Der
demokratisce Angriff auf die Kirche-
oder
der Kampf um die katholische Morallehre
Worüber
sprechen die Bischöfe der Synode : „Die pastoralen
Herausforderungen der Familie“? Die KNA weiß das genau: „ Nicht
nur über wiederverheiratete Geschiedene.Die grundsätzlichere Frage
lautet: Wie soll die katholische Kirche damit umgehen, dass viele
Katholiken große Teile der offiziellen Lehre über Familie, Ehe und
Sexualität ignorieren oder ablehnen. Außer wiederverheirateten
Geschiedenen sind weitere Einzelthemen etwa gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften; Patchwork Familien oder künstliche
Empfängnisverhütung.“1
Zum Schluß fiel der KNA dann noch ein, daß es auch um die
Weitergabe des christlichen Glaubens an die Kinder und um eine
Verbesserung der Hilfe für Familien ginge. Formulieren wir es
klarer: es ging um die Pille, den Homosex und ob im Ehebruch Lebende
die Kommunion empfangen dürfen-und am Rande noch ein bißchen über
Glaubensvermittlung. Und so kapriziert sich dieser „Vorbericht“
dann auf die eine Frage: „Dürfen nach der Synode
wiederverheiratete Geschiedene wieder zur Kommunion gehen?“
Hoffnung wird signalisiert. Schnelle Reformen seien nicht zu
erhoffen, weil es zu viele „Gegner von Reformen“ gäbe, isb:
„Müller ist als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation
nach dem Papst der oberste Hüter der Glaubenslehre:“ Dem stünden
die Reformer, „in Abstimmung mit dem Papst“ gegenüber und der
habe das letzte Wort. So sieht die KNA die Welt und die
Bischofssynode. Dabei hieß die Synode: „Die pastoralen
Herausforderungen in Hinblick auf die Familie im Kontext der
Evangelisierung“! Aber nach Meinung von der KNA ging es wohl eher
um die Frage, wie weit die Kirche sich der Welt und den weltlich
gesinnten Kirchenmitgliedern anzupassen bereit ist als um die Frage
der Evangelisierung!
Aber
bei diesem Zerrbild der Synode blieb es nicht. Jansen (KNA) ergreift
nun selbst das Wort, um der Synode zu zeigen, wo es lang geht!
Getreu der Maxime: Am Wesen der Welt wird die Kirche genesen“ ,
beginnt er seinen Angriff auf die Katholische Kirche so: „Ein
Unternehmen, das auf seinen Produkten sitzenbleibt, verordnet sich
eine strategische Neuausrichtung, eine Partei, deren Wahlprogramm bei
ihren Stammwählern nicht mehr ankommt, vollzieht eine
Richtungsänderung.“ So gut geht es in der Welt in der freien
Marktwirtschaft und in der Politik zu, wenn diese gemäß den
Prinzipien der Marktwirtschaft gestaltet wird. Der Endverbraucher als
Käufer oder als Wähler bestimmt so, was die Unternehmer und
Parteipolitiker anbieten. Besorgt wird nun gefragt: „Doch was kann
die katholische Kirche tun, wenn sie merkt,dass eine Mehrheit der
Gläubigen ihre offizielle Lehre zu Familie, Ehe und Sexualität in
vielen Punkten ignoriert oder gar ablehnt?“ Die „offizielle
Lehre“ klingt schon nach etwas Negativem und jeder Leser assoziiert
wohl dabei: daß eine Institution „offiziell“ etwas zu einer
Sachlage erklärt, daß aber realiter die Sachlage anders sei. Aber
dabei bleibt der Kirchenkritiker nicht stehen: Er weist gleich auf
die richtige Lösung: „Hier ist der Kunde König, da ist das Volk
der Souverän“, um dann anzufragen: „aber welche Bedeutung hat
die Lebenspraxis einfacher Katholiken für die kirchliche
Morallehre?“ Sie sollte natürlich die haben, die in der
Marktwirtschaft der König Kunde und in der Demokratie das Volk als
der Souverän innehat.
Damit
das nun erreicht werden kann, wird das 2. Vaticanum in der Deutung
von dem Jesuiten Karl Rahner ins Spiel gebracht. Herbert Vorgrimmler
hat das Anliegen Rahners prägnant in seiner Rahner Lektüre 2013,
„Die Lehrautorität der Gläubigen“, zusammengefaßt. Wir ahnen
es jetzt schon. Die Gesamtheit der Gläubigen, das Konzil zitierend,
„kann im Glauben nicht irren“, erklärt Jansen und meint damit
den Kunden als König, oder das Volk als Souverän der Kirche. Aber
so schnell geht es doch nicht. Der „Glaubenssinn“ besteht
nämlich im Konsensus der Bischöfe mit dem Volk der Kirche und nicht
daran, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt die bloße Mehrheit der
Kirchenmitglieder einhellig etwas meint. Aber hier soll nun Rahner
weiterhelfen. In seinem Aufsatz: „Offizielle Lehre der Kirche und
Gläubigkeit des Volkes“ wird gefragt, was es bedeutet, wenn die
Mehrheit der Gläubigen eine Lehre der Kirche ignoriert oder gar
ablehnt. Jansen frägt so: „Ist es vorstellbar, dass das Lehramt
eine Lehre zurücknimmt oder stillschweigend in den Hintergrund
treten lässt, die sich jahrzentelang unter den Gläubigen nicht
durchgesetzt hat?“ Das läßt jeden Reformer aufatmen: „Nach
Rahner hat es in der Kirchengeschichte sogar Fälle gegeben, in denen
sich die einfachen Gläubigen dem kirchlichen Lehramt verweigert
haben und sich ihr eigener neuer Vorschlag schließlich durchgesetzt
hat. Als Beispiel nennt er die Säuglingstaufe. Die frühere
Auffassung, dass der Säugling aufgrund der Erbsünde ohne Taufe dem
Teufel ausgeliefert sei, sei von dem Verständnis der Taufe als
Aufnahmeritus der Kirche verdrängt worden.“ Bei Vorgrimmler liest
sich das so: „Die
zweite Stufe ist eine Verweigerung, der ein eigener neuer Vorschlag
folgt. Ein Beispiel ist die Säuglingstaufe. In weiten Kreisen
unserer Kirche wird das Behaupten einer Erbsünde abgelehnt, aus
Ehrfurcht vor dem Gottesbild und als Respekt vor dem menschlichen
Gewissen. Darum wird die Redeweise von dem erbsündigen Säugling,
der ohne Taufe für immer und ewig verloren und dem Teufel
ausgeliefert sei, aufgegeben, der Ritus wird als Aufnahme in die
Kirche verstanden.“2
Zudem: „ Auch die Rede von der Hölle wird revidiert. Unser Gott
unterhält keine jenseitigen Konzentrationslager,“3.Also,
es habe schon einmal in einer gewichtigen Frage das Volk die Lehre
der Kirche besiegt, indem das Sakrament der Taufe durch den
„Glaubenssinn“ des Volkes beseitigt worden und durch einen der
Taufe ähnlichen Aufnahmeritus ersetzt worden sei! Wenn das das Volk
geschafft habe, dann wird es wohl auch die (Sexual)Morallehre der
Kirche schaffen, abzuschaffen! Zumal es ja im Falle des Neins zu
Verhütungsmitteln, Rahner verweist auf das Verbot durch „Humanae
vitae“, schon gelungen sei, diese Lehre faktisch außer Kraft zu
setzten durch ihre Nichtbefolgung! Und hoffen dürfen die Reformer ,
weil der Jesuitenpapst dem wohlwollend assistiert, auch wenn da noch
der Reformgegner Müller und wie wir jetzt wissen afrikanische
Bischöfe, die noch nicht auf den Höhen des Jesuiten Rahner wandeln,
sich leider noch querstellen.
Der
„Glaubenssinn des Volkes“ soll so die Lehre der Kirche, wenn
schon nicht theoretisch, so doch faktisch außer Kraft setzen können.
So wie eben in der kirchlichen Praxis das Sakrament der Taufe-bei
theoretisch bestehen bleibender Lehre-abgeschafft sei und durch ein
Aufnahmeritual ersetzt worden ist, so könnte doch auch die
(Sexual)Morallehre der Kirche theoretisch bestehen bleiben, aber
faktisch abgeschafft werden. Das meint dann die These, daß die Lehre
nicht geändert werden würde, nur die pastorale Seelsorge eben
differenzierter praktiziert werde.
Vorgrimmler
benennt dann einen weiteren, gravierenden Grund für den Wandel für
die Morallehre der Kirche: „Wenn
z. B. die Kirche noch heute durchschnittlich den Eindruck macht, die
Verkünderin moralischer Alternativen zu sein, unter denen der Mensch
zu seinem Heil oder Unheil auswählt, wenn dieser Eindruck faktisch
primär ist und alle Verkündigung der erlösenden Tat Gottes dagegen
doch nur als sekundär empfunden wird,gleichzeitig aber faktisch die
reale Heilsangst der Menschen gegenüber früheren Zeiten doch stark
abgenommen hat und der Mensch sich nicht so sehr vor Gott schuldig
empfindet, sondern eher verlangt, Gott müsse sich wegen seiner von
ihm bewirkten schrecklichen Welt verantworten, könnten dann nicht
solche Beobachtungen zu sehr bedeutsamen Akzentverschiebungen in der
amtlichen Verkündigung führen, ohne daß die Kirche ein bisher
verkündigtes Dogma leugnen müßte.“4
Um es einfacher zu sagen: einst glaubten die Menschen, daß es zwei
Wege gäbe, der,der ins ewige Leben führe, und das sei der von der
Kirche gewiesene Weg einschließlich der kirchlichen Morallehre, und
den anderen Weg, der ins ewige Verderben führe, so glaubten das die
jetzigen Mitglieder der Kirche nicht mehr und darum müsse die Moral
der Kirche anders als bisher begründet werden oder aufgegeben
werden, wenn sie nur als Weg zum ewigen Heil verstehbar wäre.
Erst
diese Vorrausetzung, daß das Ziel der kirchlichen Morallehre nicht
mehr die Frage ist: Wie habe ich zu leben, um das ewige Leben zu
erreichen?, ermöglicht es ja modernistischen Theologen, die
Abschaffung der gesamten Katholischen Morallehre zu fordern, um sie
durch eine autonome im Sinne des Philosophen Kant zu verlangen. Denn
die Vernunft kann wohl die Frage beantworten, wie der Mensch zu leben
habe, damit er menschlich lebt, aber nicht: was muß ich tun, um das
ewige Leben zu gewinnen?. Denn Gott allein bestimmt ja die
Einlaßbedingungen für das ewige Leben und die sind nicht durch rein
vernünftiges Denken erkennbar, weil schon das Ziel, das ewige Leben
ein die Vernunft übersteigendes Erkenntnisobjekt ist und auch die
Bedingungen dafür von Gott frei gesetzt sind. Aber was sind dann
genau die Kriterien für eine vernünftige Morallehre, wenn das Ziel
des moralischen Handelns nicht mehr das Erreichen des Zieles des
ewigen Lebens ist. Zur Veranschaulichung: wenn Jesus Christus lehrt,
daß die Kreuzesnachfolge der Weg zum ewigen Leben ist, dann ist die
Kreuzesnachfolge gewiß nicht der Weg, durch den die Idee eines
humanen Lebens realisiert wird. Aber was wären dann die Kriterien
einer Morallehre für ein humanes Leben. Auch dafür finden wir in
den Reformagenden keine Aussagen-nur, das implizite Vorgrimmler recht
gegeben wird, daß das Ziel der moralischen Lebens nicht mehr das
ewige Leben ist. Theologisch wird das in der Regel mit der Liebe
Gottes begründet, die unbedingt jedem Menschen gilt, sodaß er in
dieser göttlichen Liebe lebend das ewige Leben erst gar nicht durch
eine Nachfolge Christi zu gewinnen zu versuchen braucht, weil es ihm
sozusagen umsonst geschenkt wird. Deshalb sei die traditionelle
Morallehre erledigt, weil das Ziel, auf das sie hin konzipiert ist,
überflüssig geworden ist. Der Mensch braucht nicht mehr moralisch
zu leben, um eingehen zu dürfen in das ewige Leben. So weit
Vorgrimmlers Dekonstruktion der Katholischen Morallehre.
Aber
was setzt man denn nun positiv dem realiter entgegen? Einfach nur,
daß die Kirche zumindest ihre pastorale Praxis der Art und Weise,
wie die Kirchenmitglieder leben, anzupassen habe! Erinnern wir uns
des Einstieges von Jansen: Jeder Unternehmer paßt seine
Warenproduktion der Nachfrage an und stellt so die Produktion
unverkäuflicher Waren ein. Jede politische Partei verändert ihr
Programm, wenn es für ihr bisheriges Programm nicht oder zu wenig
gewählt wird. Zu beachten ist, daß allein der Käufer oder Wähler
über den „Gebrauchswert“ einer Ware entscheidet-kauft er oder
wählt er das ihm Angebotene. Die Vorstellung von etwas, das wahr
ist, und deshalb den Menschen angeboten wird, ist in dieser
marktwirtschaftlichen geprägten Vorstellungswelt völlig fehl am
Platze. Oder man müßte sagen, daß „wahr“ ist, was der
Konsument kauft und „unwahr, was er nicht kauft. Morallehren,
theologische Lehren, Wissenschaften überhaupt sind so gesehen
Fremdkörper in einer marktwirtschaftlich orientierten Welt, weil ihr
„Gebrauchswert“ der ist, objektiv wahr zu sein, unabhängig von
der Anzahl der Käufer dieser Wahrheiten. Man könnte jetzt urteilen,
daß ein Spezificum der Postmoderne das ist, daß nun auch
wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien gemäß den Regeln der
Marktwirtschaft produziert werden. Als „wahr“ gelten nun
Morallehren, die beim Lesepublikum ankommen und die dann auch
wirklich praktiziert werden.
Aber
dieser Gedanke soll hier jetzt nicht vertieft werden, auch wenn laut
Kath net ein evangelischer Unternehmerverein behauptet, daß
Christentum und Marktwirtschaft aufs engste zusammengehörten, sodaß
ohne das eine nicht ohne das andere sein könne. Wahr ist das
Gegenteil: orientiert sich die Kirche nach dem Ideal der
Marktwirtschaftsideologie, ruiniert sie die Wahrheit des Glaubens,
indem sie den Glauben zu einer Ware macht, deren Inhalt durch die
Nachfrage der Konsumenten bestimmt wird.
Es
soll hier nun aber einer anderen Spur nachgegangen werden, nämlich
der von: der Jesuit und die Wahrheit. Warum? Es fällt ja auf, wie
sehr in den Medien gerade der hl. Vater zu dem Hoffnungsträger
hochstilisiert wird, von dem man Reformen der Kirche erwartet. Leicht
wäre es nun, einfach, den Papst, wie er wirklich ist, von dem
Papstbild der Medien zu unterscheiden und einfach zu urteilen, daß
der Papst ganz anders sei, als es uns die Medien darstellten. Nur,
ist dem so? Warum können den die Medien ihn so „verzerrt“
darstellen. Im Vordergrund steht in den Medien das Bild des
reformwilligen Papstes, dem Conservative Widerstand entgegensetzen.
Könnte es sein, daß zwischen dem heutigen Verständnis von „Reform“
und der jesuitischen Spiritualität eine Affinität besteht, so daß
deshalb dieser Jesuitenpapst auch zum Reformpapst hochstilisierbar
ist? Fangen wir mit diesem Anfangsverdacht an, zu fragen.
Was
versteht man dabei unter „Reform“? Drei Bedeutungsgehalte müssen
wir dabei unterscheiden:
a)
die „reaktionäre“ Vorstellung. Hier ist die Vorraussetzung die,
daß es einen normativ gesehen guten Anfang gab, von dem sich etwas
wegentwickelt hat im negativen Sinne als Entfremdung und die
Ursprungsgestalt wieder herzustellen sei. Das aus der Form Geratene
soll in seine Ursprungsform zurückversetzt werden.Reaktionär ist
diese Vorstellung, wenn man die Idee des Fortschreitens als Prozeß
der permanenten Selbstoptimierung versteht und jedes Beharrenwollen
bei dem, wie es jetzt ist als „conservativ“ und als „progressiv“
versteht, wenn man gemäß der Entwicklung voranschreiten will.
b)
aus der Sicht der Fortschrittsideologie dagegen wird der Begriff der
„Reform“ dann gegen ihre Wortbedeutung uminterpretiert zu: Reform
meint das Mitgehen mit dem allgemeinen Fortschritt und das Alte
überwinden durch das Neue, das weil es neu ist, auch immer das
bessere ist. So definierte in der Politik die Linke den Begriff der
Reform bis zum Kanzler H. Schmidt als Fortschritt im allgemeinen
Entwicklungsprozeß zum Besseren hin.
c)die
antiidealistische Deutung: hier meint der Begriff der Reform das
Anpassen des Wünschbaren an das Mach-und Finanzierbare! Reform meint
immer Realpolitik statt idealistische Ziele. Das ist der
Reformbegriff seit dem SPD-Kanzler Schmidt und seit dem gibt es in
allen politischen Parteien „Reformflügel“, die ein Mehr an
Anpassung an die Realität fordern, statt das ideele Ziele des
Parteiprogrammes zu realisieren seien. Ideologe wird dann zum
Schimpfwort-weil das ein Denken ist, daß die Realität an Ideen
orientiert umgestalten will, während Realpolitiker als
Antiidealisten die Realität so akzeptieren, wie sie ist und die
Anpassung der Politik an die Realien fordert.
Offenkundig
meint im heutigen kirchlichen Sprachgebrauch der Begriff der Reform
das, was im politischen Raum seit dem Kanzler Schmidt unter „Reform“
verstanden wird: die Einpassung an die Realität zulasten von ideelen
Ansprüchen: so sollte es sein.Was hat nun das Jesuitentum mit diesem
Reformverständnis gemeinsam, lautet nun die weiterführende
Fragestellung. Was wahr ist, verkündet und lehrt die Kirche, weil es
wahr ist. Das kann als der Grundsatz des hl. Thomas, des
Kirchenlehrers der Kirche benannt werden. Der hl. Ignatius von Loyola
dagegen lehrt: weil es die Kirche lehrt, ist es wahr. Wahrheit ist
die Setzung durch eine Autorität. Die höchste Autorität ist Gott
und der Papst als der autoritative Ausleger dessen, was Gott will.
Deshalb ist die höchste Tugend die des Gehorsames der Autorität
gegenüber. Das ist die Substanz der jesuitischen Spiritualität: ihr
Kadavergehorsam. Der Ordensgründer versteht darunter: wie ein toter
Mensch sich nicht mehr selbst bewegen kann sondern er nur noch von
anderen bewegt werden kann, so soll jeder Jesuit auf jede
eigenverantwortliche Bewegung verzichten und sich nur bewegen, wenn
es ihm sein Oberer befiehlt. Das Leben soll so ein einziger Akt des
Gehorchens werden. Die Autorität befiehlt und was sie befiehlt ist
wahr, weil es die Autorität befiehlt. Hier ist das Wahrsein von dem
Befohlensein völlig entkoppelt: nicht gibt es etwas an sich Wahres,
das dann befohlen wird, sondern das Wahre entsteht erst durch die
autoritäre Setzung: das hat jetzt als wahr zu gelten.
Welcher
Autorität gehorcht nun ein Jesuit, wenn er selbst Papst geworden
ist? Um diesen Problem zu entgehen, hat die Kirche bis jetzt nie
einen Jesuiten zum Papst gewählt! Jetzt tat sie das! Fragen wir
anders: wem gehorcht den ein heutiger Jesuit? Vorkonziliar dem
jeweiligen Papst, zumindest der Theorie nach, würde man
respondieren! Aber nachkonziliar? Es drängt sich ein Verdacht auf:
gehorchte früher der Jesuit dem Papst, so jetzt der „Realität“-das
was ist, und wie es ist, das ist ihm die Welt in Gott und der hat er
zu gehorchen! Wenn im wissenschaftlichen Denken die Vorstellung
herrscht, daß unter wahr verstanden wird, daß eine Aussage der
Realität entspricht und die Prüfung der Wahrheit einer Aussage
darin besteht, ihren realistischen Charakter zu überprüfen, dann
überträgt man das auf die Morallehre. Die Moral soll zeigen, was
Menschen und Christen im Besonderen unter moralisch leben verstehen
und es so auch leben. Die Theorie, die Morallehre hat dann das
wahrhaftig wiederzugeben.Und wenn die Praxis der Theorie nicht
entspricht, dann muß die Theorie geändert werden, denn das Reale
ist die normative Autorität für das theoretische Denken. Auch für
die Glaubenslehre soll das gelten. Die dogmatische Theologie frägt,
was die Gläubigen wie glauben und das soll nun die Norm für die
Lehre der Kirche sein. Darum begeistert sich der Jesuit Rahner so für
den Glaubenssinn der Gläubigen, weil der nun die Autorität des
Faktischen ist. Weil die Mehrheit der Gläubigen nichts mehr von der
Erbsündenlehre wissen will, ist sie ad acta zu legen und weil man
nichts mehr von Kindern wissen will, die erst durch die Taufe rein
werden, läßt man auch das weg und ersetzt die Taufe durch ein
Aufnahmeritual in die Kirche. Nicht, weil die Erbsündenlehre der
Kirche unwahr wäre, ist sie aus dem Verkehr zu ziehen, sondern nur
allein darum, weil sie beim Volke nicht mehr ankommt. Die Autorität.,
der dieser Jesuit gehorcht, ist so die der Realität des Was das Volk
jetzt glaubt und was es nicht glaubt. Das ist vielleicht der tiefste
Gedanke der Theologie Rahners, der dabei ganz jesuitisch bleibt in
dem Formalismus des Gehorchens. Der Autorität ist zu gehorchen,
nicht weil sie das Wahre lehrt, sondern das, was sie sagt ist wahr,
weil sie es lehrt. Und wenn nun die letzte Autorität nicht mehr der
Papst sondern in demokratisch empfindenden Gesellschaften der König
Kunde oder das souveräne Volk ist, dann ist eben das jetzt die Vox
dei. Reform kann so nur noch Realitätsanpassung meinen. Und in
diesem Formalismus des Gehorchens steckt viel ignatische
Spiritualität, nämlich die des Kadavergehorsames!
Mit
dieser kleinen Betrachtung ist nichts über die persönliche, die
bestimmte Frömmigkeit des hl. Vaters Franziskus gesagt, aber der
Boden, auf dem er steht. Und so ist es auch verstehbar, daß gerade
Jesuiten die heutigen Vorreiter der Reformbewegung in der Kirche
sind, die am energischten die Einpassung der Kirche in die Welt, so
wie sie ist, fordern. Die Welt, so wie sie ist, das ist die
Autorität, der der moderne Jesuit gehorchen will. Und das könnte
auch den jetzigen Papst prägen. Ein Denkmensch wie der emeritierte
Papst Benedikt XVI. will die Welt gemäß der Wahrheit gestalten und
darum sind Denker immer Idealisten-der realistische Jesuit dagegen
will das theologische Denken und dann auch das moraltheologische der
Realität anpassen, weil ihm das Reale das Normative ist und nicht
das ideele Denken. Und was hat das mit Demokratie zu tun? Ganz
einfach: wenn der „Glaubenssinn“ der Kirchenmitglieder bestimmt,
was faktisch in der Kirche gilt, dann herrscht die Demokratie in der
Kirche und der König, Jesus Christus ist entthront-sein Leib wirft
ihn als sein königliches Haupt ab. Mit der Guillotine enthauptete
das französische Volk ihren König, ihr Haupt um dann den Bauch zur
Herrschaft zu führen- das ist die demokratische Volksherrschaft. Und
die soll nun auch in der Kirche eingeführt werden.
1Alle
Zitate: Die Bischofssynode, die Umfrage und die Lehre vom
Glaubenssinn. Unfehlbarkeit der Gläubigen?, im Altöttinger
Liebfrauenbote Nr.41-12.Oktober 2014, S.3, Thomas Jansen KNA ,
zukünftig Jansen oder: Worüber sprechen die Bischöfe? KNA,
zukünftig: KNA.
2Vorgrimmler,
Herbert, Die Lehrautorität der Gläubigen, Rahner-Lekture 2013.
3Vorgrimmler,
Herbert, a.a.O.
4Vorgrimmler,
Herbert, a.a.O.