Montag, 20. Oktober 2014

Ist alles Gold, was in der Ehemorallehre der Kirche steht?

Eine Problemanzeige
über nicht lebbare Theorien der Morallehre

Ich könnte es mir einfach machen und erklären, daß Alles, so wie es die Kirche jetzt lehrt im Punkto der Sexualmorallehre ewig wahr ist und daß eben 99% aller Katholiken, wenn sie nicht gemäß der Sexualmorallehre der Kirche leben, Sünder sind. Daran anschließend könnte ich dann eine allgemeine Publikumsbeschimpfung anschließen lassen in der Spannung von: die kommen alle in die Hölle bis zu: Wir sind eben alle kleine Sünderleins. Mir ist das zu simpel. Und es muß auch erlaubt sein, anzufragen, ob Alles, was die Kirche lehrt, den Status ewiger Wahrheiten besitzt. Man möge nur an die Banalität erinnern, wie lange die Theologie die Monarchie bzw. Aristokratie für die angemessene Staatsform hielt und daß es heuer die Demokratie ist, die zu Zeiten der Französischen Revolution noch als teuflisch galt.

Ein Einstieg in ein gravierendes Problem der katholischen Sexualmorallehre

Sagen wir es simpel: konkret ist jede praktizierte Liebe (Sexualität), die über einen Kuß hinausgeht, vorehelich eine Sünde, vielleicht sogar eine Todsünde, auch wenn dann diese Handlung dem Täter nicht als Todsünde zugerechnet werden könnte da in der Regel dem Täter jede Schuldeinsicht fehle, daß vorehelich gelebte Sexualität Sünde sein könnte. Das Durchschnittsalter bei Eheschließungen beträgt heuer bei Frauen 30, bei Männern 33 Jahre. Setzen wir 14 Jahre als Beginn der Geschlechtsreife (eher früher), dann heißt das, daß eine Frau durchschnittlich 16, ein Mann 19 Jahre ohne gelebte Sexualität leben muß, (außer Küssen) wenn er in Übereinstimmung mit der Sexualmorallehre der Kirche leben will. 16,bzw 19 Jahre gegen die eigene Natur zu leben, das ist nur wenigen als Gabe Gottes und als Berufung gegeben als radicale Nachfolge Christi, in der um des Himmelreiches willen auf praktizierte Sexualität verzichtet wird.

Eine kleine Exkursion
Die Natur des Menschen ist die, daß er als Glied der Menschheit zur Fortpflanzung bestimmt ist und daß diese Bestimmung ihn Sexualität praktizieren läßt. Wenn Menschen sich nur fortpflanzen würden, wenn sie eingedenk des Kategorischen Imperatives ihre Pflicht darin sähen, ihren Beitrag zur Prolongierung des menschlichen Lebens zu leisten, dann wäre die Menschheit wohl schon längst ausgestorben. So erfand die Natur die Lust des geschlechtlichen Aktes und die Erwartung dieses Lustgewinnes war bisher der Garant dafür, daß der Nachwuchs sich einstellte. Das Novum sehr zuverlässiger Verhütungsmittel bis hin zur legalisierten Abtreibung führt jetzt dazu, daß der Lustgewinn von der Nachwuchserzeugung entkoppelbar wird und so wir vor einem Novum stehen: der Möglichkeit der Selbstnichtung des Menschen durch zu wenig Geburten. Die Natur und der Geschlechtstrieb als Fortpflanzungswille sind so nicht niedere Strebungen des Menschen, denen höhere entgegenzusetzen wären sondern hier artikuliert sich das Gattungsbewußtsein des Menschen, dem das Individuum nur ein Mittel zum Zweck der Arterhaltung ist. Das ist die Ordnung der Natur- aber nicht die des Geistes. Nur, der Mensch ist auch Natur, insofern Gott ihn aus Erde geschaffen hat.

Zurück zum Problem:
16 bzw 19 Jahre sich der Sexualität wider die eigene Natur zu enthalten, kann nicht eine Perspektive für alle Menschen sein! Lebte jeder Mensch die radicale Nachfolge Christi, wie etwa der Apostelfürst Paulus- das Resultat wäre der Tod der Menschheit, weil es keine Nachkommen gäbe. Deshalb muß im Sinne Burckhardts unterschieden werden zwischen: Vorbild und Ausnahme. Große Männer können nach ihm eine Vorbildfunktion haben oder eine Ausnahme bilden: so darf nur er oder nur wenige Auserwählte leben. 16, 19 Jahre sind zu viel für Menschen, es sei denn Gott berufe und talentiere sie zu so einer außerordentlichen Lebensweise.

So gibt es nur zwei Lösungsmöglichkeiten: entweder, es wird wieder wesentlich früher geheiratet (meine Nachbarin hat just mit 18 geheiratet und bekommt nun ihr erstes Kind)oder aber die Kirche muß akzeptieren, daß vorehelich gelebte Sexualität der Regelfall ist. Wenn die Theorie, daß jede Form vorehelich gelebter Sexualität Sünde ist, wahr ist, dann ist sie doch nicht lebbar, weil so lange können nicht alle Männer und Frauen gegen ihre Natur leben,nur wenige Außerordentliche.Zudem müßte wohl davon ausgegangen werden, daß nach so langer Zeit von Fastenthaltsamkeit (Abtötung des Sexualtriebes oder Sublimierung genannt) die Ehefähigkeit dann auch beeinträchtigt wäre.Aber heiratet heuer eine Frau mit 18,dann heißt es auch in Kirchenkreisen: viel zu jung, viel zu früh-aber wenn damit erst 16 Jahre zu warten ist, was soll dann die Frau oder der Mann 16 bzw 19 Jahre lang mit seinem natürlichen Sexualtrieb machen? Und, wir Katholiken sind keine Dualisten, die an einen bösen Schöpfergott und an einen guten Erlösergott glaubten; die Natur mit ihrem Willen zur Arterhaltung ist so von Gott geschaffen, der eins ist mit dem Erlösergott.

Kann eine faktisch nicht lebbare Theorie legitimer Bestandteil katholischer Sexualmoral sein? Oder müßte dann von einem Ideal gesprochen werden, das gut katholisch hierachisch gestuft mehr oder weniger vollkommen nachzubilden ist? Zur Veranschaulichung: die Definition der Kugel oder des Kreises offenbart die Idee der Kugel und des Kreises als sog. ontologische Wahrheit aller kreis- und kugelähnlichen Figuren, die als reale Abbilder nie vollkommen des Idee entsprechen, sondern nur Annäherungen sind. Selbstredend ist zu unterscheiden von mit technischen Hilfsmitteln gezeichneter Kugeln und Kreisen in ihrer sehr großen Annäherung an die Idee die per freier Hand gezeichneten Kreise und Kugeln, die viel unähnlicher ausfallen- trotzdem tragen alle diese Abbilder die selbe ontologische Wahrheit in sich trotz ihrer verschiedenen Grade der Annäherung an die Idee. Das ist m.E, übertragbar auf die Morallehre mit der Zusatzthese, daß in Jesus Christus die Idee vollkommen realisiert erschienen ist.

Ich meine, daß gegen alles Gleichheitsgerede es gut katholisch ist, hierachisch zu denken. Die vollkommene Form der Nachfolge Christi ist die des Mönches, aber um des Überlebens der Menschen willen darf diese Form immer nur eine Ausnahmeform sein. Der Weltpriester ist gegenüber dem Mönchspriester schon eine weniger vollkommene Nachfolgeform. Der Laie weniger als jeder Geweihte und dann könnte man doch nach unten weiter abstufen: wer gemäß der katholischen Sexualmoral lebt ist näher der Nachfolge Christi als der, der „Abstriche“ macht- also die Frau, die ein Kind möchte aber in Ermangelung eines Ehemannes vorehelich Mutter wird.Denn auch so erfüllt sie die Grundbestimmung der Frau zur Mutterschaft, nur nicht in der vollkommenen Form der Ehe. Und Menschen, die sich nicht verheiraten, aber in einer Liebesgemeinschaft ihre Sexualität leben, verfehlen zwar die Idealform der Ehe als Ort zu lebender Sexualität, aber sind dem Ideal näher als Menschen, die etwa ins Freudenhaus gehen, um dort ihre Sexualität zu leben oder die ihre Sexualpartner wechseln wie ihre Unterhemden. Ist eine solche Stufenmoral dem Katholischen Denken nicht gemäßer als ein: (protestantisierendes): Entweder-Oder, entweder heilig oder Todsünder?

Ich meine zudem (grundsätzlicher), daß die Frage: wie bin/werde ich vor Gott gerecht, sodaß ich eingehen darf in das Reich Gottes?, Katholisch und somit antireformatorisch zu beantworten ist: nur als Glied der Kirche, nie abstrahiert von ihr. Damit meine ich, daß aus dem Gnadenschatz der Kirche das ergänzt werden wird im Endgericht, was mir an individueller Gerechtigkeit/Heiligkeit fehlt. Gerade weil es in der Kirche wirklich heilig Lebende gibt, die die vollkommene Nachfolge leben, können die Anderen auch hoffen,ins Reich Gottes einzugehen, weil ihnen diese in der Kirche gelebte Vollkommenheit auch zu gute kommt,zuallerst die Verdienste Christi, dann aber auch die der Gottesmutter Maria, dann aller Heiligen, dann die Meßfrüchte. Das meine ich auch in antipersonalistischer Intention; die Philosophie des Personalismus betont zu sehr das Individuum und begreift den Menschen so nicht, der immer wesensmäßig eingegliedert ist in ihn übersteigende Ordnungen des Lebens, in denen und durch die er lebt.

Zur Kriteriologie:

Das oberste Prinzip katholischer Sexualmoral muß das Gesetz Gottes sein, daß er will, daß der Mensch lebe und das heißt, daß er sich fortpflanze. Zeitbedingt war es, wenn etwa (meiner Erinnerung nach) der hl. Augustin lehrte, daß zu seiner Zeit die Erde schon genug Menschen habe, sodaß es nun nur noch auf die Christianisierung der Menschen ankäme und so die Askese die Form der Nachfolge sei- das kann sie aber nur als Ausnahme sein, denn hätten sich zu Zeiten Jesu alle Menschen sofort seiner Lebensweise angeschlossen, dann gäbe es schon längst keine Menschen auf Erden mehr! Die aktuelle Sexualmorallehre müßte sich also von zeitbedingten Aussagen distanzieren, wenn diese heuer angesichts des Problemes der Möglichkeit des Aussterbens in Folge von zu wenig Geburten sich als dysfunktional erwiesen: so, wenn um des Ideales der Ehe willen jede außereheliche Geburt als vollkommen unerlaubt angesehen würde, statt als eine erlaubte Möglichkeit, wenn das Ideal nicht zu realisieren ist. Denn das Ziel der Ordnung der Ehe ist ja wichtiger als die Ordnung. Die Bibel lehrt hierzu eindeutig: wenn eine Ehe unfruchtbar bleibt, ist die Ordnung der Ehe punktuell aufzulösen, damit eine Nachkommenschaft möglich wird. In dem Falle des Ausbleibens von eigenen Kindern nimmt sich der Ehemann eine zweite Frau, die dann stellvertretend für die Ehefrau Mutter wird und dies Kind gilt dann als legitimes der Ehe. Als Leihmutterschaft könnte das bezeichnet werden. So ist es eine gute Ordnung, daß auch Ärzte gemäß der Sonntagsordnung der Kirche arbeitsfrei haben, aber es muß jeden Sonntag Ärzte geben, die ihren Dienst leisten, um der Kranken willen, damit die anderen Ärzte gemäß der Sonntagsordnung leben können.

Supplement zum peronalistischen Denken in der Katholischen Morallehre

Grundelement jeder Moralphilosophie wie jeder Moraltheologie ist das Gesetz oder die Form des Imperatives. Ein Menschenbild gehört nicht zur Moraltheologie- denn was kann und soll ein solches Bild denn leisten? Ist es ein realistisches Bild, dann sagt es nur, was ist und somit nichts aus über das, was sein soll. Von dem, was ist, auf das zu schließen, was sein soll, ist der Fehler moraltheologischen Denkens schlechthin- der naturalistische Fehlschluß! Soll es aber aussagen, daß dies Menschenbild sagt, wie der Mensch sein soll, dann muß der imperativische Charakter der Bilder legitimiert werden und somit steht wieder am Anfang das Gesetz, ein Imperativ: So soll der Mensch sein. Christus als nova lex ist dann der Höhepunkt christlicher Ethik, nicht aber ihr Anfang.

Zudem wird bei einem „personalistischen“ Eheverständnis der private Charakter der Liebesbeziehung zuungunsten des institutionellen Charakters der Ehe überbetont und somit diese Ordnung als gottgewollte Schöpfungs- und Erhaltungsordnung verkannt. Ordnungen, die dem Leben dienen, dem Erhalt des Gattungswesen Mensch, die Ordnung des Staates und die der Ehe als Grundformen sind nicht um der Individuen dar sondern sie dienen dem Leben, das den Einzelnen dem Ganzen unterordnet. Wo der Einzelne zum Zentrum von Lebens- und Erhaltungsordnungen „aufsteigt“, degenerieren zugleich diese Ordnungen: wenn die Ehe mich nicht mehr glücklich macht, verlasse ich sie -so an- und vorgedacht schon bei Goethe, Wahlverwandschaften, Flaubert, Madame Bovery, Fontane, Effie Briest und heuer die praktische Regel! Der Personalismus, im Protestantismus beheimatet als Überreaktion auf Hegel, dem man (unrechtens) vorwarf, bei ihm ginge das Individuelle im Allgemeinen unter, zersetzt alle Ordnungen ob der Verabsolutierung des Individuums! Mein Privatglaube- nicht der der Kirche usw.

Ist das personalistische Denken nicht ein trojanisches Pferd, das die Kirche besser vor ihren Türen hätte stehen lassen sollen, statt es zu integrieren?

Zur Alternative: eine Ordnungstheologie

Vorauszusetzen ist metaphysisch, daß alles Geschaffene durch Gott als creatio ex nihilo geschaffen ist und somit immer von der Möglichkeit des Nicht(mehr)seins umgeben ist. So konnte Gott dann auch nach dem Sündenfall die gesamte Schöpfung der Nichtigkeit unterwerfen, ohne damit ihr Sein als Geschöpftsein zu verändern. Die von Gott gesetzten Ordnungen des Lebens (wie auch die Naturgesetze/Naturordnungen sind so erstmal Mittel, damit, das was ist, nicht der Nichtung anheimfällt. Die Ordnung von Ehe und Staat ist somit nicht eine, die erst postlapsarisch um der Begrenzung der Folgen des Sündenfalles gesetzt worden, sondern sie sind prälapsarisch. Die Ordnung der Ehe ist nun eindeutig dem Ziel der Arterhaltung subordiniert. Das in der nachkonziliaren Theologie als zweites Ziel Angegebene, etwa dies eigentümliche Gerede von vollkommener Hingabe an den anderen, erachte ich als unglückliche Akkomodation an den Zeitgeist und als zutiefst problematisch, da dabei das Spezifische der Ehe außer Sicht gerät; Klartext: auch eine Homosex(pseudo)ehe kann sich rühmen, daß sie partnerschaftlich ist und daß in ihr völlige Hingabe gelebt wird! Das Partnerschaftsgerede könnte unabsichtlich so zum Einfallstor der Homosexeheideologie werden, wie es im Protestantismus üblich geworden ist.

(Persönliche Anmerkung: im 2. kirchlichen Examen der Reformierten Kirche durfte ich eine Klausur über die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare schreiben, erhielt für meine These, daß das theologisch nicht vertretbar sei eine schlechte Note, sonst nur gute Noten und den Verweis, daß ich doch gefälligst das zu überdenken habe, den Homos könnten doch sehr wohl eine partnerschaftliche Ehe führen in Treue und Hingabe zu einander!)Dieser Subordination entspricht die Subordination der Ordnung des Staates unter das Ziel des Erhaltes des Volkslebens. Diese Ordnungen sind der Vernunft zugänglich ob ihres Zieles, dem sie untergeordnet sind in ihrer Sinnhaftigkeit für dieses Ziel.

Es gibt nun eine Spannung zwischen der von Gott gesetzten Ordnung mit dem Ziel des Erhaltes des Lebens und der Heilsordnung mit dem Ziele der ewigen Gemeinschaft mit Gott. So ist die vollkommene Nachfolgepraxis Christi, die der Armut und des Zölibates für das Ziel des Erhaltes des Lebens geradezu tödlich. Lebten alle so, würde das menschliche Leben in kürzester Zeit verlöschen. Diese vollkommene Nachfolge kann also nur gelebt werden, weil andere Christen unvollkommener Christi nachfolgen. Das wertet diese defizitäre Nachfolge auf, darf aber nicht dazu führen, die vollkommene abzuwerten. Es ist bezeichnend, daß etwa der Reformator Zwingli das Mönchtum auch deshalb abschaffen wollte, weil es keinen Nutzen für das bürgerliche Leben erbrächte: weder Familie mit Nachwuchs, noch „nützliche“ Arbeit im ökonomischen Sinne!

Eine Moraltheorie muß, wenn sie nicht bloße Theorie sein will ohne eine Lebensrelevanz, auch lebbar sein. Das Ideal vollkommener Enthaltsamkeit darf nicht von allen gelebt werden, weil das den Tod der Menschheit zur Folge hätte. Daß alle Menschen bis zu ihrer Verheiratung faktisch enthaltsam leben, ist theoretisch dagegen vorstellbar-aber jede Menschenkenntnis sagt uns, daß diese Enthaltsamkeit nicht lebbar ist, wenn die Menschen durchschnittlich mit 30 bzw 33 Jahren erst heiraten. Denn jedes enthaltsame Leben ist selbstverständlich ein Leben gegen die menschliche Natur. Der Mensch bringt so ein Opfer da, wenn er wider seine Natur lebt. Aber eine solche Lebensweise von allen Menschen zu fordern, ist eine praktische Unmöglichkeit.
Eine Ordnungstheologie reflektiert dabei immer auch, daß die Ordnungen um eines Zieles sind und daß so das Ziel wertvoller ist als die Ordnung, die ja um des Zieles willen ist. Zur Veranschaulichung: die Straßenverkehrsordnung ist gegeben zum Schutze aller Verkehrsteilnehmer. In diese Ordnung gehört das Verbot, bei Ampelrot die Straße zu überqueren. Stehe ich jetzt an der auf Rot geschalteten Ampel und sehe auf der gegenüberliegenden Straßenseite jemanden stürzen, sodaß er nicht wieder aufstehen kann, dann darf, ja bin ich eigentlich sogar verpflichtet, die Ampel bei Rot zu überqueren, um Hilfe zu leisten, sofern der aktuelle Straßenverkehr das zuläßt. Hier nun zu meinen, daß ich mit der Hilfe zu warten habe, bis die Ampel auf Grün umgeschaltet habe, käme einer unterlassenden Hilfestellung nahe.Es gibt Situationen, wo der Verkehrsteilnehmer sich gegen die Ordnung der Verkehrsordnung verhalten muß, um dieser Ordnung in ihrer Zielsetzung gerecht zu werden. Nur wenn die Ordnung als wichtiger als ihr Zweck angesehen wird, wird die Ordnung pervertiert, weil nun durch die Befolgung das Ziel der Ordnung verfehlt wird. Das muß auch für die Reflexion über die Sexualmoralordnung gelten. Die Ordnung der Ehe darf nicht zum Hindernis für das Ziel dieser Ordnung werden, dem Nachwuchs. Denn Gott hat die Ordnung der Ehe gesetzt , damit der Mensch sich so fortpflanze. Das personalistische Denken setzt dagegen zu sehr das Individuum in das Zentrum und betrachtet so die Ehe eher als die gute Ordnung für Mann und Frau unter Hinteranstellung des Zweckcharakters dieser Ordnung.

Zwei Fälle der heutigen Morallehre scheinen mir so besonders problematisch: erstens die Lehre, daß jede vorehelich gelebte Intimität eine Sünde sein soll. Gemäß dieser Lehre können Menschen leben, heirateten sie etwa durchschnittlich mit 18 Jahren. Maria, die Muttergottes war erst 16, als sie Mutter wurde. Solange aber das Durchschnittsheiratsalter 30 bzw 33 Jahre beträgt, ist diese Lehre nicht mehr lebbar. Hält die Morallehre aber an dem fest,evoziert sie den fatalen Eindruck, unlebbare Lehren aufzustellen, die so auch nicht fürs praktische Leben zu gebrauchen sind, weil sie nicht lebbar sind.

Zweitens darf die Ehemorallehre die Ordnung der Ehe nicht höher schätzen als den Zweck der Ehe. Das hätte zur Konsequenz: wenn die Ordnung der Ehe zum Hindernis für den Zweck der Ehe wird, ist um des Zweckes willen Abstriche an der Ordnung der Ehe zu machen. Sonst wird die Ordnung zum Selbstzweck und zum Hindernis für den Zweck. Das wäre so, als wenn jemand, der einen Schwerverletzten ins nächste Spital bringt mit seinem PKW, angehalten wäre, unbedingt die Geschwindigkeitsbeschränkungen einzuhalten, auch wenn das zur Folge hätte, daß der Schwerverletzte auf dem Transportweg stirbt. Der Mensch kann so auch an zu viel Moralordnung sterben-nicht nur an zu wenig! Das muß eine christliche Moralordnung ausschließen, indem sie das Leben höher stellt als den Wert der Moralordnungen.  

1 Kommentar:

  1. ZITAT: „konkret ist jede praktizierte Liebe (Sexualität), die über einen Kuß hinausgeht, vorehelich eine Sünde,“

    In dem Kontext sollte man besser nicht von „Liebe“ sprechen. Liebe ist niemals sündhaft. Unzucht ist sündhaft.
    Wenn „Liebe machen“ aber ein Synonym sowohl für den ehelichen Akt als auch für Unzucht ist, und man dann von „Liebe“ spricht, geht das ganze Gespräch den Bach runter.

    AntwortenLöschen