Donnerstag, 22. November 2018

Zum Mythos von der "armen Kirche"

„Eine arme Kirche für die Armen – Selig, die arm sind vor Gott“. kath net 21.11 
Diese Formulierung erfreut sich großer Beliebtheit, eine arme Kirche, eine die für Arme existierte. Wenn das denn noch mit der Seligpreisung:Selig, die arm sind vor Gott! verbunden wird, geht dann alles drunter und drüber.Schon eine kurze Nachfrage zeigt die Absurdität dieser Vorstellung auf: Wie könnte denn eine arme Kirche Armen helfen? Einfach gesagt: Wer selbst kein Brot hat, kann auch einem Hungernden kein Brot geben. Würde die Kirche nun, um arm zu werden, allen Besitz verkaufen und den Erlös Armen schenken,könnte sie so nur einmal den Armen helfen, danach wäre sie arm, aller Hilfsmittel beraubt, unfähig zu jeder weiteren Hilfe. 
So kann eine arme Kirche, weil sie arm ist, keine Hilfe für Arme sein. Sie müßte etwas besitzen, sodaß sie davon abgeben kann, um Armen zu helfen.
Aber kann denn die Katholische Kirche überhaupt arm sein? Damit stehen wir vor dem wirklichen Problem des Diskurses über die Armut der Kirche. Weil in ihr die Gottesoffenbarung als Wahrheit präsent ist in der wahren Lehre der Kirche, kann sie gar nicht arm sein, denn diese Gotteserkenntnis ist ihr Reichtum. Diese Aussage steht nun im Zentrum des Kampfes um die Kirche: Ist sie der Ort der Wahrheit oder existieren in ihr nur menschliche Meinungen über Gott? Der ökomenische und der interreligiöse Dialog präsumieren nun, daß es in allen christlichen Confessionen und in allen Religionen gleichermaßen nur menschliche Meinungen über Gott gibt, die alle gleich wahr und gleich unwahr sein können. Ausgeschlossen soll sein die Vorstellung, daß eine Partei im Dialog näher an der Wahrheit ist als die anderen, daß gar in einer die ganze Wahrheit präsent und offenbar ist, aber nur in einer. Um des gleichberechtigten Dialogisierens willen darf es solch eine Differenz unter den Dialogpartnern nicht geben, sodaß alles irgendwie als gleich wahr behauptet wird. 
So wird die Katholische Kirche in solchen Dialogen der Wahrheit beraubt, wird sie zu einer armen Kirche gemacht, die nur so dialogisieren kann und auf jede Mission verzichtet. Denn missionieren könnte sie nur, wenn in ihr die offenbarte Wahrheit präsent ist, so daß sie vermittelt werden kann, daß also die Kirche als reiche, weil in ihr die offenbarte Wahrheit ist im Glauben der Kirche, ihrer Lehre, den Armen als in der Gotteserkenntnis Defizitäre oder Irrende ihren wahren Reichtum austeilen  kann. Aber das bestreite gerade die Welt, die anderen Religionen und christlichen Confessionen, weil sie in ihr nur eine arme Kirche sehen, in der es auch nur menschlich allzumenschliche Meinungen von Gott gibt, daß alle aber weit entfernt sind von der wahren Erkenntnis. Im Geiste der Postmoderne wird dann gar die Nichterkennbarkeit Gottes, der Wahrheit als die beste Legitimierung der unaufhebbaren Pluralität der Meinungen (über Gott) angesehen, der die Unfreiheit durch eine erkannte Wahrheit gegenübergestellt wird: Nur eine arme Kirche, nur arme Religionen können so die Freiheit der Beliebigkeit des Meinens legitimieren, daß Niemand mehr im Namen der erkannten Wahrheit die Anderen, anders Denkenden diskriminieren kann, daß in ihnen nicht die (volle) Wahrheit ist. Das ist das Ziel der Rede von der armen Kirche, sie des Besitzes der Wahrheit zu berauben um  so die Wahrheit zu einer bloßen Meinung herabzudegradieren. Der Begriff der armen Kirche ist so ein Kampfbegriff wider die Katholische Kirche. 

Zusatz: Wie immer nun auch die Aussage, selig die arm sind vor Gott! zu verstehen ist, nicht ist gemeint, daß die Kirche die in ihr präsente Erkenntnis Gottes als bloße Meinung über Gott ausgeben soll, um in den Augen Gottes und vor allem der Welt als arme Kirche zu erscheinen.

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