeschichte. Aber von Anfang an bereitete diese Aussage der Theologie Probleme, vergleichbar denen, die Paulus Ja zur Taufe zugunsten von schon Verstorbenen bereitet: Könnten wir Menschen etwa auf Erden so leben, wie es uns gefällt, wenn es für uns dann im Jenseits noch eine Rettungsmöglichkeit gäbe, daß wer sich für den so gelebt habenden Verstorbenen taufen läßt oder daß ihm dann nach dem Sterben noch Jesus Christus begegnen werden würde, um ihn dann noch zu retten.

1Ich hege den Verdacht, daß die von Johannes Paul II so bevorzugte personalistische Philosophie antidualistischen Tendenzen gefördert hat.

2Vgl dazu: Ernst Jüngel: Der Tod. Tatächlich können aber die Aussagen der Bibel über das postmortale Dasein nicht verstanden werden ohne eine sogeartete dualistische Anthropologie.

Sonntag, 20. April 2025

Über einen Feind des Osterevangeliumes – hat er sich gar in die Kirche eingenistet?

 

Über einen Feind des Osterevangeliumes – hat er sich gar in die Kirche eingenistet?



Ostern verkündet ja die Kirche nicht nur, daß Jesus Christus von den Toten auferweckt nun ewig lebt, sondern daß nun uns Menschen die Verheißung gilt, daß auch wir mit ihm ewig leben werden,wenn wir an ihm glauben:Ostern wird die endgültige Überwindung des Todes gefeiert. Daß Jesus wirklich den Tod überwunden hat und nicht wie Lazarus nur vom Tode auferweckt worden ist, um dann wieder sterben zu müssen, das offenbart uns aber erst Christi Himmelfahrt. Diese Frohe Botschaft setzt als eigentlich selbstverständlich voraus, daß das Todsein als etwas zu Fürchtendes verstanden wird, das nicht zur Natur des Menschen dazu gehört, sondern etwas, von dem der Mensch erlöst werden möchte. Daß der Mensch von seiner Natur her zu einem ewigen Leben von Gott erschaffen wurde und daß er nun nur deshalb dem Schicksal des Sterbenmüssens unterworfen ist, weil er in Adam gesündigt haben und Gott so uns Menschen mit diesem Schicksal strafte, das gehört zu den Offenbarungswahrheiten der christlichen Religion. Aber gerade diese Wahrheiten werden in der obligatorischen Verwerfung der kirchlichen Erbsündenlehre als nicht mehr zeit(geist)gemäß reprobiert.

Nur, was wird aus der Osterbotschaft, wenn all dieses nicht mehr geglaubt wird und das Sterben und der Tod als zum Leben, also auch zum Leben des Menschen als dazugehörig interpretiert wird? Am Anfang steht der Philosoph Epikur, dessen Anliegen es war, durch seine Philosophie dem Menschen das Leben zu erleichtern. Da die Angst vor dem Tod unser Leben beeinträchtigt, unsere Lebensqualität, frug er, wie der Tod zu denken sei, damit uns diese Angst vor ihm genommen werden kann. Seine geradezu genialistische Antwort lautet: „Solange ich bin, ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, bin ich nicht mehr, also fürchte ich mich, wenn ich mich vor meinem Todsein fürchte, vor etwas, was es gar nicht geben kann.“ Meinen Tod gibt es so nur im Urteil anderer, aber wenn damit mir mein Todsein zugeschrieben wird,dann ist das eine bloße Schimäre.

Wenn der Tod nun gar nicht zu fürchten ist, wozu bedürfte es da einer Erlösung von ihm? Der Ökologiediskurs lebt auch von einer glorifiziereden Mystifikation des Natürlichen, der Natur als dem Guten, die der Mensch in seinem Machtstreben ausbeute und zerstöre. Daß der Mensch nicht natürlich im Einklang mit der Natur lebe, sei der Ursprung aller Übel der Welt. In diesen Kontext gehört dann auch der Revitalisierungsversuch,die Erde als die mütterliche Göttin unter dem Namen der Panamama zu verehren, wie es auf der Amazonaskonferenz durch Papst Franziskus praktiziert wurde.Zu dieser guten Natur gehört dann auch das Sterben und das darauf folgende Todsein des Menschen. Der Mensch stirbt wie die Tiere und wie es selbstverständlich ist, daß ein Hundehalter sein Haustier einschläfern ist,um es vor einem qualvollen Sterben zu bewahren, so verlangt man nun auch das Recht, so eingeschläfert zu sterben für uns Menschen. Der Tod ist einfach nichts anderes als der Schlußpunkt am Ende eines Lebensromanes. So ist er nichts Widernatürliches,keine Folge des Zornes Gottes über uns Sünder, sondern etwas rein Natürliches. Wer damit sich nicht abfinden will, daß sein Leben so ein endliches sei, der rebelliert damit nur gegen die gute Natur. Eine Bekannte meinte gar mal zu mir, wenn ein Mensch blind zur Welt käme,müsse auch das irgendwie etwas Gutes sein, da er ja natürlich blind sei und deswegen müsse man nicht jeden Blindgeborenen heilen.

Da verkündet also die Osterliturgie die Überwindung des Todesschicksales, aber der Tod wird dann von vielen als etwas so Natürliches angesehen, daß man davon gar nicht (mehr) erlöst werden möchte. Man lese daraufhin mal die Todesanzeigen der Lokalpresse: Meiner Beobachtung nach findet sich, wenn noch etwas Christliches da angedeutet wird, nur noch Formulierungen des ewigen Ruhens in Gott, wobei dann aber nicht mehr klar wird, worin sich denn dies Ruhen von dem ewigen Ruhen im Grabe unterscheidet.

Es gab nun Versuche, die Osterbotschaft diesem biologistischen Todesverständnis einzupassen:Jesus befreie uns dazu,natürlich sterben zu können als von Gott Bejahte, die dann lebenssatt und lebenserfüllt ihr Leben beenden. Es drängt sich der Verdacht auf, daß die österliche Botschaft, Jesus lebt, er ist nicht im Tode geblieben, zu dem moralischen Appell transformiert wird, daß sein vorbildliches Leben uns weiterhin zur Nachfolge auffordere.So kann dann als die eigentliche Osterbotschaft der Aufruf zur Erhaltung der Schöpfung, des Eintretens für Gerechtigkeit und und verkündet werden. Eine naturalistisch – biologistische Weltanschauung verunmöglicht so das Hören der Osterbotschaft. Diese versucht nun auch,in die Kirche sich einzuheimaten, um die Osterbotschaft unhörbar zu machen.Dieser biologistische Naturalismus bietet eben eine falsche Versöhnung, die den Tod nicht mehr als das erkennt, was er ist, das von Gott uns verhängte Schicksal ob unseres Sünderseins.

Zusatz:

Laut Kath de vom 20.4.2025, Bischöfe zu Ostern predigte der Vorsitzende der Deutschen Bischöfe zu Ostern: "Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, sieht im Christentum eine wichtige Wurzel für Menschenrechte und die Achtung der menschlichen Würde. Vieles, was heute im Miteinander als selbstverständlich gelte, habe seinen Ursprung in dem, was Christen und Christinnen der ersten Jahrhunderte in die damalige Gesellschaft eingebracht hätten, sagte Bätzing am Ostersonntag im Limburger Dom.

Samstag, 19. April 2025

Findet das Osterevangelium noch Glauben? Ist das eine Verkündigung, die nicht mehr ankommen kann?

 

Findet das Osterevangelium noch Glauben? Ist das eine Verkündigung, die nicht mehr ankommen kann?



Wenn die Botschaft des Osterfestes nur in der Aussage bestünde, daß da ein bedeutsamer Mensch vor circa 2000 Jahren hingerichtet worden sei und dann nach 3 Tagen von den Toten auferstanden, seinen Gefährten erklärte: „Ich lebe wieder!“ dann hätte das für uns kaum eine andere Bedeutung, als wenn wir hören, daß nach dem Zeugnis der Bibel Hennoch, ohne zu sterben in den Himmel aufgenommen worden sei, wie auch der Prophet Elia. 2 Menschen sei das widerfahren, das besagt aber in keinster Weise, daß nun auch uns es verhießen sei, ohne zu sterben in den Himmel aufgenommen zu werden. Ein singuläres Ereignis, das einem Menschen widerfuhr, zeigt nur an, daß es möglich ist, daß einem Menschen das widerfahren kann, nicht aber, daß es sich so für jeden Menschen ereignen wird. Wenn in der Stadt Salzburg ein Lottospieler 1 Million gewonnen hat, heißt das ja auch nicht, daß jeder Lottospieler Salzburgs 1 Million gewinnen wird,

Das Osterevangelium beinhaltet also die Verheißung, daß jeder von den Toten auferstehen wird zu einem ewigen Leben im Himmel. Nicht unplausibel ist nun der Einwand, daß diese Verheißung unrealistisch sei. Mit den scharfen Messern der historischen Kritik destruieren nun Exegeten die Zuverlässigkeit des österlichen Zeugnisses, daß Jesus von den Toten auferstanden sei. (Als ich noch Vikar der Reformierten Kirche war, wollte mir gar mein Vorgesetzter verbieten, in Beerdigungsfeiern diese österliche Verheißung zu predigen, da das ja nur eine mythologische Vorstellung sei, an die heutzutage niemnd außer ein paar Ewiggestrige noch glaubte.) So sicher Jesus von Nazareth keine Wunder gewirkt hätte, o sicher sei auch der Glaube an den auferstandenen Jesus ein Produkt der Phanatasietätigkeit der urchristlichen Gemeinden. Vulgärer formuliert: Das hätten sich die Autoren der Evangelien und die Anderen halt so zusammengedichtet, um ihre unerneßliche Trauer um den Verlust Jesu zu überwinden.

Man kann nun noch das moderne und einzig Wahrheit für sich beanspruchende naturwissenschaftliche Weltbild zitieren, oder noch beliebter die These der Natürlichkeit des Todes als das endgültige Lebensende, um zu erklären, daß es mit dem Tode aus sei. Ostern sei eben ein nur in vormoderenen Zeiten glaubbares Ereignis. Der modern aufgeklärte Mensch könne nicht an ein Leben nach dem Tode glauben und kapriziere sich so auf sein Leben vor dem Tode, daß dies ihm ein gutes werde.

Aber so plausibel all das auch klingen mag, so frägt sich doch, ob das denn nicht doch nur vorgeschobene Argumente sind. Denn es ist eine Tatsache, daß der moderne so Aufgeklärte regelmäßig Horoskope liest und manche Mütter bei der Frage, wie erziehe ich mein Kind, dessen astrologisches Horoskop mitberücksichtigten. In der Erfolgserie: „Sturm der Liebe“ heiratet wohl auch kaum ein Paar, ohne das Brauchtum, daß für das Gelingen der Ehe bei der Eheschließung 4 Dinge unbedingt notwendig sind, zu beachten, nämlich etwas „Altes“, etwas „Neues“, etwas „Ausgeliehenes“ und etwas „Blaues“. Dem modern aufgeklärte Bewußtsein mögen das zwar nur Relikte vormoderner Epochen sein, aber welcher Mensch ist denn nun ganz erfüllt von diesem modernen Bewußtsein? Da scheint in unserem modernen Bewußtsein doch ein Abstellkämmerlein vorhanden zu sein, in dem sich Voraufklärerisches stapelt, um jederzeit sich revitalisieren zu können1.

Nein, es spricht einiges dafür, daß wir Menschen das glauben, was wir glauben wollen und das nicht glauben, was wir nicht glauben wollen. Nicht entscheidet so die Wahrhaftigkeit von etwas, daß wir es dann auch für wahr halten, sondern unser Wunschdenken entscheidet, was wir für wahr halten. Ein bekannter Witz: Todsein, das ist nichts anderes als am Sonntagabend sich schlafen zu legen, ohne daß dann je am Montgmorgen uns der Wecker: „Aufstehen“ befiehlt, da die Arbeit uns ruft. Der Tod verheißt die ewige Ruhe eines alptraumlosen Schlafens.

Aber für wen ist das eine Verheißung? Für einen Lebensmüden, dem letztlich die Frage: „Ist es besser zu sein als nicht zu sein?“ nicht mehr selbstverständlich ein „Ja“ zum Leben entlockt. Ludger Lütkehaus, ein ausgewiesener Schopenhauerkenner widmet dieser Frage ein ganzes, fast 800 Seiten umfassendes Werk: „Nichts“, um aufzuzeigen, wie unselbstverständlich dem Menschen, befrägt er sich selbst, sein „Ja“ zum Leben ist. Die wohltemperierte Antwort heißt dann wohl, daß es gut sei zu leben, da man sich gewiß sein könne, daß es auch mal endgültig enden würde. Der Vorstellung eines Lebens nach dem Tode wohnt ja auch eine bedrohliche Ambivalenz inne: Christlich formuliert, kann dies ewige Leben das ewige im Himmel oder ein ewiges in der Hölle sein2. Wer vor der Wahl steht, auf ein ewiges Glück hoffen zu können, wobei dann aber diese Hoffnung verbunden ist mit der Möglichkeit, stattdessen auch ewig in die Hölle verurteilt werden zu können, der kann dann auch die Wahl bevorzugen, auf diese Hoffnung zu verzichten, um somit auch das Risiko der Hölle zu vermeiden, daß man so die Option des ewigen Todschlafes wählt.

In Zeiten der Dekadenz, des geschwächten Lebenswillens, Nietzsche ist der Diagnostiker dieses Lebensüberdrusses, der dann seine Aufgabe in der Überwindung dieser Lust am Nichtmehrleben sah, kann die Verheißung eines ewigen postmoratalen Lebens einfach nicht mehr gut ankommen. Zu sehr hat sich Dekadenzmensch mit seinem Schicksal, sterben zu müssen und daß der Tod immer das letzte Wort hat, versöhnt. Man mache mal dieses kleine Experiment: In wie vielen Todesanzeigen seiner Heimatzeitung findet sich auch nur der kleinste Hinweis auf die Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten und eines ewigen Lesens. Wenn überhaupt, dann findet sich höchstens noch die Artikulation des Hoffens auf ein ewiges Ruhen in Gott, aber es frägt sich dann, was diesen Hoffnungsgehalt noch von der Hoffnung auf ein ewiges Schlafen im Grabe unterscheidet.Zur Erinnerung: Ursprünglich meint "Ruhe" im Alten Testament nur, daß Israel eine Zeit ohne Kriege erlebte, als eine Gabe Gottes, so daß dies Negative, was nicht war, die Voraussetzung für etwas Positivem war:in Frieden leben zu können.Die Ruhe ist so selbst nicht etwas Positives sondern nur die Abwesenheit von etwas Negativem!

Meine These lautet also, daß nicht die Unglaubwüdigkeit des Osterevangeliumes seine gläubige Annahme verhindet, sondern die dekadente Überdrüssigkeit am Leben: „Ewig zu leben, wäre das nicht sehr langweilig!“, hört o so mancher Religionslehrer als eine Schülerantwort auf die kirchliche Lehre vom ewigen Leben.































1Die Serie: „Sturm der Liebe“ ist auch zeitdiagnostisch von beachtlicher Qualität, daß in unserer Zeit Menschen modern aufgeklärt, aber auch gut katholisch sein können, in der Not wird doch zur Mutter Gottes gebetet, sie können aber auch ich die „Tarotkarten“ legen lassen und können an Wahrträume glauben. Diese Inkonsistenz des heutigen Bewußtseins verkannt zu haben, ist der Kardinalfehler des Entmythologisierungskonzeptes von R. Bultmann.

2Gerade für die Bibel gilt dies: Die Bibel bezeugt nicht ein Ganztodsein des Menschen nach seinem Sterben, sonderrn ein Weiterexistieren in der Unterwelt, sehr ähnlich der griechischen Vorstellung von den Existenz im Hades. Der 1.Petrusbrief beschreibt diesen postmoralen Zustandes als dem eines Gefangenseins der Seele in einem Unterweltsgefängnis (3,19), aus der sie der Erlöser befreien will, als er hinabgefahren ist in das Reich des Todes, in dem die Toten gar nicht einfach tot sind. Daß das Leben nach dem Tode irgendwie weitergeht, ist eben nicht nur eine frohmachende Hoffnung sondern kann auch als eine Drohbotschaft gehört werden.