Irritierendes: Wurde Jesus christlich getauft?
Nahe liegt doch der Gedanke, daß, weil Jesus getauft worden ist, auch seine Nachfolger getauft werden, daß dann gar Gottes Verheißung: „Das ist mein geliebter Sohn,an dem ich Gefallen gefunden habe“ (Mt 3,17) auch jedem Getauften nun gilt.Dann müßte aber die Taufe, mit der Jesus getauft worden ist, und die, mit der wir Christen getauft worden sind, identische sein, also daß beides male das Sakrament der Taufe gültig gespendet wurde.
Aber Johannes, der Täufer taufte Jesus. Das war so keine christliche Taufe. Johannes sagt nämlich von der von ihm gespendeten Taufe aus, daß sie nur eine des Wassers sei (Mt 3,11), wohingegen Jesus mit dem Hl.Geist taufen werde.
Wie verfuhr man im Urchristentum mit von Johannes bereits Getauften? Die Apostelgeschichte gibt uns darüber eine klare Auskunft. Der Apostelfürst frägt die schon Getauften: „Mit welcher Taufe seid ihr denn getauft worden?“ (Apg 19,3) Paulus tauft sie dann mit der christlichen Taufe, als er erfährt, daß sie nur mit der des Johannes getauft worden sind.Sie ließen sich auf den Namen Jesu taufen. Dies meint nun nicht nun nur ein einmaliges Geschehen, sondern soll klar machen, daß die Taufe des Johannes nicht eine sakramentale Taufe ist und daß deshalb die johanneisch Getauften noch christlich zu taufen sind. Faktisch galt die Johannestaufe als ungültige Taufe.
Nun berichtet die Apostelgeschichte im 8.Kapitel 14-18 von einem besonderen Problem. Es gab Christen, die auf den Namen Jesu getauft waren, aber „noch war auf keinen von ihnen der Heilige Geist herabgekommen.“ (V 16). Sie werden nicht noch einmal getauft, als wären sie ungültig getauft worden.Aber ihnen fehlte doch die Gabe des Heiligen Geistes. Die Apostel Petrus und Johannes „legten ihnen die Hände auf und sie empfingen den Heiligen Geist.“ (V.17) Dies Händeauflegen vermittelt also den Heiligen Geist, nicht schon das gültig gespendete Taufsakrament. Selbstredend bezeugt diese Handauflegungspraxis das Sakrament der Firmung, das nach der Taufe gespendet wird und das erst den Heiligen Geist vermittelt. Darum heißt es ja auch vom Apostelfürsten Paulus, daß er, nachdem er den johanneisch Getauften das Sakrament der Taufe gespendet hatte: „Paulus legte ihnen die Hände auf und der Heilige Geist kam auf sie herab.“ (Apg 19,6) So heißt es im Kirchenrecht sehr treffend im Can 879: „Das Sakrament der Firmung...beschenkt die Getauften...mit der Gabe des Heiligen Geistes“. Can 849 lehrt die Wirkung des Taufsakramentes und hier wird nicht von der Gabe des Heiigen Geistes gesprochen. Dem entspricht die urchristliche Tauftheologie, daß nach der Spendung des Taufsakramentes den Getauften die Hände aufgelegt wurden, sodaß sie so als durch die Taufe Purifizierte, die Sünden sind ihnen abgewaschen worden durch dies Sakrament nun der Heilige Geist gegeben werden kann.
Wenn also die christliche Taufe eine des Heiligen Geistes und nicht nur eine des Wassers ist, dann reinigt der Heilige Geist den Zutaufenden von seinen Sünden, das ist dann eine Wirkung des 3Heiligen Geistes, die Gabe des Heiligen Geistes als seine Vermittelung ereignet sich aber erst durch die Handauflegung des Sakramentes der Firmung. Darum kann es gültig Getaufte geben, ohne daß ihnen der Heilige Geist schon gegeben ist.
So muß resümierend festgestellt werden, daß Jesus selbst nicht die christliche Taufe empfing. Zudem war der Heilige Geist, der auf Jesus herabstieg wie eine Taube, weder eine Gabe der johanneischen Taufe noch vermittelt die christliche Taufe den Heiigen Geist.
Nun ist gelegentlich zu hören.daß das Urchristentum gar keine Sakramente kannte bzw die Taufe und dann auch die Eucharistie ganz anders verstanden hätten als es später die Kirche lehrte. Der Apostelfürst Paulus entfaltet seine Tauflehre im 6. Kapitel des Römerbriefes: „wißt ihr denn nicht, daß wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?“ (V 3) Der Vers 4 expliziert nun das „auf“: „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod“. Es spricht einiges dafür, daß dies Taufsakramentsverständnis inspiriert ist durch ähnliche Vorstellungen in damaligen Mysterienreligionen, daß durch Rituale Gläubige am Schicksal des verehrten Gottes teilhaben, in ihn incoporiert werden. Die Taufe bewirkt also, daß wir mit Christus Jesus am Kreuze sterben und so unsere Sünde gekreuzigt wird. Das ist ein genuin sakramentalistisches Taufverständnis.
Noch deutlicher wird der sakramentale Charakter des urchristlichen Taufverständnisses in der Praxis des Sichtaufenlassens zugunsten von ungetauft Verstorbenen. Diese Praxis setzte schon die Lehre von der Heilsnotwendigkeit der Taufe voraus, so wie sie Jesus im Nikodemusgespräch entfaltet (Joh 3, 1-7) und Jesus Mk 16,16 lehrt: „Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet;wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ Zu beachten ist, daß für die Errettung zwei Bedingungen genannt werden: der Glaube und die Taufe! Was bedeutet das nun für die schon Verstorbenen, die ungetauft Verstorbenen. Paulus erinnert nun die Kritiker seiner Lehre von der leiblichen Auferstehung der Toten zum ewigen Leben an ihre und die allgemeine Taufpraxis des Sichtaufenlassens zugunsten von Verstorbenen: „Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen?“ (1.Kor 15,29)
Paulus meint, daß diese korinthische Taufpraxis ja sinnwidrig wäre, würden sie, die dies so praktizieren, nicht an die allgemeine leibliche Auferstehung der Toten glauben. Paulus Kritiker glaubten allerdings wirklich nicht an die leibliche Auferstehung der Toten, sondern nur an die Möglichkeit eines ewigen Lebens für die Seele. Damit aber die Seele wirklich ewig leben kann, müsse sie die Taufe empfangen. Ungetauft Verstorbene müssen so noch getauft werden, damit ihre Seele ewig leben kann. Das geschah, indem Lebende sich zugunsten von schon Verstorbenen taufen ließen, sodaß dies Sakrament auch ihnen so zu Gute kam.
Wenn das kein sakramentalistisches Taufverständnis ist! Das Urchristentum dachte halt schon viel sakramentalistischer als es die liberale Theologie wahrhaben will. (Der liberale R.Bultmann löst dies Problem bekanntlich so: Nachdem er ein sakramentenfreies Urchristentum konstruiert hatte, erfand er eine „kirchliche Redaktion“, die dann nachträglich sakramentalistische Vorstellungen in die Evangelien hineinschrieb als erste Kontaminierung des reinen sakramentslosen Urchristentumes.)
Es bleibt nun aber noch das theologische Problem: Warum ließ sich Jesus von Johannes taufen? Eine schwer respondierbare Frage...
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