Freitag, 16. Mai 2025

Ein (eigentlich)völlig überflüssiger Beitrag: „Wurden wir befreit?“

 

Ein (eigentlich)völlig überflüssiger Beitrag: „Wurden wir befreit?“



In jedem Jahr wird am 8.5. wie bei einer Totenbeschwörung eine Debatte revitalisiert, die völlig sinnlos ist, die aber zu dem Schibboleth der Unterscheidung der Anständigen von den Unanständigen avancierte: Wurde Deutschland 1945 befreit oder nicht? In Thomas Mann Roman: Doktor Faustus findet sich im Anfang des 5.Kapitels1 eine Reflexion darüber, was mehr zu fürchten sei, unsere Niederlage oder ein deutscher Sieg im 2.Weltkrieg: Wir könnten gar nicht anders: „so daß wir gar nicht umhin können,sie ((gemeint ist unsere Niederlage))mehr zu fürchten,als alles auf der Welt.“ Dann wird dieser Gedanke aber mit diesem konfrontiert: „Dennoch gibt es etwas,was einige von uns in Augenblicken,die ihnen selbst als verbrecherisch erscheinen,andere frank und permanent ,mehr fürchten als die deutsche Niederlage,und das ist der deutsche Sieg.“ In dieser Reflexion wird nicht bestritten, daß der Sieg der Allierten über Deutschland für Deutschland selbst eine Niederlage wäre, nur wird hier erwogen, ob ein Sieg Deutschlandes noch schlimmer wäre als seine Niederlage. Der Gedanke, so denn doch die Niederlage Deutschlandes als das kleinere Übel zu bejahen, wird selbst als ein verbrecherische Gedanke qualifiziert.

Jetzt stellt sich diese Causa aber in der offiziösen Geschichtsdarstellung ganz anders da: Wir wurden 1945 befreit! Eingeschränkt wird diese Beurteilung höchstens durch den Zusatz, daß Ostdeutschland wohl nicht befreit worden sei, da es von den Russen besetzt wurde, wohingegen Westdeutschland befreit worden sei, weil es von den westlichen Siegermächten besetzt worden ist. Der US-Präsident Truman stellte aber eindeutig in der US-Direktive 1067 fest: Deutschland wurde nicht besetzt zur Befreiung sondern als besiegter Feindstaat.“2 Als solcher wurde er dann auch behandelt: Eingedenk der römischen Weisheit: „Teile und herrsche“ wurde Deutschland in drei Teile zerspalten: West- und Ostdeutschland und Österreich3. Dann mußte Deutschland große Gebiete des Ostens Deutschlands abtreten, die die polinische Regierung sich aneignete, sodaß sie nun ihre Kriegsziele weitestgehend zumindest gegen Deutschland erreichte4.Wenn es um unsere Befreiung gegangen wäre, warum wurde dann Deutschland so dreigeteilt und warum uns so viele Gebiete weggenommen? Der tatsächliche Umgang mit dem besiegten Deutschland nach dem Kriegsende zeigt eindeutig, daß hier die angeblichen Befreier sich wie Besieger Deutschland gegenüber verhielten. Die Sieger setzten auch fest, daß es in Deutschland ein Bundesland Preußen nie mehr geben dürfe, da Preußen und alles Preußische als das Böse schlechthin von ihnen verdammt wurde.Bis heute gilt völkerrechtlich Deutschland als auch Japan als „Feindstaaten“, sodaß es den Siegern erlaubt ist, einen Krieg gegen sie zu führen, wenn in den Ländern eine Regierung an die Macht käme, die sie als gefährlich beurteilten. Die Intention des Völkerrechtes nach 1945 ist es, den Krieg nur noch in Ausnahmefällen als ein legitimes Mittel der Politik anzuerkennen. Deswegen erhielten Deutschland und Japan einen Sonderstatus, damit gegen sie leichter legitim ein Krieg geführt werden könne.

Diese klaren Verhältnisse wurden nun aber durch den West-Ost-Konflikt vernebelt, als Westdeutschland als der Frontstaat gegen den Osten aufgebaut wurde. Die Intention der Gründung der Nato wie der EU, ursprünglich: „Europäische Wirtschaftsunion“ betitelt war, Deutschland klein zu halten, Rußland rauszuhalten und Amerika reinzubehalten. Aber da nun Westdeutschland als der Frontstaat gegen den Osten ausgebaut werden sollte, konnte man ihn nicht gleichzeitig kleinhalten. Nun erst kam das Narrativ auf, die westlichen Siegermächte hätten uns befreit im Gegensatz zu dem Russen,der uns nur unterdrücken wolle, und nun gälte es deswegen, daß wir im Bund mit den Westmächten unsere Freiheit gegen den Feind, den Osten zu verteidigen hätten. Daß Stalin uns 1952 die Wiedervereinigung angeboten hatte, wenn wir uns wie Österreich außenpolitisch für neutral erklärten, paßt dann nicht recht in diese Geschichtsdeutung, daß wir von den westlichen Mächten befreit worden seien, aber faktisch dreigeteilt wurden.

Die Behauptung, Amerika wollte uns von der Nazi-Diktatur befreien, kann nun schon dedhalb nicht stimmen, da aus der amerikanischen Sicht es eine Willenseinheit des deutschen Volkes mit Hitler, dem deutschen Politiker schlechthin gegeben hätte: Wenn man dann von einer Hitler-Diktatur sprach, meinte man damit, daß Hitler für Deutschland die ganze Welt erobern wollte. Er wollte der deutsche Weltdiktator werden. Wenn wir Deutschen sozusagen von unserem Charakter her zum Nazihaften neigen würden, wäre ja eine Demokratie für unser Volk nichts Gutes, es sei denn es würde vordem völlig entnazifiziert werden, also entdeutscht. Deshalb sollte auch Westdeutschland nach der angeblichen Befreiung unter Aufsicht gestellt werden, damit es nicht seine Freiheit mißbrauche. Von einer Befreiung kann so auch nicht gesprochen werden. Das Narrativ von der Befreiung sollte somit nur dazu dienen, uns als Mitkämpfer gegen die vermeintliche Bedrohung durch Rußland zu gewinnen! Daß die Nato und die EU von vornherein dazu gegründet wurden, die Länder des Ostblockes in den kapitalitischen Weltmarkt zu reintegrieren und Rußland aus dem noch zu schaffenden Europa auszuschließen, damit die USA der Hegemon dieses Europas sein kann, überließt dieses Narrativ selbstverständlich.



1Auf eine Seitenangabe wird verzichtet ob der unzähligen Ausgaben dieses Werkes. Außerdem sollte der Leser sich hüten, in einem Roman getätigte Aussagen einfach mit der Meinung des Autoren zu dem Ausgesagten zu identifizieren.

2Zitiert nach: „Freie Welt“ vom 9,5.2025: „Deutschland wurde nicht besetzt zum Zwecke der Befreiung sondern als besiegter Feindstaat.“

3Daß der Zusammenschluß Deutschlands mit Österreich in der offiziösen Geschichtsschreibung als eine Besiegung Österreichs dargestellt wird, ist eine besondere Absurdität der Geschichtsschreibung der Sieger.

4Vgl dazu: Stefan Scheil:“Polens Zwischenkrieg.“

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