Mitten in der Kirchenkrise: Wird der angreifende Feind übersehen?
„Dürfte man denn eine metaphysisch relevante Lektion d niieses monströsen Jahrhunderts formulieren, sie hätte zu lauten,dass Böse müsse mehr sein als die Abwesenheit des Guten. Wer unsere Epoche in ihren dunkelsten Aspekten erfuhr,kann sich dem Eindruck nicht entziehen, das Böse sei eine autonome Instanz mit einem langen Atem und unerschöpflichen Reserven;im Weltgrund selbst klafftt, im mythischen Bild gesprochen, ein katastrophischer Riß auf, aus dem die Übel mit mutwilliger Gewalt hervorstürzen.“ Peter Sloterdijk, Die wahre Irrlehre: Gnosis, in:ders, Nach Gott, 2017, S.70.
Im 1.Petrusbrief, 5,8-9. der in dem Nachtgebet der Kirche, in der Komplet jeden Dienstag gelesen wird, heißt es deshalb so: Seid nüchtern und wachsm! Euer Widersacher,der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens!
In unserer nachmetaphysischen Welt ist die Welt eine Totalität, außerhalb der es nichts gibt und alles, was ist, Teil dieser Welt ist, aus der heraus alles in ihr als prinzipiell erklärbar gilt. So muß dann auch das Böse etwas rein Weltliches sein und so liegt es nahe, es als einen Mngel an Gutem (miß)zuverstehen. Zu sein ist etwas Gutes im Vergleich zum nicht zu sein und so wäre alles Negative ein Mangel an Sein, könnte gedacht werden. Sloterdijk wagt nun einen wahrhaft metaphysischen Gedanken, den eines Jenseits dieser Welt, woher dann das Böse in diese Welt hineinströmt. So ist dies Böse nicht mehr einfach etwas weltimmanent Erklärbares.
Dsmit erfaßt dieser philosophische Geanken genau das, was die ontologische Qualität des Teufels ausmacht: Er ist eine übernaürliche rein jenseitige Kraft, die dann aber in unsere Welt hineinwirkt. Es ist keine apersonale Kraft sondern eine „autonome Instanz“,eine die sich selbst ein Gesetz gebend selbstbestimmt agiert. Nur in der Form eines Mythos kann so der Grund dieses Bösen erzählt werden, denn er ist jenseitig der Natur und der Menschheitsgeschichte. Der Mythos von der Revolution Luzifers wider Gott bringt so gerade in angemessener Weise dies zum Ausdruck.
Wer heutzutage aufmerksam den Diskurs über die Krise der Kirche verfolgt, müßte eigentlich so etwas auffallen, daß von dem Feind der Kirche, der gegen sie seinen Krieg führt, nicht mehr die Rede ist. Der theologische Diskurs hat sosehr Abschied vom Teufel genommen, sodaß er in ihm nicht mehr vorkommt. Das wäre so, als würde ein Fußballspiel von RB Salzburg kommentiert, aber der Gegner, gegen den gespielt wird, mit keinem Worte erwähnt. Der Sport kennt Gegner, die Wirtschaft Konkurrenten, aber der theologische wie der politische Diskurs (Carl Schmitt) den Feind. Für den Feind, den Teufel gilt ganz gewiß das Gebot der Feindesliebe nicht, wie immer dann auch dies Gebot zu verstehen ist, soll es nicht einfach amerikanisch pragmatisch praktiziert werden: erst den Feind totschießen und ihn danach lieben.
Sicher seit dem es die Kirche gibt, ist sie das Vorzugshaßobjekt des Teufels, der sie so mit langem Atem und unerschöpflichen Reserven bekämpft. Aber wie in jedem Fußballspiel gibt es Phasen, in denen der Gegner zurückgedrängt wird in seinen eigenen Elfmeterraum und andere, wo er kraftvoll angreift und die Verteidigung in größte Bedrängnis bringt. Solange die Kirche auf Erden sich noch als ecclesia militans= als kämpfende Kirche begriff (in ihrer Einheit mit der leidenden im Fegefeuer und der triumphierenden im Himmel) war sie auch für solche Abwehrschlachten gerüstet, verfügte sie doch auch über eine gute Verteidigung, die theologische Disziplin der Apologetik und über Stürmer als die besten Verteidiger, die Missionare. Aber seit sie sich nun nur noch als spazierengehendes Gottesvolk versteht, als wäre ihr Weg in der Welt ein vergnüglicher Picknickausflug, hat sie aufgehört zu kämpfen und hat aufgehört, sich zu verteidigen. Sie lebt so, als gäbe es keinen Feind mehr für sie sondern nur noch eine Welt, in der alle Gutgesonnenen mit den Christen zusammen damit beschäftigt seien, eine bessere und humanere Welt zu erwirken.
Aber seit der Aufklärung kämpft die Welt im Namen der Vernunft gegen die Kirche als dem Ort der übernatürlichen Wahrheiten. In diesem Kampfe steht gewiß der Feind der Kirche nicht abseits, bloß zuschauend.Die Feinde der Kirche sind vielfältig, man denke nur an den Atheismus, die Bedrohung durch den Islam, aber auch an den Feminismus und das Freimaurertum darf auch nicht übersehen werden. Aber all dies greift zu kurz, wenn der eigentliche Feind in seinem Kampfe gegen die Kirche dann übersehen wird. Und dieser hat in den letzten Jahrhunderten große Erfolge erzielt. Dabei greift er die Kirche nicht einfach nur von Außen an, nein mitten in ihr kämpft er. Gewiß hat es in der Kirche nie eine Häresie gegeben, die nicht von diesem Feinde tatkräftig unterstützt wurde und wird. Wenn die Kirche aber ihren Feind verkennt, ihn nur noch als unzeitgemäßen Mythos betrachtet, kann er umso effektiver kämpfen, wie ein Löwe, den die Schafe nicht mehr sehen, wenn er eines nach dem anderen reißt.
Corollarium 1
Eines muß dabei besonders bedacht werden: So wie Gott immer Menschen in seinen Dienst stellt und sie sich in ihn stellen lassen, so stellt auch der Feind Menschen in seinen Dienst. Weil der Teufel kämpft, kämpft er auch mit seinem irdischem Bodenpersonal.
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