(Gedanken zu: Aufklärung, Aberglaube und Religion)
Die „Drei Heiligen Könige“ sind uns gar namentlich bekannt und Jahr für Jahr ziehen dann in ihren Namen die Sternsinger aus. Könige waren es, aber der griechische wie der Vulgatatext spricht von „Magiern“, Personen, die sich auf die Traum- und Sterndeutung verstehen. „Weise“ wäre dann eine Um- und Verschreibung dieses Ärgernisses, daß drei Magier zu den ersten Anbetern Jesu Christi gehören,daß dann auch in dieser ihrer Verehrung des göttlichen Kindes die endzeitliche Anbetung aller vorweggenommen wird, die der Mächtigen der Welt und die der Weisen. Macht und Weisheit der Welt wird sich so am Ende dieses Äöons dem Sohn Gottes subordinieren, alle Kniee werden sich vor ihm beugen.
Aber auch wenn diese drei Weise und Könige gewesen sind, so waren sie auch und zuvörderst „Magier“, also Stern- und Traumdeuter. Zumindest die Sterndeutung, die Astrologie gilt uns heutzutage als rein abergläubisch, eine Traumdeutung mag in der Methodik S. Freuds noch akzeptabel sein, solange hier nur ein Sprechen des menschlichen Unterbewußtseins wahrgenommen wird. Aber die klassische Traumdeutung las die Träume als Orakel, als übernatürliche Visionen. Darum heißt es ja von diesen Magiern: „“Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.“ (Mt 2,12).
Menschen, die sich von einem Stern verführen lassen, eine weite Reise auf sich zu machen, um dort den Heiland der Welt anzubeten, für den sie dann ja auch die ihm gemäßen Geschenke mitbrachten und die sich dann gar noch durch einen Traum motivieren ließen, für die Rückreise einen anderen Weg zu wählen, das ist doch für einen aufgeklärten Katholiken zu viel an Abergläubischem!
Ja, wenn unter dem Aberglauben das mit der Aufklärung Inkompatibles verstanden wird, stimmte dies Negativurteil über diese „Magier“, aber wenn darunter das mit dem christlichen Glauben Inkompatible verstanden wird, dann muß dies Negativurteil revoziert werden. Die hl. Schrift selbst mutet uns nämlich Magier, also Stern- und Traumdeuter als Verehrer und Anbeter des Kindes in der Krippe zu. Hätten sie nicht auf den Stern gehört, sie wären nie zur Krippe gekommen, hätten sie nicht auf ihren Traum gehört, Herodes hätte eine gute Gelegenheit bekommen, das Kind in der Krippe als vermeintlichen Konkurrenten seines Thrones zu liquidieren.
Nun muß aber weiter gefragt werden. Warum konnten diese drei den Stern als Aufruf an sie: Folget mir und ihr werdet finden...! deuten? Sie konnten das, weil sie tatsächlich vom Berufe her auch Astrologen waren, die es gewohnt waren, daraufhin Sternkonstellationen zu befragen. Sie konnten auch ihren Traum richtig deuten, und deshalb gehorchten sie. Wären sie schon Schüler Freuds gewesen, wie immer sie dann ihren Traum gedeutet hätten, er hätte sie nicht dazu verleitet, ihre Rückreisepläne zu ändern.
Hier werden wir so mit einer Welt konfrontiert, die nicht mehr die unsere Aufklärung ist. In ihr kann es keine Astrologie mehr geben und auch keine Traumdeutung, die in ihnen Visionen sieht, die uns jenseitiges Wissen vermitteln.Die Aufklärung erschuf uns eine Wirklichkeit, in der solche Vorstellungen keine Elemente unserer Wirklichkeit mehr sein können.
Nur ein Problem bleibt uns: Die wirkliche Welt der Aufklärung ist ein soziales Konstrukt, das aufklärerische Denken produzierte diese Welt. Ist sie aber so auch die reale Welt? Ist die Welt so, wie wir sie als Aufgeklärte denken? (Gerade so ein großer Schriftsteller wie H.P. Lovecraft könnte uns aus dieser engen Weltsicht befreien- vielleicht macht das ja auch die Qualität seiner Werke aus!)
Die drei Magier könnten uns diese Selbstverständlichkeit der Gleichsetzung des Wirklichen mit dem, wie die Aufklärung die Wirklichkeit hervorbringt, in Frage stellen.
Das Skandalöse im Raume der christlichen Religion ist dann, dies Problem des Aberglaubens steigernd, daß nicht, wie es zu erwarten gewesen wäre, Schriftgelehrte und Rabbiner die ersten Anbeter waren nach den Hirten, sondern heidnische Magier! Gott als der Lenker dieses Geschehens beruft Heiden als Anbeter, die gerade durch ihren Beruf, den der Stern- und Traumdeutung, dazu befähigt sind, zu den ersten Anbeter Jesu zu gehören. Wo die Schriftgelehrsamkeit doch der beste Wegweiser zur Krippe Jesu Christi sein müßte, erweisen sich faktisch die Sterndeute- und Traumdeutekunst als die Wegweiser zu Jesus Christus. Das johaneische: Die Seinen nahmen ihn, Jesus Christus nicht auf, hat so auch dies vor Augen, daß die eigentlich dazu Qualifizierten nicht den Weg zu ihm fanden, die Pharisäer und die Schriftgelehrten. Dies könnte zu denken geben, daß vielleicht manch als Heidnisches und Abergläubisches Abgetanes doch ein Weg zum Glauben sein kann. Dagegen versperrt die Aufklärung, daß alles in der Welt Seiende und sich Ereignende rein weltimmanent erklärbar sei, den Weg zum Glauben. Denn das Fundament jeder Religion ist die Vorstellung, daß wir mitten in der Welt auf Nichtweltliches, Übernatürliches, Jenseitges stoßen können und daß gerade dies nicht Weltimmanente für unser Leben von höchster Relevanz ist.
Wenn nämlich Jesus nur noch als ein Kind von Maria und Joseph angesehen wird, ein rein weltliches Ereignis er als Kind sei, dann kann noch so Bedeutsames über die Person Jesus ausgesagt werden, Weihnachten hat dann nicht mehr stattgefunden.
Corrollarium 1
Das verbürgerlichte Christentum wäre so das aufklärungskompatibel reduzierte. Es ist die Vermoralisierung der christlichen Religion.
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