Freitag, 12. September 2025

Was nicht in der Bibel stehen dürfte – da es dem Menschenrechten widerspricht oder doch nicht?

 

Was nicht in der Bibel stehen dürfte – da es dem Menschenrechten widerspricht oder doch nicht?



Der Apostelfürst Paulus schreibt in seinem Römerbrief (8,30):“Die Gott aber vorausbestimmt hat,hat er auch berufen, und die er berufen hat,hat er auch gerecht gemacht;die er aber gerecht gemacht hat,die hat er auch verherrlicht.“ Es gibt also Menschen, die Gott „vorausbestimmt hat“,die er also prädestiniert hat und somit gibt es auch Menschen, die er nicht prädestiniert hat, die er so nicht beruft,nicht gerecht macht und nicht verherrlicht.

Für eine Theologie, die sich den Menschenrechten und der Menschenwürde verpflichtet ansieht,hätte es stattdessen heißen müssen: Gott habe alle Menschen dazu bestimmt,verherrlicht zu werden,am ewigen Heil ihren Anteil zu bekommen, dazu berufe er jeden Menschen,aber nicht alle nehmen Gottes Ruf an und werden so geheiligt und dann auch verherrlicht.Es käme so genau genommen allein auf den Menschen an,ob er gerecht und geheiligt würde, indem er sich entweder richtig oder falsch entschiede,Gottes Ruf an ihn anzunehmen oder nicht anzunehmen.

Paulus suggeriert hier nun aber, als wäre Gott der alleinige Bewirker des Heiles des Menschen, indem er Menschen frei sich erwählt und die dann zum Heile führt. Aber so denkt Paulus nicht,nur daß er hier den Primat des Wirkens Gottes hervorhebt.Denn ob ein Mensch Gottes Berufung annnimmt, wäre keine Berufung eines Menschen,wenn dieser nicht gemäß der Eigennatur des Menschen bei der Annahme seiner Berufung als mitwirkend gedacht würde. Ein Handwerker erwählt sich etwa diesen Hammer,um damit zu arbeiten, aber Gott erwählt sich nicht so einen Menschen, damit der dann das tut, wozu Gott ihn bestimmt hatte. Er hat kraft seines freien Willens „Ja“ zu sagen zu seiner Berufung und dieses „Ja“ ist nur ein gültiges, wenn er auch mit einem „Nein“ hätte antworten können.So ist eine Ehe ja auch nur gültig geschlossen worden, wenn beide freiwillig ihr „Ja“ gesagt haben. Dabei wird das theologische Axiom, daß die Gnade die Natur nicht zerstört angewandt: Zur Natur des Menschen gehört seine Ausstattung mit dem freien Willen,also,wenn er A will, auch -A gewollt haben könnte und daß Gottes Gnade,ihn zu etwas zu berufen, diesen seinen freien Willen nicht negiert,indem, wie es die Reformation lehrte, der berufene Mensch, gleich dem erwählten Hammer nicht „Nein“ sagen könnte zu seiner Berufung.

Aber es bleibt das Problem, daß Paulus hier lehrt,daß Gott nur die beruft, die dann entweder ihr „Ja“ oder ihr „Nein“ dazu sagen können, die er dazu prädestiniert hat. Wenn ein Mann zu einer Frau sagt:“Dich liebe ich, Dich möchte ich heiraten, willst Du meine Frau werden?“, dann kann sie darauf mit einem „Ja“ oder mit einem „Nein“ respondieren, aber nur sie als so Gefragte. Der Mann frägt nicht jede Frau so. Keine Frau hat nun das Recht,den Mann zu kritisieren, warum er nicht sie liebe und sie gefragt hätte: „Willst Du meine Frau werden?“ Der Mann hat eben diese eine Frau für sich erwählt, die seine zu werden. Aber sie wird es nur durch ihr freiwillig gesprochenes Jawort. Das widerspricht nicht den Menschenrechen, denn es gibt kein Recht, von einem anderen geliebt zu werden oder gar geehelicht zu werden.

Und doch provoziert die Lehre von der Prädestination mehr als einen Unwillen und das schon bei Pelagius, dem Widerstreiter der augustinischen Prädestinations- und Gnadenlehre. Gott müsse einem jeden die Chance geben,berufen,gerecht und verherrlicht zu werden und es müsse dann alleine an dem Menschen liegen,ob er das erreiche oder durch sein Neinsagen scheitere. Eine humanistische Theologie wird so denken müssen, aber der Apostelfürst Paulus und nicht nur er widersprechen solch einer humanistischen Theologie.

Es könnte nun eingewendet werden, daß Paulus selbst in seinem Römerbrief dem Anliegen der humanistischen Theologie Rechnung tragen will: Jedem Menschen sei es möglich,Gott auf natürliche Weise zu erkennen und im Gewissen zu erkennen, wie er zu leben habe. Würde er das realisieren,würde er von Gott als gerecht angesehen und Gott gäbe ihm als Lohn dafür das ewige Leben. Aber diese Interpretation von Röm 1 bis 8 widerspricht nun Paulus These, daß der Mensch von Gott her per Gnade gerechtfertigt werden soll und daß er nicht ob seiner Werke gerechtfertigt werden soll. Der Römerbrief meint nicht, daß Gott ursprünglich eine Rechtfertigung durch die Werke gewollt hätte und daß dann, da alle Menschen daran scheiterten, als zweiten Erlösungsweg den der Gnade konzipierte. Die Möglichkeit der natürlichen Gotteserkenntnis und der möglichen Erkenntnis des Willens Gottes, was will Gott von mir im Gewissen, sollte nie dazu dienen, daß so wir Menschen vor Gott gerecht werden sondern Gott wollte immer nur die Gerechtigkeit, die er dem ihm Glaubenden schenken will.

So scheint Paulus hier einem theologischen Humanismus genüge tuen zu wollen und doch destruiert er dann auch seinem Versuch, dem theologischen Humanismus gerecht werden zu wollen.Denn nun gilt doch wieder, daß nur die von Gott Vorausbestimmten das Heil erlangen können.Ob sich deswegen die Theologie von der Ideenwelt des Humanismus emanzipieren muß, um wieder eine christliche Theologie zu werden?

Carl Schmitt sagte dazu:“Ein Theologe hört auf,Theologe zu sein,wenn er die Menschen nicht mehr für sündhaft oder erlöungsbedürftig hält und Erlöste von Nicht-Erlösten, Auserwählte von Nicht- Auserwählten nicht mehr unterscheidet“.1 Als die Antithese zur Theologie setzt er den Moralismus als einen Glauben an den Menschen, daß der „eine Wahlfreiheit zwischen Gut und Böse voraussetzt“2, sodaß er, um es ins Theologische zu übersetzen, allein durch sein Vermögen zum Guten vor Gott gerecht werden könnte.

1Carl Schmitt,Der Begriff des Politischen,1963,S.63.

2A.a.O. S.63.

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