Sonntag, 5. Oktober 2014

Lebten wir doch einfacher!

Wie oft hörte ich es schon in Predigten und jetzt auch wieder zum Erntedankfest: würden wir Wohlstandsdeutschen einfacher und bescheidener leben-ach, so viele Menschen in der Welt bräuchten dann nicht mehr zu hungern; aber egoistisch wie wir sind, konsumieren und konsumieren wir, was der Geldbeutel hergibt und noch darüber hinaus, nur an die armen Hungerleider in der Welt, in den Armenvierteln der Welt dächten wir nicht. Da sehe ich vor meinem inneren Auge die vollen,übervollen Teller des Sonntagmittagstisches, stelle mir vor, ich schickte das Zuviel, man könnte ja auch ein wenig an seine Figur denken, irgendwohin in ein Armenviertel: der Hunger würde da schnell ein Ende haben, machten es alle Deutschen so!
Aber, jetzt denke ich nach über das so Dahingeschriebene. Dazu gab uns Gott ja den Verstand. Was passierte, wenn alle Deutschen beschlössen, nicht mehr in Restaurationen Essen zu gehen in der Meinung, das so eingesparte Essen kämen den Hungernden in der Welt zugute,zumal wenn ich dann Daheim auch noch bescheiden esse und mich mit einem Nudel-Ketchup -Gericht auch an Sonn- und Festtagen zufrieden gäbe?
Bescheidener und genügsamer lebte ich-und gerüchteweise auch zufriedener. (Das wird wenigstens so in solchen Pseudofastenpredigten erzählt.)
Was passierte?
Lieber Leser, wenn Sie darauf eine Antwort haben möchten: schlagen Sie im örtlichen Branchenbuch mal nach: wie viele Speiselokale es in ihrem Wohnort und in der näheren Umgebung gibt! All diese Lokale müßten schließen und alle dort Angestellten würden auf einen Schlag arbeitslos! Das wäre der einzige sichere Effekt! Jetzt orderten diese Restaurationen auch noch Lebensmittel und auch anderes. Wie viele der "Zulieferer" würden mangels Nachfrage selbst wieder insolvent gehen und wie viele Erzeuger von Nahrungsmitteln könnten ihre Produkte nicht mehr oder nur noch weniger verkaufen.
Weniger Konsum führt einfach nur zu weniger "Produktion" und das hieße: Betriebsschließungen und mehr Arbeitslose.
Wenn wir Deutschen jetzt in allen Bereichen weniger konsumieren würden (nicht nur beim Essen sparen),
die nächsteWirtschaftskrise käme sicherer als das "Amen" in der Kirche.Ein bescheidener Lebensstil von allen Bürgern-innerhalb von wenigen Jahren hätten wir wohl 6-7 oder noch mehr Millionen Arbeitslose!

Würde das irgendeinem Armen in der 3.Welt helfen? Mitnichten: in Deutschland würde einfach weniger produziert ob der geringeren Nachfrage-viele würden so arbeitslos und bei anhaltendem "einfachen Lebensstil" verarmen. Je mehr verarmen, desto weniger konsumieren sie dann, sodaß so nochmals der Konsum sich verringerte, was wiederum zu weniger Produktion führt, was dann sich in noch mehr Arbeitslosem und insolventen Firmen auswirken würde. Der Staat nähme immer weniger Steuern ein, müßte aber gleichzeizig immer mehr ausgeben an Sozialleistungen,sodaß die Steuern erhöht werden müssen, was die Kaufkraft der Bürger wiederum senkt und das verschärft dann die Wirtschaftskrise wieder: jetzt können wir mit 9 Millionen Arbeitslosen und vielen Insolvenzen rechnen!
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis unser Sozialgemeinwesen und auch der Staat völlig ruiniert wären. Und den Armen der Welt nützte die so erwirkte Armut in unserem Lande nichts: sie blieben weiterhin arm wie auch jetzt!

Was ist der Denkfehler: Ich stelle mir die Welt zu einfach vor: es gäbe eine begrenzte Menge von Lebensmitteln: die einen äßen sich kugelrund und die anderen verhungerten, weil die anderen so übermäßig konsumierten. Und weil es nun mal nur begrenzt viele Nahrungsmittel und Konsumgüter gibt,reicht es für alle nur, wenn die Vielkonsumenten weniger essen und dann den Armem das Eingesparte abgeben. Das ist die Vorstellung, daß eine Krise immer eine Mangelkrise ist. Es gibt zu wenig, daß alle sich kugelrund essen können und so muß gespart werden, damit es für alle reicht. So sahen aich alle Krisen der Vormoderne aus:
zuwenig und es mußte gespart werden. Das klassische Lernfeld dafür war der Winter: Ende des Sommers mußten Vorräte angelegt werden, damit es im Winter auch noch was zu essen gibt. Nur der Sparsame konnte so auch im Winter noch gut leben, der im Sommer alles Verbrauchende, dem würde der Winter eine harte Zeit werden.
Aber wie ist das nun in der Moderne: Wir haben nur noch Überflußkrisen. Es wird von der Wirtschaft und auch der Landwirtschaft so viel produziert, daß die Produkte auf dem freien Markt nicht mehr absetzbar sind.Das führt dann zur Absatzkrise, zur Wirtschaftskrise.
In der Welt werden so viel Lebensmittel produziert-dank der Industrialisierung der Wirtschaft,daß es für sale reicht. Nur, wenn ich ohne Geld in den Verbrauchermarkt gehe, kann ich von all den Lebensmitteln nichts kaufen-nur wer Geld hat, kann kaufen. Der Hungernde in der Welt  gleicht einem Armen im Supermarkt, der vor überfüllten Regalen verhungert mangels Geld in der Börse.
Was, wenn man nun den Ärmsten das Essen schenkt? Bitter, aber wahr: statt, daß in dem Lande, wo die Armut herrscht, Lebensmittel erzeugt werden, die die Bevölkerung konsumieren kann, verhindern die Umsonstlebensmittel diese Produktion! Wer kauft schon Lebensmittel, wenn er sie geschenkt bekommen kann! Der einzige Weg zur Beseitigung des Hungers in armen Ländern ist, daß auch dort, wie bei uns, die Landwirtschaft radikal industrialisiert wird und so massenhaft Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen produziert!
Aber genau das verhindern gut gemeinte Lebensmittelspenden und die Förderung von Kleinwirtschaft in der 3.Welt.
Daß wir in Deutschland nach dem Erfolg der radikalen Industrialisierung der Wirtschaft (Es gibt bei uns keine Versorgungsengpässe mehr-nicht mal im Winter) wieder zu natürlicher "Bioproduktion" -teilweise-übergehen,hat ja seinen einzigen Grund im Erfolg der Industrialisierung der Landwirtschaft! Die faktische Überflußproduktion (zu viel Milch, zu viel Eier, zu viel Fleisch-von allem mehr als auf dem Markt verkaufbar ist) führt zu der Alternative einer künstlich herbeigeführten Reduzierung der Produktionsmengen. Einfach gesagt:statt Legehennenbatterien Bio-Eier von frei herumlaufenden Hühnern, sodaß weniger Eier produziert, diese dann aber viel teurer -ob der künstlich erhöhten Produktionskosten pro Ei-verkauft werden, sodaß der Gewinn wieder stimmt, ob der besseren Gewinnmargen pro Bio-Ei. Aber solche luxeriösen Produktionsweisen kann die Landwirtschaft sich erst erlauben, wenn der Bedarf an lebensnotwendigen Lebensmitteln nicht nur gedeckt ist, sondern wenn zu viel produziert wird und das Zuviel durch solche Bioproduktionseweisen wieder runtergefahren wird.Es wird weniger produziert, aber teurer verkauft als Bioprodukt.
Wir leben in einem Wirtschaftssystem, indem die Parole, lebten wir alle doch nur bescheidener,uns Deutsche und Europäer ruinieren würde und den Armen nichts nützte: ja, sie würden ob der Weltwirtschsftskrise, wenn alle bescheidener lebten, nur noch ärmer!.
Aber trotz der Banalität dieser Einsicht werden wir Predigthörer wohl immer wieder mit dieser Parole in Predigten maltraitiert werden. Hoffentlich hört Niemand auf sie! Es wäre unser aller Ruin!

Damit könnte ich schließen, überkäme mir beim Hören solcher Pseudofastenpredigten nicht  immer eine sehr unangenehme Vorstellung: Frau von und zu ...ausgestattet mit echtem Pelzmantel und ein paar Bankkonten in der Schweiz, den Tennisschläger in der Hand, bereit zum Aufschlag:dann der Supergau in Gestalt ihrer Putze (hochtrabend, Raumkosmetikerin betitelt), im echten Pelzmantel -sie packt ihren Tennisschläger aus!    Und Frau Doktor von und zu...ihren ein und sie ward nie wieder gesehen auf dem Tennisplatz; die Clubmitgliedschaft kündigte sie noch am selben Tage! Warum: Wenn schon meine Putze hier Tennis spielt, dann ist es unter meiner Standeswürde, hier weiter zu sein!
Einst war der Konsum ein Privelegium der Gutverdiener, des Geld- und des Blutadels. Der Massenmensch kaufte nur das Lebensnotwendige ein.Die Zeiten änderten sich: jetzt konsumieren  alle -selbst Harz IV Empfänger können noch im Billigsupermarkt konsumieren-und seit dem gibt es die Kritik am Massenkonsum-wie unschicklich daß das. was einst ein Privileg war, nun sogar Putzfrauen können. Ist "Konsumieren" nicht etwas Schreckliches, wenn es die Massenmenschen tuen und es nicht mehr ist, wie es sein sollte, ein Privileg des Geldadels ist!  Soll da nicht dem Volke wieder Sparsamkeit und bescheidener Lebensstil gepredigt werden, damit uns das Tennisspielen wieder eine wahre Freude bereitet? Nebenbei: es soll auch Gutverdiener geben, die angesichts einer Putze mit echtem Pelzmantel ganz plötzlich entdecken, daß das Tragen von echtem Pelz sehr unmoralisch ist-wegen der toten Tiere?-nein, wegen des Verschwindens der Standesunterschiede, aber man sagt, wegen der Tiere!            

     

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