Irritierendes : Die traditionelle Gotteslehre als ein Einfallstor des Atheismus?
Jedes theologische Denken beginnt mit Gott, sonst wäre es ja auch keine Theologie, ja die Theologie hat genau genommen nur einen Gegenstand, Gott und wenn in ihr anderes als Gott bedacht wird,dann nur in seiner Relation von, in und zu Gott. Wie wird nun Gott gedacht in der Theologie? Der Philosoph Zizek formuliert nun in seinem Buch: „Absoluter Gegenstoß“ eine bedenkenswerte Kritik der traditionellen Gotteslehre (2016, S.357):
„in der traditionellen Theologie hat der Schöpfungsprozess keinerlei Einfluss auf Gott,er bleibt in sich, was er von Ewigkeit her ist,und die Schöpfung ist eine vollkommen freie und kontingente Entscheidung/Tat.“
Horst Mahler, den mit Zizek eines und wohl auch als das einzigste das Interesse einer Revitalisierung hegelischer Philosophie verbindet, urteilt diesbezüglich so:
„daß Gott und der Mensch getrennt sind, d.h. Gott nur Gott und nicht zugleich auch Mensch ist“ den Atheismus denkbar macht. (Mahler, Das Ende der Wanderschaft, 2018, S.221)
Wenn Gott ohne die Welt als Gott gedacht wird,daß für Gott die Schöpfung bedeutungslos ist, evoziert das nicht auch die Denkbarkeit der Welt ohne Gott? Atheisten mag es immer gegeben haben, auch wenn es nicht angemessen ist, wenn „impius“ mit „gottlos“ statt mit „unfromm“ in unseren Bibeln übersetzt wird. Die „Gottlosen“ der Bibel sind keine Atheisten, sondern solche, die zwar an Gott glauben, aber so leben, als wenn sie nicht an ihm glaubten.(Vgl Psalm 1,4) Aber erst in der Moderne ist der Atheismus zu einem Massenphänomen geworden und verlangt so nach einer Analyse. Hierbei muß aber auch die Frage der Verantwortlichkeit der Theologie für dies Phänomen untersucht werden: Gibt es in der Gotteslehre selbst auch Gründe für den jetzigen Erfolg des Atheismus?
Da liegt nun die These nicht völlig fern, daß wenn der Mensch eine vollkommen freie und kontingente Hervorbringung des Schöpfergottes ist, er sich auch dann als unabhängig von Gott verstehen kann, weil ja auch Gott völlig unabhängig von ihm ist.
Zur Veranschaulichung: Eine Mutter ist nicht eine Mutter unab-hängig von ihrem Kinde. Sie war und ist zwar unabhängig von ihrem Kinde eine Frau aber zur Mutter wird sie nur durch ihr Kind.Der Möglichkeit nach ist jede Frau auch eine Mutter, aber sie wird es erst durch ihr Kind. Das Kind wiederum ist nur ein Kind, weil es eine Mutter hat und es bleibt so auch immer das Kind seiner Mutter.Nun ist zu sagen, daß für eine Frau es eine freie und kontingente Entscheidung ist, Mutter zu werden, aber für die Mutter ist es eine notwendige Entscheidung, denn ohne die Entscheidung zum eigenen Kinde wäre sie nicht eine Mutter. So wird ein Künstler auch erst durch seine Kunstwerke zum Künstler, aber zugleich verlangt das Kunstwerk die Vorstellung, daß die Voraussetzung des Entstehens eines Kunstwerkes das Vorhandensein eines Künstlers ist. Das führt zu der Paradoxie, daß der Künstler erst durch das Kunstwerk zum Künstler geworden ist und daß aber die Voraussetzung des Kunstwerkes der Künstler ist, der erst durch das Kunstwerk zum Künstler wird. Zizek würde urteilen, daß so das Kunstwerk die Voraussetzung seines Daseins als Kunstwerk selbst erschafft.
Die traditionelle Theologie hält daran fest, daß Gott unabhängig von seiner Schöpfung Gott ist, sodaß Gott auch unverändert so Gott bleibt trotz seiner Schöpfung. Das hieße auf den Künstler übertragen, daß er ohne ein Hervorbringen von Kunstwerken ein Künstler ist und daß seine Kunstwerke für sein Künstlersein bedeutungslos wären. Das würde aber gewiß einer Künstlerexistenz nicht gerecht.
Gott wird auch als König gedacht, man denke an den Begriff der „Königsherrschaft Gottes“. Ist ein König ein König ohne ein Volk, das er königlich regiert? Wird er nicht erst durch sein königliches Regieren ein König? Aber auch hier stoßen wir auf die Paradoxie, daß die Voraussetzung königlichen Regierens, das Königssein erst das Produkt des königlichen Regierens ist. Wenn nun aber geschlußfolgert würde, daß der König, ohne königlich zu regieren, schon König ist, dann wird so diese paradoxe Wahrheit verfehlt.
Es müßte so die paradox klingende Aussage gewagt werden: Gott erschuf die Welt und wurde so zu Gott, der sich selbst als Voraussetzung der Schöpfung der Welt hervorbringt. Gott wäre so als causa sui gedacht.
Dann könnte geurteilt werden: Wie ein Künstler nicht ohne sein Kunstwerk so kann auch ein Kunstwerk nicht ohne seinen Künstler gedacht werden. Gott und seine Schöpfung gehörten so unbedingt zueinander, denn ohne die Schöpfung wäre Gott nicht Gott und die Schöpfung ohne Gott wäre keine Schöpfung. Das könnte auch anders formuliert werden: Die Welt ist nur Welt, weil sie nicht Welt ist und Gott ist nur Gott, weil er nicht Welt ist. Ohne Gott gäbe es für uns gar nicht die Welt, sondern nur Elemente in ihr, ohne daß das Ganze als Welt gedacht werden kann. Denn nur durch eine Negtion wird etwas zu etwas Bestimmten. Die Frau wird nur durch ihr Nichtmannsein zur Frau und der Mann durch sein Nichtfrausein zum Mann.
Gott und die Welt so eng miteinander verbunden zu denken, könnte so dies Einfallstor des Atheismus schließen, diese Denkbarkeit des Atheismus.
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