Über einige Folgen der Transfomation der christlichen Erlösungsreligion zu einer humanistischen Ideologie
Die große Erzählung der christlichen Religion1 ist die von der Erschaffung, des Falles und der Erlösung des Menschen, in der Gott als der Schöpfer und Erlöser expliziert wird. Wenn diese nun substituiert wird durch den Glauben an die Menschenwürde,die jedem Menschen zukäme,wobei dann Gott nur noch als eine zusätzliche kontingente Letztbegründung der Menschenrechte fungiert, dann muß auch das Verständnis aller Teile, aller Elemente dieser Erzählung sich ändern, da sie ihre Bedeutung ja erst als Elemente dieser Erzählung erhielten.
Dieser Transformation ging ein innerprotestantischer Widerstreit zwischen der lutherischen und der von Karl Barth neu konzipierten Rechtfertigungslehre voraus, in dem die Konzeption Barths, vulgarisiert sich durchsetzte, erst innerprotestantisch, dann aber auch über die Ökumene in die Katholische Kirche erfolgreich einwirkte und rezipiert wurde2.Der Kerngedanke des genuin lutherischen Ansatzes war, daß der Primat auf der Erkenntnis des Sünderseins des Menschen vor Gott zu legen sei, daß das Amt des Gesetzes so die Selbsterkenntnis des Menschen als Sünder sei, sodaß er nur durch den Glauben an Jesus Christus rechtfertigbar sei. Diese Konzeption wurde unter der Formel: „Gesetz und Evangelium“ vertreten, der K. Barth die Antithese von: „Evangelium und Gesetz“ entgegenstellte. Aus der barthschen Konzeption generierte sich dann die vulgarisierte Konzeption des „Indikativ-Imperativ“-Schematas: daß Gott jeden Menschen liebe und daß deswegen jeder Mensch als ein von Gott Bejahter anzusehen sei und daß das Fundament der Ethik sein solle. In dies Schema ließ sich nun leicht der Glaube an die Menschenwürde einzeichnen, indem der Glaube an die Menschenwürde als ein Derivat des Glaubens an die Bejahung jedes Menschen durch Gott verstanden wird.
Barth zog nun selbst schon die Konsequenz daraus, daß die Taufe nicht mehr als ein Sakrament der Abwaschung der Sünde zu begreifen sei, denn die Sünde sei ja jedem schon vergeben worden durch das Kreuz Jesu Christi. Deswegen soll die Taufe nun das Antwortgeschehen auf das einem geltende Heil, daß der Sichtaufenlassende Ja sagt zu Christus und sich verpflichtet, gemäß diesem Glauben sein Leben zu führen. Daß dem Getauftwerdenden das Heil schon gilt, bevor er getauft wird, dafür steht der Indikativ und die Selbstverpflichtung zu einem Leben gemäß diesem Bejahtwerden ist dann der Imperativ, zu dem der Indikativ verpflichtet. Deshalb könne nach K. Barth nur die Praxis der Mündigentaufe als eine legitime angesehen werden.
Mit dieser Konsequenz setzte sich Barth nicht durch, es erfolgte aber ein Neuverständnis des Taufsakramentes: Gott sage Ja zu jedem Menschen und deshalb auch zu diesem, das nun getauft werden soll, wobei nun die Taufe nur symbolisch ausdrücke, daß Gott dies Kind liebe, zu ihm sein Ja gesagt habe. Die Taufe bewirke nichts mehr, sondern drücke nur aus, was dem Getauftwerdenden unanhängig von seiner Taufe schon gälte. Alle Sakramente können dann in der Menschenrechtsideologiekirche nur noch symbolisch ausdrücken, was den Empfängern der Sakramente schon unabhängig von der Sakramentenspendung gälte.
Die ganze christliche Morallehre respondiert dann nicht mehr die Frage;“Was tuen, um das ewige Leben zu erlangen?“ sondern frägt: „Wie ist das Leben zu führen, zu gestalten, wenn wir jeden Menschen, auch uns selbst als von Gott Bejahte ansehen?“ Der praktizierte Humanismus avanciert so zu der Orthopraxie des Christen!
Die Zentralaufgabe der Kirche kann dann nicht mehr die Verkündigung des Evangeliumes zur Bekehrung der Menschen sein, sondern das Engagement für die Menschenwürde, daß jeder gemäß ihr leben könne. Die Diakonie hat so die Mission zu ersetzen. Da jeder Mensch, egal wie er es mit der Religion hält, ein von Gott Bejahter ist, ist der Glaube nicht mehr wichtig, Hauptsache ist das Eintreten für die Menschenwürde. Alle Religionen, die an einen Schöpfergott glauben, können so gemeinsam für die Würde des Menschen sich engagieren, da alle Glaubensdifferenzen dann gleichgültig seien ob dieser Gemeinsamkeit.Unter der Sünde kann dann auch nur noch eine Mißachtung der Menschebrechte begriffen werden.
Die Katholische Kirche befindet sich in dem Prozeß dieser Transformation, den isb Papst Franziskus vorangetrieben hat.
Ein praktisches Beispiel: "Erzdiözese Salzburg veranstaltet Fortbildungsveranstaltung mit Homo-Aktivisten" Kath net am 13.5.2025: "Die HOSI Salzburg sieht sich als „Menschenrechtsorganisation“ und „Kompetenzzentrum für sexuelle, geschlechtliche und romantische Vielfalt in Stadt und Land Salzburg sowie dem angrenzenden Bayern und Oberösterreich“. Zu ihren Zielen zählen die „Förderung von Community und queeren (Sub-)Kulturen“ sowie „Akzeptanz, Respekt und Wertschätzung gegenüber sexueller, geschlechtlicher und romantischer Vielfalt“. HOSI= Homosexuelleninitiative Salzburg.
1Vgl zur Bedeutung von Großerzählungen: Lyotard, Das postmoderene Wissen.
2Wie es zu diesem Erfolg der Konzeption Barths kam, soll hier nicht nachgezeichnet werden, das verlangte mehr als einen Artikel. Es soll sich deshalb auf diese Bemerkung beschränkt werden: Es gelang Barth, der lutherischen Konzeption eine Affinität zur Unterstützung des Nationalsozialismus nachzusagen, während dagegen die seinige die Theologie gegen diese Affinität immnunisiere. Im Kontext der Aufarbeitung des angeblichen Versagens des deutschen Protestantismus im „Dritten Reich“ profililierte sich das Konzept Barths als das einzig moralisch noch vertretbare. Seine Kompatibilität mit der Menschenrechtsideologie verhalf ihr dann zu ihrem Siegeszug, versimplifiziert zu dem ; „Indikativ-Imperativ“-Schema. Dieses Schema erlaubt dann auch die Emanzipation von den Geboten Gottes, daß es der Liebe Gottes zu jedem Menschen widerspräche, die gelebte Homosexualität zu verurteilen, denn das wäre lieblos den Homosexuellen gegenüber. Genauso sei es, aus protestantischer Sicht, mit der Liebe Gottes unvereinbar, auf die Unauflöslichkeit der Ehe zu insistieren, wenn das Ehepaar sich nicht mehr liebe.
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