Montag, 27. März 2023

Zu den Hintergründen des jetzigen Niederganges der christlichen Religion und der Kirche

Zu den Hintergründen des jetzigen Niederganges der christlichen Religion Manchmal werden Antworten auf gewichtige Fragen an Orten gefunden, wo man wirklich nicht nach ihnen gesucht hatte. Eine einfache Feststellung: „Viele Menschen sind heute dazu bereit,die Vorstellung aufzugeben,dass es in allen Fällen eine einzige, maßgebliche Wahrheit zu entdecken und zu verteidigen gibt.“ Catherine Belsey, Poststrukturalismus, 2013, S.105. Zu beachten ist, daß hier die Wahrheit als etwas nicht Entdeckbares begriffen wird. Relativiert wird das nur durch die Einschränkung: nicht in allen Fällen sei die Wahrheit erkennbar. Der Leser darf mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, daß der Fall der Religionen unter diese Fälle, in denen keine Wahrheit gefunden werden kann, zu subsumieren ist. Warum soll das so sein: „Tatsächlich hat ein Jahrhundert politischer Grup-pierungen,die die Wahrheit,wie sie sie verstanden,nicht nur verteidigten,sondern verherrende Gewalt gegenüber Menschen ausübten,die ihre Überzeugungen nicht teilten,bei vielen von uns ernsthafte Zweifel an der Behauptung von Wahrheits-ansprüchen geweckt.“ (S.105) Unter den politischen Gruppierungen sind in erster Linie die kommunistischen und die nationalsozialistischen gemeint, daß Staaten im Besitz der Wahrheit sich wähnend, so totalitär werdend alle dieser Wahrheit Nichtzustimmenden unterdrückten und gar töteten. Nicht werden nun diese Ideologien als unwahre kritisiert, sondern geschlußfolgert, daß der Besitz der Wahrheit immer freiheitsfeindlich sei und zu einer menschenverachtenden Praxis führe. Der Gedanke, daß die Wahrheit die Freiheit der Diskurse begrenze, gar nichte, führt etwa M.Foucault in seiner Diskurstheorie aus. Das Streben nach der Wahrheit mit dem Ziel ihrer Erkenntnis und deren Besitz wird so als etwas zumindest potentiell den Frieden und das Miteinander der Menschen Gefärdendes angesehen. Der Wille zur Wahrheit wäre so im Sinne Nietzsches nur eine Maskerade des Willens zur Macht, des Willens so auch des Herrschens über andere. Auf eine Formel zusammengedrückt hieße das: Wahrheit macht unfrei. Im Zentrum der christlichen Religion steht nun die Aussage, daß Jesus Christus die Wahrheit ist. Diese Zentralaussage, nicht erst unzeitgemäße Morallehren oder dem modernen Menschen abskur vorkommende Wundergeschichten muß die christliche Religion und damit auch die Kirche zu etwas Inakzeptablen machen für das gegenwärtige postmoderne Denken mit seiner Ablehnung des Strebens nach der wahren Erkenntnis. Die christiche Religion paßt nicht mehr in die heutige Zeit, weil sie nicht nur Wahrheitsansprüche stellt, sondern sich gar als die Wahrheit versteht. Wer daraufhin den heutigen theologischen Diskurs überprüft, wird auf vielfältigste Versuche stoßen, den Geltungsanspruch der Kirche zu relativieren, indem nun ökumenisch alle christlchen Confessionen als gleich wahr, im interreligiösen Dialog gar alle Religonen als gleich wahr behauptet werden und letztlich es doch nur noch um die allen Menschen gemeinsame Humanität ginge. Die Religonen werden dann nur noch als Suchbewegungen nach der Wahrheit dargestellt, die aber nicht mehr selbst in ihnen präsent seien. Daraus resultiert ein Dilemma für die Theologie und die Kirche: Gegen ihr Eigentliches, daß in ihr die Wahrheit offenbar präsent ist,verstellt sie sich zu etwas doch nur rein Subjektivistischem: Auch bei uns kann man nur Meinungen, Vorstellungen von Gott und allem Dazugehörigen finden und genau mit diesem Kotau dem postmodernen Zeitgeist gegenüber, der Poststrkturalismus ist ein wesentliches Moment der Postmoderne, wie Besleys Buch es veranschaulicht, macht sich die Theologie und die Kirche auch selbst widerum irrelevant. Das Dilemma: Um sich als Zeitgemäßes zu gestalten muß sie sich als Irrelevantes gestalten. Denn relevant war sie als der Ort der Präsenz der da offenbaren und erkennbaren Wahrheit, aber genau als so Qualifizierte paßt sie nicht in den postmodernen Geist, dem die Wahrheit etwas Freiheitsbedrohendes erscheint. Wahrheit macht unfrei- das dokumentiert am besten die Differenz unserer Epoche von der abendländisch-christlichen,deren Untergang wir nun erleiden.

Sonntag, 26. März 2023

Ein Mißbrauchsfall – wie man das Sonntagsevangelium von der Auferweckung des Lazarus in der Neusynodalkirche predigt

Ein Mißbrauchsfall – wie man das Sonntagsevangelium von der Auferweckung des Lazarus in der Neusynodalkirche predigt Das Evangelium von der Auferweckug des Lazarus ist jedem Kirchgänger vetraut, ja wird auch noch regelmäßig im Religionsuntericht thematisiert, oft aber unter der Mißachtung der Differenz der Auferweckung zu einem neuen Leben, das aber wieder mit dem Sterbenmüssen endet und der Verheißung zu der Aufestehung in das ewige Leben, das keinen Tod mehr kennt. Dies Evangelium in der Passionszeit zu predigen, legt es nahe, den Schwerpunkt auf das Aufewecken von dem Tode zu legen. Gott kann aus dem Tod erretten. Aber Predigern, denen das zu conservativ traditionalistisch vorkommt und umtrieben von der Frage, wie viele der Sonntagspredigerzuhörer glauben denn noch an eine Auferstehung der Toten, kann der Schwerpunkt auch verlagert werden zu dem Bekenntnis der Martha: „Du bist der Christus“. Hier bekenne eine FRAU den christlichen Glauben. Bedauerlicherweise sei nun das Petrusbekenntnis, das eines mannes viel bekannter: „Du bist der Christus“, aber das dieser FRAU stünde dem des mannes gleichwertig zur Seite! FRAUEN verkündigten das Evangelium. So erwies sich ja schon nach dem Gespräch mit Jesus am Brunnen die samaritanische FRAU als glaubwürdige Verkünderin, denn viele kamen durch ihr Wort zum Glauben! Die Conclusio: Es sei völlig inakzeptabel, wenn nun die Kirche auf den Verkündigungsdienst der FRAUEN verzichte, sie von diesem Dienst ausgrenze! Die Auferweckung des verstorbenen Lazarus ist also ein Argument für die Einführung des FRAUENpriestertumes! Das nötigt uns völlig Erstaunte zur sorgfältigen Relektüre dieses Textes: Es findet sich auch nicht der kleinste Hinweis darauf, daß Jesus hier Martha dazu berufen hätte, das Evangelium, daß er der Messias sei, zu verkünden! Auch hat ER die Samaritanerin nicht zur Verkündigung berufen! Außerdem kann und soll eigentlich jeder Christ seinen christlichen Glauben anderen gegenüber bekennen, daß Jesus der Christus ist, das ist mitnichten ein Sonderauftrag für die Diakone, Priester und Bischöfe. Die Berufung zum Priesteramt ist nicht um der Evangeliumsverkündigung willen, denn in jeder Messe darf auch ein Diakon die Predigt halten und in einem bloßen Wortgottesdienst Laien, auch Frauen. Die Weihe ist, wie es der hl. Thomas entfaltet, auf das Sakrament der Eucharistie hin ausgerichtet und so lehrt es die Kirche. Um der Evangelumsverkündigung willen bräuchte es keine Geweihten, diesen Dienst können auch Laien vollziehen, nur nicht in der hl.Messe. Praktisch orientiert müßte auch angefragt werden, ob denn die Predigt in der Sonntagsmesse der geeigneteste Ort für die Verkündigung ist, denn zum Gottesdienst kommen doch im Regelfall nur Gläubige, aber das Evangelium müßte doch in der heutigen Zeit denen vermittelt werden, die nicht mehr zur Kirche kommen oder denen, die noch nie einen Kontakt zur Kirche hatten. Eine Neuevangelisation in und durch die Sonntagspredigt bewirken zu wollen, ist so wohl ein verkehrter Ansatz, da da die zu erreichenden nicht präsent sind. Jede Mutter, die ihren Kindern den christlichen Glauben vermittelt, leistet so wohl mehr an Verkündigung als es Priestern in der Predigt möglich ist. Aber von diesem mütterlichen Evangeliumsdienst wollen die Kirchenfemistin und die Kirchenreformer nichts wissen. Stattdessen erwecken sie den Eindruck, in der Kirche sei es ein Männerprivileg, als Geweihte den christlichen Glauben zu bezeugen. Deshalb müsse dies Männerprivileg abgeschafft werden, damit auch FRAUEN Zeugin des Glaubens werden können. Aber den christlichen Glauben zu bezeugen, ist der Auftrag an jeden Christen. Etwas völlig anderes ist es nun, daß Gott Menschen zum Priesteramt beruft und sie durch das Sakrament der Weihe zu diesem Priesterdienst befähigt. Zum Schluß eine kleine Ausschweifung: Zwei junge Frauen stehen vor einem Mann, eineige Zwillinge, so ähnlich, daß sie kaum voneinander unterscheidbar sind. „Warum liebst Du meine Schwester und nicht mich?“ frägt nun anklagend die Nichtgeliebte, die der Mann nicht heiraten will. Gibt es einen legitimen Grund für den Mann, die eine nicht zu lieben? Aber er liebt nur die eine Schwester und somit die andere nicht. Geschieht damit der Nichtgeliebten ein Unrecht? Wie dieser Mann die eine Frau liebt und ihre Schwester nicht, so erwählt Gott den einen und den Anderen nicht: Gott erwählte nur das Volk Israel zu seinem Volke und alle anderen nicht: Waren die Nichterwählten etwa unbegabter dazu, Gottes Volk, seine erste Liebe zu werden? Gott erwählte nur einen der 12 Stämme Israels dazu, ihm als Priester zu dienen: Tat Gott da den anderen 11 ein Unrecht? Und nur die Männer dieses Stammes durften ob Gottes Entscheidung Priester werden. Hätten denn die Ehefrauen der Priester dieses Stammes nicht den Dienst auch ausüben können, hatten sie das Tuen ihres Mannes gut vor Augen? Gott allein erwählt, wen er in den Priesterdienst beruft und wen nicht, im Alten wie im Neuen Bund! Die Gleichförmigkeit des Alten zum Neuen Bund ist dabei stets zu beachten: Gott und sein erwähltes Volk, das jüdische, im Neuen Bund das Kirchenvolk, der Sabbat, jetzt der Sonntag, die Beschneidung jetzt die Taufe, der Opferkult mit den Priestern am Jerusalemer Tempel, jetzt das Meßopfer in der Kirche mit den dazugehörigen Priestern. Merke: So wenig es ein Anrecht darauf gibt, geliebt zu werden, so wenig gibt es ein Anrecht, zum Priesteramt berufen zu werden. Gott erwählt eben zum Priesterdienst wie ein Liebender seine Geliebte.

Samstag, 25. März 2023

„Schüller: Überhöhung des Bischofsamts ist nicht ursprungsgetreu“

„Schüller: Überhöhung des Bischofsamts ist nicht ursprungsgetreu“ Mit dieser Artikelüberschrift wird das quasi offizielle Internetorgan der Bischöfe Deutschlands (Kath de am 24.3.2023) keinen Leser überraschen,haben doch diese mit großer Mehrheit der Demontage des Bischofsamtes zugestimmt. Räte sollen die Macht in der Kirche für sich usurpieren. Da das kirchenrechtlich nicht möglich ist, soll nun diese Demontage des Bischofsamtes durch eine Selbstverpfichtung der Amtsträger, sich den Beschlüssen eines solchen Räteentscheidungsgremiums zu subordinieren,erreicht werden. Sollte ein Bischof dem nicht zustimmen, muß er wohl sich den Vorwurf gefallen lassen, ein klerikalistisches Amtsverständnis zu huldigen. Eingewandt könnte höchstens werden, daß doch die Frage der Ursprungstreue keine Bedeutung haben dürfe, denn das Ursprüngliche sei das doch nur einst Geltende, das so für uns Heutigen keine normative Bedeutung haben könne.Oder was respondierte eine modebewußte Frau,rechtfertige eine Frau ihren Kleidungsstil ihr gegenüber mit der Aussage, daß das vorgestern doch Mode gewesen sei. Aber das Anstößige steckt in diesem Zusatz: „Das Zweite Vatikanische Konzil habe die Bischöfe zu >absolutistischen Fürsten< gemacht, glaubt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. Er kritisiert das heutige Festhalten der Oberhirten an ihrer Macht.“ Diese Überhöhung „sei eine Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils.“ Bisher war es doch ein „Privileg“ Ewiggestriger, Aussagen dieses Reformkonziles zu kritisieren, wohingegen für das linksliberale Lager dies Konzil doch genau genommen das einzig wahre sei, das als die Norm der Auslgung aller anderen Konzilstexte zu fungieren habe. Nun soll dies Reformkonzil erst diese Überhöhung des Bischofsamtes erwirkt haben? Theologisch geurteilt ist die These eines absolutistischen Bischofsamtsverständnisses im 2.Vaticanum absurd, denn die Kirche hat Jesus Christus als ihren lebendigen Herrn und das schließt jedes absolutistische Verständnis jedes kirchlichen Amtes aus. Der Primat der hl. Schrift, der Tradition und die Verbindlichkeit der Entscheidungen des Lehramtes, besonders seiner Dogmen verunmöglicht jedes absolutistische Amtsverständnis. Die hierarische Struktur der Kirche ist dagegen ursprungsgetreu. Schon im Alten Bund existierte die von Gott eingestiftete Hierarchie, die Unterscheidung zwischen den Nichtpriestern, den Priestern und dem Hohepriester und so existiert auch im Neuen Bund eine solche Hierarchie. Denn was für und im Alten Bund eine gute Ordnung war, das ist sie auch für den Neuen Bund. Jesus Christus stand als der Lehrer seinen Schülern übergeordnet gegenüber, sein Lehramt ist ihm nicht von seinen Jüngern übertragen worden. Der göttliche Lehrer setzte nun als seine irdischen Stellverteter die Apostel, die 12 und in besonderer Weise Petrus als den 1.Papst der Kirche ein mit dem monarchischen Regierungsauftrag: Weide meine Schafe! Wie ein Firmeninhaber einen Geschäftsführer einsetzen kann, so setzte der Herr der Kirche die kirchlichen Amtsträger ein, ohne daß er seinen Schülern ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Amtsträger zubilligte noch vorsah, sie an der Regierung seiner Kirche zu beteiligen. Wo Gott Ordnungen, gar hierarische einstiftet, da provoziert dies zur Revolte gegen diese Ordnungen. Das Urbild all solcher antihierarischen Revolutionen schildert uns die hl. Schrift selbst in der Revolte der Rotte Korach (4.Mose 16), das viele Nachahmungsversuche hervorrief und hervorruft, den aktuellsten auf dem „Synodalen Weg“! Nichts Neues unter der Sonne!“, predigte der weise Salomon- und wieder einmal bekommt dies Weisheitsbuch recht in der X. Neuinszenierung dieses Rottengeisteraufstandes. Geradezu grotesk ist dabei aber die Meinung,daß die Kirche Jesu Christi so ihr Binnenleben zu organisieren habe wie etwa ein Kaninchenzüchterverein, ganz erfüllt vom deutschen Vereinsgeist!

Freitag, 24. März 2023

Muß die Nato in den Ukrainekrieg eingreifen? Auch ein Beitrag zur Kriegstheologie

Muß die Nato in den Ukrainekrieg eingreifen? Die Internetseite: Zuerst meldete dazu am 22.März 2023: Polen auf Harakiri Kurs: Wir müssen in den Ukraine-Konflikt eingreifen. „Polen auf halsbrecherischem Kurs: der polnische Botschafter in Frankreich, Jan Emeryk Rościszewski, hat sich als erster hochrangiger NATO-Politiker unverhohlen für einen Kriegseintritt seines Landes in der Ukraine ausgesprochen. Die NATO wäre spätestens mit einem solchen Schritt schlagartig Kriegspartei. „Entweder, die Ukraine kann sich verteidigen, oder wir müssen in den Konflikt eingreifen“, sagte Rościszewski jetzt in einem Interview des französischen Nachrichtensenders.“ Ob die Nato nicht schon längst zu eine Kriegspartei geworden ist angesichts der massiven Unterstützung durch die Lieferung an Kriegswaffen an die Ukraine, darüber läßt sich diskutieren, aber unstrittig ist, daß dieser von der polnischen Regierung vorgeschlagene „Eingriff“ faktisch den 3.Weltkrieg eröffnen würde. Eine kleine historisch politisch nicht korrekte Erinnerung: In dem nach dem 1.Weltkrieg neu gegründetem Polen herrschte die Meinung vor, daß das Polen zugestandene Territorium für ihr Volk zu klein zugemessen sei, sodaß intensivst über eine West- und/oder Ostexpansion nachgedacht wurde. Eine sehr fundierte Darstellung dazu bietet der Historiker Stefan Scheill: Polens Zwischenkrieg, 2022. Im April begann Polen so eine militärische Großoffensive durch das durch die Revolution geschwächte Rußland und eroberte im Mai 1920 Kiew. Es sollte Polen eingemeindet werden. Der Friedensvertrag von Riga im Jahre 1921 beendete dann diesen polnisch-russischen Krieg mit beachtlichen Gebietsgewinnen für Polen. Wikipedia schreibt dazu in seinem Artikel über diesen Frieden: „Die polnische Grenze verlief nun weit östlich der Curzon-Linie, stellenweise bis zu 250 km östlich des geschlossenen polnischen Sprach- bzw. Siedlungsgebietes. In großen Teilen der abgetretenen Territorien lebten mehrheitlich jeweils Ukrainer bzw. Weißrussen und damit waren dort polnische Einwohner in der Minderheit. Die mit dem Vertrag in den polnischen Staat integrierten Gebiete waren ethnisch sehr heterogen Während sich in den Großstädten, wie z.B. Lemberg eine polnische Mehrheit befand, waren demgegenüber in der Landbevölkerung Ukrainer oder Weißrussen sowie Litauer, Polen, Weißrussen und Ukrainer die größten Ethnien, wobei keine von ihnen im Gesamtgebiet die Mehrheit stellte.“ Sollte etwa das neue Engagement Polens in dieser Traditionslinie der Ostexpansion Polens zu verstehen sein? Nicht jeder, der sich um Freiheitsrechte anderer einsetzt, ist dabei ganz frei von eigenützigen Interessen. Nach dem 2.Weltkrieg konnte Polen seine Westgrenze weit nach Westen auf unsere Kosten verschieben und so die vor dem 2. Weltkrieg formulierten Kriegsziele weitestgehend verwirklichen. Aber im Osten mußte Polen Gebiete an Rußland abtreten. Ein geschwächtes Rußland könnte so Hoffnungen auf eine Ostexpansion erwecken. Ob dafür Polen einen 3.Weltkrieg in Kauf nehmen möchte? Der Eindruck läßt sich wenigstens nicht wegwischen, daß es dem Westen nicht mehr um die Wiederherstellung der Souveränität der Ukraine geht sondern um einen Krieg gegen Rußland mit dem Ziel eines politischen Umsturzes in Rußland. Ob da die polnische Regierung wohl klamheimlich hofft, ihre Ostgrenzen nach Osten verschieben zu können? Könnte man nicht noch mal in Kiew einmarschiern? Aus theologischer Perspektive ist eines sehr bedenklich: daß die Epoche der Diplomatie, als man darauf setzte, möglichst alle zwischenstaatlichen Konflikte auf dem Verhandlungstische zu lösen sind, beendet ist. Der Krieg erlebt als Mittel der Politik eine neue Renaissance. Der Feind, den es zu bekriegen gilt, mit dem man nicht mehr redet außer in der Sprache der Waffen, ist klar definiert, das ist Rußland und als Zweitoption dann China. Bisher macht diesen Kurswechsel der Vatican noch nicht mit, denn er setzt weiterhin auf den Primat der Diplomatie, er setzt auf die Möglichkeit eines Verhandlungsfriedens, im deutlichen Kontrast zu den katholischen Stellungnahmen aus Deutschland, die sich ganz und gar den Natostandpunkt zu eigen machen. Waren einst Friedensbewegte gern gesehene Gäste auf jedem Kirchentag, gehörte der Antimilitarismus zum Credo der Katholiken Deutschlands, so macht man jetzt seinen Frieden mit dem Krieg! Die Ukraine soll den Krieg gewinnen und politisch setzt man auf den Sturz der russischen Regierung, damit endlich auch in Rußland die westlichen Werte ihre Anerkennung finden. Die Putin-Diktatur verwehrt doch tatsächlich Homosexuellen die Ehe- wenn das kein Kriegsgrund ist! Daß eventuell Polen dabei noch sein Sondersüppchen kochen will, widerspricht dem ja nicht. Wird die Nato direkt militärisch in den Ukrainekrieg intervenieren? M.E nicht: Die Nato wird so viel an Kriegsunterstützung leisten, daß dieser Krieg so lang andauern kann bis er zum Umsturz in Rußland führt, hoffend daß dann wie am Ende des 1.Weltkrieges der Zar nun Putin wegrevolutioniert wird jetzt durch einen prowestlichen Putsch. Die Kriegstheologie zeichnet sich dabei durch die Bejahung des Feindbildes aus, daß in diesem Kriege die nur Bösen gegen die rein Guten kämpfen und daß man den bösen Putin nicht verstehen darf, weil das schon eine Fraternisierung mit ihm wäre, sondern daß der Feind nur noch militärisch zu bekämpfen ist.

Donnerstag, 23. März 2023

Zu den Hintergründen des jetzigen Zerfalls der christlichen Religion und der Kirche

Zu den Hintergründen des jetzigen Zerfalls der christlichen Religion und der Kirche Dies Narrativ erfreut sich im theologischen Diskurs großer Beliebtheit: So wie es einen allgemeinen kulturellen Fortschritt gibt, der uns aus dem Dunkel des Mittelalters herausführte in das Licht der Aufklärung, auch wenn punktuelle Rückfälle ins Barbarische sich ereigneten, wie der Hitler-Faschismus, so gibt es auch einen in der Theologie und somit auch in der Kirche, auch wenn dann diese nicht immer zeitnah die Fortschritte der Theologie und der sonstigen Wissenschaften mitvollzieht. Dies Fortschrittsmodell dominiert ja den kirchlichen Diskurs über die Homosexualität und über die Geschlechterdifferenz, daß all das früher dazu Ausgesagte in der Bibel und in der Lehre der Kirche überholt sei. Weil es gestern wahr war, kann es heute nicht mehr war sein! Aber nicht nur Aussagen in der Peripherie der christlichen Religion seien so als veraltet und überholt anzusehen,sondern auch viele Gottes-vorstellungen. Ja, die denknotwendige Voraussetzung eines Überholtseins von geoffenbarten Wahrheiten, etwa über die Zweigeschlechtigkeit des Menschen mit ihrer spezifischen Geschlechterdifferenz, ist ja,daß es sich gar nicht um offenbarte Wahrheiten handle, daß die Bibel und die Lehre der Kirche nur zeitbedingte Vorstellungen über Gott und die Welt uns dokumentiere. Die Geltungsansprüche der Wahrheiten der christlichen Religion werden so durch die Kritik ihrer Genese dekonstruiert: Das alles sei ja nur zeitbedingt und so veränderbar, wenn die Zeit voranschreitet. Die Aufklärung befreite so aus dem Dunkel des Mittelalters, nur daß die Katholische Kirche immer noch nicht in der Moderne, dem Produkt der Aufklärung angekommen sei- darum müsse sie sich jetzt modernisieren. So lautet das Credo des Synodalen Weges, das so die Überwindung der alten katholischen Theologie und der Kirche einfordert. Was für schrecklich Vormodernes steht doch auch in der Bibel! Etwa sagt der Prophet Jeremia: „Ecce ego ponam faciem meam in vobis in malum: et disperdam omnem Judam“= Sehet, ich richte mein Angesicht gegen euch zum Unheil, und werde ganz Juda vertilgen. (44,11) „disperdam“ würde ich eher mit: „ich möchte vertilgen“ übersetzen. Warum möchte das Gott, der Gott Israels, der so auch der Gott Jesu Christi und der Gott seiner Kirche ist? Weil Gott so die Sünden seines Volkes strafen will, da er ein gerechter Gott ist. Gott will ein malum, ein Unheil für sein Volk. Das bezeugt so nicht nur der Prophet Jeremias, denn die ganze hl.Schrift bezeugt Gott als gerechten Gott, der sein Volk wie auch den einzelnen Sünder strafen will. Wer daraufhin die zeitgenössische Theologie und die aktuelle kirchliche Praxis befrägt, wird konstatieren, daß der Gott der Gerechtigkeit fast völlig aus ihr entschwunden ist. Gott soll nur noch der Gott der Liebe sein. Das sei die einzig der Aufklärung gemäße Gottesvorstellung. Daß Gott als der Gerechte strafe, sei eben eine Negativphantasie des finsteren Mittelalters, in der die Kirche die Gläubigen mit solchen Phantastereien verängstigt und zum Gehorchen gezwungen habe. Genau genommen könnte die ganze Geschichte der Kirche als die eines geistigen Mißbrauches Gottes rekonstruiert werden, in der sie mit dieser Drohbotschaft, wie es aus dem Munde von: „Wir sind Kirche“ seit langem tönt, die Kirchenglieder unterdrückt habe. Aber das Licht der Aufklärung mit ihrem Gott, der nur noch die Liebe sei, beende nun dies finstere Mittelalter auch in der Katholischen Kirche, indem es nun auch dank des Synodalen Weges mit ihren Lichttheologen in die dunkle Kirche hineingetragen würde. Aber ist es denn wirklich evident, daß der vernünftig gedachte Gott nur der Gott der Liebe sein kann, der so völlig indifferent zu dem Guten und dem Bösen sich verhaltend zu denken sei, weil er als die Liebe zu Allem sein Ja sagt? Was hielte man von einem Weinkenner, dem einen Qualitätswein genauso munde wie der (immer noch) billige Tetrapakwein, oder von einem Musikliebhaber, der keinen Qualitätsunterschied wahrnehme zwischen einem Popmusiklied und einer Gustav Mahler Sinfonie? Einen solchen Indifferentismus würde doch niemand als ein Merkmal eines Kenners bezeichnen! Und Gott soll nun gar als indifferent zu den guten und den bösen Menschen sich verhaltend gedacht werden und das soll die vernünftige Gottesvorstellung sein gegenüber der voraufklärerischen des gerechten Gottes, der eben gerecht auch straft! Das ist absurd! Gerade zur natürlichen Gotteserkenntnis gehört die Aussage,daß Gott gerecht belohnt und bestraft. Daß Gott auch gnädig sein kann, diese Aussage gehört dann eher zu den übernatürlichen Gotteserkenntnissen.Nun wird aber im Namen der Vernunft, der Aufklärung der vernünftig gedachte Gott aus dem Programm der Kirche entfernt, weil nur noch der reine Liebesgott angesagt sei. Das mag wohl in ein leichtes Unterhaltungsfilmprogramm hineinpassen, wo alle Konflikte sich am Ende des Filmes harmonisch auflösen, aber mit einem vernünftigen Denken Gottes hat das nichts gemein. Trotzdem erfreut sich dies Narrativ, daß Gott nur als: „Euch alle hab ich doch lieb“ zu denken ist, wenn auf der Höhe der Aufklärung zu denken sei, größter Beliebtheit. Corollarium Sehr fragwürdig ist zudem die Gleichsetzung von dem vernünftigen Denken mit der Aufklärung. Das Ziel der Aufklärung war ja die Domestikation der christlichen Religion nach dem innerchristlichen Religionskrieg des 17.Jahrhundertes, aber dies Unterfangen ist nicht per se eins mit dem vernünftigen Denken.Die Domestikation der Religion devitalisiert sie aber, soll es doch gleichgültig sein, wie man es mit ihr hält.

Mittwoch, 22. März 2023

„Marktforschung statt Wahrheitssuche“ Über einen Irrweg der Kirche

„Marktforschung statt Wahrheitssuche“ So analysiert die „Tagespost“ in dem Artikel:“Irrwege des Synodalismus. Was auf „synodalen Wegen“ derzeit geschieht, ist mehr als die Wiederholung altbekannter Forderungen. Es offenbart zwei fatale Botschaften: Die Kirche ist Struktur und alles ist verhandelbar“ den Synodalen Weg: „Marktforschung ist das Thema. Und der Bezugspunkt für kirchliches Sein und Handeln ist dann die Meinung der Mehrheit. Das zerstört jedoch den Sinn und die Bedeutung von Religion, des christlichen Glaubens sowieso. Denn Religion ist mehr als politische oder philosophische Weltanschauung, weil sie dem Menschen unverfügbar entgegentritt: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt (Joh 15,16). Wenn der Mensch den Inhalt der Religion jedoch selbst definieren kann, ist sie keine Religion mehr, sondern bloß noch der Herren eigner.“ So gut das auch klingt und auch treffend ist, in zwei Punkten geht diese Analyse doch fehl. Die Fixierung auf die Struktur der Kirche, daß es vorrangig um eine Reform der kirchlichen Struktur ginge, daß eben die hierarische Struktur der Kirche durch eine demokratische ersetzt werden soll, verkennt, daß der Glaube der Kirche verändert werden soll und daß dazu die Demokratisierung der Kirche das adäquate Mittel sein soll. Man möge sich dies ein mal vorstellen: Gesetz den Fall, Umfragen ergäben, daß 75 Prozent der Kirchenmitglieder gegen die Einführung des Frauenpriestertumes votierten, aber 75 Prozent der Bischöfe sich dafür aussprächen. Würden dann die „Synodalen“ noch für eine Demokratisierung der Kirche sich aussprechen? Natürlich nicht! Nein, auf eine so reaktionäre Basis würde das linksliberale Reformlager nicht hören, denn das wäre ja reinster Popularismus! Wenn 10 Kirchenmitglieder Extragottesdienste für Homosexuelle sich wünschen, dann hat ein Bischof darauf zu hören. Wünschten sich dagegen 50 Kirchenmitglieder, daß in ihrem Bistum ab und zu auch mal wieder eine tridentinische Messe zelebriert würde, müßte der Bischof- jetzt ganz in Übereinstimmung mit dem Papst- dazu Nein sagen. Nur wenn die Mehrheit progressive Forderungen erhebt, ist nämlich im Sinne des Synodalen Weges auf die Basis zu hören. Würde der Synodale Weg eine marktwirtschaftlich sich ausrichtende Kirche anstreben, würde sie bei ihrer Vorliebe auf eine Orientierung auf den Protestantismus sich an die Sektoren des Protestantismus orientieren, in denen noch ein lebendiges Gemeindeleben vorfindbar ist und das sind in der Regel evangelikale, fundamentalistisch, charismatisch ausgerichtete Gemeinden. Aber mit dieser Ausrichtung hat die Mehrheit der Neusynodalkirche wirklich nichts im Sinne. Das Erfolgsmodell des „Augsburger Gebetshauses“ mit seinen „Mehrkonferenzen“, betrachtete man diese Causa rein marktwirtschaftlich, würde sicher auch nur auf heftigste Ablehnung stoßen, schlüge irgendwer das als Weg der Kirche vor. Papst Franziskus kritisierte auch den „elitären“ Charakter des Synodalen Weges und trifft damit etwas sehr Richtiges: Unter der Parole der Demokratisierung der Kirche verbirgt sich nichts anderes als daß das linksliberale Milieu die Macht in der Kirche für sich usurpieren will. Dabei setzt dies Milieu darauf, daß es in allen zukünftigen Entscheidungsgremien der Kirche, den neuen Räten die Macht innehaben wird und falls doch vorhanden alle dazu Oppositionellen niederstimmen kann. Mit einer Marktwirtschaftsausrichtung hat dies nichts zu tuen, so verhängnis-voll eine solche auch für die Kirche sich auswirken müßte, wenn das Wahre zur Ware wird. Was wir erleben, ist die Machtergreifung des linksliberalen Katholizismus, der postmodernen Version des Modernismus, den die Päpste vor dem 2.Vaticanum so kraftvoll bekämpften, der jetzt aber in neuen Gewändern gehüllt zumindest in Deutschland in der Kirche über sie triumphiert. Corollarium Da in der Marktwirtschaft alles zur Ware wird, wird konsequenterweise auch das, was wahr ist, zu einer Ware. Wahr ist, was sich gut verkaufen läßt. Nur darf dann nicht übersehen werden,daß es einflußreiche und weniger einflußreiche Konsumenten gibt. Was Homoseexuelle von der Kirche sich wünschen, das zählt, was Traditionalisten wünschen, nicht.

Dienstag, 21. März 2023

Etiam si omnes- ego non: Wenn auch alle - ich nicht - Zur "Marktwirtschaftskirche"

Etiam si omnes- ego non: Wenn auch alle - ich nicht Diese Maxime der nichtkonformistischen Internetseite: „Sezzion im Netz“ verschaffte ihr die Ehre, vom Verfassungsschutz nun sorgfältigst gelesen zu werden,aber sie sollte auch von nichtprofessionellen Lesern des Lesens gewürdigt werden. Am 17. und 18.März 2023 fand dort eine sehr rege Diskussion über das „deutsche Bürgertum“ statt, ausgehend von 2 sehr anregenden Artikeln zu dieser Causa. Die Frage nach dem Bürgertum, gar nach den Besonderheiten des deutschen ist nun auch nicht relevanzlos für die Erhellung der Lage der Kirche in Deutschland. Wer sich dem Thema der Beziehung des Bürgertumes zur christlichen Religion und der Katholischen Kirche annähern will, darf einiges dabei nicht übersehen: Als politisches Subjekt trat das Bürgertum in seinen bürgerlichen Revolutionen im großen Welttheater auf. Die bürgerliche Revolution, nicht nur die Französische Revolution wandte sich dabei nicht nur gegen die Vorherrschaft des Adels sondern genauso auch gegen die Herrschaft der Kirche. Als der politische Feind des Bürgertumes galt nun gerade das Thron- und Altarbündnis,dem nun das Konzept einer vernünftig gestalteten Gesellschafts- und gar Weltordnung entgegengesetzt wurde. Das Widervernünftige, das Irrationale, das war eben gerade die Adels- und Klerusherrschaft. Zum Bürgertum als politisches Subjekt der Emanzipation aus der selbstverschuldeten Verunmündigung durch die Kirche und die Adelsherrschaft gehört nun wesentlich der geschichtsphilosophische Optimismus, daß die Menschheitsgeschichte doch ein unaufhaltsamer Progreß ist, der zur Freiheit und zu einer vernünftig gestalteten Weltrepublik führen würde. Gerade, da nun dieser Optimismus spätestens seit dem Eintritt in die Postmoderne brüchig geworden ist, zeigt sich aber auch, wie viel säkularisierte christliche Religion dieser Optimismus enthielt: „Der Optimismus der Geschichtsphilosophie wird verworfen,weil er die säkularisierte Form der christlichen Eschatologie darstellt.“,konstatiert als Signum der Postmoderne G. Raulet in seinem Buch: Gehemmte Zukunft. Zur gegenwärtigen Krise der Emanzipation, 1986,S.84. Ja, schon früh erhob sich angesichts des Schreckens der Französischen Revolution die Stimme des Pessimismus, eine Selbstkritik des Bürgertumes etwa am tiefgründigsten in der Philosophie A. Schopenhauers. Die faktische Bedrohung der bürgerlichen Revolution durch die revolutionäre Arbeiterklasse führten dann aber auch zu einer antirevolutionären Haltung des Bürgertumes. Der conservative Bürger trat als Nachfahre seines revolutionären Vorfahren auf. Fraglich ist, ob in der heutigen postmodernen Zeit noch dies politische Bürgertum existiert, denn es lebte ja aus seine Antithetik zur Herrschaft des Adels und des Klerus und in seiner Opposition zum 4.Stand. Wollte man die Haltung des Bürgertumes zur christlichen Religion und der Kirche kurz charakterisieren, so müßten verschiedene Momente unterschieden werden: Die bürgerliche Aufklärungsphilosophie säkularisiert die christliche Religion in das Vertrauen in die Geschichte als einen Entwickelungsprozeß hin zu einer vernünftig durch den Menschen gestalteten Welt.Die christliche Religion wird dabei privatisiert und primär in der Familie gelebt, wohingegen der Raum der Politik und der Wirtschaft als durch ihre jeweilige Eigengesetzlichkeit bestimmte begriffen werden. Wie man seine Hausschuhe auszieht, wenn man außer Hauses geht,so läßt der Bürger als Mann seinen Glauben Zuhause, er zieht ja hinaus ins „feindliche Leben“, während die Frau in der Küche, bei den Kindern und in der Kirche ihr Leben führt. Das Christentum wurde so zur Frauen- und Kinderangelegenheit, das außerhäusliche bürgerliche Leben emanzipierte sich da von der Religion und der Kirche. In den Familienfeiern, auch gerade das Weihnachtsfest verlebendigte sich so die sonst schon schon absterbende Religion. Das verbürgerlichte Christentum ist so selbst schon eine Zerfallsform der christlichen Religion, das nun aber auch selbst sich auflöst ob des Verschwindens des Bürgertumes. Vielleicht beschreibt Thomas Manns „Buddenbrook“ nicht nur das Schicksal einer bürgerlichen Familie sondern ihren eigenen Untergang. Aber was für eine Gestalt könnte nun die christliche Religion in der Epoche der Postmoderne einnehmen? Das ist unklar wie so vieles an unserer jetzigen Epoche, nur eines ist wohl gewiß: Das bürgerliche Christentum vergeht, weil ihr sozialer Träge sich aufgelöst hat: der bürgerlich sich verstehende Mensch. Vielleicht wird das zukünftige Christentum eines sein für Steppenwolfexistenzen, deren Motto lautet: Etiam si omnes- ego non: Wenn auch alle - ich nicht! Corollarium Ein Moment der Postmoderne ist die Entbürgerlichung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die in der bürgerlichen Kultur selbst ein Hemmnis ihrer Weiterentwickelung sieht, besonders in den Ordnungenen der Ehe und der Familie und des Volkes und dem Nationalstaat. Auch das Ideal des selbstbeherrschten Bürgers ist eben dysfunktional für den Massenkonsum, dem notwendigen angesichts der Massenproduktion von Konsumwaren.