Sag mir, wer etwas sagt, und ich sage Dir, wie das zu beurteilen ist! Oder wie ist jede Art von Mission und Evangelisation endgültig moralisch zu dysqualifizieren?
Argumente oder auch nur Tatsachenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen, das ist ein mühseliges Geschäft, da fällt es doch viel leichter, auf den Aus-sagenden zu schauen: Was der gesagt hat, kann nicht stimmen,denn den kennen wir doch und wissen, was wir somit von seinen Aussagen, egal was er sagt, zu halten haben1. Es herrscht nun nicht nur in Deutschland ein Konsens darüber, daß zumindest eine Person existiert(e), mit der kein anständiger Mensch auch nur in einem Punkte übereinstimmen dürfe. Diese Unperson ist selbstredend Hitler.
Diese Unperson schreibt nun in seiner Betrachtung über die Ursachen unserer Niederlage im 1.Weltkrieg Unerhörtes2: „Wie sehr die allgemeine Zerrissenheit um sich greift,zeigt eine Betrachtung der religiösen Zustände vor dem Kriege. Auch hier war eine einheitliche und wirksame weltanschauungsmäßige Überzeugung in großen Teilen der Nation längst verlorengegangen.Dabei spielen die sich offiziell von den Kirchen lösenden Anhänger eine kleinere Rolle als die überhaupt Gleichgültigen.“Deutschland sei also im Kriege an seiner eigenen inneren Uneinigkeit gescheitert.
Dann steht da:“Während die beiden Konfessionen in Asien und Afrika Missionen aufrechterhalten,um neue Anhänger ihrer Lehre zuzuführen,- eine Tätigkeit, die gegenüber dem Vordringen besonders des mohammedianischen Glaubens nur sehr bescheidene Erfolge aufzuweisen hat,- verlieren sie in Europa selber Millionen und abermals Millionen von innerlichen Anhängern,die dem religiösen Leben entweder überhaupt fremd gegenüberstehen oder doch ihre eigenen Wege wandeln.“
So wird nun dies beurteilt: „Die Folgen sind besonders in sittlicher Hinsicht keine günstigen.“ Aber es kommt noch ärger: „Bemerkenswert ist auch der immer heftiger einsetzende Kampf gegen die dogmatischen Grundlagen der einzelnen Kirchen,ohne die aber auf dieser Welt von Menschen der praktische Bestand eines religiösen Glaubens nicht denkbar ist.“ Dem widerspricht heutzutage jeder liberale Theologe, denn die Dogmen der Kirche seien doch höchst überflüssig, wenn nicht gar contraproduktiv für das sittliche Leben.
Hitler zieht nun praktische Konsequenzen: „Die breite Masse eines Volkes besteht nicht aus Philosophen; gerade aber für die Masse ist der Glaube häufig die einzige Grundlage einer sittlichen Weltanschauung überhaupt.“ Wo nämlich die Religion mit ihren Dogmen angegriffen und gar zerstört würde, da drohe ein wertloser religiöser Nihilismus. Also müßten die Kirchen ihre Anhänger neu für ihre Lehren gewinnen,um einem wertverachtenden Nihilismus zu wehren. Dabei sollten sie gar ihre Dogmen lehren, ohne die keine Religion und Kirche auskommen könne3.
Wenn aber Hitler in der Religion und isb in der christlichen und ihren Kirchen etwas Positives gesehen hat, dann muß doch das von ihm Gelobte etwas Negatives sein. Kann man dann noch die Mission oder Evangelisation begrüßen oder gar fördern, wenn die Kirchen aus Sicht Hitlers etwas Gutes waren? Müßten dann nicht alle Dogmen der Kirche auf eine Naziaffinität hin untersucht werden, um so ab ovo die Kirchen vollständig zu entnazifizieren? Sollte nicht die Katholische Kirche deswegen auf jegliche Neuevangelisation verzichten? So abstrus das alles klingen mag, das wäre die einzig politisch korrekte Antwort auf Hitlers positive Bewertung der Religion und der Kirchen!
Wenn nun aber auf das strikte Nein zu jedem Versuch, das christliche Abendland, oder das, was von dem noch übrig geblieben ist, gegen den expandierenden Islam zu verteidgen oder auch nur dem Säkularismus etwas entgegenzusetzen, könnte das nicht ein Reflex darauf sein, daß einst das nationalsozialistische Deutschland sich als der Verteidiger gegen den bolschewistischen Atheismus interpretierte, isb seit dem Präventivkrieg gegen die Sowjetunion, sodaß nun jede Art von Selbstverteidigunng als etwas Unmoralisches empfunden wird?
Zusatz:
Aber wie entstand dann das Narrativ vom Christenvernichter Hitler, dem die Kirchen tapfer und manchmal vielleicht auch weniger couragiert von Anfang an Widerstand geleistet haben? Nach 1945 brachte das Problem Churchill so auf den Punkt: Das falsche „Schwein“ hätte man geschlachtet,Hitler statt Stalin. Entwarf man bis 1945 noch Pläne, wie das deutsche Volk nach der militärischen Niederlage endgültig zu besiegen und niederzuhalten sei, erkannte die westlichen Siegermächte, daß sie Westdeutschland als den neuen Frontstaat gegen den Osten brauchten und die Westdeutschen als Soldaten gegen Rußland. Also brauchte man neben dem „bösen Deutschen“ auch den „guten Deutschen“, mit dem man nun Seit an Seit gegen die Sowjetunion kämpfen wollte. Dieser „gute“ mußte nun ein Antinazi und Antikommunist sein, damit er als ein „guter Deutscher“ gelten konnte. Das war die Geburtsstunde des Narratives von den Kirchen, die von Anfang an gegen den nihilistischen Hitler standen und nun genauso gegen den nihilistischen Stalin standen. Die wirklichen Widerstandskämpfer, die Kommunisten wie die preußischen Militärs konnte man nicht zu“guten Deutschen“ machen, galt doch auch das Preußische als der Urgrund alles Bösen in Deutschland, sodaß als der Kandidat für „gute Deutsche“ nur die Christen übrigblieben. Die Kommunisten fielen ja a priori aus, waren sie doch der neue zu bekämpfende Feind. Das verlangte nun aber eine Verzeichnung Hitlers zu einem antichristlichen Nihilisten, der in Stalin seinen kommunistischen Partner im Kampf gegen den christlichen Glauben gefunden hatte: Beide galt es zu bekämpfen.
Was der Nationalsozialismus ist bzw gewesen ist, wird so primär durch politische Interessen bestimmt als durch seine sachliche Analyse.
1Bischof Bätzinger monierte so die Praxis einiger Synodaler, Rednern, die nicht dem liberalen Lager zuzurechnen gewesen seien, die „Rote Karte“ (das ist: „Sie dürfen hier nicht sprechen!“)zu zeigen, bevor sie auch nur ein erstes Wort geredet hätten, statt damit zu warten, bis sie zu Ende geredet hätten.
2Adolf Hitler, Mein Kampf, 1.Buch, 10.Kapitel: „Ursachen des Zusammenbruchs“. „Religiöse Verhältnisse“
3Nun lehrt uns nicht nur Rauschning in seinen „Gesprächen mit Hitler“, daß dieser ein machtbesessener Nihilist gewesen sei, der die Kirchen und die christliche Religion völlig vernichten wollte. Deswegen hätten die Kirchen von Anfang an in einem Widerstandskampf gegen die Nationalsozialisten gestanden, auch wenn dann nicht alle so couragiert waren, offen sich gegen Hitler zu stellen. Es darf aber dies Narrativ in Frage gestellt werden, denn diese Äußerungen Hitlers vertragen sich damit überhaupt nicht.