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Montag, 21. Oktober 2024

„Religionsunterricht zunehmend von Relativismus geprägt.“

 

Religionsunterricht zunehmend von Relativismus geprägt.“



So urteilt der ungarische Kardinal Erdö (Kath net am 21.102024). „Einen tiefgreifenden Wandel in der Ausrichtung des konfessionellen Religionsunterrichts in westeuropäischen Ländern hat der ungarische Kardinal Peter Erdö beklagt. Statt um Glaubensunterweisung gehe es in dem Fach in staatlichen Schulen heute um einen "Unterricht über Religionen". „Religionsunterricht werde dann zu einem "kulturellen Angebot", bei dem es um Gleichheit und Würde aller Menschen gehe, wobei von einer "Relativität aller religiösen Überzeugungen" ausgegangen werde.“

Es ist zu befürchten, daß diese Zustandsbeschreibung des Religionsunterrichtes in den staatlichen Schulen zutrifft,wobei argwöhnt werden darf, daß diese Lagebeschreibung auch auf die meisten Bildungsveranstaltungen in kirchlicher Trägerschaft zutrifft. Die Gleichheit und Würde aller Menschen, das ist dabei zumindest nach der vorherrschenden Strömung des Linksliberalismus auch die Kernbotschaft der christlichen Religion.

Es ist signifikant, daß Armin Risi in seinem sehr spektakulärem Buch: „Machtwechsel auf der Erde“ 2006, als etwas Unzumutbares diese Lehre der Katholischen Kirche zitiert: „So verwerfen und verabscheuen Wir die gottlose Lehre von der Gleichwertigkeit aller Religionen,die auch der menschlichen Vernunft widerstreitet.“ (S.176) So aufgeschlossen dieser Autor auch der Religion gegenübersteht und damit nimmt er unter den Intellektuellen der Gegenwart schon eher eine Ausnahmeposition ein, so unzumutbar ist ihm die Lehre der Kirche, daß es nur eine wahre Religion gäbe. Das 2. Vaticanum wird dann aber gerne im Linksliberalismus so interpretiert, als hätte dies Konzil das auch so gelehrt.

Dann kann man zu dem Schluß kommen, daß eigentlich in der Substanz alle Religionen, zumindest die monotheistischen in dem Glauben an die Menschenwürde übereinstimmten und es deshalb auch gleichgültig sei, welcher man anhänge und auch könne man ein Atheist sein, glaubt man nur an die Menschenrechtsideologie.

Das darf nun nicht mit einem völligen Relativismus verwechselt werden. An die Menschenwürde und an die Gleichheit aller Menschen hat man zu glauben.Das mag auf den ersten Blick trivial klingen, aber ist es nicht. Denn hinter dieser Begrifflichkeit verbirgt sich das ganze Programm der politischen Korrektheit und der LGBTQ. Wer die Segnung homosexueller Paare, das Frauenpriestertum ablehnt, nicht dafür ist, jedem, der in Deutschland leben will, ein unlimitiertes Aufenthaltsrecht mit einem Vollversorgungsanspruch zubilligt, der verstößt ja gegen die Menschenwürde.Dieser Dogmatismus wird nun umkränzt von der völligen Relativierung aller religiösen Praktiken und aller sonstigen Glaubenslehren. Hier könne und dürfe sich jeder Schüler das ihm Zusagendste für sich erküren, solange er das Erwählte dann auch als seine nur persönliche Wahrheit relativiert.

Es spricht aber Manches dafür, daß diese Diagnose für alle in den Schulen unterrichteten Geisteswissenschaften gilt, daß in ihren keine Wahrheitserkenntnis möglich ist und somit auch nicht mehr vorkommt.So lernt man zwar noch im Deutschunterricht, daß Goethe den „Faust“ verfaßt hat, aber daß das ästhetisch geurteilt beste Literatur ist, nicht mehr, denn die Beurteilung der Kunstwerke sei eben eine reine Privatangelegenheit des subjektivistischen Geschmackes. Ob die Reichsgründung 1871 ein Glück für uns war oder nicht, ob das Kaiserreich etwas Gutes war, alles Fragen, die nicht mehr in dem Geschichtsunterricht hineingehören. Es gelten halt nur die Vorgaben der offiziösen Geschichtsschreibung, daß wir 1945 befreit wurden, daß der westdeutsche Staat der beste ist, den wir jetzt haben, auch wenn er von „Rechten“ bedroht wird, aber sonst ist alles rein subjektivistisch deutbar und auch gleichgültig. Es bleibt nur ein Skelett von Tatsachen über, daß Gustav Mahler Symphonien komponiert habe, aber ob die musikalisch wertvoller sind als die Lieder der populären Musikband: „Abba“ kann nicht mehr im Musikunterricht beantwortet werden. Die ganze Frage nach der Wahrheit ist zu einer der Beliebigkeit geworden, mit der Ausnahme des durch die Politische Korrektheit dogmatisierten „Wahrheiten“, daß man etwa keinen „Negerkuß“ essen darf und auch kein „Zigeunerschnitzel“ und und....Es gibt es überhaupt noch ein Gebiet ohne eine Aussagenzensur? 

Merke:

Der offensichtliche Relativismus verbirgt so einen harten dogmatischen Kern, die Mennschenrechtsideologie. Die Aussage:"Alle Religionen sind gleich wahr" ist eben eine dogmatische und keine relativistische. Da aber jede Religion sich von jeder anderen unterscheidet, sonst wäre sie keine bestimmte, und wenn doch alle als gleich wahr gelten sollen, muß die Bedeutung aller Differenzen entwertet werden und das ist dann der Relativismus. 

Dienstag, 16. Juli 2024

Eine Polemik wider den Glauben an Engeln - oder über ein gestörtes Verhältnis zur Volksfrömmigkeit

 

Eine Polemik wider den Glauben an Engeln - oder über ein gestörtes Verhältnis zur Volksfrömmigkeit

Auf der Internetseite: „Communio“ erschien am 17.5.2024 der wirklich nicht lesenswerte Artikel: „Unser Bild von den Engeln:Himmlische Helfer oder furchteinflößende Boten?“ Da heißt es dann: „Der Engelglaube wird heute als gefälliger und tröstlicher empfunden als der Gottesglaube. Das ist das Ergebnis einer merkwürdigen Entwicklung.“, um dann gegen die als kitschig diffamierten Engelbilder zu polemisieren, ja überhaupt den Glauben an Engel als eine problematische Alternative zum Glauben an Gott zu situieren.

Statt von einer merkwürdigen Entwickelung zu schreiben, wäre es angebrachter, diese Entwickelung zu rekonstruieren zu versuchen. Deshalb biete ich hier einen Versuch: Bis zur Exilierung Israels in die babylonische Gefangenschaft glaubte man in Israel an die Existenz vieler Götter, aber daß nur einer, Jahwe für ihr Volk zuständig sei, es nur ihn zu verehren hätte.Das meint der Begriff der Monolatrie.In der exilisch-nachexillischen Zeit entwickelte sich erst der monotheistische Glaube. Das mußte auch dazu führen, daß der Name des Gottes Israels an Bedeutung verlor, denn nur unter der Voraussetzung, daß es viele Götter gibt, hat es einen Sinn, einen Gott mit seinem Namen anzurufen, damit klar ist, welcher von den vielen denn gemeint sei. Gott, monotheistisch durchdacht, wird dabei jenseitiger, transzendent gedacht, als über und außer der Welt seiend. Daraus generiert sich die Tendenz, daß der monotheistisch gedachte Gott nicht mehr unmittelbar in die Welt eingreifend gedacht wird, sondern vermittelt durch seine Engel. In den Engeln wirkt so der uns Menschen zugewandte Gott, der aber selbst der weltjenseitige bleibt.

In der Vorstellung der Engel steckt aber noch ein weiter greifendes Potential, daß nun die früher als Götter geglaubten Götter zu Engeln depotenziert und so doch in eine monotheistische Religion integrierbare gewandelt werden.Da es nun nach dem Mythos vom Engelfall gute und böse Engel, Daimonen gibt, bekommen so die Engel eine große Bedeutung für das religiöse Leben.Zwar wird Gott auch weiterhin als unmittelbar selbst wirkend geglaubt, aber seine Primärhände,durch die er in der Welt wirkt, sind seine Engel und nicht, wie man es leider zu oft in Predigten zu hören bekommt,unsere menschlichen Hände,durch die allein Gott noch in der Welt wirken könne.

Ich verweise hier auf das gediegenste Werk der christlichen Angellogie: „Über die himmlische Hierarchie“ von Dyonisus Aeropagita und muß mich hier auf Weniges limitieren: Es gilt zu unterscheiden zwischen den Engeln des himmlischen Gottesdienstes, von dem unser irdischer ein Abbild, nur ein Abbild aber deshalb auch ein wahrer Gottesdienst ist und den Engeln, die im Auftrage Gottes in der Welt wirken.Als in der Welt wirkenden repräsentieren sie Gottes Macht gegen die Kräfte des Bösen und Gottes liebende Zuwendung zu den Menschen als ihre Schutzengel. Jesus Christus selbst spricht von den besonderen Schutzengeln der Kinder. Mt 18,10 heißt es:

Hütet euch davor,einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters.“ Mit den „Kleinen“ sind hier die Kinder gemeint.Die Kunst stand somit vor der Aufgabe, diese Schutzengel der Kinder zu malen, um gerade so das Vertrauen der Eltern auf die Fürsorge des Schutzengels für ihre Kinder zu stärken. Daraus entspringen dann die lieblichen,manchem kitschig vorkommenden Engelbilder. Aber sie müssen eben auch den Kindern und den Eltern in ihrer Sorge um ihre Kinder gerecht werdenden Weise dargestellt werden. Ganz anders fallen natürlich die Bilder der wider die bösen Mächte streitenden Engel aus und davon sind dann noch die daimonischen Engel zu distinguieren.

Die Engel symbolisieren also in einer monotheistisch durchreflektierten Religion die Zuwendung Gottes zu uns Menschen und sein Kämpfen wider die bösen Mächte.Aber die Engel dürfen nun aber nicht nur symbolisch verstanden werden, denn sie sind als real existierend und lebend zu glauben.Im Sinne der Tranzendentalienlehre, der metaphysischen Gotteslehre gilt: Alles Seiende ist nur ob seiner Teilhabe am Sein, an Gott.Es gibt weniger und mehr vollkommendes Seiendes.Je ähnlicher Gott etwas ist, desto vollkommener ist es, je weniger ähnlich Gott etwas ist, desto unvollkommener ist etwas. Nun ist Gott reiner Geist und der Mensch ein Kompositum von Geist und Materie. So ist er vollkommener als alle anderen Geschöpfe Gottes, die unbeseelt sind. Gäbe es keine Engel, dann hätte Gott darauf verzichtet,ihm die am ähnlichst möglichen Wesen zu erschaffen, die Engel, die als körperlose reine Geistwesen ihm ähnlicher wären als wir Menschen. Das wäre so,als wenn es die Schulnote 1 und dann die von 3 bis 6 gäbe, aber nicht die Schulnote 2. Wie das ein Mangel in der Schulnotenordnung wäre, so wäre die Nichtexistenz der Engel ein Defizit in der Schöpfungsordnung Gottes.

Liebhaber der zeitgenössischen Kunst mögen die heutigen Engelbilder als kitschig und unästhetisch verurteilen, aber sie sollten dann auch konzedieren,daß die zeitgenössische Hochkultur von den meisten Menschen als unverständlich und als häßlich abgelehnt wird. Mit solch modernistischer Kunst treibt man in der Regel die Menschen nur aus der Kirche heraus, zumal in ihnen von Schönheit in der Regel kaum zu sprechen ist. Der Volksglaube an die Engel sollte so nicht verurteilt werden, sondern als ein legitimer Bestandteil des katholischen Glaubens gewürdigt werden!

Zum Ästhetischen: Wie für die Darstellung der Mutter Gottes die Maxime gilt, daß sie als die schönste aller Frauen darzustellen ist, so gilt eben für die Engel, daß sie einerseits die Macht Gottes, aber auch die uns zugewandte Liebe Gottes und die Schönheit der Himmelsliturgie darzustellen haben und isb sie auch als die lieblichen Schutzengel unserer Kinder. .Daß zur heutigen Ästhetik die Mißachtung alles Volkstümlichen und des von viele Menschen Wertgeschätzten gehört, zeigt eben aber nur den Elitärismus des Kunstdiskurses an,er ist deshalb aber gerade auch antikatholisch.


Es drängt sich aber generell der Verdacht auf, daß in der Kritik an dem Engelsglauben sich nicht primär ästhetische Vorbehalte äußern sondern daß sich da die Meinung manifestiert, daß Gott überhaupt nicht mehr, weder selbst noch durch seine Engel in die Welt hineinwirke und so man nichts von den Engeln Gottes wissen will.

Zusatz:

"Als der Höchste den Göttern die Völker übergab,als er die Menschheit aufteilte,legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest." (5.Mose 32,8). Eine theologische Deutung wird die Götter hier als die Völkerengel lesen. Diese Aussage könnte fruchtbar gemacht werden für das Verstehen der heidnischen Volksreligionen!











Sonntag, 23. Juni 2024

„Wie sich das Gottesbild der Menschen verändert“ - marktkonforme Gottesbilder?

 

Wie sich das Gottesbild der Menschen verändert“

Was und wie Gott ist, welcher Bilder von ihm en vogue sind, dazu führt man eine Befragung durch. Die Ergebnisse und deren Deutung präsentiert uns der Kath de Beitrag vom 22.6.2024 unter dem obigen Titel.

Ein Drittel der Teilnehmenden einer Online-Umfrage 2022 glaubt weder an einen Gott als Person, noch an ein höheres Wesen oder eine geistige Macht. Ein knappes Drittel stellte sich ein abstraktes höheres Wesen vor, ein Fünftel wusste es nicht genau und als kleinste Gruppe glaubten 19 Prozent, dass es "einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat".

Der Schöpfer, der Erlöser, der strafende Richter – konkrete Gottesdimensionen wie diese spielen heute, wenn überhaupt, die zweite Geige.“ Es ist zu vermuten, daß die Gott sich so Vorstellenden eine Teilmenge der 19 Prozent sind, die glauben, daß es einen in Jesus Christus erkennbaren Gott gäbe.

Aufschlußreich ist dann noch diese Ausdifferenzierung: Die Etablierten: Sie stellen sich einen liebenden Gott vor, der ihnen zuhört, aber nicht aktiv in die Welt eingreift. Die Evangelikalen: Für sie ist Gott der engste Freund und Herr der Welt. Er vollbringt auch Wunder. Die Esoterischen und Alternativ-Spirituellen: Gott ist hier nicht persönlich, sondern nah bei der Natur und steckt auch in jedem selbst, sodass man sich vergöttlichen kann. Die Distanzierten: Bei ihnen herrscht ein verschwommenes Gottesbild vor, geprägt von viel Unsicherheit, aber auch Desinteresse.“

Verschiedene Gottesbilder existieren also. So wird das nun kommentiert: „Das Gottesbild der Menschen heute ist diffus geworden. Das liegt auch an der gesellschaftlichen Stellung der Religion. Eine Möglichkeit zur Entfaltung eines vielschichtigen Gottesbildes könnte da gerade eine komplexe christliche Eigenart sein.“ Unter der „gesellschaftlichen Stellung der Religion“ ist wohl negativ gemeint, daß die Kirche nicht mehr über die Macht verfüge, den Menschen eine verbindliche Gottesvorstellung zu indoktrinieren und positiv, daß die Kirche ihr Gottesbild auf dem freien Markt in der Konkurrenz zu anderen Gottesbildanbietern zu präsentieren habe. Daraus ergibt sich die einsichtige Marketingstrategie, mit eine Pluralität von Gottesbildern auf dem Markt der Religionen aufzutreten, um der differenzierten Nachfrage gerecht zu werden. „Vielschichtige Gottesbilder“soll dann wohl noch suggerieren, daß diese Pluralität der Gottesbilder irgendwie auf den einen wahren Gott verweise, der uns nun aber in der Diversität der Gottesbilder begegne.

Was hat es denn nun mit dem Begriff des Gottesbildes auf sich. Die Assoziation an einer Bilder- oder Gemäldeausstellung in einem Kunstmuseum drängt sich von selbst auf: Kunstliebhaber durchwandern diese Ausstellung und widmen dann ihre besondere Aufmerksamkeit den ihnen zusagenden Gemälden. Gleichberechtigt nebeneinander hängend suchen sie nach der Aufmerksamkeit der Museumsbesucher: „Gefalle ich Ihnen?“ Je mehr und je verschiedener die ausgestellten Bilder sind, desto sicherer findet jeder ein ihm Ansprechendes. Die Bilder sind natürlich von Menschen produzierte und sagen so viel auch über den Erschaffer der Bilder aus; die Disziplin der Kunstkritik lebt geradezu von einer solchen Biographisierung der Bilder.

In einem theologischen Diskurs existiert nun aber ein ganz anderes Verständnis von dem Begriff des Gottesbildes. Das Gottesbild ist da das Bild, das Gott von sich selbst hat, daß er sich selbst verobjektiviert in seiner Selbsterkenntnis. An dieser Selbsterkenntnis kann Gott nun andere, die Engel und uns Menschen teilhaben lassen, in dem er sein Gottesbild uns durch eine Offenbarung vermittelt. Gott ist also von anderen als sich selbst erkennbar, weil er sich selbst kennend ist. Das ist die Konkretheit der Gotteserkenntnis, die Gott selbst vermittelt.

Aber die Anthropozentrierung der Theologie verwandelte dieses Gottesbild in ein von Menschen gemaltes, ja in eine Vielzahl von so produzierten Gottesbildern, die eben biographisch entschlüsselt werden können aus der Kenntnis des Lebens des jeweiligen Künstlers. Etablierte produzieren, bzw bevorzugen andere Gottesbilder als Nichtetablierte wie die Evangelikalen und Esoteriker wollen dann noch ganz andere Gottesbilder.Die so festgestelle Nachfrage verlangt eben nach den besonderen Kundenwünschen spezifizierte Gottesbilder. Da nun die Nachfrage sich ändert,müssen auch die angebotenen Gottesbilder sich ändern. (So muß eben auch Gott gegendert werden, wie es progressive Christen ja schon praktizieren.) Nur das Gottesbild, das Gott ihm eigene, das paßt nicht in eine solche Museumsbilderausstellung.

Erleichtert kann so der liberale Christ konstatieren:„Der Schöpfer, der Erlöser, der strafende Richter – konkrete Gottesdimensionen wie diese spielen heute, wenn überhaupt, die zweite Geige.“ In evangelikalen und katholisch traditionalistischen Kreisen mag man dies Gottesbild noch wertschätzen, aber die KHG- Tübingen ist da einfach im Punkte der Kundenorientierung Lichtjahre voraus, wenn sie so von Gott spricht: "Wir möchten Offenheit, Vielfalt und Miteinander leben - aus dem christlichen Verständnis heraus, dass Gott* in jedem Menschen zu finden ist, unabhängig von kultureller, religiöser oder sexueller Identität.“

Die von Menschenhänden gemalten Gottesbilder, wie einst das Goldgotteskalb am Sinai siegt eben im Konkurrenzkampf mit dem wahren Gottesbild. Skandalös ist es dann geradezu,daß Jesus Christus der Nonne Faustyna erschien mit dem Auftrage: Laß mich so malen, wie ich Dir jetzt erscheine, damit die Menschen in und durch dies wahre Bild von mir mich verehren!“ Nein, dies wahre Bild wurde seit dem m.W. In keiner Kirche hineingestellt, denn man liebt die menschlichen Jesusbilder mehr als das eine wahre. 

Corolllarium

Eine lohnende Aufgabe wäre es, über das Verhältnis von Macht und Wahrheit nachzudenken unter der Fragestellung: Wie viel Macht bedarf es, um die Wahrheit schreiben zu können?  























Freitag, 17. November 2023

Geht die Kultur zugrunde? Oder ist das übertriebener Pessimismus?

Geht die Kultur zugrunde? Oder ist das übertriebener Pessimismus?


Das kulturelle Niveau eines intelligenten Volkes fällt in dem Maße,in dem sein Lebensstandard steigt“, urteilt Nicolas Gomez Davila. („Es genügt,dass die Schönheit unseren Überdruss streift...“ Aphorismen,2007,S.63.

Auf den ersten Blick überzeugt dieser Aphorismus, paßt er doch auch so recht in das Gesamtwerk dieses großen Kulturkritikers, aber dem Mitdenkenden bereitet diese These doch gewichtige Probleme. Der „steigende Lebensstandard“ sei also die Quelle dieses kulturellen Niederganges. Erstmal hat doch ein gestiegener Lebensstandard nur die Folge, daß nun Menschen als Konsumenten von Kulturprodukten auftreten, die sich bisher das ökonomisch nicht leisten konnten. Für eine marktwirtschaftlich organisierte Kultur heißt das also, daß nun hinsichtlich diese neuen Zielgruppe Kultur produziert wird. Die Unterhaltungsindustrie entsteht so,der große Ästhetiker Adorno spricht in abfälligem Ton von der „Kulturindustrie“, wobei dieser Begriff schon für sich die Abnormität dieser Kultur zum Ausdruck bringt, gelten doch Kunstwerke als etwas individuell Hervorgebrachtes, wohingegen der Begriff der Industrie mit Fabrikproduktionen assoziiert wird.

Also, als noch für den Adel, die Kirche und das Bildungsbürgertum die Kunstwerke erschaffen wurden, da zeichneten sie sich durch ihr Niveau aus, seitdem aber für den gemeinen Mann Kunst produziert wird, wird sie populär-vulgär. Vornehme, gleich niveauvolle Kunst ist also die von Vornehmen genossene Kunst, vulgär wird sie, wenn sie vom Volke konsumiert und somit für dessen Bedürfnisse konzipiert werden. Träfe das so zu, wäre das Niveau eines Kunstwerkes nicht eine ihm innewohnende Qualität, sondern die Vornehmheit ihrer Genießer qualifiziere bestimmte Werke erst. Bejubelt das Bildungsbürgertum, oder das, was sich dafür hält, Werke von Beuys, dann werden seine Werke dadurch zu niveauvoller Kunst, wohingegen die zigtausendfach reproduzierte „Sixtinische Madonna“ von Rafael zum Kitsch degradiert würde, weil es zu einem Bild für jedermann so wurde.

Was macht denn dann die Qualität eines Kunstwerkes, sein Niveau aus, wenn seine Qualität nicht einfach durch die Qualität ihrer Käufer bestimmbar ist, wenn die Qualität etwas dem Kunstwerk Inhärierendes zu sein hat? Bourdieus „Die feinen Unterschiede“ erweckt ja den Verdacht, daß letztendlich nur das Milieu, das bestimmte Kunstwerke konsumiert, deren Qualität festsetzt: Was den oberen 10.000 gefalle, sei Hochkultur, was dem gemeinen Manne gefalle, sei dann eben vulgäre Kunst.

Nun muß aber eingewandt werden, daß die Kultur viel Umfassenderes bezeichnet als nur die Kunstwerke einer Epoche. Aber die Kunst gehört unbestreitbar zur Kultur und was für diese Teilmenge der Kultur gilt, könnte auch für die ganze Kultur gelten.Die Tendenz zum Kulturrelativismus führt ja dazu, nur noch Kulturen als sich unterscheidend zueinander verhaltend zu verstehen, ohne noch ein qualitatives Urteil darüber abgeben zu können. Die Diktatur des Relativismus, von der Papst Benedikt XVI sprach, ist eben eine allumfassende. Der verdankt sich dann erst die Vorstellung, den Wert von Kunstwerken durch ihre Konsumentenmilieus zu definieren. Denn für die simple Frage, was denn die Qualität eines Kunstwerkes ausmache, findet sich keine andere Antwort, als daß es Konsense im ästhetischen Diskurs darüber gibt, was als zur Hochkultur zu zählen hat, ohne daß es für diese Zuordnung eine hinreichende Begründung gäbe. Es handelt sich scheinbar nur um getroffene Festsetzungen dieses Diskurses.

Vielleicht könnte aber der Begriff des Volkes weiterführen, nannte Nietzsche doch die Kultur den Stil eines Volkes. Wenn also das Volk der soziale Träger einer jeden Kultur wäre,dann wäre der Niedergang einer Kultur die Folge des Niederganges eines Volkes.Aber wie drückte sich ein solcher Niedergang in den Kunstwerken selbst aus, sodaß von einem Niveauverlust zu sprechen wäre?  

Vielleicht ist der Eindruck eines  allgemeinen kulturellen Niederganges aber selbst nur eine Projektion der heutigen Dekadenz.

 

Mittwoch, 8. November 2023

Grundlegendes: Ein christliches Menschenbild: animalis rationale ? Eine defizitäre Bestimmung?

Grundlegendes: Ein christliches Menschenbild: animalis rationale ?


Aufzuzeigen, daß dies von Aristoteles herstammende Menschenverständnis die theologische Anthropologie bestimmte, ist überflüssig, ist diese Bestimmung des Menschen doch evident. Als eine Definition überzeugt das, erfaßt es doch das den Menschen von allen anderen Lebewesen Unterscheidende, ihn Bestimmende. Die Vernunft ist das uns Menschen Auszeichnende. Aber ernüchtert durch einen Blick in beliebige Seiten irgendeines Geschichtsbuches oder in eine beliebige Tageszeitung drängt sich die Frage auf, daß diese Definition nicht eher optativisch statt indikativisch zu lesen ist: „O möge der Mensch nur ein durch seine Vernunft sich Bestimmender sein!“

Nun könnte aber auch ein ganz anderes Bedenken hier sich zu Worte melden. Den Freunden der Science Fiction sind die Vulkanier wohlvertraut aus der Serie:Raumschiff Enterprise. Vulkanier sind nichtmenschliche aber und Menschen ähnliche Wesen, die sich durch ihre reine Vernünftigkeit auszeichnen, ja man könnte sie als pure Verstandeswesen bezeichnen, da sie über kein aus ihrer Perspektive beurteiltes irrationales Gefühlsleben verfügen. Daraus entspringen dann für diese Serie charakteristische Spannungen zwischen den Menschen und den Vulkaniern und manch gelungener Dialog. Angesichts dieser Vulkanier drängt sich nun aber die Anfrage auf, ob es denn für den Menschen überhaupt erstrebenswert sein könnte, rein vernünftig zu werden oder zu sein.

So wurden und werden zwischen Menschen zwar Vernunftehen geschlossen, aber allgemein wird eine Eheschließung aus wechselseitiger Liebe höher geachtet, als wenn aus Vernunftgründen geheiratet, zumal hier die Vernunftgründe der Eheschließung oft pecunäre Erwägungen sind. Wollte man nun eruieren, warum dieser Mann genau diese Frau liebt und sie heiraten möchte, wird man wohl für die Eheschließung vernünftige Gründe finden können, aber die Frage, warum dieser Mann denn genau diese Frau liebt und nicht eine andere,kann vernünftig nicht beantwortet werden. Von der Geschlechtlichkeit des Mannes her, ist erklärbar, warum er sich in eine Frau verliebt und dann gar sie liebt, aber nicht, warum gerade die nicht. Die alten Römer erklärten so das Sichverlieben in eine bestimmte Person als die Wirkung des Pfeiles des Amor, das im Herzen des Getroffenen diese Liebe entzündet.Das klingt zwar sehr romantisch -mythologisch, aber erfaßt immer noch besser dies Phänomen der Liebe zu einem bestimmten Menschen als alle vernünftigen Erklärungsansätze. Selbst die zeitgenössischen Liebesromane und Liebesfilme tragen dem in unserer noch zu wissenschaftsgläubigen Zeit Rechnung: In diesem Genre herrscht die pure Irrationalität der Liebe.

Wäre aber ein Mensch, gerade wenn er pure Vernunft wäre, dann noch der Liebe fähig? Liebten Menschen sich aber nicht mehr so irrational, stürbe dann nicht die Menschheit unweigerlich aus, sind doch nun mal Kinder die Früchte der geschlechtlichen Liebe, die sogar nicht vernünftig ist.

Von da mißtrauisch geworden, stellt sich die Frage, ob vielleicht auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens die Vernunft eine weit geringere Rolle spielt, als es diese aristotelische Definition des Menschen nahelegt? Man versuche einmal, ein Geschmacksurteil zu begründen, warum mir die Romane Dostojewskis mehr zusagen als die Bölls, oder ich die Musikwerke von X denen von Y vorziehe. Wer da genau seine eigenen Vorlieben für etwas erforscht, kommt unweigerlich zu der Erkenntnis der Nichtbegründbarkeit einer solchen Vorliebe. Dabei geht man meist so vor: Besondere Eigenschaften eines Kunstwerkes werden hervorgehoben: Weil das Kunstwerk die Eigenschaft E1, E2 und und besitzt, liebe ich es, aber warum sagt mir die Eigenschaft E1 zu? Diese Nachfrage evoziert dann die Antwort, daß doch eigentlich das Zusammenwirken der Eigenschaften E1 und E2 und und die Qualität des Werkes ausmache.. Aber warum qualifiziert gerade dies Zusammenwirken von den Eigenschaften eines Kunstwerkes zu einem guten Werk?

Wie sieht es nun diesbzüglich mit der Religion aus? Glaubt jemand, so wie er an Gott glaubt, weil das ihm als vernünftig gilt und glaubt der Ungläubige, weil ihm sein Unglaube vernünftig ist? Es gibt nun in der christlichen Anthropologie die Tendenz, den Leib als den Ort des Unvernünftigen, des fleischlichen Begehrens und die Seele als das Subjekt der Vernunft zu denken. Aber wird diese Tendenz dem menschlichen Gefühlslebens gerecht? Die Liebe scheint sich doch diesem Dualismus zu entziehen.Wenn aber gar die Liebe zu Gott das Zentrum der christlichen Religion ist, wie soll sie dann anthropologisch verortet werden? Ein Verstandesmensch liebt nicht, er handelt nur zweckrational und so auch nur gut seinem Nächsten gegenüber. Vielleicht reicht dazu eine theologische Anthropologie mit einer Zentrierung auf die Vernunft nicht aus. Könnte es eine Anthropologie geben, die vom Eros her die Gottesbeziehungsfähigkeit her thematisiert, als Liebe zum Schönen und Guten?

Zusätze

Wird deshalb nicht auch die ganze Kunst der Aufklärung als so fade und trivial empfunden im Vergleich zur Romantik. daß ihre Romane dann wieder so lebendig wirken. Oder man suche eine moderne zweckrational-nüchtern konzipierte Kirche auf und vergleiche den Eindruck mit dem einer Barockkirche! Manifestiert sich nicht in den Barockkirchen am authentischsten die christliche Religion, wenn sie ästhetisch dargestellt werden soll?

 


 

Freitag, 1. September 2023

Eine Haßkampagne scheiterte – ein kleiner Nachruf

Eine Neidkampagne scheiterte – ein kleiner Nachruf Ach, was für Sensationsmeldungen konnten wir in unseren Journaillien lesen: Sex und „Rammstein“- was trieb der Sänger der Musikband „Rammstein“ nicht alles mit Frauen! Erotisch-pornographischen Phantasien waren keine Grenzen gesetzt. Andeutungen, unklar formulierte Anklagen beflügelten die Leserschaft. Überhaupt, das Showbusines, ging und geht es da nicht immer irgendwie sehr unmoralisch zu! Und dann stand da im Focus der Kampagne Deutschlands erfolgreichste gegenwärtige Musikband. Erfolg evoziert Neid. Das ist sicherer als das Amen in der Kirche. Die Gruppe singt dann auch noch deutsch! Da Hitler deutsch sprach, sollten Musiker diese Sprache eigentlich meiden, zumal wenn sie sich dann noch nicht einmal politisch eindeutig gegen Rechts aussprechen: eine Art Bekenntniszwanges gegen Rechts isb für die deutsche Sprache noch verwendenden Musiker. Noch schlimmer: Rammstein gilt als das Flaggschiff der „Neuen Deutschen Härte“. Nach dem deutschen „Krautrock“, der „Neuen Deutschen Welle“ ist das nun das dritte Projekt, sich von dem angloamerikanischen Musikstil zu emanzipieren, um wieder etwas Selbstständiges, Eigenständiges hervorzubringen. Musikästhetisch geurteilt ist Rammstein nicht nur für Deutschland sondern für die ganze Musik liebende Welt ein Glücksfall. Rammstein beweist, daß auch heuzutage niveauvolle Musik möglich ist, um es in der etwas aus der Mode gekommenen Terminologie, daß es neben der Unterhaltungsmusik auch die „ernste Musik“ noch möglich ist. Die Qualität der Rammsteinmusik rührt nun aus vielerlei Momenten. Ich unternehme hier einen ersten noch sehr vorläufugen Versuch: Die Auftrittstechnik: Der Musikkünstler ist nicht mehr etwas außerhalb seines Kunstwerkes, sondern er gehört konstitutiv zum Musikwerk dazu. So gibt es nicht mehr einfach das Musikwerk, das dann auf einer Bühne als Show gespielt wird sondern es wird wie eine Oper auf einer Bühne inszeniert, aufgeführt. Die Inszenierungstechnik dieser Musikgruppe besticht durch ihre Perfektion. Jeder Liveauftritt ist selbst ein eigenes Kunstwerk, das nicht auf das Zuhörbringen von Musik reduzierbar ist. Von der Lichtgestaltung, der Kostümierung der Künstler bis zum Wie des Sichbewegens auf der Bühne, herrscht Perfektion vor. Die einzelnen Musikwerke geben allen Stimmen, der Gesangsstimme wie den Instrumenstimmen Raum zur Selbstdarstellung und bilden doch ein Ganzes in sich Abgerundetes. Es gelingt dabei, Stimmungsbilder oder Stimmungsräume zu erschaffen, in die sich der Hörende hineinhören kann,sodaß er in ihr ist, wenn er diese Musik hört und auch visuell genießt. Ein solches Transzendieren zu ermöglichen, macht eben auch die Qualität ihrer Musikwerke aus. Erstaunlich ist nun aber auch die sprachästhetische Qualität der zu singenden Texte. Es müßten nun noch viele weitere Qualitätsmerkmale dieser Musikgruppe aufzeigen, aber ich möchte es erstmal hiermit bewenden lassen, um auf Wesentlicheres zum Verstehen diese Antirammsteinkampagne anzuzeigen. Zur „Neuen Deutschen Härte“ gehört auch ein antifeministisches Moment. Diese Musikrichtung ist auch eine Reaktin auf die feministische Kritik am Mannsein, daß er sich zu entmännlichen habe. Es ist eine bewußt männliche Musik.Kraft, Stärke, Agonalität strahlt sie aus. Man könnte sich gut eine Vertonung von Ernst Jünger Texten, etwa „Stahlgewitter“ von „Rammstein“ vorstellen. So versößt diese Musik von ihrer Stimmung her schon politisch korrekter Musik, völlig unabhängig von den Texten. Diese ganze Musikrichtung provoziert so Feministin, müssen sie ja mit Entsetzen wahrnehmen, daß gerade diese so männlich daherkommende Musik unter Frauen ankommt: „Endlich richtige Männer“, wie mir mal eine jüngere Frau ihre Begeisterung für „Rammstein“ erklärte. Kann der Gehalt der Musik Rammsteins erfaßt, bestimmt werden,das was all ihren Werken gemeinsam identitätsstiftend ist? Meine vorläufige These: Es ist eine bestimmte Gestimmtheit: daß das Leben Kampf ist, als sollte Heraklits: "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" vertont werden. In diesem Ausspruch darf ja "Krieg" nicht einfach mit dem Militärkrieg identifiziert werden, eher mit dem Begriff des Widerspruches,des Widerstreites, des Antagonismus. Es ist eine Musik, in der es keinen Glauben an die Harmonie als letzten Grund alles Seienden gibt. Dies wird nun nicht primär durch die Texte der Lieder ausgedrückt sondern durch die Musik als Ganzes, zu der dann auch der Text als gesungener gehört mehr in seinem Klang als in seiner Satzbedeutung. Zur politischen Korrektheit gehört es nun eben auch, Deutsche gern auf den letzten Plätzen zu sehen, wie im europäischen Gesangswettbewerb in den letzten Jahren es regelmäßig sich ereignet oder im Sport- man denke an das blamable Abschneiden unserer Fußballnationalmannschaften, der Männer wie der Frauen: Seit Hitler gehören wir nur noch auf die letzten Plätze. Und da ist nun eine deutsche Musikgruppe so erfolgreich und das noch mit so deutsch tönenden Musik: „Neue Deutsche Härte“. Das darf nicht sein. Und so wurde nun eine Kampagne gegen Rammstein eröffnet mit Pauken und Trompeten. Leider, leider ermittelte dann die Polizei sorgfältig und alle Vorwürfe fielen wie Kartenhäuser in sich zusammen. Unser Rechtsstaat funktioniert eben doch noch. Zusatz: Das größte Problem der Ästetik ist das der Begründung von Qualitätsurteilen gegenüber dem vorherrschenden Trend, alles auf rein subjektive Geschmacksurteile zu reduzieren. Dem korrelier die Tendent, als wahr nur gelten zu lassen, was mir gefällt.

Mittwoch, 21. Juni 2023

Ein Geschenk Gottes: Ein (so oft unbeachtetes) Bild seines Sohnes

Ein Geschenk Gottes: Ein (so oft unbeachtetes) Bild seines Sohnes Auch der aufmerksamste Bibelleser, auch wenn er die Tradition mitberücksichtigt,kann auch nur den kleinsten Hinweis auf das Aussehen Jesu Christi finden. Und doch gehört Jesus wohl zu den Meistgemalten. Es muß als ein Wagnis angesehen werden, ihn zu malen, denn einerseits wissen wir nichts über sein Aussehen und andererseits: Wie könnte der Sohn Gottes überhaupt darstellbar sein, ist er ja nicht nur der wahre Mensch sondern auch wahrer Gott? Aber die christliche Kunst wollte die Inkarnation des Sohnes Gottes ernst nehmen: In dem Kinde in der Krippe, in Wickeln liegend, erscheint uns wahrhaftig der göttliche Logos.(Vgl den Prolog des Johannesevangeliumes) Aber dann ereignete sich ein wahrhaftiges Wunder. Der Tagebucheintrag der hl. Faustyna vom 22.Februar 1931 dokumentiert uns dies Ereignis: „Am Abend,als ich in der Zelle war, erblickte ich Jesus,den Herrn,in einem weißen Gewand. Eine Hand war zum Segen erhoben,die andere berührte das Gewand auf der Brust. Von der Öffnung des Gewandes an der Brust gingen zwei große Strahlen aus,ein roter und ein blasser.Schweigend betrachtete ich den Herrn;meine Seele war von Frucht,aber auch von großer Freude durchdrungen. Nach einer Weile sagte Jesus zu mir: „Male ein Bild,nach dem,was du siehst,mit der Unterschrift.Jesus,ich vertraue auf Dich.Ich wünsche,daß dieses Bild verehrt wird,zuerst in eurer Kapelle,dann auf der ganzen Welt. Ich verspreche,daß jene Seele,die dieses Bild verehrt,nicht verloren geht. Ich verspreche auch, hier schon auf Erden,den Sieg über Feinde,besonders in der Stunde des Todes.Ich selbst werde sie verteidigen, wie meine Ehre.“ (Tagebuch Nr. 47,48) Wie kreativ gestaltet und ästhetisch mehr als gelungen die vielen Jesus Christusbilder auch sind, nun besitzen wir das wahre Jesusbild, von ihm selbst autorisiert! Und der Heiland belehrt uns, wie wir zu unserem Heile mit diesem Bilde umgehen sollen:Wir sollen es verehren. Spontan könnte nun eingewandt werden, daß wir doch Jesus Christus verehren sollen, aber doch nicht sein Bild, denn das Bild von ihm ist doch nicht er selbst sondern nur sein Abbild. Dem ist entgegenzuhalten: Dies Bild und das gilt nur für dies Bild gilt, daß es so wahrhaftig das Bild Jesu Christi ist, daß wenn ich es verehre, ich damit ihn verehre. Es muß nun an Jesu Aussage: „Wer den Sohn nicht ehrt,ehrt auch den Vater nicht.“ Joh 5,23b. Weil der Sohn wie der Vater Gott ist, ist er auch wie der Vater zu ehren. Für diesen Zweck schenkte uns nun der Sohn Gottes dieses Selbstbildnis, den Barmerzigkeitsjesus. Aber in welchen Kirchen ist nun dies einzig wahre Jesusbild aufgestellt worden? Stattdessen werden die Gläubigen immer wieder durch zeitgenössische Kunstprodukte, in Kirchen gar installiert, maltraitiert und der Heiland verhöhnt. Es sei an die Installation eines Schweineherzens über den Hochaltar durch Bischof Glettler erinnert. (Kath net berichtete über diese Blasphemie, am 24.4.2023.) Eine kleine Anmerkung zu: „Jesus, ich vertraue auf Dich“. Das ist eine Abbreviatur für: „Ich verlasse mich darauf, daß Du der Sohn Gottes bist und Dich mir gegenüber so verhältst, wie man es von dem uns gnädigen Gott erwarten darf.“ So wichtig diese soteriologische Wirkung ist, so sehr darf doch die kultische Bedeutung nicht vernachlässigt werden: Dieses Selbstbildnis Jesu Christi dient seiner Verehrung.

Dienstag, 25. April 2023

Mutmaßungen über das virtuelle Leben – oder existiert noch die Differenz von Realem und Fiktivem?

Mutmaßungen über das virtuelle Leben – oder existiert noch die Differenz von Realem und Fiktivem? Wie dieser Roman, „Töchter des Windes“ oder vielleicht gar jeder Roman zu lesen ist, dafür offeriert die Autorin Nora Roberts diese Vorgehensweise: „Also kommen Sie,setzen sich eine Weile vor den Kamin und tun Sie einen Tropfen Whisky in ihren Tee.Legen Sie die Füße hoch,vergessen Sie ihre Sorgen und tauchen Sie in meine Geschichte ein.“ So endet dies dem Roman vorangestellte Anschreiben an die „Liebe Leserin“.Diese Anweisung zum rechten Lesen von Romanen ist in all ihrer Kürze doch sehr gehaltvoll. Da wird an die Welt, die erfüllt ist mit den Sorgen der Leser, erinnert, ein Raum skizziert, vor dem Kamin, der für eine Weile aufgesucht wird und der so schon in einer gewissen Opposition zur erinnerten Welt der Sorgen sich befindet, denn in ihr kann verweilt werden: Wer verweilt schon in seiner Sorgenwelt. Der mit einem Tropfen Whisky verfeinerte Tee führt nun schon hinaus aus der Welt der Sorgen in Augenblicke des Genießens. Das Ziel ist nun das Vergessen der Sorgenwelt indem lesend in die Welt der erzählten Geschichte eingetaucht wird. Für dies Verreisen in die erzählte Geschichte ist also ein geeigneter Transferraum aufzusuchen und daß der Leser sich in die Stimmung des Genießens versetzt. Dies Kunstverständnis könnte polemisch als ein Fluchtverhalten demaskiert werden:Im Genießen von Kunstwerken flieht der Kunstbenutzer in Traumwelten, um sich der Realität zu entziehen.Es existiert dabei nicht bloß diese Antithetik von real und fiktiv, nein das Reale wird als wirklich seiend positiv bewertet, das Fiktive als eine nur Scheinwelt abgewertet. Der Mensch habe sich dem realen Leben zu stellen, statt träumend aus ihm auszusteigen. „Das ist ein Träumer“, das ist niemals als eine Auszeichnung gemeint. Schon Joseph war seinen Brüdern verächtlich, weil er als Träumer galt. Was ändert sich aber an diesem schlichten Dualismus, wenn seine Wertung zweifelhaft wird? Ein triviales Ereignis: Jemand kauft frische Erdbeeren, um dann irritiert festzustellen, daß die Erdbeerlimonade, eine rein künstliche mehr nach Erdbeere schmeckt als die echten gerade frisch gekauften! Abstrakter formuliert: daß das Leben in den Romanen, das fiktive realer dem Lesenden vorkommt als sein eigenes in der Welt der Sorgen. Im Raume der Mathematik ist uns dies Phänomen vertrauter: Die Idee des Kreises, seine Definition ist wahrer als die von den Schülern gezeichneten Kreise, die eben nur Annäherungen an die Idee des Kreises sind. Das in Romanen erzählte fiktive Leben könnte so auch als realer empfunden werden als das wirklich gelebte, weil irgendwie dem wirklichen etwas Wesentliches fehlt, das nur noch im Fiktiven gefunden werden kann. „So eine schöne Liebe kann es nur in Romanen geben“, urteilt mancher im Leben Desillusionierter. Ein abrupter Szenenwechsel: Ein Hund springt auf mich zu, mit gefletschten Zähnen mit mordgierigen Augen....und ich springe auf – aus dem Alptraum in die Wirklichkeit. Nur, die Todesangst, die ich da erlitten hatte, unterschied die sich von der, die ich empfunden hätte, hätte mich wirklich so ein Hund angesprungen? Solange ich alpträumte, war für mich dieser Hund und meine Todesangst real, sie war für mich nicht unterscheidbar von der Angst, die ich empfänd, wäre dies ein wirkliches Ereignis. Könnte nicht geurteilt werden, daß die erzählten Ereignisse eines Romanes so für den Lesenden, solange er liest, genauso real sind wie die, die er tatsächlich erlebt. Dann gilt gar, daß das tatsächlich Erlebte, wenn der Romanleser lesend in die Geschichten eintaucht vergessen und somit unreal wird wie nach dem Aufwachen aus einem Alptraum das Geträumte. So entsteht der Verdacht, daß in unserer Zeit des Lebens in den Medien die schlichte Unterscheidung von dem Wirklichen und dem Fiktiven an Bedeutung verliert. Das Fiktive kann uns als realer erscheinen als das Wirkliche. Das Fiktive kann so sehr das Wirkliche überdecken, daß uns das Wirkliche nicht mehr zugänglich ist. Der Urtext ist sozusagen verloren gegangen in der Überfülle der Interpretationen des Wirklichen, des Urtextes. Daß das Fiktive bevorzugt wird, ist dann nicht einfach mehr als eine Flucht aus der Wirklichkeit zu diffamieren. Der große Kulturkritiker Adorno merkt ja in seiner Ästhetischen Theorie schon an: „Die Realität liefert zu vielen realen Grund, sie zu fliehen, als daß eine Entrüstung über Flucht zustände.“ (Stw-Ausgabe, S.21) Aber davor bemerkt Adorno selbst (S.15): „Leicht ließe sich denken, daß ihr autonomes Reich mit der auswendigen Welt nicht mehr gemein hat als entlehnte Elemente,die in einem gänzlich veränderten Zusammenhang treten.“ Vielleicht erfaßt Adorno hier den rein fiktiven Charakter der Romanes, der eben eine Realität erschafft, wenn der Roman gelesen wird für den Lesenden. Was für den Roman und die Kunst im allgemeineren gilt, könnte in der Postmoderne so für die Medienwelt im Ganzen gelten. Das Wirkliche ist eben nur noch eine Version unter den vielen Realitäten, den virtuellen. Merksatz: Das Wirkliche kann unreal sein, weil das wirkliche Leben ein entfremdetes ist, das Fiktive so realer. Der postmoderne Mensch lebt sozusagen in vielen Welten wobei die "wirkliche" ihm nur eine von vielen ist, die so das Pathos, die einzig wahre zu sein. verloren hat.

Dienstag, 20. September 2022

Der Mensch- ein Zerstörer oder ein Verkünstler der Natur?

Der Mensch- ein Zerstörer oder ein Verkünstler der Natur?



Alles ist künstlich und künstlich erzeugbar.Träume,Kinder,Weltbilder.An die schöpferische Naturwidrigkeit ist der Mensch gefesselt.In Wahrheit ist seine Geschichte ein unaufhörliches Programm der Verkünstlichung. Nicht eine Pflanze im Garten, wie Gott sie schuf.Alles gezüchtet ,bearbeitet,veredelt.Genmanipuliert.Nun denn: veredeln wir uns! Kristallisieren wir, technifizieren, artifizialisieren wir das Beste vom Menschen und bewahren es so vor seinem geschichtlichen Untergang!“

(Botho Strauss, Die Fehler des Kopisten, 2001,S.55)


So wunderschön romantisch kann Botho Strauß schreiben; er erweist sich eben auch hier als ein wirklicher Sprachvirtuose. So soll an etwas Verlorenes erinnert werden, ganz im melancholischen Tönen, an die Natur, an ein natürliches Leben. Aber aus diesem natürlichen Leben hat sich der Mensch im Laufe seiner Geschichte entfremdet. Diese Aussage meint nun nicht ein kontingentes Ereignis, als wenn die Geschichte des Menschen auch eine der Nichtverkünstlichung hätte sein können. Geschichte und Natur bilden hier zwei konträr gegenüberstehende Größen. Die schöpferische Naturwidrigkeit fungiert hier als das den Menschen Eigentümliche. Im 19. Jahrhundert hätte man noch euphorisch pathetisch von der Arbeit gesprochen, durch die sich der Mensch als Mensch hervorbringt, indem er die Natur für sich gestaltet. Die unserige Zeit empfindet diese Naturbearbeitung eher als eine Verkünstlichung. Das gefesselt macht den Unterschied im Ton der Bewertung aus. Der Mensch muß so der Natur gegenübertreten, sie verkünstlichen. Wir leben nicht mehr unter freiem Himmel oder in Naturhöhlen und beheißen unsere Wohnräume, wir jagen nicht mehr, sondern züchten. Kein Mensch will ernsthaft wieder natürlich leben.

Aber doch bricht in dieses Geschichtsbild, in der die Geschichte als die große Verkünstlichung erfaßt wird, eine da nicht hineinpassende Größe hervor: die Natur, wie Gott sie schuf. Die Menschheitsgeschichte ist so gesehen ein einziger Prozeß des Sichentfernens und Wegentwickelns von der Natur, wie Gott sie erschaffen hatte. Geht also dieser Schöpfergott uns notwendig abhanden, je weiter wir uns entwickeln und so die Welt verkünstlichen. Wenn alles gezüchtet, bearbeitet, veredelt ist, kann da der Schöpfergott noch präsent sein, ja noch von einer Relevanz für uns sein?Auf diese Frage gibt uns diese Textpassage keine Antwort.


Es wird eben nicht zu einer Umkehr zum ursprünglich Natürlichem aufgerufen. Stattdessen sollen wir Menschen weiter auf dem Wege der Verkünstlichung voranschreiten.Der Mensch soll und hat sich selbst zu verkünstlichen.


Eine kleine diesen Gedankengang unterbrechende Exkursion in das Reich der Malerei. Eines der Vorzugsmotive des Malers Renoir sind junge Frauen. Die Frauen, die er da malte, sind längst tot, aber die Gemälde halten sie fest in ihrer Mädchenschönheit. Als Lebende waren sie dem Schicksal des Älterwerdens und des Verlustes ihrer Schönheit unterworfen, bis zu ihrer Grablegung und ihres dortigen körperlichen Zerfalles. Aber das Bild von ihnen bewahr diese ihnen eigene Schönheit, aber nur um den Preis ihrer Verkünstlichung. In ihrer künstlerischen Darstellung bewahren sie ihre Schönheit, die der Gang der Natur nichtet. Die Bilder sind so voller Melancholie, weil die natürliche Schönheit der jungen Frauen nur in diesen Kunstbildern bewahrt werden konnte. Es ist so eine tote Schönheit, eine, die nur noch in der wundersamen Komposition der Farben des Bildes, figuriert zu einem Frauenbild existiert.


Nun muß noch ein Blick auf das unaufhörliche Programm der Verkünstlichung geworfen werden, an das der Mensch gefesselt ist. Der Terminus des Programmes wirft notwendig die Frage nach dem Programmierer dieses Programmes auf. Es muß geklärt werden, warum denn wir Menschen an dieses Programm gefesselt sind. Wenn der Mensch sich dieses Programm selbst auferlegt hätte, es selbst für sich geschrieben hätte, dann könnte er es doch selbst auch wieder deinstallieren! Dies Verkünstlichungsprogramm wäre löschbar und so nicht unaufhörlich.

Ein unaufhörliches nicht löschbares Programm, das den Menschen gar fesselt, kann so nur Gott, der Schöpfer des Menschen für den Menschen geschrieben haben! Der Auftrag Gottes an die ersten zwei Menschen, vermehret Euch und machet Euch die Welt untertan, ist tatsächlich dies Programm, das uns Menschen fesselt. Gott gab so dem Menschen die Natur, die Welt, er übergab sie ihm zur Gestaltung – wie eine Mutter ihrem Kinde Bauklötze gibt, damit es damit was erbaut.

Und doch bleibt eine melancholische Verstimmung. Renoirs Bilder, die Verkünstlichung der da gemalten jungen Frauen verweist eben auch auf ein natürliches Menschenleben, das längst verstorben ist und uns nur noch als Kunstbild präsent ist. Jede Verkünstlichung ist so auch immer eine Negation des Natürlichen bzw seine Aufhebung in der Kunst, der verkünstlichten Natur.

Zusatz:

Die sog. "Ökologische Krise", die "Klima- und Umweltkatastrophe" etc zeigt nur eines an, daß eben der Gestaltungsauftrag der Mensch auch  fehlerhaft ausführen kann, daß eben mancher Turm, aus Bausteinen vom Kinde errichtet, umfällt, weil er nicht sorgfältig genug auferbaut worden ist. Außerdem zeigen diese Krisen aber auch, daß das Spielzimmer Erde für die Menschheit zu klein wird,sie ist zu vital für diesen so limitierten Lebensraum. Wie die Vögel einmal flügge geworden, ihr Nest verlassen, so muß auch der Mensch seinen Lebensraum erweitern, in dem er neuen außerhalb des Kinderspielzimmers Erde sucht.

 

Donnerstag, 15. September 2022

Eine Abfallsgeschichte: Von der Kirche zum Versammlungsraum

Eine Abfallsgeschichte: Von der Kirche zum Versammlungsraum


Ein beeindruckendes Narrativ liegt dieser Wandel zu Grunde: Im Urchristentum hätte es keine sakralen Kirchräume gegeben, in denen die Christen die sonntägliche Eucharistie zelebriert hätten, auch keine Altäre und schon gar keine Kniebänke. In Hauskirchen, man ist fast geneigt von einem Sichversammeln um den Küchentisch zu reden lebte das ursprüngliche Christentum, bis es arg vergröbert betrachtet zur Staatsreligion avancierte um dann prunkvolle Kirchengebäude mit Altären zu erbauen und Kleriker dann die Gottesdienste leiten zu lassen. (M.W.hat aber noch keine feministische Theologin behauptet, obzwar das doch im Rahmen dieses Narratives nahe liegt, daß die ursprünglichen Küchentischeucharistien dann von der jeweiligen Frau des Versammlungshauses geleitet wurde!)


Aber wenn man nun neu erbaute Kirchengebäude und Kapellen nach 1945 sich anschaut und nicht sofort vor Graus seine Augen verschießt: Sind das nicht Versuche, aus der Kirche wieder auszusteigen, um moderne Varianten der Hauskirche zu erschaffen? Die Kirche sollte nur noch ein Versammlungsraum sein, ja vielleicht gar ein multifunktionaler Raum, wo eben am Sonntag am Vormittag die Messe gelesen wird und am Nachmittag ein Konzert, für das der Raum dann umgestaltet wurde und wo auch eine Gemeindeveranstaltung mit einem Vortrag und einer Diskussion stattfinden können. Es sollte eben kein Sakralraum mehr sein.

Ganz progressiv wurden die Kniebänke abgeschafft, damit die Eucharistie nicht kniend empfangen werden kann und manchmal gar in den Kirchenbänken: Die Evangelischen knien ja auch nicht. Daß dann auch noch die Bilder entfernt wurden, um schmucklose Betonwänden den Vorzug zu geben, paßt zur Entästhetisierung des Kirchenraumes. Der Primat der pädagogischen Ausrichtung des Gottesdienstes, daß das Zentrum der Messe nun auch die zu belehrende Predigt zu sein hat, verlangte eben ein Zurückdrängen des Ästhetischen der Kirche. Schöne Bilder, Golddekor lenke eben ab vom Hören und Verstehen der Predigt. So ähnelt mancher Kirchenraum mehr einen Schulunterrichtsraum den einem Sakralraum, in dem ein göttliches Mysterium zelebriert wird.Und dann noch die zeitgenössischen Priestergewänder! Die passen zu den heiligen Handlungen des Opferns, des Segnens und Weihens wie ein Trainingsanzug zu einer Hochzeit.

Die Entsakralisierung- und Profanisierungstendenz ist unüber-sehbar. Das soll nun aber auch ein Zurück zu den Ursprüngen darstellen, als wäre im Prinzip das Urchristentum eine Religion ohne einen kirchlichen Kultus, ja genaugenommen gar keine Religion, oder Kants Religionsverständnis antizipierend eine „Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft“.


Nur, ist diese Tendenz der Entästhetisierung nicht generell eine Tendenz der Moderne? Einst schrieb man „Tat“ mit „h“: „That“ und „gibt“ „giebt“. Das „h“ und das „e“ ist in beiden Fällen bedeutungslos, man könnte es fast als ein dekoratives ornamentenhaftes Element in der Orthographie des Deutschen bezeichnen. In den Zeiten des Ideales des Funktionalismus und des Primates der Nützlichkeitsabwägungen wurde dann auf so Ornamentenhaftes verzichtet wie auch inzwischen regelmäßig auf das Dativ „e“: dem Volke, dem Tiere...

Korrelieren nicht moderne Betonklotzgebäude, Kirchenräume, die nur noch Versammlungsräume seien sollen und die Vereinfachung der Orthographie dem einen Geist der Entästhetisierung? Einst schrieben wir in Sütterlin, in Frakturschrift erschienen unsere Bücher und jetzt schreiben wir in den nüchternen lateinischen Buchstaben, dem Geiste der nüchternen Sachlichkeit folgend. Die Schrift soll nur noch leicht lesbar sein und so wurde die Schönheit der deutschen Schrift musealisiert. Das Schöne gehört ins Museum, damit außerhalb von ihm nur noch der reine technizistische Funktionalismus herrschen kann.


Aber zur Kultur und somit auch zur Religion gehört die ästhetische Ausrichtung. Die christliche Kunst hat unermeßliche Schätze hervorgebracht, aber nicht als eine Museumskunst sondern als Moment der Gottesverehrung im Kultus. Das Schöne verschwand aber in der Kirche wie aber auch außerhalb von ihr! Die moderne Architektur ist dafür ein erschreckend abstoßendes Anschauungsbeispiel.Selbst in unserer jetzigen deutschen Sprache spiegelt sich dieser Antiästhetizismus wieder, im Verzicht auf unsere Schrift und die Verarmung der Orthographie, daß eben Ornamenthaftes exkommuniziert wird wie in der Gestaltung von den Fassaden von Gebäuden. 

Corollarium 

Das Schöne ist die Erscheinungsform des Wahren. Das Wirkliche ist aber nicht einfach das Wahre. So kann ein Freund, wirklich kein guter Freund sein und so ist er kein wahrer, aber doch wirklich.

 

 

 

Samstag, 13. August 2022

Alles nur eine Frage des Geschmackes...das Ende jeder Kunst?

Alles nur eine Frage des Geschmackes...das Ende jeder Kunst?


Wenn alles nur noch eine Frage des Geschmackes wäre, über den man bekanntlich nicht streiten kann, wie soll es dann noch eine ernst zu nehmende Ästhetik geben können? Findet so die Frage nach dem Schönen ihr Grab im radicalen Subjektivismus, daß eben in der Kunst alles beliebig sei? Nur, wieso kann dann noch von einem „guten“ und einem „schlechten“ Geschmack die Rede sein? Oder beruht diese Unterscheidung einfach auf der Konvention, daß wer Liebes- und Kriegsromane liest, damit seinen schlechten Geschmack erweist, wer dagegen Goethe und Thomas Mann bevorzugt, seinen conservativen Geschmack und einen „guten Geschmack“ nur der hat, der gerade das liest, was als besonders progressiv und authentisch gilt?

Könnte es denn doch noch Qualitätskriterien geben, wenn nicht alles dem puren Subjektivismus unterworfen werden soll? Ein kleiner Versuch soll hier nun vorgelegt werden. Im Hintergrund steht die Erfolgsmusik der Gruppe Rammstein mit der simplen Frage: Könnte der Erfolg etwas mit der Qualität dieser Musik zu tuen haben.

Ein Lied weist eine einfache Struktur auf:Im Vordergrund die Gesangsstimme und evtl sie begleitende Musikinstrumente. Nach einem kurzem Vorspiel der Instrumentenstimmen erklingt die Gesangsstimme bis dann zum Abschluß gelegentlich zumindest die Instrumentenstimmen ein kurzes Nachspiel bieten. Dabei steht der gesungene Text im Vordergrund, bei den „Liedermachern“ dann der Inhalt des Textes. Der Gehalt des Liedes wird dabei oft mit der Aussage des gesungen werdenden Textes identifiziert, als trüge das Gesungensein und die Instrumentenstimmen zum Gehalte nichts bei.

Eine viel komplexere Struktur zeichnet dagegen die Musik der „Neuen Deutschen Härte“ aus, dessen bekanntester Vertreter die Musikgruppe „Rammstein“ ist. Die Gesangsstimme und alle Instrumentenstimmen stehen anfänglich auf der „Nullposition“ und dann tritt mal die eine, dann die andere Stimme in den Vordergrund, oder sie dialogisieren miteinander, mal führt das Schlagzeug, mal die Gitarren, mal der Gesang. Die starre Struktur des Liedes wird also dynamisiert und in jedem einzelnen Musikwerk neu geregelt. Diese komplexere Struktur könnte nun als ein Qualitätsmerkmal angesehen werden. Es gibt nun die Spannung zwischen der Individualität der Stimme und der Einheit des Musikwerkes. 2 Fehlwege sind denkbar: Daß die Individualität der Einzelstimme in der Einheit untergeht oder daß die Diversität der Einzelstimmen keine Einheit mehr zuläßt. Die Qualität eines Musikwerkes bestünde dann darin, die Individualität der Einzelstimmen zum Ausdruck kommt und daß doch ein Ganzes, eine Einheit dabei entsteht. Das Liveconcert: Carlos Santana, Tanglewood 1970 zeigt diese Einheit in größt- möglicher Individualität.

Das heißt nun nicht, daß ein Musikwerk solch höherer Qualität auch besser gefallen muß, aber daß hier eben eine höhere Qualität vorliegt.Denn hier sind dann alle Stimmen konstitutiv für das Musikwerk, und nicht nur die eine Gesangsstimme, die instrumental begleitet wird. Und noch eines: Der Gesang und nicht mehr der Text, der dann auch noch gesungen wird, steht im Vordergrund. Worte verfügen über eine Wortbedeutung und einen Klangwert. In der komplexeren Struktur dominiert beim Gesang der Klangwert des Gesungenen und nicht wie bei einem Liedermacher der Inhalt des Gesangtextes. Hier wird sozusagen der Gesang einer Heteronomie entzogen, daß sein eigentlicher Gehalt in etwas außerhalb von ihm existiert,in dem Text, der dann auch noch gesungen wird.

Wie stehen die Musiker nun zum Musikwerk? Sind sie ein integrales Element des Werkes, wie der Schauspieler auf der Bühne, wenn ein Theaterstück aufgeführt wird, oder stehen sie außerhalb des Werkes wie der Maler bezüglich seines von ihm gemalten Bildes? Die Komplexität eines Musikwerkes steigert sich dadurch, daß die Musiker sich als Bestandteile des Musikwerkes interpretieren. Sie inszenieren ihre Musik auf der Bühne.Ein Schritt hin zur Inszenierung des Musikwerkes auf der Bühne ist, wenn es eine Bühnenshow gibt. Aber die Show bleibt der Musik noch äußerlich, wie ein Geschenkpapier dem Geschenk.Erst wenn die Musik auf der Bühne so inszeniert wird wie eine Oper auf einer Opernbühne ,wird die Inszenierung zu einem konstitutiven Element des Gesamtkunstwerkes. In der Einheit von der Gesangsstimme,den Instrumentenstimme, der Bühne in ihrer besonderen Ausleuchtung und der Bühne als einer Kulisse generiert sich so ein Gesamtkunstwerk, das sich durch seine Qualität auszeichnet.

Diese so sehr fragmentarisch skizzierte Einheit des Musikwerkes in seiner lebendigen inneren Vielfalt könnte als ein Qualitätskriterium von Musikwerken angesehen werden. Das heißt nun aber nicht, daß einfacher strukturierte Musikstücke weniger gefallen müssen, denn die Qualität eines Kunstwerkes ist nicht die seines Gefallens.


Soweit ein erster sicher noch nicht zufrieden stellen könnender Versuch

 

Corollarium 1

Die Klangwelt der Musik lebt aus ihrer  Umwelt, wie sie als gehörte uns präsent ist, indem die dortigen Klänge und Töne in musikalische Töne und Klänge transformiert wird. Die Umwelt des (post)modernen Menschen ist nicht mehr die Natur mit ihren natürlichen Klangfarben sondern die künstliche Welt, die technisierte. Die zeitgenössische Musik bezieht sich so auf diese Kunsttechnikwelt: der Siegeszug der elektrischen Gitarre veranschaulicht dies. In der musikalischen Stilrichtung der Technomusik wird dies gar zum Programm erhoben. Die Qualität zeitgenössischer Musik wäre dann auch ablesbar an der Weise, wie es ihr gelingt, die "Umweltgeräusche" und Klänge in künstlerische Ton- und Klangwelten umzugestalten. "Angerfist" ist für eine so gelungene Transformation, gerade ihre Livekonzerte ein gediegenes Beispiel.


 

Freitag, 12. August 2022

Ging der Kirche die Schönheit verloren? Kann denn die Wahrheit da sein, wo es keine Schönheit gibt?



Ging der Kirche die Schönheit verloren?


Eine Erzählung über Rußland, wie es russisch orthodox wurde. Der Zar schaute auf sein Reich und stellte fest, daß alles wohlgeordnet ist. Nur, so sagte er sich: „Eines fehle noch! Wir, das Volk und ich brauchen noch eine Religion, denn ohne eine solche geht es nicht. Nur welche dem Volke geben? Er sandte Kundschafter aus zum Erforschen aller auf der Welt vorzufindenden Religionen. Dann ließ er sich rapportieren. Unzählige berichteten, und dann kam der Letzte: „Zar, ich weiß nicht, ob ich im Himmel oder auf der Erde gewesen bin, so wunderschön und herrlich war der Gottesdienst dort!“ Der Zar rief aus: „Das muß die wahre Religion sein“ und so wurde Rußland russisch-orthodox.

Die Wahrheit erscheint eben als Schönheit. Durch die Schönheit wird so der Mensch zur Wahrheit hingezogen. Wie kein brennendes Feuer ohne eine Lichtausstrahlung sein kann, so kann die Wahrheit nicht sein, ohne als Schönheit zu erstrahlen. Darum heißt es ja auch ganz angemessen, daß Maria, die Mutter Gottes die schönste aller Frauen ist.

Zur Schönheit der Kirche gehört so die Schönheit der Kirche, insbesondere der Innenraum, die Schönheit der Meßgewänder und die Schönheit der Liturgie. Wer nun aber eine nach 1945 erbaute Kirche betritt, um da die hl. Messe mitzufeiern, so wie sie durch die nachkonziliare Liturgiereform verunstaltet worden ist, wer könnte da noch ausrufen: „So schön, ich weiß nicht, ob ich noch auf Erden oder schon im Himmel bin!“? Die Heiligkeit der kirchlichen Liturgie ist ja gerade, daß sie ein Abbild der himmlischen Liturgie ist.

Syberbergs Opus: „Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege“ zeigt aufs erschreckendste, wie in Deutschland und nicht nur hier die Kunst einen bitteren Niedergang erlitt, daß geradezu von einem Kult der Häßlichkeit zu sprechen ist. In der Katholischen Kirche wirkte sich die Intention der Verpädagogisierung der Liturgie verhängnisvoll aus, daß eben der Gottesdienst hauptsächlich eine Belehrungsveranstaltung für die Gemeinde sein sollte. Daraus erklärt sich auch die üblich gewordene nachkonziliare Polemik gegen ohne eine Gemeinde allein von einem Priester zelebrierter Messen: Die Messe wird doch für die Gemeinde durchgeführt und die solle eben belehrt werden durch die Predigt. So kam es nicht mehr auf die Schönheit des Gottesdienstes an sondern auf die Qualität seiner pädagogischen Effektivität.

Aber wenn der Gottesdienst nicht mehr schön ist, dann verdunkelt sich dadurch auch die Wahrheit des Gottesdienstes.

Wer nun meinen würde, daß die Ästhetik des Gottesdienstes gleichgültig sei, es käme doch nur auf den Inhalt an, der möge sich einmal fragen, warum der Frage der Bekleidung der Priester im 2.Buch Moses ein ganzes Kapitel gewidmet ist, das 28? Oder man möge sich diese vorstellen: Ein Mann beschließt, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu stellen, er trifft sich mit ihr in einem Park und säße dann in einem Trainingsanzug auf einer Bank, um ihr den Antrag zu machen. Würde die Freundin diesen Antrag ernst nehmen, wenn sie ihren Freund so gekleidet da vor sich sieht? Ein Referent, mit einem Clownsgewand bekleidet, refereiert über Kant, Wer nähme diesen Vortrag, wenn er auch von höchster Qualität wäre, noch ernst, sieht er auf diese Clownsbekleidung? Die Kirche kann so, in dem sie grobschlächtig alles Ästhetische außer Acht läßt, ihre eigene Verkündigung unglaubwürdig machen. Schönheit ist eben auch das Medium der Wahrheit.


Von der Russisch-Orthodoxen Kirche könnte die Katholische Kirche wirklich etwas lernen, wie wichtig die Schönheit der Liturgie für die Wahrnehmbarkeit ihrer Wahrheit ist.

 

Freitag, 5. August 2022

Irritationen: Ist die Wahrheit erst am Ende erkennbar? Glauben wir nur hoffend?

 

Irritationen: Ist die Wahrheit erst am Ende erkennbar? Glauben wir nur hoffend?



Hahaha,der Teufel ist mein Genosse;er ist oft mächtiger als dieser Gott,vor dem sich Tausende fürchten, ohne daß sie sagen können,daß er auch wirklich existirt“. So spricht ein Protagonist des Romanes: „Waldröschen“, als er sieht, daß all seine Machinationen gelingen und so das Böse übe das Gute siegt. (Karl May, Waldröschen, Erster Band,historisch-kritische Ausgabe S.201) Erst im 6.Band dieser großen Erzählung wird dieser Protagonist widerlegt werden, bis dahin kann nur an den Sieg des Guten geglaubt werden.

Und damit ist tatsächlich ein theologisches Problem angeschnitten: An der Existenz des christlichen Gottes könne gezweifelt werden, aber nicht an der des Teufels. Denn dieser beweise seine Macht in der Welt, an die des guten Gottes müsse dagegen geglaubt werden und so könne seine Existenz auch bestritten werden. Wenn die klassische Theologie, ausgehend von der paulinischen Lehre der natürlichen Gotteserkenntnis des Römerbriefes die Möglichkeiten und Grenzen der natürlichen Gotteserkenntnis expliziert, wird hier dem Leser eine natürliche Satanserkenntnis zugemutet. Daß der Teufel die Welt regiere, das ließe sich leicht erkennen an den Erfolgen der bösen Menschen, denn darin erweise der Teufel seine Macht. Ja, diese Macht scheint sogar größer zu sein als die Gottes, ja vielleicht zeigt das gar an, daß dieser Gott gar nicht existiere.

In diesem Roman spielt Gott und der Glaube an ihn, aber auch der Teufel eine große Rolle. Dr. Sternau weiß als Arzt, daß ihm, obgleich er ein exzellenter Arzt ist, eine Operation nur gelingt, wenn er Gott um seinen Beistand bittet. Uns wird aber auch eine Stiftsdame vorgeführt, die in die niederträchtigsten Machenschaften verstrickt ist, ja selbst dem Mittel des Mordes zustimmt, um ihren Plan, ihren unehelichen Sohn als Grafensohn und Alleinerben auszugeben, um so zu großem Reichtum zu kommen,durchzuführen permanent Gott anruft, der den „Seinen“ beisteht in ihren Plänen. Gott wird hier so von 2 sich diametral Entgegengesetzten als ihr Gott angerufen und dann ist da noch dies Bekenntnis zur Macht des Teufels. Daß am Ende dieser Großerzählung dann der Gott Jesu Christi sich als der wahre und allmächtige Gott erweist, das wird heutzutage den Romanen Karl Mays als Kitsch vorgeworfen, als wäre es für uns Heutigen tatsächlich evident, daß das Böse die Übermacht über das Gute besitzt.

Solange dem kontemplativen Denken die Natur und der Kosmos als das schön und gut geordnete erschien, konnte sich der Gedanke an einen guten Kreator und Erhalter und Regierer dieser Welt einer beachtlichen Evidenz erfreuen. Wenn aber das Auge aufgeklärt durch den Darwinismus nur noch eine Naturwelt des Überlebenskampfes sieht, in der die Stärkeren die Schwächeren fressen und auch die menschliche Gesellschaft so zu funktionieren scheint, da verliert dieser Gedanke seine Evidenz.

Entweder regiert überhaupt kein Gott die Welt und wenn einer, dann müßte es ein Satan sein. Dies Problem ist nicht einfach vom Tisch zu wischen. Das Urchristentum sah sich vor einem ähnlichen Problem gestellt in ihrer Auseinandersetzung mit der Gnosis. Ist die Welt an sich das Schlechte, von einem daimonischen Gott erschaffen oder ist sie als gut erschaffende nur durch den Sündenfall zu einer schlechten geworden.

Man muß wohl urteilen, daß solange der Roman der Menschheitsgeschichte noch nicht zu Ende geschrieben worden sein wird, der Glaube an den guten Gott, der die Welt gut regiert,immer nur ein Glaube und kein Erkennen sein kann. Ist das Böse in der Welt nicht mächtiger als das Gute, diese Anfrage löst auch dieser Karl May Roman nur durch die Erzählung vom guten Ende, bis dahin kann nur geglaubt werden. Das kann vordem nicht erkannt werden.

Montag, 16. Mai 2022

Ein neues Evangelium? Judas statt Jesus? Kath de auf wundersamen Irrwegen?




Enthusiasmiert berichtet Kath de über die Oberammergauerpassionsspiele des Jahres 2022. Die Spiele waren kirchenkritisch, sie überwanden alle judenfeindliche Elemente der Passion, indem Pontius Pilatus zu dem bösen Machtgierigen stilisiert wurde, der allein für die Hinrichtung verantwortlich sei. Innerjüdische Konflikte zwischen Reformern, um Jesus herum und conservativen Gegnern seien der Anlaß gewesen für Pilatus, so hart durchzugreifen. Dieser Konflikt zwischen Reformern und Conservativen prolongiere sich heutzutage in dem Konflikt um die Reformen in der Katholischen Kirche, das herauszustreichen mache die kirchenkritische Qualität dieser Inszenierung aus.

Daß aus Gründen der politischen Korrektheit willen Pontius Pilatus als Alleinschuldiger gegen die klare Aussagen der Evangelien diesbezüglich dargestellt wird, ist zu einer Selbstverständlichkeit in der nachkonziliaren Kirche geworden, man dürfe ja auf keinen Fall irgendwie judenkritisch sich äußern, wie es leider in den Evangelien geschieht. Daß nun die Jesus ablehnenden Hohenpriester und Schriftgelehrten die conservativen Kräfte in der Kirche präsentieren, die den Reformrabbi Jesus ablehnen, ist auch nicht gerade sehr originell für die Katholische Kirche ablehnenden Kreise, aber diese Passionsspiele bieten wahrhaft Revolutionäres:

Der von einem Muslim gespielte Judas Ischariot wird ganz neu gedeutet: Judas kritisiert Jesus, daß er sich nicht für die Befreiung des unterdrückten jüdischen Volkes von den Römern engagiere. Judas würde uns als ein politischer Apostel präsentiert, der nicht den Feinden die andere Backe hinhält, wenn er auf die andere geschlagen wurde. Judas gewönne so die Sympathien des Publikumes angesichts des Krieges in der Ukraine. Er stehe eben für die sich verteidigenden Ukrainer, die sich nicht unterdrücken lassen wollen, Jesus dagegen....für was steht er? Für ein unpolitisches Sich-Nicht- Engagieren -Wollen? Wenn man das konseuent zu Ende denkt, heißt das, daß Jesus eigentlich der Verräter an seinem nach Freiheit dürstenden Volke war und Judas der wirkliche Befreier, er wollte eben eintreten in den Kampf gegen die römische Unterdrückung.

Mirakulös scheint dann auch das Ende dieser Passionsinszenierung, in der zwar eine Frau verkündet, daß Jesus lebt,(das muß ja aus feministischer Sicht unterstrichen werden) aber der Kommentar betont dann, daß Jesus nicht mehr erscheint. „Glaubt an das Licht, damit ihr Kinder des Lichtes werdet“, laute die Schlußbotschaft. Ein in einer Schale brennendes Feuer symbolisiert dann wohl dieses Licht. Daß mit diesem Licht wirklich Jesus Christus gemeint ist, darf bezweifelt werden, bleibt aber wohl extra polyinterpretabel.

Eines muß zu denken geben, wenn davon ausgegangen wird, daß hier Kath de angemessen über diese Inszenirung rapportiert, daß alles Christliche, Religiöse aus der Passion Christi eskamotiert worden ist: Ein Reformer scheiterte, aber die Hoffnung auf Reformen und auf eine Befreiung von Unterdrückung bleibt lebendig. Und dafür ist Judas (interessanterweise von einem Muslim gespielt) eigentlich ein besseres Symbol als der verglichen mit ihm blas wirkende Jesus. Ein politisch engagiertes Judaschristentum könnte doch so gesehen attraktiver sein als dieser unpolitische Jesus. 

Zusatz:

Wer Mel Gibsons Passionsfilm gesehen hat, hier sieht er, wie sehr die Passion Christi entchristlicht werden kann, daß in unserer Zeit Beides möglich ist, die Passion Christi äthetisch gediegen darzustellen oder sie  dem Zeitgeist gehorchend zu dekonstruieren und alles Christliche aus ihr zu streichen.

 

Dienstag, 15. März 2022

Veräußerlichter Glaube: Frömmigkeit und Kult? Ein Klassiker der antikatholischen Polemik



Blätterte jemand in den Archiven antikatholischer Polemik, er stieße auch auf die Rubrik der Veräußerlichung. Auf die innere Gesinnung käme es,protestantisch formuliert, auf den Glauben, reformatorisch formuliert, allein an. Das Feindbild ist auch klar: eine Barockkirche, ein priesterlich gekleidete Priester von dem Hochaltar, Litaneien betend mit dem Volk, im schlimmsten Falle gar noch in Latein. Das sei doch alles nur Äußerlich, darin manifestiere sich doch nur die kirchliche Prunksucht;zudem hätte die Kirche das für solch einen Kirchenbau verbrauchte Geld lieber den Armen schenken sollen, um dann in schlichten Versammlungsräumen Gottesdienst zu feiern. All dies Äußerliche verdecke doch nur den innerlich schon längst abgestorbenen Glauben, dem in seiner reinen Innerlichkeit jedes Äußere doch nur eine Simulation etwas innerlich nicht Vorhandenem sei. Man könnte gar dann auf eine wüste Polemik wider die Frauen stoßen, die innerlich schon gestorben sich äußerlich prunkhaft aufschmückten wie ein Verstorbener in seinem Sarg.



Eine ganz andere Szene: Ein Mann macht einer Frau einen Heiratsantrag. In der Hand hält er ein Bündel Gänseblümchen, aus dem Nachbargarten herausgerupft, verziert mit ein paar Grashalmen, die er kurz vorher noch an seiner Sporthose trocken gerieben hat. „Ich liebe Dich! Willst Du meine Frau werden?“ Welche Frau würde diesem Mann glauben, daß er es ernst meint, daß er sie wirklich liebt und heiraten will? Keine, denn das Äußerliche dementiert zu eindeutig das mit dem Mund Ausgesagte. Niemand glaubt einem Weinenden, daß es ihm gut gehe. Eine Innerlichkeit, die sich nicht im Äußeren widerspiegelt, ist keine Innerlichkeit. Für die religiöse Praxis gilt nun darüber hinaus, daß durch die äußerlichen Gestaltungen die innere Frömmigkeit erweckt und geformt wird.

Ein Vergleich möge diesen Gedanken verständlicher machen. Wir Menschen denken nicht primär vor- oder unsprachlich, um dann sekundär das so Gedachte in einer Sprache auszudrücken, sondern nur in einer Sprache können wir denken. Unser inneres Denken setzt so die Aneignung einer äußerlich vorhandenen Sprache voraus, wobei dann auch die Grenzen der äußeren Sprache die Grenzen unseres uns eigenen Denkens bilden. So resultiert das menschliche Freiheitsbewußtsein aus dem Vorhandensein des Konjunktives in der äußerlich vorgegebenen Sprache: Ich tat a, hätte aber auch -a tuen können.

Das Äußerliche ist so nicht einfach etwas dem innerlichen Glauben bloß äußerlich Anhängendes, wie etwa ein Weihnachtsgeschenk auch in ein Weihnachtspapier eingewickelt werden kann. Die Vorstellung des Ausdruckes müßte hier liturgiewissenschaftlich fundiert problematisiert werden. Niemand käme doch auf die Idee, eine aufgeführtes Theaterstück als eine Veräußerlichung oder als einen Ausdruck des Textes des Theaterstückes zu bezeichnen. Der Text etwa von Goethes „Faust“ wäre dann das Eigentliche, das dann auf der Theaterbühne nur veräußerlicht würde. Die religiöse Praxis in ihren scheinbar rein äußerlichen Formen wäre so nicht einfach der Ausdruck einer religiösen Innerlichkeit. Oder wollte jemand ernsthaft behaupten, daß in einem erbauten Haus sich das innerliche Anliegen eines Architekten ausdrücke?

Zu einem Heiratsantrag, wenn er wirklich ernst gemeint ist, gehört eben, daß der Mann in nicht in einer Sporthose und nicht mit Gänseblümchen in der Hand ihn stellt. So verlangt eben auch die Gottesverehrung eine diesem Anliegen gemäße Gestaltung, die nicht einfach als bloß etwas Äußerliches abzuqualifizieren ist. Oder welche Ehefrau begönne nicht an der Liebe ihres Mannes zu zweifeln, wenn es gefühlte Ewigkeiten her ist, seit sie zum letzten male von ihm geküßt wurde. Der Kuß ist eben nicht einfach nur ein äußerer Ausdruck des innerlichen Gefühles der Liebe.

Der gottesdienstliche Kult ist so die Praxis der Gottesverehrung und die fandet und findet nun ein mal in einer Barockkirche , in der die „Tridentinische Liturgie“ vollzogen wird, die der Gottesverehrung gemäße Gestaltung. Diese Gestalt der Gottesverehrung könnte so wohl als die Realisierung der Idee der Gottesverehrung begriffen werden, aber nicht als der Ausdruck einer eigentlich rein innerlichen religiösen Gesinnung oder Gestimmtheit.Deshalb produzierte die Liturgiereform nicht einfach einen neuen Ausdruck des christlichen Glaubens sondern sie veränderte die religiöse Praxis, weg von einer theozentrischen hin zu einer anthropozentrisch ausgerichteten. 

 

Sonntag, 2. Januar 2022

Menschlich -Allzumenschliches oder über den von sich Entfremdeten

(Anmmerkungen zum Gerede von der "heilen Welt", von der man nichts hören will- oder was ist Realismus)


Seine Frau war eine Durchschnittsnatur,die seine Arbeit nur nach dem klingenden Erfolg einschätzen konnte.“ So wird in dem Roman: „Die verschleierte Frau“ von Hedwig Courths Mahler über die Ehefrau eines Künstlers geurteilt. (5.Kapitel)Diese Autorin steht für „Heile Welt“ und „Kitsch“, aber wie paßt dazu eine solche Charakterisierung des Durchschnittsmenschen. Sicher, im Kontrast dazu wird die neu eingestellte Assistentin dieses Künstlers, Fräulein Astrid Holm so charakterisiert: „das warmherzige Verstehen einer feinfühligen Frauenseele für seinen Beruf, für sein geistiges und künstlerisches Schaffen“zeichnet sie aus.

Wo die eine nur den Gelderfolg sieht, auf den es in ihrem Urteil allein ankommt, sieht die andere das künstlerische Schaffen als einen Wert an sich. Könnte man nicht urteilen, daß hier das ganze Problem der Kunst in der Gegenwart vor Augen geführt wird? In einer Welt, in der alles als Ware angeboten wird, alles zur Ware geworden ist, eben nur noch der zu erwartende pecunäre Erfolg zählt. Als außerordentliche Menschen fungieren hier also der Künstler und seine die Kunst wahrnehmen Könnende. Es ist wohl kein Zufall, daß in der Romanwelt dieser Autorin die Rolle des Kunstwertschätzers eine junge Frau einnimmt. Sie präsentiert das, was in den Romanen dieser Autorin die Frau im Positivem auszeichnet: das warmherzige Verstehen und das Feinfühlige. Beachtlich ist dabei besonders die erste Formulierung, verbindet sich hierin doch das cognitive Moment des Verstehens mit dem affektiven der Warmherzigkeit. Aus dem Denken wie aus dem Fühlen zusammen ergibt sich so die angemessene Haltung den Kunstwerken gegenüber. Die Ehefrau des Künstlers dagegen präsentiert dann die rein verstandesgemäße Haltung, die alles und somit auch die Kunstwerke nach ihrem Verkaufswert beurteilt. Der Wert von allem ist eben ihr Verkaufswert.

Ist das die Durchschnittsnatur des heutigen Menschen? Ist dann gar dieser Durchschnittsmensch der Mensch, so wie er immer war oder wie er immer schon angelegt war und nun sich realisiert? In den Romanen dieser ach so schrecklichen Liebesromanschriftstellerin ist der kritische Tonfall diesen Durchschnittsnaturen gegenüber nicht überhörbar. Das Romantische der Romane ist dann ihr Ausgang, daß sich eben die Nichtdurchschnittlichen durchsetzen, weil sie das wahre Menschsein präsentieren. Realistisch sind dagegen die Künstlergestalten eines Balzacs, die sich der Welt des Mamondienstes einpassend unterwerfen. Sein Realismus ist der der Desillusionierung.

Wenn das reale Leben so auch ist, was spricht denn dagegen, daß wenigstens in der Literatur es anders ausgeht? Adorno schreibt als Kunstkritiker in seiner Ästhetik eine gediegene Kritik der Apotheose des Realitätsprinzipes, das jede Nichtanpassung an die Realität als Flucht vor ihr diffamiert: Die Anpassung an die Realität würde so zum „summum bonum“ avancieren. Aber: „Die Realität liefert zu vielen realen Grund, sie zu fliehen, als daß eine Entrüstung über Flucht anstände“. Ästhetische Theorie, stw 2, 1973, S.21. Unvorstellbar, daß Adorno Romane von Courths Maler läste, aber ihre Werke einfach als Flucht aus der Realität abzuqualifizieren, ist auch nicht im Geiste dieses Ästheten.

Eines muß ja kritisch zum Realitätsprinzip angemerkt werden: Dies Prinzip verabsolutiert eine bestimmte geschichtliche gewordene Wirklichkeit zu der Realität schlechthin und verkennt so ihren kontingenten Charakter. Das, was und wie es jetzt ist, ist eben nur die Realisierung einer von vielen Möglichkeiten. Der Durchschnittsmensch ist eben nicht einfach identisch zu setzen mit dem Wesen, der Natur des Menschen. Erst die völlige Durchformung einer Gesellschaft nach den Prinzipien der Geldwirtschaft bringt diesen Durchschnittsmenschen hervor, der alles nach dem klingenden Erfolg einschätzt. Der Mensch des warmherzigen Verstehens ist ebenso eine menschliche Möglichkeit, nur daß dieser Menschentyp in unserer jetzigen Welt auf wenig Verständnis und Gegenliebe stoßen wird. Er paßt nicht in die moderne Welt. Unrealistisch ist es aber, den Menschen auf das zu reduzieren, was er heutzutage mehrheitlich ist. Aber die Kritik an Romanen, die dem Leser eine schöne heile Welt vorspielen, verlangt eben, daß nur noch unsere jetzige Lebenswelt mit ihren so gearteten Menschen in der Kunst vorkommen dürfe.

Der „coole Typ“ ist so der Antityp zum warmherzigen Verstehensmensch, der Egozentriker, dem jeder Mitmensch nur ein Mitmensch ist, wenn er ihm Nutzen bringt, der höchstens noch gerechte Beziehungen kennt als beidseitig nutzbringende.Vielleicht wirken deshalb die Frauengestalten der Romane Courths Mahlers so befremdlich, weil nun die Frau im Sinne der E- mann- zipation keine warmherzig Verstehende mehr sein wollen sondern auch nur noch cool sein wollen. Den Kristilationspunkt dieses Typus von Mensch zeichnet uns aber dieser Roman auch auf: die Durchschnittsnatur, die alles nach dem pecunären Nutzen beurteilt. Aber menschlich – allzumenschlich ist das gewiß nicht. Hier steht eher den von sich selbst entfremdete Mensch vor uns.