Montag, 3. Januar 2022

Jesus Christus - Gottes überflüssige Menschwerdung?

Jesus Christus – ein überflüssiges Licht in einer erleuchteten Welt?


So steht es geschrieben: Et lux in tenebris lucet, et tenebrae eam non comprehen-derunt = Und das Licht leuchtet in der Finsterniß,aber die Finsterniß hat es nicht erfaßt. (Joh, 1,5) Wenn A.Arndt in seiner Vulgataausgabe 1903 dies so kommentiert: „Das Wort Gottes leuchtet ohne Unterlaß,die von Sünden befleckten Seelen von Makeln befreiend. Es bleibt aber auch noch Finsterniß zurück“,so wird hier diese Aussage völlig verkannt. Denn diese Aussage des Johannesevangelims konstatiert erstmal das völlige Scheitern des Lichtes, des Wortes Gottes, denn es kommt in die Welt, aber die nimmt es nicht auf, im Dunkeln verharrend, diese göttliche Erleuchtung verwerfend.

Präsumiert ist der Kosmos, die Welt als der Ort der Finsternis. In die dringt das göttliche Licht ein, um sie zu erhellen. Die aber will nicht erhellt werden. Dieser Dualismus ist nun das Konstitutivum der johanneischen Theologie: die ewige überirdische Welt, das „Oben“, das Leben und der Kosmos als der finstere Bereich, in dem es nur ein der Nichtigkeit, dem Sterbenmüssen unterworfenes Pseudoleben gibt. Das göttliche Licht soll nun in dies Tal der Finsternis das wahre Leben hineinbringen.

Diskussionswürdig ist nun die Frage, ob diese Welt der Finsternis die Vorussetzung und der Anlaß dieses Hineinkommens des göttlichen Lichtes in diese Welt ist, also ein ontologischer Dualismus vorliegt, oder ob sich diese Finsterniswelt erst konstituiert, indem sie sich vor dem Licht selbst verschließt. Der Philosoph Zizek würde wohl urteilen, daß das Licht, indem es in die Welt hineinkommt, und die sich ihm verschließend die Finsterniswelt erschafft, es so selbst erst die Voraussetzung seines Erscheinens hervorbringt. Das könnte aber eine Nuance zu spekulativ gedacht sein.

Näher liegend ist wohl ein ontologischer Dualismus. Die Finsternis der Welt ist so die Grundvoraussetzung des Escheinens des Erlösers Jesu Christi, der als das Licht die dunkle Welt zu erhellen hat. Warum aber nimmt nun diese Finsterniswelt das Licht nicht auf? Jede brennende Kerze erhellt einen dunklen Raum, wie klein das Licht auch sein mag. Das Licht Jesu Christi erleuchtet also anders als ein Kerzenlicht, denn es erleuchtet nur den, der es in sich aufnimmt. Die Welt ist so für das Johannesevangelium eins mit der Menschheit, inofern sie das Licht nicht annimmt, es nicht glaubt. Die Kirche dagegen konstituiert sich dadurch, daß sie das göttliche Licht in sich aufnimmt, um dann in diesem Lichte zu leben. Das ist der johanneische Dualismus von Kirche und Welt.So heißt es ja im 1.Johannesbrief: „Wer die Welt liebt, hat die Liebe zum Vater nicht.“ (1.Joh.2,15b)

Anders gesagt: Eine helle, erhellte Welt bräuchte das göttliche Licht nicht, ja könnte es auch gar nicht aufnehmen. Um im Bilde des Lichtes zu verweilen: Ein gänzlich erleuchteter Raum kann das Licht einer Kerze gar nicht mehr aufnehmen, weil er ja schon gänzlich erhellt ist. Die Offenbarung Gottes in Jesus Christus kann so gar nicht mehr als etwas Sinnvolles gedacht werden, wenn die Welt, in der wir leben, uns so klar wäre, daß wir keiner weiteren Erhellung bedürften! Der lichterfüllte Raum, die Welt könnte so wirklich das Licht Gottes nicht mehr aufnehmen.

Spätestens seit der Aufklärung lebt die Menschheit, ihrem philosophisch aufklärerischem Selbstverständnis nach, so sehr im Lichte der Aufklärung, daß sie keiner göttlichen Illumination mehr bedarf. Die bloße Vernunft mit ihrem Produkt der natürlichen sprich rein vernünftigen Religion reiche völlig aus und desavouire jede übernatürliche Offenbarung. Am konsequentesten expliziert dies Kant in seiner Schrift über die Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft.

Wenn das Johannesevangelium sagt, daß die Weltfinsternis das göttliche Licht nicht aufnehmen wollte, so sagt nun die alles illuminierende Vernunft, daß alle übernatürlichen Offenbarungen, also das Licht Gottes unnötig machen. Ist vielleicht die Finsternis der Welt (Johannes) und das Licht der Welt, das reine Aufklärungsdenken ein und das selbe? Ein Blick in die Werke des Radicalaufklärers de Sade könnte zu dieser Identifikation verführen, wenn dann noch an die revolutionäre Illuminatenorganisation, gegründet von Weishaupt denkt.

Wenn schon die Vernunft hinreichend dem Menschen die Welt erklärt, wozu bedürfte er da noch übernatürlicher Erleuchtungen? Ein Spung in die Gegenwart: Gilt nicht auch seit dem 2. Vaticanum, daß für das Heil des Menschen die übernatürliche Offenbarung Jesu Christi überflüssig sei, weil er in und durch jede andere Religion auch das Heil erlangen kann, ja selbst der Atheist könne dies, wenn er denn nur gemäß seinem Gewissen sein Leben führe. Wir leben sozusagen in einer so hellen Welt, daß das Licht Christi überflüssig geworden ist. Die Kirche, die sich nur noch als organisierte Nächstenliebe oder zeitgemäßer als Solidaritätsorganisation versteht, wozu bedarf sie da noch des Lichtes Christi. Liest man die Predigten und Aufrufe der Bischöfe, des Papstes und sonstiger Offizieller der Kirche: Wozu sie aufrufen, dazu könnte auch jeder atheistischer Humanist aufrufen! Es ist bezeichnend, daß ein Theologe den Papst kritisierte, als der Gott zur Hilfe wider die Coronaepidemie kritisierte, daß dafür nicht Gott sondern die Politik im Hören auf die Medizinwissenschaft zutändig sei.

Die Finsternis der Welt, die sich selbst als Licht ver-steht, kann und will so das Licht der Offenbarung nicht aufnehmen. Nun könnte wirklich der anfänglich als zu spekulativ kritisierte Ansatz Zizeks rezipiert werden: Indem die Vernunft sich dem Offenbarungslicht verschließt, kontituiert sich dies Licht als Finsternis der Welt. Denn das natürliche Licht, das durch das übernatürliche vollendet werden sollte, verspert sich seiner eigenen Vollendung gegenüber und wird so zur Finsternis.

Denn die Finsternis als Mangel an Licht ist doch die Voraussetzung der Sinnhaftigkeit einer übernatürlichen Erleuchtung.Wenn aber dann die „übernatürlichen Wahrheiten“ nichts anderes mehr besagen, als die Welt auch aus sich schon heraus weiß, dann macht sich dies übernatürliche Licht überflüssig. Wenn das Weihnachtsfest fast nur noch als ein Appell zur Humanität gefeiert wird, dann ist dies erreicht, daß das göttliche Licht überflüssig gemacht worden ist. Das könnte als des Pudels Kern des verbürgerlichten Christentums verstanden werden!


 

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