Montag, 31. Januar 2022

Natur statt Gott - oder eine breitenwirksame Religionskritik

Natur statt Gott -oder eine breitenwirksame Religionskritik


Dort, wo man es gar nicht vermutet hat, stößt der Leser auf diesen Typ der Religionskritik nämlich in dem wirklich gut geschriebenen Unterhaltungs-roman: „Die zweite Frau“ von E.Marlitt. Sie publizierte ihre Romane in der Zeitschrift: „Die Gartenlaube“ -spontan assoziiert man damit „Heile Welt“ und für Frauen eben halt geschrieben. Dank ihrer dort in Fortsetzungsform publizierten Romane konnte „Die Gartenlaube“ ihre Auflage von 100.000 auf 375.000 steigern, für das 19 Jahrhundert eine beachtliche Auflage. Wer auf „Wikipedia“ sich über diese Autorin kundig macht, wird erstaunt feststellen, daß sie im Gegensatz zu Hedwig Courths Mahler, der Königin des Liebesromanes sehr wohlwollend rezensiert wird. Aber hier ist nun nicht der rechte Ort dafür, diese Schriftstellerin zu würdigen. Es soll nur auf einen Aspeckt wert gelegt werden, den der Religionskritik und zwar ein Typus der leider als sehr effektiv sich erweisen sollte.

Im 12. Kapitel findet sich eine Kontroverse über die Religion, welche Stellung der Mann und die Frau dazu einnähme. Der Mann (des 19. Jahrhundertes) wird dabei so in seiner Haltung zur Religion charakterisiert:

Mögen aufrührerische Männerköpfe ihr bißchen Wissen an die Stelle der Heiligen setzen – es ist traurig genug, daß es geschehen darf – wir Frauen aber sollen deshalb doppelt glauben und uns niemals verführen lassen, zu grübeln.“

Dies kurze Votum ist nun aber mehr als bedenkenswert. Es gäbe zwei Sphären, die des Mannes und die der Frau. Die männliche Sphäre sei nun charakterisiert durch den Kopf, das Wissen und das Grübeln. Dieser Primat des Cognitiven trete an Stelle des Heiligen, der Religion. Als aufrührerisch wider die Religion wird dieser Primat des Cognitiven verurteilt und der Frau dann die Religion positiv zugeordnet: Sie soll glauben und sich nicht zum Grübeln verführen lassen. Wo das Denken als Grübeln verunglimpft wird und dem Glauben antithetisch gegenübergestellt wird, da wird die Religion als etwas Gefühlvolles bestimmt. Der (aufrührerische) Mann vertritt das Denken und Wissen, die Frau das Gefühl und den Glauben. Die christliche Religion wird so dem Lebensraum der Frau zugeordnet: zu Kinder und Küche gesellt sich das 3.K, die Kirche, wohingegen der Mann in dem Raum der Ökonomie und der Politik und der Wissenschaft sozusagen religionslos lebt. Wer in einem beliebigen Gottesdienst sich die Anzahl der weiblichen und männlichen Gottesdienstbesucher anschaut, wird selbst im 21. Jahrhundert diese geschlechtsspezifische Differenz wahrnehmen können.

Aber dies Votum evoziert nun eine Kritik dieser Rollenzuschreibung der Frau: So würde ja die Frau „dem Aberglauben, dem Glauben an eine spukhafte Geisterwelt, an die Gewalt des Satans“ ausgeliefert. Stattdessen bekennt diese Frau dann: „Dieses Hineinragen einer übersinnlichen Welt in die Wirklichkeit leugne ich allerdings“. Es gäbe die Natur. Gottes wahres Wunder sei die Natur: „ein ganzer Wolkenhimmel voll Engelsköpfen versinkt neben der treibenden Wunderkraft, die einen kleinen, bunten Blumenkelch aus der Erde steigen läßt.“ „Und nun dichtet man dem weisen Schöpfer willkürliche Eingriffe in seine ewigen Gesetze an“.

Ist nun Gott noch etwas von dieser treibenden Wunderkraft und den ewigen Gesetzen der Natur Verschiedenes? Vielleicht ist das in diesem Antivotum noch eine Differenz zwischen Gott und der Natur gedacht, aber dann kann oder will dieser Gott dann nicht mehr in die von ihm erschaffene Natur einwirken. Ein pantheistisches Verstehen der Natur bahnt sich darin schon als als der Vorstufe eines reinen Atheismus. Aber dieser von Feuerbach und Marx propagierte Atheismus war wohl zumindest im Bürgertum des 19. Jahrhundertes weniger erfolgreich als der Glaube an die Natur.

Das Natürliche wird zu dem Guten, der Mensch, der Mann der Zivilisation dagegen wird zum bösen Naturzerstörer. Nicht gilt es nun, kultiviert oder gar manierlich zu verhalten, man solle natürlich authentisch sich geben. Der christliche Gott kann in dieser Naturgläubigkeit keinen sinnvollen Platz mehr einnehmen. Lautete die Parole der Aufklärung noch: die natürlich-vernünftige Religion statt des Kirchenglaubens so gilt nun: Die Natur ist der Inbegriff allen guten Lebens, und so bedarf es keines Glaubens und keiner Religion mehr, denn die fortschreitenden Naturerkenntnisse erschließen uns die wahren Wunder dieser Welt, die in ihr waltende Naturkraft und ihre ewigen Gesetze.So sich mit der Natur zu beschäftigen, sie so zu erleben, das sei nun die Mission der Frau, die sich damit aus dem christlichen Aberglauben emanzipiere. Der Mann dagegen scheint der Homo faber (Max Frisch) zu bleiben.

So ein naturreligiöses Konzept scheint nun in den Zeiten der Umweltschutzproblematik zusehens an Plausibilität zu gewinnen. Es sei nur an die Pachamamaverehrung auf der Amazonassynode durch Papst Franziskus erinnert. Eine Resakrialisierung der Natur nach der Entzauberung der Welt durch die Aufklärung (Max Weber) liegt so in der Luft. Schon in einem populären Unterhaltungsroman des 19. Jahrhundertes finden sich die Grundzüge einer solchen Apotheose der Natur! Die Schöpfung Gottes wird vergöttlicht als die ewige Natur und der Schöpfergott verschwindet ganz in dieser verklärten Natur, die in keinster weise einen Erlöser bedarf, denn sie selbst ist ja schon das an sich Gute. So bedarf es auch keiner Erlösung vom Tode mehr, keinen Überwinder des Todesschicksales, weil auch der Tod etwas Natürliches und somit Gutes sei. Dazu paßt denn auch, daß die Gesundheit als das höchste Gut angesehen wird.

 

Sonntag, 30. Januar 2022

Die Bischöfe sind an Allem schuld- wir brauchen eine "neue Kirche"

(Gedanken zum Mißbrauch der Mißbräuchsfälle zur Demontage der Kirche)


Das eine ist das Ereignis, das andere sind die Interpretationen des Ereignisses. So ist die Geschichtsschreibung immer auch ein Kampf um die Deutungsvollmacht des Geschehenen. Das Ereignis ist jetzt die Summe der Mißbräuchsfälle in der Kirche. Aber wie werden sie interpretiert? Die Weise des Interpretierens ist nämlich für das Leben der Kirche wesentlicher als das Ereignis, wie es wirklich war.

So soll nun hier eine prototypische liberale Interpretation der Miß-bräuchsfälle aus einer Sonntagspredigt vorgestellt werden.

Statt des Sonntagsevengeliums wurde die Geschichte der Verleugnug Jesu Christi durch Petrus verlesen. Wie Petrus verleugnet hatte, so verleugnen jetzt die Bischöfe das Evangelium, indem sie versuchen, den Mißbrauchsskandal zu vertuschen. Auch wenn Papst Benedikt XVI emeritus nicht erwähnt wurde, selbstredend war auch an ihn als „Vertuscher“ zu denken im Sinne der Predigt.

Kleriker hätten ihnen Anbefohlene mißbraucht, aber die Bischöfe vertuschten die Mißbräuche und machten sich so zu den Komplizen der Täter. Die Bischöfe verfügten eben in der Kirche über zu viel an Macht, und Macht korrumpiere eben und so käme es zu dieser Verschleierung der Mißbräuche.Da bestünden eben Zusammenhänge zwischen den von Klerikern angemaßten „geistlichen Vollmachten“, ihrer Macht in der (leider)hierarchisch strukturierten Kirche und den Mißbräuchsfällen. An Allem sei eben die Macht schuld. (Auch wenn die Predigt nicht auf Tolkiens: „Der Herr der Ringe“ verwies: Das ist auch eine der Aussagen dieses Werkes, daß der Ring der Macht vernichtet werden müsse, weil er seinen jeweiligen Besitzer zu viel an Macht verliehe, so daß er dadurch korrumpiert würde, daß nicht er herrscht sondern die Macht durch ihn.) Wenn aber die Macht etwas so rein Negatives wäre, warum wird dann Gott als allmächtig geglaubt?

Aber die Macht als solche ist nun zu vermaledeien, die klerikale insbesondere, die sich auch noch als geistige ausgibt. Da die Kirche so faktisch ein „männerbündliche“ Gesellschaft sei, in der sich der Klerus jede Kritik als Nestbeschmutzung verböte, kann eine Reinigung der Kirche nur von außen sich ereignen. Unabhängige staatliche Stellen sollten intervenieren. Die Kirche ist so eben keine societas perfecta, das heißt eine selbstständige keine externe Hilfe benötigende Gemeinschaft, sondern eine der staatlichen Hilfe bedürftige. Ja, die Kirche dürfe keinen „Staat im Staate“ bilden, sondern müsse ganz sich der staatlichen Ordnung einfügen. Das heißt nüchtern, daß das Grundgesetz des Staates auch die Grundordnung der Kirche zu sein habe. Dies ist ja bekanntermaßen ein Herzensanliegen des vorkonziliaren Modernismus, der von den damaligen Päpsten entschieden verurteilt worden ist.

Die Verdemokratisierung der Kirche wäre so das Gebot der Stunde. Die Bischofsmacht müsse demokratisch kontrolliert werden. Die Bischöfe sollten auch auf alle Signen ihrer Macht verzichten, sondern ganz schlicht und demutsvoll auftreten. So müsse die Kirche zu einer neuen, nicht brüderlichen sondern geschwisterlichen Kirche werden.

Eigentümlich,daß das Thema der Sexualität überhaupt nicht vorkam, nicht einmal gestreift wurde es, denn es gab nur ein Thema, das der alles korrumpierenden Macht des Klerus und der Vertuschungswille der Bischöfe als praktizierte Männersolidarität.

Die neue Kirche hat so eine demokratisch strukturierte zu sein, nur so habe sie eine Zukunft. Wenn nun ein aufmerksamer Leser sich frägt, kam denn in dieser Predigt Gott oder Jesus oder das Evangelium gar nicht vor, es war doch eine Predigt in einer hl.Messe, so lautet die Antwort: Auch das ist typisch für diese liberale Ausdeutung der Mißbräuchsfälle. Die Kirche wird eben als etwas so rein Weltimmanentes verstanden, daß Gott hier keine Rolle mehr spielen kann. Es wird eben an das Allheilmittel der Verdmokratisierung geglaubt, an die Demokratie als die bestmögliche Regierungsform, daß deshalb auch die Kirche, um keinen „Staat im Staate“zu bilden, ganz gemäß der politischen Ordnung des Staates auch geordnet werden müsse.

Den heutigen Bischöfen, die schon so oft wie offizielle Regierungslautsprecher tönen, ist so nun auch noch eine demokratische Kirchenverfassung beizugeben. Das sei die Zukunft der Kirche.

Wie konnte es da nur Jesus passieren, daß er in völliger Verkennung zu Petrus sagte: „Weide Du meine Schafe“? Denn Jesus selbst setzte ja Petrus als monarchischer Regierer seiner Kirche ein- weiden ist der terminus technicus für das monarchische Regieren. Offenbar war der Sohn Gottes auch nur ein Kind seiner Zeit und kannte so nicht den Segen der Demokratie, denn sonst hätte er doch zu seinen Jüngern, besser Schülern gesagt: Wählt Euch eine Vorstandschaft, die ihr auch jederzeit wieder abwählen könnt, wenn sie Euch mißfällt. Und Erzbischof Schick forderte das jetzt schon für seine Zukunftskirche, daß alle kirchlichen Leitungsämter nur noch zeitlich limitiert zu vergeben sein sollen und diese von Aufsichtsgremien zu kontrollieren seien. (Kath de am 28.1.2022)Die Demontage der Katholischen Kirche durch den Episkopat Deutschlands schreitet so voran. Das Endresultat: eine Kirche, die ihr Leben wie ein Kaninchenzüchterverein organisiert, nur eben mit einem anderen Vereinszweck ausgestattet.


Zusatz:


Genaugenommen gibt es aber gar keine Mißbrauchstäter, sondern nur eine kirchliche Macht, die durch Kleriker Menschen mißbraucht, denn das Böse sei diese Macht an sich. Das ist so wie die Vorstellung, daß Waffen töteten und nicht Menschen durch Waffen. Diese Mystifikation zeigt eben an, daß sich Menschen nicht mehr als die Subjekte ihres Tuens und Unterlassens ansehen, sondern als selbst Unterworfene, die so fremdbestimmt lebten.


 

Samstag, 29. Januar 2022

Die Texte des 2.Vaticanums und der Geist des Vaticanums: Geht die Kirche an diesem Geist zugrunde?

Die Texte des 2.Vticanums und der Geist des Vaticanums: Geht die Kirche an diesem Geist zugrunde?


Ein Verdachtsfall: Könnte es sein, daß einflußreiche Theologen dieses Konziles viel weitgehender „Reform- und Modernisierungsvorstellungen“ vertraten als es dann in den approbierten Texten erscheint, daß so tatsächlich der Geist dieses Konziles von seinen Texten zu distinguieren wäre, wenn dann unter dem Geist die Theologie von Beratern des Konziles verstanden würde.

Ein gewichtiger Konzilsberater soll laut G.May,300 Jahre gläubige und ungläubige Theologie, 2017 der Theologieprofessor E.Schillebeeckx gewesen sein, der auch großen Einfluß auf den niederländischen Episkopt ausübte. (S.837-845)Dieser Theologieprofessor bekannte: „Seit 1953 habe ich mich stets der Formulierung widersetzt: Christus ist Gott und Mensch zugleich, wie auch der Verwirrung erzeugenden Ausdrucksweise:Der Mensch ist Gott.“ (S.838) Jesus sei stattdessen das „Urbild der Menschlichkeit, nicht der menschgewordene Sohn Gottes.“ (S.838)

Er ist ein >eschatologischer Bote<, ein Mensch der >Proexistenz< und des >Liebesdienstes< für andere.“ Das Jesus Christus nicht nur der wahre Mensch sondern auch der wahre Gott ist, lehnt so dieser Theologieprofessor ab. Mit dieser Entgöttlichung Jesu erwirkte Schillerbeeckx die Möglichkeit, daß die christliche Religion als gleichberechtigte mit allen anderen Religionen sich verstehend einen interreligiösen Dialog führen kann, denn nun steht die christliche Religion den anderen nicht mehr als die einzig wahre gegenüber, weil sie nicht mehr als allein von Gott Sohn gegründete sich versteht. So steht es (noch) nicht in den Texten des 2.Vaticanums, aber diese Entgöttlichung Jesu zielt eben schon auf das Konzept der Vorstellung des Gleichwahrseins aller Religionen hin.

Nach diesem Theologen war Jesu Kreuzestod kein Sühnopfer. (S.840) Damit wird der Eucharistiefeier als kirchliches Meßopfer der Boden entzogen, denn wenn Jesu Kreuzestod schon kein Opfer gewesen war, kann die Eucharistie selbstverständlich auch keines mehr sein, sodaß es dann auch keines Priesters mehr bedarf, wie schon Luther richtig feststellte. Schillerbeeckx zog diese Konsequenz schon selber. May resümiert, daß dieser Theologe das Priestertum preisgibt: „Schillerbeeckx entmächtigte den Priester als unerläßlichen Vollzieher des eucharistischen Opfers,indem er Nichtpriester als >Vorsteher< der Eucharistie als möglich erklärte.“ (S.840) Die Gemeinden sollten so sich frei ihre Vorsteher der Euchristie und der Gemeinde wählen dürfen und sie dürfte sowohl Ledige als auch Verheiratete, Männer wie auch Frauen dazu erwählen.

Ein besonderes Problem ergibt sich nun aber darüberhinaus noch.Für diesen Theologen ist die „Rede von der Auferstehung Jesu ein Wort für den inneren >Bekehrungspozeß< der Jünger.“(S.840)Die österlichen Erscheinungen Jesu seien eben nur Visionen. Wenn also die Auferstehung nur einen Effekt des Lebens Jesu in seinen Jüngern zum Ausdruck bringt, daß sie dadurch zum Glauben kamen, dann kann dieser Effekt eben auch von dem toten Jesus ausgehen. Wenn Jesus nicht der Sohn Gottes war und nicht von den Toten auferstanden ist, dann kann in der Eucharistie dieser Jesus wohl auch nicht mehr selbst gegenwärtig sein. Kann dann die Eucharistie noch etwas anderes sein als ein feierliches Sicherinnern an den Verstorbenen, die die Teilnehmer zu einem Leben nach seinem Vorbilde motiviert? Schillerbeeckx läßt uns dann aber in diesem Punkte nicht im Unklaren, wenn er die christliche Gemeinde so definiert: „das Bewußtsein der Gemeinde, daß sie die Sache Jesu fortsetzt.“ (S.841) Jesus liegt eben noch im Grabe tot, aber die Gemeinde setzt in ihrem Leben seine Lebenspraxis, die „Sache Jesu“ fort. Jesus kann sie ja selbst nicht mehr fortsetzen.

In einigen Punkten ist dieser Theologe eben noch fortschrittlicher als die aktuell diskutierte Reformagenda des „Synodalen Irrweges“.

Aber im Wesentlichen hat dieser Theologe diese Reformagenda schon vorweggenommen: Abschaffung des Zölibates, die Beseitgung des Priestertumes, weil es kein Opfer mehr gibt, die Forderung nach der Verdemokratisierung der Kirche, daß jeder Vorsteher der Gemeinde werden kann, wird er nur demokratisch gewählt. Anders als jetzt war diese Theologie noch christologisch interessiert und sah so ihre Aufgabe in der Dekonstruktion der Christologie. Heutzutge kann man stattdessen eine minimalistische Christologie aus den Sonntagspredigten heraushören, daß uns in Jesu Gottes Liebe zu uns Menschen begegne. Das könnte dann im Sinne dieses Theologen gedeutet werden, daß in der Lebenspraxis der Zuwendung des Menschen Jesu Gottes Zuwendung zu den Menschen erfahrbar wird ohne daß deshalb Jesus selbst der Sohn Gottes sein müßte.

Die Tendenz dieses Konzilstheologen ist aber unverkennbar, die Kirche zu einer Agentur gelebter Humanität umzuformen, theologischen Balast dafür abzuwerfen, daß Jesus der Sohn Gottes sei, daß er für unsere Sünden gestorben sei und gar auferstanden sei, um die Kirche dann ganz auf eine humanistische Praxis zu focussieren. Wenn nun diese Tendenz so in den Texten des 2.Vaticanums nicht manifest erscheint, ist doch zu fragen, ob nicht als Subtext gerade diese Intention in den Konzilstexten präsent ist. In der Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte wäre dann dieser Subtext als Geist des Konziles wirksam geworden bis hin zu der Deformationsagenda des „Synodalen Irrweges“, die dieser Theologe sicher begeistert begrüßt hätte. Daß die Kirche an diesem Verhumanisierungsvorhaben zugrunde gehen muß, wenn es vollständig umgesetzt würde, ist aber offensichtlich.

 

Freitag, 28. Januar 2022

Gelten die Menschenrechte auch vor Gott? Die Kirche und die Menschenrechtsideologie

Gelten die Menschenrechte auch vor Gott? Die Kirche und die Menschenrechtsideologie


Niemand anderes als Kardinal Ratzinger schrieb: „Begnügen wir uns hier mit der Feststellung, daß der Text (gemeint ist die Pastoralkonstitution >Gaudium et spes< H-L B)die Rolle eines Gegensyllabus spielt und insofern den Versuch einer offiziellen Versöhnung der Kirche mit der seit 1789 gewordenen neuen Zeit darstellt.“ Zitiert nach: Heinz-Lothar Barth, Keine Einheit ohne Wahrheit, 1999, S.194f. Damit sagt der spätere Papst Benedikt, daß im 2.Vaticanum die Katholische Kirche ihre Versöhnung auch mit der Menschenrechtsideologie versucht hat, die der „Syllabus“ noch verworfen hat als inkompatibel mit der christlichen Religion.

Hier soll nun nicht die Quaestio diskutiert werden, wie diese Äußerung sich zu der sonst von Papst Benedikt XVI vertretenden These der Kontinuität des Reformkonziles zur katholischen Tradition verhält, sondern sich auf die Erörterung der Folgen der Bejahung der Menschenrechte kapriziert werden.

Es soll sich dabei aus verständlichen Gründen auf die Aussage der Menschenrechte focussiert werden, daß ein Mensch nicht ob seines Glaubens diskriminiert werden dürfe. Denn Jesus Christus selbst lehrt uns: Wer glaubt und getauft wird, wird eingehen in das ewige Leben, wer nicht glaubt, wird verdammt werden. (Mk 16,16) Unter dem Glauben ist hier selbstredend nicht irgendein Glaube sondern der christliche gemeint, denn nur er kennt nämlich das Sakrament der Taufe. Wenn also Jesus Christus, sitzend zur Rechten des allmächtigen Gottes wiederkommt zu richten die Lebenden und die Toten, wird er mit Faust Gretchen fragen: „Wie hieltest Du es mit der wahren Religion?“

Von der Menschenrechtsideologie her beurteilt, dürfte Jesus gerade diese Frage nicht stellen. Auch er dürfte einen Menschen ob seines Glaubens oder Unglaubens oder anders gearteten Glaubens verurteilen, denn auch ihm müßte der Glaube des von ihm zu Beurteilenden gleichgültig sein. Nach welchen Kriterien dann Jesus Christus auch sein Gericht halten mag, die Frage des Glaubens und die nach dem Getauftsein dürfte er nicht stellen.

Damit steht die Kirche vor einer Aporie: Wie kann sie die Menschenrechte bejahen und zugleich lehren, daß das eschatologische Endgericht über uns Menschen, so wie es Jesus hier in Mk 16,16 lehrt, nicht im Einklang mit diesen Menschenrechten durchgeführt werden wird? Das Kriterium, das nach der Lehre der Kirche das wichtigste im Endgericht sein wird, darf ob der Anerkennung der Menschenrechte durch die Kirche nicht mehr von ihr affimiert werden.

Würde die Kirche gar in Gänze die Menschenrechte auch im Bereich ihres kirchlichen Arbeitsrechtes anerkennen, dürfte sie keinen atheistischen Bewerber auf eine ausgeschriebene Stellen-ausschreibung mehr ablehnen mit der Begründung, der Bewerber sei ein Atheist. Auch müßte sie dann Frauen zu allen kirchlichen Ämtern zulassen und dürfte von keinem Homosexuellen verlangen, seine Sexualität nicht auszuleben, steht er im Dienste der Kirche, weil auch niemand ob seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden dürfe. Innerkirchlich müßte so weitestgehend auf das eigenständige kirchliche Leben verzichtet werden, die Kirche hätte sich ganz der bürgerlichen Gesellschaft gleich zu schalten. Bisher braucht das die Kirche noch nicht, weil sie die Privilegien eines Tendenzschutzbetriebes genießt, daß sie zur Wahrung ihrer Eigenart, ihrer Tendenz also limitiert Menschen diskriminieren darf, eben einen Atheisten oder praktizierenden Homosexuellen nicht als Arbeitnehmer akzeptieren zu dürfen. Dieses Eigenrecht der Kirche ist natürlich umkämpft und es wird versucht, es der Kirche abzusprechen nicht nur von der starken Homosexlobby und den Feministin, die im Namen der Menschenrechte so agitieren.

Die Agitation ist simpel und so auch erfolgreich:Da die Kirche die Menschenrechte bejahe, müsse sie denen auch in ihrem Eigenleben gerecht werden, also muß sie das Frauenpriestertum einführen. Ja, es wurde auch die Forderung erhoben, daß die Kirche jeden zum Empfang der Kommunion zuzulassen habe,egal was der um einen Empfang Ersuchende auch glauben mag, da niemand ob seines Glaubens diskriminiert werden dürfe.

Das innerkirchliche Eigenleben würde sich so, befolgte die Kirche in Gänze die Menschenrechtsideologie, auflösen, indem sie sich ganz einem bürgerlichen Vereinsleben gemäß umformen müßte. Unverkennbar ist das die Haupttendenz des „Synodalen Irrweges“, die der völligen Verweltlichung der Kirche durch die vollständige Anerkennung der Menschenrechte für das Binnenleben der Kirche.

Aber wenn dann die Kirche auch noch zu lehren hat, daß in Gottes Endgericht die Gretchenfrage: Wie hieltest Du es in Deinem Leben mit dem wahren Glauben, der wahren Religion?, nicht mehr von Gott selbst gestellt werden darf, dann erklärte sie damit die ganze christliche Religion nfür gleichgültig, ja sogar eigentlich für inakzeptbel, wenn sie weiterhin verkündete, was Jesus Christus uns selbst MK 16,16 gelehrt hat.

Wenn die Menschenrechte auch vor Gott selbst im Endgericht gelten, dann wäre die ganze Verkündigung Jesu Christi und die Lehre der Kirche somit auch unwahr!Wollte die Kirche sich gänzlich diese Menschenrechtsideologie zu eigen machen, dürfte sie als eschatologisches Endgericht nur noch verkünden, daß in ihm allein die humanitäre Praxis zähle, wie solidarisch hast Du gelebt? , oder es müßte die Vorstellung eines göttlichen Endgerichtes ganz aufgegeben werden, weil jeder Mensch ob der Menschenrechte und seiner Menschenwürde von Gott in sein Reich aufgenommen werden müsse, denn auch und gerade Gott dürfe eben keinen Menschen irgendwie diskriminieren.

(Genau genommen war Gottes Erwählen des Volkes Israel schon ein unverzeihlicher Verstoß gegen die Menschenwürde, denn Gott diskriminierte damit ja alle anderen Völker, die er so nicht erwählte.)

Um der Affirmation der Menschenrechte willen müßte sich so gesehen die Kirche in eine rein humanitaristische Nächsten-liebesorganisation umwandeln. Nur, ist sie nicht schon auf dem Wege dazu?


 

Donnerstag, 27. Januar 2022

Kardinal Ratzinger: Gibt es eine vor- und eine nachkonziliare Kirche?

Es gibt keine vor oder nach konziliare Kirche: Es gibt nur eine und eine einzige Kirche“


 

So sagt es Joseph Kardinal Ratzinger in: „Zur Lage des Glaubens“, 1985, S.33. Stellt das 2.Vaticanum einen Bruch mit der vorkonziliaren Kirche da oder steht es in Kontinuität mit der Kirche. Das ist die Disputationsfrage, zu der so Ratzinger als Kardinal Stellung bezog. Zwei Lager in der Kirche vertreten vehement die These der Diskontinuität, das modernistische Reformlager und das traditionalistische Lager: Die Lehre des Reformkonziles widerspräche in wesentlichen Punkten der Tradition. Die traditionalistische Deutung als Bruch verneint so die vollständige Bejahbarkeit der Konzilstexte, die modernistische verurteilt stattdessen die Lehren der vorkonziliaren Kirche, die durch diese Reform reprobiert worden seien. Impliziet nehmen so Beide einen genuin lutherischen Standpunkt ein, den, daß Konzilien irren können, nur daß in der traditionalistischen Sicht Irrtümer in die Texte des Reformkonziles sich eingeschlichen hätten, wohingegen in der modernistischen Sicht große Teile der Tradition als Irrwege abqualifiziert werden, oder gemäßigter als: Früher konnte die Kirche das so wohl sagen, jetzt aber nicht mehr.

 

Papst Franziskus, in dieser Causa sich treu bleibend vertrat und vertrit die These der Kontinuität, daß das 2.Vaticanum keinen Epochenbruch in der Kirchengeschichte signaliiert, sodß von einer Vor- und einer Nach-Konziliaren Kirche zu sprechen sei.

Spontan wird wohl jeder urteilen, daß das Konzil, was es auch gewesen sein mag, das gewesen ist und als solches dann richtig zu erkennen sei. Das in der Geschichte sich Ereignethabende sei eben etwas Objektives, das dann in der Kirchengeschichtsforschung in seiner Objektivität zu erfassen sei. Wie nun aber, wenn die Ereignisse in der Geschichte durch den weiteren Verlauf verändert werden können? Ein ganz triviales Beispiel möge das veranschaulichen. Liegt eine Fußballmannschaft in der 70.Spielminute 3:0 voran und erleidet in der 71. Minute einen Gegentreffer und gewinnt dann das Fußballspiel, dann war das Gegentor der Ehrentreffer der unterlegenen Mannschaft, verliert sie aber dann 3:4, dann war das Gegentor die Wende im Spiel. Ob das Gegentor also ein Ehrentreffer oder die Wende im Spiel markiert, entscheidet der weitere Spielverlauf. Erst retrospektiv, vom Ende des Spieles her kann dies Gegentor adäquat begriffen werden.

Wird nun diese Überlegung auf die Geschichtsschreibung appliziert, ergibt das, daß das, was ein Ereignis in der Geschichte wirklich war, erst durch das Ende der Geschichte bestimmt wird. Wenn die Geschichte als Summe von kontingenten Ereignissen verstanden wird, kann so mitten in ihr gar nicht erkannt werden, was das Geschichtsereignis war, weil es durch die Zukunft verändert werden kann. Zizek verdeutlicht dies Phänomen gern anhand der russischen Oktoberrevolution, die zuerst den Einstieg in eine neue Epoche markierte und dann nach ihrem endgültigen Scheitern 1989f zu einem Irrweg in der Geschichte wurde.

Das übertragen auf die Deutung des Reformkonziles hieße, daß es noch nicht feststeht, ob es ein Konzil der Kontinuität oder des Bruches ist, weil die zukünftige Entwickelung darüber erst entscheiden wird.

Rein theologisch ist Kardinal Ratzinger im recht, denn die katholische Auslegungsnorm für Konzilstexte ist, daß alle Texte als organische Einheit zu lesen sind. In der Kirche kann es keine die Identität der Kirche zerbrechenden Ereignisse geben. Somit ist auch das 2.Vaticanum als in der Kontinuität mit der Lehrtradition der Kirche sich befindend zu interpretieren. Somit kann es nicht eine Vorkonzils- und eine davon abzugrenzende Nachkonziliskirche geben. Weder darf so im Namen der Lehre der Vorkonzilskirche das 2.Vaticanum verurteilt werden noch darf im Namen des 2.Vaticanums die Lehre der Vorkonzilskirche dysqualifiziert werden.


Aber die kirchliche Realität widerstreitet diese normativen Bestimmung des Verhältnisses vom 2. Vaticanum zur vorkonziliaren Kirche. Das vorherrschende Narrativ erzählt einerseits eine Geschichte vom Abfall der Katholischen Kirche vom Urchristentum und seiner Umkehr zur Wahrheit seit diesem Konzil, oder deutet die Kirchengeschichte evolutionär als ein beständiges Fortschreiten zu immer größerer Klarheit, so daß jede gestern noch als wahr geltende Lehre heute durch eine bessere überholt und so veraltet wird. Alles Neue gälte so schon a priori als besser als das Jetzige und Gestrige, so verurteilt der Kardinal diesen kirchlichen Fort-schrittsglauben.(S.32)

Eines muß aber gesagt werden: Setzte sich die Reformagenda des „Synodalen Irrweges“ in der ganzen Katholischen Kirche durch, dann müßte gegen Papst Benedikts Deutung des Reformkonziles geurteilt werden, daß dies Konzil der Gründungsakt einer neuen „Katholischen Kirche“ gewesen sei, die sich aus der Kontinuität mit der Katholischen Kirche heraussprengt. So wird erst die Zukunft dieses Konzil zu dem machen, was es war. Was für eine Paradoxie!


Zusatz:

Was ermöglicht das Schreiben einer Biographie? Daß das Subjekt, von dem das Geschriebene erzählt, als ein sich identisch Durchhaltendes präsumiert wird. Gäbe es dies Ich nicht, von dem aktivische und passivische Aussagen gemacht werden in einer Biographie, könnte es keine Biographie geben und auch keine autobiographische Rede: Einst war ich das (ein Kind), jetzt bin ich dies (ein Erwachsener) und ich werde ein...sein, wenn ich das noch erleben werde. Das gilt so auch für die Kirchen-geschichtsschreibung. Die Kirche muß als das sich als identisch durchhaltendes Subjekt gedacht werden, damit dann von ihr im Laufe ihrer Geschichte ein Wandel ausgesagt werden kann, selbst der einer radicalen Diskontinuität. Selbst wenn in religiösen Autobiogrphien noch so vehement die Differenz vom alten Leben in Adam und dem neuen Leben in Christo beschrieben wird, es bleibt immer die Identität des Iches, ich einst als in Sünden Lebender und ich jetzt als im Glauben Lebender. So hat Kardinal Ratzingers Aussage, daß es nur die eine Kirche gäbe in allem Wandel der Zeit hindurch, doch mehr Wahrheit als sie dem Kardinal selbst bewußt war in dieser Aussage.


 

Mittwoch, 26. Januar 2022

Ist der "Freie Westen" am Ende- erleben wir unseren Untergang?

Ist der „Freie Westen“ am Ende- erleben wir unseren Untergang?


Seit Oswald Spenglers WerK: „Der Untergang des Abendlandes“ gilt nicht nur der Mensch sondern auch ganze Kulturen als sterblich. Paul Valery versicherte, „daß sogar die großen,durch Sprache, Recht und Arbeitsteilung integriertenn Kollektivgebilde sterblich seien“. P.Sloterdijk; Götterdämmerung, in: ders: Nach Gott, 2017, S.7. Fragen wir einfach: Erleiden wir das jetzt? Unter dem Titel: „Spätrömische Dekadenz“ schreibt P.Helmes:

Wir- Deutschland und die meisten Länder Westeuropas -stehen am Abgrund,kurz vor dem Niedergang. Da kommt einem schnell der Begriff >spätrömische Dekadenz< in den Sinn, denn auch Rom ist weniger durch fremde Mächte als vielmehr durch inneren Zerfall zerstört worden. Das trifft auch auf unsere Überfluß-und Überduß Gesellschaften zu.“

Westeuropa aber auch Amerika erscheinen uns so als die Zentren der heutigen Dekadenz, wohingegen etwa Ungarn, Polen und Rußland und isb das aufstrebende China von dieser Dekadenz (noch) nicht infiziert sind. Ob nun Deutschland wirklich ein Überflußland ist, das ließe sich aber in Frage stellen, beachtete man die sehr unterschiedliche Teilhabe am Reichtum in unserem Lande. Aber ein Überdrußland, das trifft schon eher. Aber das Eigentliche kommt erst in der weiteren Ausführung:

Hinzu kommt gerade bei den Linksgrünen ein abgrundtiefer Haß auf den Westen, auf die >alten weißen Männer<,die weiße Rasse- also Haß auf alles Deutsche, aber >Offenheit< zum Islam und dessen Eroberungs- und Unterwanderungsbestreben.“ Helmes, Die grüne Apokalypse, 2001,S.26f. Das „Hinzu“ verdunkelt nun aber nun die Dekadenz, die ja gerade in der Selbstverneinung ihr Zentrum hat. Auch ist diese Selbstverneinung nun nicht ein Alleinstellungsmerkmal der Partei der Grünen. „Die Antideutsche Bewegung“ ist erstmal ein Produkt linksextremistischer Kreise als Reaktion auf die Wiedervereingung Deutschlands 1989f, aber auch eine Reaktion auf die Enttäuschung über die nun wirklich sich ereignet habende Revolution in der DDR, die diesen sozialistischen Staat liquidierte: Nun macht das deutsche Volk endlich eine Revolution, aber mit dem Ziel, den Kapitalismus wieder einzuführen. Linksradicale waren also maßlos enttäuscht über dies Versagen des „revolutionären Subjektes“, das sich nun aus ihrer Sicht als rein konterrevolutionär erwies. Das deutsche Volk wurde so abgeschrieben.

Aber die von Helmes konstatierte Dekadenz wie im Alten Rom ist nun wirklich nicht limitiert auf die Grünenpartei.Und sie ist gerade der Selbstverneinungswille. Naiv könnte geglaubt werden, daß ein Selbsterhaltungswile und somit die Selbstbejahung etwas ganz und gar Natürliches sei, daß es dann aber oft an der Nächstenliebe fehle. So gingen Kulturen wohl trotz ihres Gemeinschaftsethos an einem Zuviel an ausgelebtem Egozentrismus zu Grunde.Jeder liebe sich zwar selbst, aber nicht jeder und nicht immer wird der Mensch dem göttlichen Gebote: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selber“ gerecht.

Aber wie nun, wenn nicht nur einzelne Menschen, sondern ganze Kulturen des Lebens überdrüssig geworden ihre Selbstnichtung als erstrebenswert ersehnen? Ein Bürger des Deutschen Staates ist ausgezeichnet wie auch jeder Bürger eines anderen Staates durch einen Komplex von Identitäten: Er ist männlich oder weiblich, er ist Deutscher oder Nichtdeutscher im ethnischen Sinne, er ist aber Deutscher Staatsbürger oder einer ausstaffiert mit mehreren Staatsbürgerschaften, sodaß diesbezüglich seine Identität unklar ist, er kann einer Religionsgemeinschaft oder auch einer politischen Partei angehören und noch basaler einer Rasse, im Regelfall der „Weißen Rasse“.

Wenn ein solcher Multiidentitärer nun sich selbst verneinen will, dann verneint er sich bestimmt, etwa als Deutscher oder als Weißer oder als Teilhaber der abendländischen Kultur. Er kann sich aber auch als Mensch verneinen in der extremsten Form des Freitodes aber auch weltanschaulich, indem er sich nur als höher entwickeltes Säugetier verstehen will oder als Vorstufe zum Übermenschen, der so das einfache Menschsein evolutionär hinter sich läßt.

Das Spezifische der Dekadenz bei uns ist nun die Verneinung als Deutscher. Das Deutsche Volk gilt -politisch korrekt beurteilt- als „massa perditionis“, um es augustinisch zu formulieren, als ein völlig moralisch verdorbenes Volk, das im Holocaust seinen wahren Volkscharakter der Welt offenbart hat. Aus diesem Volke muß man sich emanzipieren, will man als ein „Guter Mensch“ gelten. Darum hat man ein Anti-Deutscher zu sein. So denken heute politisch Korrekte völkischer als selbst die heutigen Rechten, denn sie glauben an die Bestimmtheit jedes Deutschen durch sein eigenes rein negatives Volkstum.

Diese spezifische deutsche Selbstverneinug wird nun auf den „Weißen Mann“ ausgedehnt, daß nun diese Rasse als Ganzes eine solche „massa perditionis“ sei. Wie sich diese Ausdehnung ereignete, das zu eruieren, wäre eine mehr als lohnende Aufgabe.

Aber dies sind doch nur Oberflächenphänome.Zu Grunde liegen dürfte dem etwas viel Tieferes,nämlich eine Schwächung des Lebenswillens. Das Leben kann als nicht lebenswert empfunden werden. Daraus kann dann eine produktive Haltung dem Leben gegenüber entspringen: das Streben nach einem besseren Leben und eine negative, daß das Leben an sich als ein Leidenmüssen wahrgenommen wird und so die Idee der Lebenswillenüberwindung entsteht, wie es Schopenhauer entfaltete. Die christliche Religion ist so auch ein Protest gegen das Leben,wie es real ist im Hoffen auf ein wahres jenseitiges, wohingegen der Buddhismus der Wille zur Erlösung vom Leben ist. Nicht das bestimmte Leben sondern das Leben als solches soll so negiert werden.

Die jetzige Dekadenz im freien Westen ist somit nicht eine Verneinung des Lebens selbst sondern eine bestimmte Verneinung, die des weißen abendländischen Mannes. Dieser soll seinen Platz in der Geschichte räumen, um Platz den Anderen zu machen, dem Nichtweißen, dem Nichtmann, dem Niichtchristen, dem Nichtabendländer. Dazu wird dann die Kulturgeschichte des Abendlandes völlig umgeschrieben: Sie soll nur noch eine der Unterdrückung und Ausbeutung der anderen Menschen und der Natur sein. Dabei nimmt dann der Deutsche die Sonderrolle ein, unter den Bösen wirklich der Böseste zu sein.

Die Schwächung des Lebenswillens ist so einerseits ein Produkt der hypermoralistischen Selbstkritik der Geschichte des „Weißen Mannes“, der nur noch für das Negative steht, aber die Schwächung des Lebenswillens ist auch die Voraussetzung einer solchen selbstestruktiven Geschchtsbetrachtung. Der darin sich manifestierende Überdruß am Leben ist eben der alt gewordener Völker, die nicht mehr an eine eigene Berufung glauben. Der Westeuropäer will wohl noch als Einzelindividuum leben und sein Leben genießen wollen, aber er will nicht das Weiterleben seines eigenen Volkstumes oder seiner Rasse.

Der Feminismus spielt so gesehen in der allgemeinen Dekadenz eine Sonderrolle, da er mit seinem Nein zum Leben, noch nie sind im Namen einer Ideologie so viele Menschen getötet worden wie in seinem, eher eine prinzipielle Verneinung des Lebenswillens ist, der so gerade im Töten der Kinder im Mutterleibe seine authentische Praxis hat. Die Feministin praktiziert so ihr Nein zur Zukunft des Lebens, indem so die Nachkommenschaft abgetrieben wird. So ist der Feminismus die radicalste Gestalt der Dekadenz mit seinem Nein zum Leben überhaupt in der Spannung zu bestimmten Verneinungen des Lebens, des Neins etwa zum Deutschen Volkstum oder der „Weißen Rasse“.




 

Dienstag, 25. Januar 2022

In der Welt-aber nicht von ihr: über die Lage des Menschen und der Kirche


Peter Sloterdijk zitiert in seinem Essay zur Gnosis als Hinführung zu ihr einen der bedeutendsten jüdischen Theologen Philo von Alexandria: „Denn jeder von uns ist in diese Welt gekommen wie in eine fremde Stadt,an der wir vor unserer Geburt keinen Anteil hatten, und in dieser Stadt hält er sich wie ein Gast auf, bis er die ihm zugemmessene Lebensspanne erschöpft hat.“ Sloterdijk, Die wahre Irrlehre: Gnosis, in: ders, Nach Gott, 2017, S.78. Der Mensch ist so zwar in der Welt, aber nicht von ihr. Gnosis als Erlösungskomzept bedeute dann, daß das Unglück der Seele sein Vergessen seines nichtiridischen Ursprunges wäre, das durch die Erkenntnis ihres Wohers erlöst werden kann als Rückbesinnung ihrer Heimat als Rückkehr zu ihr. Diese Selbsterkenntnis zu vermitteln ist nun die Aufgabe des Erlösers, der aus der wahren Heimat in die Welt gekommen, den Seelen so ihre Selbsterkenntnis vermittelt.

Aber genau genommen ist dies noch keine Gnosis. Diese Vorstellung wird erst zu einer rein gnostischen, wenn die Schöpfung der Welt und des Menschen schon als der Fall der Schöpfung und des Menschen verstanden werden und nicht christlich zwischen der Schöpfung des Menschen und seines Sündenfalles unterschieden wird. Denn so kann die Welt als die gute Schöpfung Gottes expliziert werden, die erst durch die Sünde und die Strafe Gottes dann depraviert wurde. Wird aber dieser Mythos vom Sündenfall gestrichen und wird so die Schöpfung selbst schon zum Fall, kann auch Gott selbst nicht mehr als der Schöpfer zu stehen kommen. Es wird somit distinguiert zwischen dem Schöpfergott, einem Demiurgen und dem Erlösergott. Nun bräuchte es eigentlich noch einer mythologischen Erzählung, wie es kam, daß die Seele in die Welt gefallen ist, wie sie ihr wahres Sein verkennt, sich also als ein Element in und von der Welt mißversteht und so entfremdet von sich selbst existiert.

So entstünde die Möglichkeit der Unterscheidung von In- und von der Welt Sein. Dies Vermögen erscheint nun Sloterdijk eigentlich als nur eine Möglichkeit des gnostischen Denkens und so verkennt er, daß diese Differenz schon Philo von Alexandria und dann ihm folgend etwa von der johanneischen Theologie (das Johannesevagelium und die Briefe) gezogen werden konnte.

Was bedeutet es aber, wenn der Mensch sein Sein verkennt, indem er sich nur noch als ein Element der Welt versteht? Er wird dadurch zu einem Gefangenen der Welt, das ist seine Entfremdung von sich selbst.

Kann für diesen recht spekulativ anmutenden Gedanken es in der Bibel selbst eine Fundierung geben, oder sollte hier einfach von einer philosophischen Verfremdung des biblischen Menschenverständnisses gesprochen werden, so als stünde zumindest das Alte Testament Nietzsches Parole der Treue zur Erde näher als solche weltflüchtigen Vorstellungen? Es soll sich deshalb auf einen Zentralbegriff des Alten Testamentes, dem des Exiles kapriziert werden. Das jüdische Volk vertrieben aus seiner Heimat lebte in der „Babylonischen Gefangenschft“ . Dies Exil wurde nun theologisch begriffen als die Strafe Gottes für das Sündigen des Volkes. Nicht ob einer militärischen Niederlage wurde das Volk aus seiner Heimat vertrieben, sondern Gott nahm seine diesem Volke gegebene Verheißug zurück, er verließ sein Volk und bestrafte es durch seine Exilierung. Im Exil konnte nun das Volk nie recht heimisch werden, weil nur in Jerusalem, im jerusalemer Tempel es seinen Gott verehren durfte. Im Exil zu leben, hieß so, nicht nur fern von der Heimat zu sein, sondern auch fern von Gott zu sein. Der Mythos vom Sündenfall radicalisiert nun diese Exilstheologie: Adam und Eva lebten in ihrer Heimat, bis daß Gott sie ob ihres Sündenfalles exilierte. Jetzt wird die ganze Welt für den exilierten Menschen zu einer „Babylonischen Gefangenschaft“. Darum heißt es im „Salve Regina“ so brillant die Lage des exilierten Menschen treffend: Ad te clamamus exsules filii Evae= Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas.“

Diese theologische Existenzerhellung ist somit kein Sondergut der Gnosis sondern gehört konstitutiv zum Menschenverständnis der Bibel. Das Bedrohliche ist nun die Möglichkeit des Menschen, seine Lage mißzudeuten und sich als Element der Welt, als eine Hervorbringung der Natur zu verstehen.

Wie die Existenz des Menschen die nun eines In- aber nicht von der Welt Seins ist, die er aber mißverstehen kann, sodaß er der Welt verfällt, so kann auch die Existenz der Kirche, die ebenso in der Welt aber nicht von ihr ihr Sein hat, mißverstanden werden, wenn sie sich auch nur noch rein weltlich versteht. Es gibt nun einen klar einsehbaren Zusammenhang zwischen der Möglichkeit des Menschen, sich verweltlichend mißzuverstehen und der Möglichkeit, die Kirche ebenso mißzuverstehen: Wenn der Mensch nur noch als etwas rein Weltliches sich mißversteht, dann wird er so auch die Kirche mißverstehen. Die Trias: Gott-Seele- Welt bestimmt das Existensverständnis des Christen. Durch seine Gottesbeziehung wird er stablilisiert der Welt gegenüber, die so ihm auch zum Material seines Gestaltens wird. Verliert er diese jenseitge Stabilisierung entfremdet er sich zu einem Element der Welt, die nun ihn hervorbringt und gestaltet. Der Verlust der Seele, daß seine Psyche nur noch etwas rein biologisch natürlich Erklärbares sein soll, entmenscht dann den Menschen vollends. Er will nur noch eine besondere Organisationsform der Materie sein, so das Credo jeder materialistisch-biologistischen Philosophie.

Was wird dann aus der Kirche, wenn sie nur noch ein weltlich Ding sein soll und sein will? Die Umformung der Kirche von einer in aber nicht von der Welt zu einer auch von der Welt zur bloßen „Weltkirche“ erleiden wir in der nachkonzilaren Zeit. Der „Synodale Irrweg“ stellt da neben der marxistischen Befreiungstheologie sicher den Tiefpunkt dieses Selbstentfremdungsprozesses dar. Aber diesem Fall der Kirche ging eben der Fall des Menschen voraus, der nicht mehr wissen will, was er ist, ein Exilierter in der Fremde, wie es schon so treffend Philo von Alexandria zum Ausdruck zu bringen wußte.

 

Montag, 24. Januar 2022

Aufklärung als die Norm für die Theologie und die Kirche


Die Aufklärung könnte in der Kulturgeschichte des Abendlandes soetwas wie eine Epochenwende bedeuten, daß danach alles irgendwie anders wurde als es vordem war. Dieser Begriff lebt nun geradezu aus seiner Unbestimmtheit, so gern dann auch Kants Definition des Mutes zum selbstständigen Denken und der Überwindung der selbstverschuldeten Unmündigkeit zitiert werden.Hell leuchtend wird dieser Begriff aber erst durch seine Kontrastierung durch das (Zer)Bild des dunklen finsteren Mittelalters, des Obskurantismus, der da geherrscht haben soll. Es soll damit die Verknechtung der Menschen durch die Priesterherrschaft mit ihrer abergläubischen Religion ein Ende gemacht werden, um endlich zur natürlich-vernünftigen Religion zurückzukehren, so gerade auch Kant in seiner Schrift über die Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft.

Konkreter kann aber die Aufklärung erfaßt werden als philosophische Reaktion auf die innerchristlichen Religionskriege des 17. Jahrhundertes, vor allem der 30 Jährige Krieg. Es galt, die christliche Religion so zu domestizieren, daß innerchristliche Differenzen nicht mehr zu kriegerischen Konflikten eskalieren können. (Das Narrativ, daß in diesen Religionskriegen die Religion nur mißbraucht, instrumentalisiert wurde für rein politische Machtinteressen, setzt aber schon die vollzogene Domestikation der Christlichen Religion voraus, daß sie selbst also nicht ursächlich für diese Religionskriege gewesen sein soll.)

Dies Domestikationsinteresse mußte nun der christlichen Religion ihrer Vitalität berauben, im Extremfall sie als etwas Gleichgültiges erscheinen lassen, um auszuschließen, daß so theologische Differenzen zu Konflikten führen können. Die rein vernünftig natürliche Religion mit ihren drei Glaubensartikeln, Gott, Freiheit und die unsterbliche Seele und dem Appell zu einem rein vernünftigen Leben reiche aus, alles Darüberhinausgehende sei unsinnig und eigentlich auch obskurantistisch.

Aber so denke der Mensch doch, habe so zu denken, wenn er vernünftig denkt. Nur diese Ineinsetzung von dem vernünftigen mit dem aufklärerischen Denken ist mehr als fragwürdig. Hat etwa einer der bedeutendsten jüdischen Theologen, Philo von Alexandrien nicht vernünftig gedacht, und wie steht es dann um die großen christlichen Theologen von Origenes bis Thomas von Aquin?Diesen Denken ein vernüntiges Denken abzusprechen, ist mehr als absurd. Nein das vernünftige Denken begann nicht erst mit der Aufklärung, denn auch vor Kant gab es das philosophische Denken.


Die Aufklärung kann aber als der Emergenzpunkt eines eindimensionalen Denkens gedeutet werden, daß nun die Welt zu der Totalität wurde, außerhalb der es nichts gibt, und in der alles in ihr auch aus ihr zu erklären und zu verstehen ist. Eine Tendenz zum monistischen Denken kann als ein Moment der Aufklärung angesehen werden, daß dann in der Zeit nach dem Zerfall der hegelischen Philosophie dominierend wurde- es sei an Nietzsche und Feuerbach und Marx erinnert. Jetzt wurde es zu einer Selbstverständlichkeit, daß Gott und alle sonstigen übernatürlichen Subjekte keine Subjekte in der Geschichtsschreibung mehr sein dürfen, daß die Natur, so wie sie jetzt ist im Makrokosmos der Galaxien bis in den Mikrokosmos der kleinsten Elemente der Natur ein reines Produkt der Selbstentfaltung von Natürlichem ist, daß eben Gott nicht mehr im Diesseits ist. Es kann nur noch religiös motivierte Handlungen geben, aber keinen Gott, keine Engel und keinen Teufel, die wirklich in der Realität wirken.

Die christliche Religion hat sich perfekt diesem Aufklärungsdenken unterworfen, wenn es sich nur noch als den Appell zur Nächstenliebe, zur Humanität deutet, der seinen Grund in Gottes Appell zur Humanität hat. Gott ist dann eigentlich identisch mit diesem Humanitätsappell.


Aber fällt den wirklich die Aufklärung und die Humanität so in eins? In der Französischen Revolution wurde die Aufklärung zum ersten Male praktisch als politische Revolution. Avancierte somit nicht das Schafott zu dem Vorzugswerkzeug der Aufklärung? Die kommunistischen Revolutionen, die die Französische Revolution nicht zu vollenden trachteten überboten dann noch den Terror der Französischen. Sind diese Exzesse nicht der Aufklärung etwas Immanentes und nicht einfach nur Unfälle im Laufe der immer vernünftiger werdenden Menschheit? Die Französische Revolution proklamierte die Menschenrechte und die Guillotine sollte die dann realisieren, die Gleichheit der Menschen durch ihr Enthaupten.Jetzt proklamiert das Europaparlament gar das Menschenrecht, daß Mütter ihre Kinder im Mutterleibe töten lassen dürfen. Man suche doch einmal in dem ach so dunklen Mittelalter vergleichbare Gewaltexzesse? Gab es in ihm den zwei Weltkriegen vergleichbare Kriege?

Positiv fällt die Bilanz der Aufklärung doch nur aus, wenn die heutige Technik als Frucht der Aufklärung angesehen wird. Das Mittelalter kannte keine Kühlschränke und kein Internet...Wenn Kulturpessimisten nun zwar auch täglich uns den Weltuntergang durch unser Technologie prophezeien, auch diese möchten nicht auf ihren Kühlschrank und ihren Internetzugang verzichten. Aber war für diesen technologischen Progress wirklich die philosophische Aufklärung die notwendige Voraussetzung? Mußte Gott abgeschafft werden, damit der Mensch anfangen konnte, die Welt zu beherrschen? Bildete nicht viel mehr die christliche Religion mit ihrem Auftrag an den Menschen, die Welt zu gestalten, das Fundament dieses Projektes der Naturbeherrschung?


Wenn nun aber tatsächlich diese Aufklärung zur der Norm der Theologie und der Kirche avanciert, was hätte das zur Folge? Es würde bedeuten, daß die Theologie nun selbst es sich zu ihrer Aufgabe machen würde, die christliche Religion weiter zu domestizieren. Das konsequente Ergebnis einer solchen Selbstdomestikation wäre es, die christliche Religion als gleichgültig zu erweisen, da es doch nur auf den (göttlichen in allen Religionen und allen Menschen im Gewissen eigenen) Appell zur Humanität ankäme. Dieser Appell wäre so die Substanz aller Religionen und der Vernunft, alles andere nur Folklore bzw überflüssige religiöse Tradition. Diese Vergleichgültigung der christlichen Religion ist dann also ihre Devitalisierung, das verbürgerlichte Christentum, wie es jetzt im einstigen christlichen Abendland „gelebt“ wird.


 

Sonntag, 23. Januar 2022

Aufklärung und Kirchenfeindschaft- eine kleine Erinnerung und eine Vermutung über den Kurs der Kirche heute


Zwischen 1751- 1772 erschien der Welt und zuvörderst Frankreich das Licht der Vernunft, die Aufklärung selbst in Gestalt eines großen Lexikons mit 60200 Artikeln, die „Enzyklopädie“. (vgl:Die Zehn Gebote Satans, Autor: anonym, Übers: Rothkranz, Bd 1, S.68-74)Die „Enzyklopädie“ verstand sich als „Vernunftgemäßes Wörterbuch der Wissenschaften,der Künste und der Berufe“.(S.68)

Vernunftgemäß meint hier, so das aufklärerische Verständnis: wider den katholischen Aberglauben und wider die Despotie der Fürsten und Könige. Auch wenn einer der großen Kämpfer wider diese zwei Grundübel seiner Zeit, der Aufklärer Voltaire, dessen Maxime bekanntlich hieß: Vernichtet die Infame, die Katholische Kirche, mehr auf kleine Agitationsbroschüren setzte, sollte die Wirksamkeit dieses Kompendiums der aufklärerischen Vernunft aus Freimaurerhand nicht unterschätzt werden.

Alle Großmeister in Deutschland,in England,in Italien und anderswo ermahnten alle Gelehrten und alle Künstler der Bruderschaft, sich zusammenzutun,um Materialien für ein Universalwörterbuch zu liefern.“ (S.69). Großmeister meint hier Vorsteher von Freimaurerlogen, die Bruderschaft meint allgemein das Freimaurertum. Hier kann nun nicht diese Enzyklopädie analyiert und so angemessen beurteilt werden. Es soll sich auf eine Aussage limitiert werden, in der sich aber der Geist dieses Vernunftlexikons manifestiert: In dem Artikel „Theokratie“ steht geschrieben, zitiert nach S.71:

Man hat gesehen,wie christliche Kirchenfürsten sich anstrengten, ihre Macht auf den Ruinen derjenigen Könige zu errichten; sie behaupten, Kronen mit solcher Autorität zu besitzen, wie sie nur dem Herrscher des Weltalls zusteht... Unter Ausnutzung der abergläubischen Torheit der Völker haben (sie)sie gegen ihre natürlichen Herrscher bewaffnet und Europa mit Metzeleien und Greueln überzogen.“

Hier findet sich fast das ganze Inventar aufklärerischer Verschwörungstheorien wieder. Es gibt den machtgierigen Klerus, die Kirche, die selbst nicht an ihre eigene Religion glaubt, aber die Gläubigkeit des Volkes, ihre abergläubische Torheit ausnutzt. Dem steht das Natürliche gleich das Vernünftige gegenüber. Die Confessionkriege des 17. Jahrhundertes werden nun auf das Wirken dieses machtgierigen Klerus zurückgeführt: die Metzeleien und Greuel. Deshalb muß durch die Aufklärung das Volk von seiner Abergläubigkeit befreit werden und die Kirche entmachtet werden.

Deshalb soll der Einfluß der Kirche gebrochen werden „und die geistliche Gewalt der staatlichen dienstbar“ gemacht werden.(S.71)Dieses und könnte nun addidativ gelesen werden, und das ist sicher auch angemessen, es könnte aber auch explikativ gelesen werden: indem die Kirche dem Staate subordiniert wird.

Hier schimmerte so eine ganz eigentümliche Strategie durch, die die Kirche zu instrumentalisieren, das aufklärerisch freimaurerische Gedankengut in das Volk zu implantieren! Die Kirche, in den Dienst dieser freimaurerischen Aufklärung zu stellen.Das muß auf den ersten Blick grotesk klingen.Aber: Im 18.Jahrhundert wurde ganz Europa, außer der Schweiz wohl fürstlich-monarchisch regiert.Das war der Aufklärung das Greuel schlechthin. Hegel ergründete in seiner Philosophie zwar, daß gerade der vernünftige Staat monarchisch sei, aber das blieb eine Episode in der Moderne.Der 1.Weltkrieg brachte dann ja bekanntlich das faktische Ende aller Monarchien Europas und das Ende des Thron- und Altarbündnises, des Hauptfeindes der freimaurerischen Aufklärung.

Was spricht also gegen die Vorstellung, daß nun eine Unterwanderung der Kirche durch den Geist der Freimaurerei versucht wurde und wird, um so die Kirche dem modernen demokratischen antimonarchistischen Staaten zu subordinieren?

Das mag nach einer „Verschwörungstheorie“ klingen, aber:Gehörten nicht gerade „Verschwörungstheorien“ zum eisernen Bestandteil der Aufklärung selbst, deren Grundmotiv immer die Vorstellung vom Priesterbetrug war, daß Machtgierige die Religion erfanden, um durch sie Völker zu beherrschen? Wer so sehr davon überzeugt ist, daß Verschwörungen den Lauf der Geschichte bestimmen, warum sollte der nun nicht auch auf „Verschwörungen“ setzen, um selbst die Völker nun -zum Guten hin- zu beherrschen?

Es ist doch bezeichnend, daß die, die so energisch für die Rechte des Volkes gegen ihre Herrscher, die Könige und Fürsten eintraten zugleich sich so über diese zum herrschen eigentlich Bestimmten äußern:

Weiß die Nation denn überhaupt, was sie will? Man wird sie wollen machen und sie Dinge sagen lassen, die ihr nie in den Sinn gekommen sind.“ (S.112)

Eines sollte man sich so klar vor Augen halten: Das vernünftige Denken und das aufklärerische sind nicht eins.Die Aufklärung ist selbst viel mehr eine Manifestation des Willens zur Macht, die Macht der Kirche und der Monarchien zu brechen, um selbst herrschen zu können über die Völker als daß es ein rein vernünftiges Denken ist.

Nicht die Abergläubigkeit der Kirche verurteilte primär die Französische Revolution als die Gestaltwerdung der Aufklärung, sondern daß sie in ihr eine Gegenmacht zum eigenen Machtwillen sah.So lautete ja 1923 die Parole dieser Aufklärer:

Auf die französische Republik, die Tochter der französischen Maurerei! Auf die Weltrepublik von morgen, die Tochter der Weltmaurerei!“ (S.29) In dieser Weltrepublik kann es die Katholische Kirche nur geben als eine völlig dem einen Weltstaat sich subordinierende! Ist das vielleicht gar der Weg der Kirche unter ihrem Papst Franziskus?



 

Samstag, 22. Januar 2022

Eine Orientierungsskizze: Alter und Neuer Bund- wie ist die Kirche im Verhältnis zu Israel zu verstehen

Eine Orientierungsskizze


Da in der Verhältnisbestimmung dieser beiden Bünde große Unkarheiten bestehen, die gerade so auch ein angemessenes Verstehen der Kirche behindern, sei hier eine Grobskizze dargelegt.


Das Motto: Wie im Alten so im Neuen Bund


Beide Bünde schloß Gott mit einem Volk, daß er der Gott dieses jeweils erwählten Volkes sein will und daß er so diesen beiden eine Ordnung gegeben hat, die erstmal rein formal betrachtet das gemeinsame Leben von Gott und seinem jeweiligen Volke reguliert. Damit ist eine Differenz mitgesetzt, daß Gott sich zu den Anderen, den Nichtdazugehörigen anders verhält als zu seinen von ihm Erwählten. Wer nun wie Glied dieses erwählten Volkes werden kann, ist nun selbst in den Bünden geregelt.


Im ersten Bund ist das Volk Israel das erwählte Volk, im neuen Bund die Kirche als Volk Gottes.Die Regularien für diese beiden Völkern weisen nun Gemeinsamkeiten auf:

im Alten Bund: die Beschneidung, im Neuen die Taufe, im Alten die Leviten als Priester, im Neuen der Stand der Priester, im Alten der Tempelkult, im Neuen das Meßopfer, im Alten die Forderung der Separierung von den anderen Völkern, im Neuen die geforderte Differenz zur Welt. Eine Differenz ist nun aber auch zu bemerken: Der Alte Bund kannte keine missinarische Ausrichtung, der Neue verlangt die Missionierung, daß alle Erwähten aus der Welt in die Kirche aufgenommen werden sollen. Beiden ist dann gemeinsam, daß sie perfekte Gemeinschaften sind, das heißt, daß sie selbstständig leben können und somit nicht auf externe Beistände angewiesen sind. Die Kirche bedarf also nicht eines Staates um ihres inneren Lebens willen.


Weil Gott mit Israel einen guten Bund geschlossen hat, sind die guten Elemente des Alten Bundes auch im Neuen enthalten. Gott kann nicht seinem Volke die gute Ordnung des Priestertumes einstiften und die dann dem neuen Volke, seiner Kirche vorenthalten, weil er auch dem neuen Volke eine gute Ordnung einstiften will. So entspricht der Sabbat dem Sonntag, der Beschneidung die Taufe.


Zu differenzieren ist nun zwischen der Religion des Volkes Israel im Alten Bund und der jüdischen Religion. Die Religion des Alten Bundes und die des Neuen sind nun nicht etwa zwei verschiedene Religionen, sondern in der Religion der Kirche vollendet sich die Religion des Alten Bundes. Der Opferkult des Alten Bundes und der Opferkult des Neuen Bundes sind so zu begreifen als Abbilder des wahren Kreuzaltaropfers Jesu Christi, der eine als Vorabbildung und der andere als Nachabbildung des Kreuzaltaropfers.

In den Neuen Bund hätte so das ganze Volk Israel eingehen sollen, damit sich ihre Religion in dem Neuen Bund erfüllt, daß nun der verhießene Messias gekommen ist und die Verheißungen erfüllt bzw am Ende der Geschichte erfüllen wird in seiner endgültigen Wiederkunft. Durch das Nein zu ihrem Messias ist nun das jüdische Volk aus dem Bund herausgefallen. Die neue Religion, die sich das jüdische Volk nun gab, stellt so den Bruch des Volkes mit dem Alten Bund dar. Bezeichnend ist ja, daß die Synagoge die zwei konstitutiven Elemente des Alten Bundes verloren hat: Die Synagoge hat keinen Tempelkult mehr und keine Priester.Das zeigt an, daß die Synagoge nicht mehr im Alten Bund beheimatet ist.Sie ist der Ort einer neuen Religion geworden, die nun das Alte Testament liest unter der Prämisse, daß a) Jesus nicht der Messias Israels ist und daß b) der Tempelkult und das Priestertum nicht konstitutiv für den Bund Gottes mit dem Volke Isreaels sei.Damit wird der Alte Bund verkannt, den sein Zentrum bildet die Verheißung des Messias, der in der Person Jesus zur Welt kommen sollte.

So ist es theologisch sinnwidrig zu behaupten, der Alte Bund sei ungekündigt, daß das Volk Israel immer noch das Bundesvolk Gottes sei. Das Volk wäre es noch, hätte es Jesus als seinen Messias angenommen und wäre so in das Volk Gottes eingegangen.Die Judenchristen in der Kirche zeigen so Gottes Treue zu seinem ersterwählten Volke an, die Synagoge dagegen das Nein nicht nur zum Neuen Bund sondern auch zum Alten.So sagt Jesus ja,glaubten die Juden Mose, würden sie auch an mich glauben, da sie mir nicht glauben, glauben sie auch nicht Mose.

Der Alte Bund sollte also von Gott her im Neuen aufgehoben und darin dann auch bewahrt werden. Nur im Ja zu dieser Aufhebung kann so die Treue zum Alten Bund bewahrt werden. Diese Aufhebung ist nun auch eine Negation, denn der exclusiv mit Israel geschlossene Bund wird nun zu einem für Menschen aller Völker. Der Tempelkult als die Vorabbildung des Kreuzopfers Jesu Christi wird nun auch negiert durch das Meßopfer der Eucharistie als der Nachabbildung des Kreuzopfers.Aber diese Negtion ist nur ein Moment der Aufhebung des Alten Bundes, weil im Neuen die Substanz des Alten bewahrt wird: das Bundesvolk Gottes mit dem Zentrum des Opferkultes, dessen Substanz Jesus Christus als der wahre Priester ist. Für die Kirche heißt dies, daß sie sich als die Gemeinschaft zu verstehen hat, in der der Alte Bund aufgehoben im Neuen sein Weiterleben hat.


Dies ist selbstredend nur eine gröbliche Skizze, die aber wohl einer ersten Orientierung dienlich sein dürfte.



 

Freitag, 21. Januar 2022

Ein Versuch über die Erlaubbarkeit einer Beihilfe zum Freitod - oder ein Versuch über das Verhältnis von der Kirche zum Staat

Ein Versuch über  die Erlaubbarkeit einer Beihilfe zum Freitod -oder ein Versuch über das Verhältnis von der Kirche zum Staat


Unabhängig vom moraltheologischen Diskurs gilt, daß in Deutschland ein Mord eine zu bestrafende Handlung ist, der Selbstmord aber nicht. Da der Mord eine zu bestrafende Handlung ist, ist auch ein versuchter Mord oder eine Beihilfe zum Mord strafbar. Der Versuch wie auch die Beihilfe sind dabei nur deshalb zu bestrafende Handlungen, da der Mord zu bestrafen ist. Wenn dagegen der Selbstmord, besser eine Selbsttötung nicht mehr staatlicherseits als Verbrechen beurteilt wird, kann auch eine versuchte Selbsttötung und eine Beihilfe zu einer Selbsttötung nicht zu bestrafen sein. Hier liegt der Fall so klar, daß man sich wundern muß, daß es über diese Causa überhaupt einen Diskussionsbedarf gibt.

Rauchen schädigt die Gesundheit, so die allgemeine Meinung. Aber der Staat verbietet das Rauchen nicht, er erlaubt also eine den Bürger sich selbst schädigende Handlung, weil in diesem Punkte die Sorge um die eigene Gesundheit im Spannungsverhältnis zum Wunsch, Tabak zu genießen dem Bürger eigenverantwortlich selbst überlassen wird. So kann deshalb eine Beihilfe zum Rauchen, etwa ein Feuergeben keine zu bestrafende Tat sein, da das Rauchen staatlich erlaubt ist. Nun könnte sehr wohl ein Bürger, angefragt, ob er Feuer gebe, damit der Fragende rauchen kann, antworten: Ich leiste keine Beihilfe zu einem Ihre Gesundheit schädigendem Verhalten! Dies wird wohl als eine Unhöflichkeit empfunden werden, zumal wenn der so Antwortende gar Zündhölzer in seiner Hand hält, aber so darf diese Anfrage abgelehnt werden. Nicht kann aber geurteilt werden, daß ein Feuergeben, weil so ein die Gesundheit schädigendes Verhalten ermöglicht wird, eine zu bestrafende Handlung sein. Genau das gilt dann auch so für die extremste Gestalt eines sich selbst schädigenden Verhaltens, der Selbsttötung.

Der moraltheologische Diskurs kann jetzt sehr wohl den Freitod und damit auch jede Beihilfe zum Freitod als Sünde qualifizieren, aber das heißt dann noch nicht, daß diese zwei Handlungen auch strafrechtlich als Verbrechen zu verurteilen sind. Denn nicht alles, was die Moraltheologie als Sünde bestimmt ist auch strafrechtlich beurteilt ein Verbrechen. Ein einfaches Beispiel möge dies veranschaulichen: Die eheliche Untreue, das Fremdgehen ist auf jeden Fall eine Sünde, aber keine Straftat. Und das ist auch gut so oder könnte wirklich die Moraltheologie fordern, jeden, der fremd gegangen ist, zu einer Geld- oder Gefängnisstrafe zu verurteilen? Selbst in einem christlichen Staat könnte nicht jede Sünde als eine Straftat be- und verurteilt werden. Denn sonst müßte jeder Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe strafrechtlich geahndet werden. So gibt es also Handlungen, die moraltheologisch beurteilt, Sünden sind, die aber nicht vom Staate strafrechtlich zu behandeln sind.

Wenn also die Moraltheologie daran festhalten wollte, daß jede Beihilfe zu einer Selbsttötung zu bestrafen sei, könnte sie das nur, wenn sie erklärte, daß auch der Freitod eine zu bestrafende Tat sei. Nun können zwar Tote in der Regel nicht mehr bestraft werden, aber Personen, die einen Selbstmord versucht haben. Denn wenn der Freitod als ein Verbrechen beurteilt werden würde, dann wäre er als Selbstmord dem Mord gleichzusetzen, sodaß, wie auch ein versuchter Mord, dann ein Selbstmordversuch zu bestrafen wäre. Wenn eine Beihilfe zum Freitod eine zu bestrafende Handlung sein soll, ist das nur zu erreichen unter der Voraussetzung, daß der Freitodversuch ebenso zu bestrafen sei. Es müßten dann also entsprechend den Fällen eines Mordversuches in den Fällen eines Freitodversuches Haftstrafen verhängt werden. Denn auch ein Mordversuch kann nicht nur mit einer Geldstrafe geahndet werden.

Warum gibt es trotzdem im juristischen Diskurs die Möglichkeit, eine Beihilfe zum Freitod als nicht zu bestrafende Handlung anzusehen, als bedenklich zu beurteilen?Das Problem liegt im Begriffe des Freitodes. Ein dazu bekannter Witz: Klein Fritz besucht seine schwer erkrankte Oma im Spital. Die Oma frägt: „Warum hast Du den ein Bündel Gras mitgebracht?“ Fritz: „Oma, wenn Du ins Gras beißt, werde ich ein neues Fahrrad bekommen. Der Papa hat es versprochen.“ Leicht kann man sich nun effektivere Versuche imaginieren, die Oma zum „Freitod“ zu überzeugen. Damit stellt sich die Frage: Ab welcher Intensivität der Überredung zum Freitod ist der Freitod noch ein Freitod? Leistete der Beihelfer zum Freitod wirklich nur eine Beihilfe oder manipulierte er das Opfer so sehr, daß es in eine Selbsttötung getrieben wurde? Es drängt sich so der Verdacht auf, daß eine Legalisierung der Beihilfe zum Freitod dazu mißbraucht werden könnte, Menschen, die wer loswerden wollte, so zum Tode zu verhelfen. Aber darf um dieser nie ganz auszuschließenden Möglichkeit willen die im Primzip zu erlaubende Beihilfe zum Freitod untersagt werden?

Der Moraltheologie kann sich so nur zur Aufgabe machen, Bürger davon abzuhalten, ihr Recht auf einen Freitod und auf die Inanspruchnahme einer Beihilfe zum Freitod zu verzichten auch und gerade mit dem Argument, daß beide Handlungen sündig sind. Sie muß aber, solange der Staat die Selbsttötung nicht als Verbrechen, dem Mord vergleichbar beurteilt, auf die Forderung, die Beihilfe zum Freitod zu bestrafen verzichten. Ob nun aber der Freitod wirklich in jedem Falle eine Sünde ist, müßte aber selbstkritisch überprüft werden im moraltheologischen Diskurs. Denn seit der Heiligsprechung von Maximiam Kolbe steckt die Moraltheologie in einem Dilemma: Wenn jede Freitötung eine Sünde ist, dann hätte die Kirche Kolbe niemals heilig sprechen dürfen, da er ja gesagt hatte: „Tötet mich und verschont so den zum Tode Verurteilten!“ „Tötet mich!“ ist eindeutig ein Töten auf Verlangen und somit ein Freitod. Diese Sünde ist dann aber, so die Lehre der Kirche, nicht durch einen noch so guten Zweck gerechtfertigt werden, auch nicht dem, einen anderen damit das Leben zu retten. Gilt weiterhin die Lehre der Kirche über den Freitod, hätte sie so auf keinen Fall Kolbe heilig sprechen dürfen! Sie tat es aber: Dann muß aber diese Lehre geändert werden! Schizophren ist es aber, an Beidem, der Lehre zum Freitod und der Heiligungssprechung Kolbes festhalten zu wollen.


 

Donnerstag, 20. Januar 2022

Zur Corono-Regierungspolitik: Bedroht der übergriffiger Staat die Bürgerrechte?

Zur Corona-Regierungspolitik: Bedroht der übergriffiger Staat die Bürgerrechte?


Es könnte in Anlehnung an D. Bonhoeffers Unterscheidung von einem „Zuwenig“ und einem „Zuviel“ an Staat davon gesprochen werden, daß der Staat jetzt zuviel zum Schutz der Staatsbürger unternähme, sodaß er zu einem Bevormundungsstaat mutiere, der so dann auch die Bürgerrechte übermäig einschränke. Zur Veranschauichung: Ein „Zuviel“ von Staat läge vor, wenn er mit der Begründung der Gesundheitsschädigungsgefahr des Tabakgenusses das Rauchen verböte. In diesem Punkte herrscht nicht nur in unserem Lande ein Konsens darüber, daß jeder selbst das Recht hat, um des Rauchgenusses willen eine gewisses Mehr an der Gefährdung seiner Gesundheit in Kauf zu nehmen als wenn er nicht rauchte.

Der staatlichen Gesundheitspolitik, um es mit M. Foucault zu sagen, der Bioplolitik sind so Grenzen gesetzt: Nicht alles, was ungesund ist oder sein könnte, darf der Staat verbieten, weil damit er seine Bürger vollständig entmündigen würde.Aber wie viel darf er verbieten oder anordnen, um der Bewahrung des Gesundheit des Staatsvolkes?

Nicht nur die vielen Demonstranten wider die Coronapolitik der Regierung Deutschlands meinen nun, daß er zu viel unternähme und daß auch überflüssige Maßnahmen ergriffen würden. Es soll deshalb nun an eine fast schon vergessene Causa, die der Antirauchergesetze in Bayern und den anderen Ländern erinnert werden. Es darf ganz rigoristisch in bayrischen Gaststätten nicht mehr geraucht werden. Die offiziöse Begründung: Dies Verbot diene dem Schutze der Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens. Das führt nun zu solchen Absurditäten: 10 Gäste, ein Kellner und der Inhaber des Bierlokales sitzen am Stammtisch und alle 12 müssen dann vor die Türe, weil sie innen nicht rauchen dürfen! Wo wird da ein Nichtraucher geschützt? Aber diese 12 dürfen nicht in der Restauration rauchen, weil ja ein Nichtraucher kommen könnte, der sich, wenn da noch geraucht werden dürfte, dadurch gefährdet sehen könnte. Frägt man aber Gastwirte, bekommt man die Antwort: Durch das Rauchverbot habe man mehr Gäste verloren, als nun Antiraucher mehr kämen. Zudem hätte es ja eine sehr einfache Lösung geben können: Lokale bieten einen Raucher- und einen Nichtraucherraum an, voneinander gut separiert, sodaß beide Parteien, die der Nichtraucher und die der Raucher zu ihrem Recht kämen. Aber diese salomonische Lösung wurde reprobiert, sodaß in Bayern nun ein striktes Rauchverbot erlassen worden ist. Das schadet der Gastronomie und wem nützt es? Dem Niichtraucherschutz nicht, denn wie sollte es Nichtrauchern nützen, wenn wie in der Bundesbahn jetzt üblich es geworden ist, in den Raucherabteils nicht mehr geraucht werden darf, während sie in den separierten Nichtraucherwaggons sitzen?

Dies ist ein Musterbeispiel dafür, daß im Namen der Gesundheitsvorsorge der Raum der bürgerlichen Freiheiten übermäßig eingeschränkt wird, die der Raucher, nicht mehr in Restaurationen rauchen zu dürfen und die der Gastronomen, gemäß den Wünschen ihrer Gäste das Rauchen zu erlauben oder zu verbieten. Der Staat bevormundet hier die Raucher, denn dies rigoristische Rauchverbot dient ja nicht real den Gesundheitsinteressen der Nichtraucher. Dafür hätte ja eine Zweiraumgastronomie ausgereicht, ein Raum für Nichtraucher und ein Raum für Raucher, Aber in einer Epoche, in der die Gesundheit als das summum bonum =höchstes Gut gilt, kann eben eine Regierung solche übermäßigen Einschränkungen der bürgerlichen Freiheitsrechte durchsetzen.

Ein demoktatiekritischer Witz: 2 Wölfe und ein Lamm entscheiden ganz demokratisch, was es als Sonntagsbraten zu essen geben wird : Das Lamm hat keine Überlebeschance. So ist jetzt in fast allen demokratisch regierten Ländern entschieden worden, daß Frauen unter bestimmten Bedingungen ihr Kind im Mutterleibe töten lassen dürfen, den Kindern so das Lebensrecht abgesprochen wird. Jetzt will die neue Regierung gar die Werbung für diese Kindestötungen erlauben! So können demokratische Regierungen auch sonst die Rechte der Staatsbürger einschränken. Der Schutz dieser Bürgerrechte gegenüber der Regierung scheint schwach zu sein, da die Regierungen im Parlament stets dank der Fraktionsdisziplin mit einem Ja des Parlamentes für ihre Politik rechnen können, das Parlament so keinerlei Kontrollfunktion der Regierung gegenüber ausüben kann. Da die Richter des Bundesverfassungsgerichtes von den Politikern des Bundestages und des Bundesrates gewäht werden, also nur Parteikonforme gewählt werden, könnte auch vermutet werden, daß dies Gericht im Regelfall den regierenden Parteien recht gibt.

Könnte es also sein, daß jetzt die Regierung übermäßige Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit erläßt, da der Nutzen dieser Schutzmaßnahmen in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Maßnahmen steht? Und weiter gefragt: Wie weit darf der Staat seine Bürger vor dem „Mißbrauch“ seiner Freiheit schützen, etwa in dem er alles verböte, was irgendwie die Gesundheit der Bürger beeinträchtigen könnte: Vom Rauch- und Alkoholverbot bis zum Verbot des Verzehres von Süßigkeiten, in denen Zucker ist bis unendlich ließe sich da ein Verbotsprogramm imaginieren.

Verschwörungstheorien vermuten ja nun, daß der Coronavirus nur zum Anlaß eines Systemwechsels in Anspruch genommen wird, um den liberal demokratisch sich verstehenden Rechtsstaat durch eine neuen postdemokratischen autoritären oder gar totalitären Staat zu ersetzen.Es ist ja augenfällig, daß eine rein liberaldemokratische Protestbewegung, die ein Zuviel an Staat kritisiert und ein Mehr an Eigenverantwortlichkeit der Bürger einfordert als rechts/rechtsextremistisch und so als staatsfeindlich vermaledeit wird.

Dabei gibt es nichts Conservativeres als die Forderung, daß der liberale Rechtsstaat weiterhin liberal bleiben soll! Aber die Regierenden selbst scheinen der Tauglichkeit dieses Staatskonzeptes nicht mehr zu trauen und setzen so auf die Entmündigung des Bürgers, besonders augenfällig in der Forderung nach der Zwangsimpfung gegen den Coronavirus. Oder darf gar der Verdacht gehegt werden, daß man da „Oben“ eben von den zukünftigen Krisen und den Zumutungen, die man dem Volke dann auferlegen will, weiß, und so jetzt schon die Staaten umbaut für diese kommenden schweren Zeiten, daß eben die zukünftigen Krisen nicht rechtsstaatlich liberal gemeistert werden können? Das westliche Demokratiemodell wird ja weitestgehend deshalb mehrheitlich akzeptiert, weil es mehr oder auch weniger Wohlstand für Alle garantiert. Was aber, wenn das zukünftig nicht mehr so klappt? Müssen da etwa die westlichen Staaten umstrukturiert werden, wenn es gilt, dem Volke Wasser und Brot predigen zu müssen, weil der Wein nicht mehr für alle reichen wird und nur noch die Mächtigen der Welt ihn genießen können und wollen ?