Freitag, 1. September 2023

Eine Haßkampagne scheiterte – ein kleiner Nachruf

Eine Neidkampagne scheiterte – ein kleiner Nachruf Ach, was für Sensationsmeldungen konnten wir in unseren Journaillien lesen: Sex und „Rammstein“- was trieb der Sänger der Musikband „Rammstein“ nicht alles mit Frauen! Erotisch-pornographischen Phantasien waren keine Grenzen gesetzt. Andeutungen, unklar formulierte Anklagen beflügelten die Leserschaft. Überhaupt, das Showbusines, ging und geht es da nicht immer irgendwie sehr unmoralisch zu! Und dann stand da im Focus der Kampagne Deutschlands erfolgreichste gegenwärtige Musikband. Erfolg evoziert Neid. Das ist sicherer als das Amen in der Kirche. Die Gruppe singt dann auch noch deutsch! Da Hitler deutsch sprach, sollten Musiker diese Sprache eigentlich meiden, zumal wenn sie sich dann noch nicht einmal politisch eindeutig gegen Rechts aussprechen: eine Art Bekenntniszwanges gegen Rechts isb für die deutsche Sprache noch verwendenden Musiker. Noch schlimmer: Rammstein gilt als das Flaggschiff der „Neuen Deutschen Härte“. Nach dem deutschen „Krautrock“, der „Neuen Deutschen Welle“ ist das nun das dritte Projekt, sich von dem angloamerikanischen Musikstil zu emanzipieren, um wieder etwas Selbstständiges, Eigenständiges hervorzubringen. Musikästhetisch geurteilt ist Rammstein nicht nur für Deutschland sondern für die ganze Musik liebende Welt ein Glücksfall. Rammstein beweist, daß auch heuzutage niveauvolle Musik möglich ist, um es in der etwas aus der Mode gekommenen Terminologie, daß es neben der Unterhaltungsmusik auch die „ernste Musik“ noch möglich ist. Die Qualität der Rammsteinmusik rührt nun aus vielerlei Momenten. Ich unternehme hier einen ersten noch sehr vorläufugen Versuch: Die Auftrittstechnik: Der Musikkünstler ist nicht mehr etwas außerhalb seines Kunstwerkes, sondern er gehört konstitutiv zum Musikwerk dazu. So gibt es nicht mehr einfach das Musikwerk, das dann auf einer Bühne als Show gespielt wird sondern es wird wie eine Oper auf einer Bühne inszeniert, aufgeführt. Die Inszenierungstechnik dieser Musikgruppe besticht durch ihre Perfektion. Jeder Liveauftritt ist selbst ein eigenes Kunstwerk, das nicht auf das Zuhörbringen von Musik reduzierbar ist. Von der Lichtgestaltung, der Kostümierung der Künstler bis zum Wie des Sichbewegens auf der Bühne, herrscht Perfektion vor. Die einzelnen Musikwerke geben allen Stimmen, der Gesangsstimme wie den Instrumenstimmen Raum zur Selbstdarstellung und bilden doch ein Ganzes in sich Abgerundetes. Es gelingt dabei, Stimmungsbilder oder Stimmungsräume zu erschaffen, in die sich der Hörende hineinhören kann,sodaß er in ihr ist, wenn er diese Musik hört und auch visuell genießt. Ein solches Transzendieren zu ermöglichen, macht eben auch die Qualität ihrer Musikwerke aus. Erstaunlich ist nun aber auch die sprachästhetische Qualität der zu singenden Texte. Es müßten nun noch viele weitere Qualitätsmerkmale dieser Musikgruppe aufzeigen, aber ich möchte es erstmal hiermit bewenden lassen, um auf Wesentlicheres zum Verstehen diese Antirammsteinkampagne anzuzeigen. Zur „Neuen Deutschen Härte“ gehört auch ein antifeministisches Moment. Diese Musikrichtung ist auch eine Reaktin auf die feministische Kritik am Mannsein, daß er sich zu entmännlichen habe. Es ist eine bewußt männliche Musik.Kraft, Stärke, Agonalität strahlt sie aus. Man könnte sich gut eine Vertonung von Ernst Jünger Texten, etwa „Stahlgewitter“ von „Rammstein“ vorstellen. So versößt diese Musik von ihrer Stimmung her schon politisch korrekter Musik, völlig unabhängig von den Texten. Diese ganze Musikrichtung provoziert so Feministin, müssen sie ja mit Entsetzen wahrnehmen, daß gerade diese so männlich daherkommende Musik unter Frauen ankommt: „Endlich richtige Männer“, wie mir mal eine jüngere Frau ihre Begeisterung für „Rammstein“ erklärte. Kann der Gehalt der Musik Rammsteins erfaßt, bestimmt werden,das was all ihren Werken gemeinsam identitätsstiftend ist? Meine vorläufige These: Es ist eine bestimmte Gestimmtheit: daß das Leben Kampf ist, als sollte Heraklits: "Der Krieg ist der Vater aller Dinge" vertont werden. In diesem Ausspruch darf ja "Krieg" nicht einfach mit dem Militärkrieg identifiziert werden, eher mit dem Begriff des Widerspruches,des Widerstreites, des Antagonismus. Es ist eine Musik, in der es keinen Glauben an die Harmonie als letzten Grund alles Seienden gibt. Dies wird nun nicht primär durch die Texte der Lieder ausgedrückt sondern durch die Musik als Ganzes, zu der dann auch der Text als gesungener gehört mehr in seinem Klang als in seiner Satzbedeutung. Zur politischen Korrektheit gehört es nun eben auch, Deutsche gern auf den letzten Plätzen zu sehen, wie im europäischen Gesangswettbewerb in den letzten Jahren es regelmäßig sich ereignet oder im Sport- man denke an das blamable Abschneiden unserer Fußballnationalmannschaften, der Männer wie der Frauen: Seit Hitler gehören wir nur noch auf die letzten Plätze. Und da ist nun eine deutsche Musikgruppe so erfolgreich und das noch mit so deutsch tönenden Musik: „Neue Deutsche Härte“. Das darf nicht sein. Und so wurde nun eine Kampagne gegen Rammstein eröffnet mit Pauken und Trompeten. Leider, leider ermittelte dann die Polizei sorgfältig und alle Vorwürfe fielen wie Kartenhäuser in sich zusammen. Unser Rechtsstaat funktioniert eben doch noch. Zusatz: Das größte Problem der Ästetik ist das der Begründung von Qualitätsurteilen gegenüber dem vorherrschenden Trend, alles auf rein subjektive Geschmacksurteile zu reduzieren. Dem korrelier die Tendent, als wahr nur gelten zu lassen, was mir gefällt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen