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Freitag, 20. September 2024

Um der Freiheit willen gegen Jesus Christus? Ein obskurer und doch ankommender Gedanke

 

Um der Freiheit willen gegen Jesus Christus? Ein obskurer und doch ankommender Gedanke



In dem Sachbuch: „Poststrukturalismus“ des Jahres 2013 von Catherine Belsey erwartet man sicher viel Aufhellendes zu dieser philosophischen Richtung, aber keine Feindschaftserklärung wider die christliche Religion und gegen Jesus Christus schon gar nicht. Das aber enthällt dieses Buch, aber auf einer so fundamentalistischen Ebene, daß diese Kriegserklärung von der Leserschaft dieses sehr lesenswerten Buches gar nicht bemerkt werden wird. Über einen der aktuell wohl bedeutendsten französischen Philosophen der Gegenwart, Lyotard heißt es (S.151): Lyotard urteile, „Jedes Regime glaube,dass es im Besitz der Wahrheit sei“.

Diese Aussage will verstanden werden: Weil eine Regierung glaubt, daß sie im Besitze der Wahrheit sei, wird sie zu einem „Regime“. Der Begriff des „Regimes“ ist hier pejorativ gemeint. Ihre Negativqualifizierung resultiert aus ihrem Selbstverständnis, sich im Beitze der Wahrheit zu befinden. „Lyoard assoziiert die Einbildung im Besitz der Wahrheit zu sein, mit Terror.“ (S.151) und meint als Beleg dafür den Nationalsozialismus und den Stalinismus anführen zu können. (S.150). Diese zwei Terrorherrschaften gründeten sich selbst in ihrem Glauben, selbst im Beitze der Wahrheit zu sein, und daß sie das nur seien. Dieser Gedanke sollte erstmal ernst genommen werden. Eine oberflächliche Bertrachtung könnte sich das Verhältnis der diktatorischen Herrschaft zu der jeweiligen Ideologie so vorstellen: Der Wille zur Macht schaffe sich eine ideologische Wahrheit, die dann dazu instrumentalisiert werden würde, die Diktatur zu legitimieren. So wie einer ein Brotmesser dazu gebrauchen könne, einen Mitmenschen um morden, so gebräuchten diese Diktaturen ihre Ideologien mit ihrer Wahrheit, um die Regierten zu unterdrücken.

Aber Lyotard denkt hier eher wie Tolkien in seiner Ringtriologie: Die Macht, die der eine Ring jedem Besitzer verschafft, ist so geartet, daß sie den Ringbesitzer zum Machtmißbrauch verführen wird. Nicht wird der Ringbesitzer den Ring beherrschen, um ihn dann so für seine Ziele anwenden wird, sondern der Ring wird den Ringträger beherrschen. Darum muß dieser Machtring zerstört werden. Der Besitz der Wahrheit verführt den „Besitzer“ dazu, diktatorisch zu regieren. Darum muß die Möglichkeit, die Wahrheit als etwas Erkennbares und Beitzbares zu denken, negiert werden. Jede erkannte Wahrheit führe nämlich zu der Unfreiheit der Menschen, da sie durch die erkannte Wahrheit, die im Besitz von Menschen sich befände, unterdrückt werden würde. Die ganze abendliche Kultur und im Zentum stehend die christliche Religion hat ihr Zentrum in dem Glauben an die Wahrheit, daß sie den Menschen frei machen werde. Belsey stellt in diesem Sinne zustimmend fest: „Besonders junge Leute sind häufig bereit,die Vorstellung von Wahrheit aufzugeben.“ (S.105)

Es wird so auf eine Kritik der Wahrheitsansprüche, etwa des Nationalsozialismus oder des Stalinismus verzichtet, um stattdessen schon jeden Wahrheitsanspruch an sich für totalitär und somit freiheitszerstörend zu desavouieren. Daß Jesus Christus sich selbst als die Wahrheit bezeichnet, das allein macht ihn so für das postmoderne Denken nicht nur des Philosophen Lyotard unerträglich. Die ganze Lehre der Kirche ist wahr, da sie sich auf diese Wahrheit auferbaut und deshalb allein wird sie verworfen als etwas Freiheitsfeindliches. Nur wenn präsumiert werden würde, daß es keine erkennbare und erkannte Wahrheit gäbe und auch nicht geben könne, könne es eine individuelle Freiheit geben.

Es gäbe weder eine legtime Autorität, die dezionistisch festlege, was als wahr zu gelten habe, auch nicht Gott und auch kein demokratisches Konsensprinzip, daß die Wahrheit diskursiv hervorbringe wider Habermas, sondern nur die Bejahung der unbegrenzten Pluralität von Meinungen. In einem so gearteten Meinungspluralismus kann keine Wahrheit existieren, schon gar nicht die, daß Jesus Christus selbst die Wahrheit ist. Denn jede erkannte Wahrheit verumögliche die Freiheit. Die Postmoderne ist tatsächlich ein schwieriges Terrain für die Kirche Jesu Christi. 

 

Zusatz:

Gegenüber der vulgären Auffassung, Diktatoren vernutzten ihre Ideologien nur zu ihren Eigenzwecken ist Lyoatars Position wohl zutreffender, der einer Herrschaft der Ideologien durch ihre Anhänger.  Die vulgäre Version des Priesterbetruges,daß die Kaste der Priester die Götter nur erfunden hätten, um ihren Berufsstand zu legitimieren und daß sie selbst dehalb Atheisten wären, fungiert dabei wohl als das Vorbild der Vulgärvorstellung, daß Ideologien nur produziert würden, um Herrschaftsansrüche zu legitimieren, wobei dann die Herrschenden nicht an ihre eigene Ideologie glaubten.  





Samstag, 1. Juli 2023

Über 500 000 Kirchenaustritte: Kath de weiß Bescheid, wir stellen nur Vermutungen an!

Über 500 000 Kirchenaustritte: Kath de weiß Bescheid, wir stellen nur Vermutungen an! „Albert Seul kann Austrittszahlen nachvollziehen Dominikanerpater: Katholische Kirche auf bestem Weg zur Sekte“. Ein Dominikanerpater kommt auf Grund detaillierter Analysen nicht nur zu der Prognose, daß die Kirche auf dem Wege sich befände, zu einer Sekte zu verkommen, sondern er kennt auch die Gründe für diese Selbstversektungstendenz: a) daß sie nicht schon vor 30 Jahren den Zölibat abgeschafft hat, b) das Frauenpriestertum nicht eingeführt hat und c) Kardinal Woelki immer noch nicht amtsenthoben ist. So verkündet es das Zentralorgan des Synodalen Weges: Kath de am 30.6.2023. „Gert Pickel im Interview über die Austrittszahlen der katholischen Kirche „Religionssoziologe: Kleine, sektenähnliche Kirche kann kein Ziel sein“.Mit diesem Artikel legte Kath de am 1.7.2023 nach! Schuld ist diesmal, daß die Reformagenda des Synodalen Weges durch Rom sabotiert nicht durchgesetzt werden kann. Der Protestantismus sei auch noch zu hierarisch pfarrerzentriert und darum träten da auch so viele aus. Nebenbei erwähnt er dann noch den Säkularismus,aber eigentlich liegt doch alles isb an der Ausgrenzung der Queermenschen! (Bitte nicht verwechseln mit der Gruppe der Querdenker, die man natürlich nicht in der modernen Synodalkirche haben will) Wer sich von so tiefschürfenden Analysen erholen will, der kann das Wagnis eingehen, an einem Ort, wo niemand Antworten erwarten dürfte, Spuren dafür zu suchen: in der vortrefflichen Vorlesung: Philosophische Ethik 13/14 von Professor Brachtendorf- Universität Tübingen. Die hellenistische Ethik nach Aristoteles bis zur Stoa behandelt er da. Das Ziel des Menschen sei das gute Leben, die Philosophie habe nun die Aufgabe, dies Ziel näher zu bestimmen und den Weg zu diesem Ziel zu lehren. Im Zentrum steht die These, daß das, was das richtige Leben ausmache ganz im Vermögen des Menschen liegen müsse.Wäre sein Lebensglück von etwas abhängig, das nicht ganz allein in der Hand jedes Einzelnen läge, wäre ja das Lebensglück von nicht vollständig von einem selbst Gestaltbaren abhängig. Vulgärer formuliert: Jeder hat sich als seines Glückes Schmied anzusehen. Epikur meint so, daß das Mitsichimfriedensein das Lebensziel sei. Wer zu viel begehrt, muß daran unglücklich werden, also vulgärer formuliert: Begnüge Dich mit dem, was Du Dir leisten kannst. Um diese Zufriedenheit zu erlangen, meide alles, was Dich ängstigen könnte. Der Tod sei die angstmachende Größe, aber diese Angst ist leicht überwindbar, hält man sich vor Augen: Solange ich bin, ist der Tod nicht, ist der Tod aber, bin nicht ich. Es gibt also den gefürchteten Tod gar nicht für den ihn Fürchtenden. Wird aber das Leiden zu groß, unerträglich, wähle man couragiert den Freitod. Die Götter bräuchte man nicht zu fürchten, da sie sich nicht um uns Menschen kümmern und hier gar strafend einwirkten. Sie sind als reine Selbstbezüglichkeit. Der Mensch sollte also erstreben, zufrieden zu leben. Und das kann er auch, wenn er mit seinen Bedürfnissen vernünftig umgeht. Irgendeinen Bedarf oder ein Interesse an einer Religion ist in diese Sicht des Menschen nicht einzeichenbar. Es fällt nun leicht, dies Lebensverständnis in die Postmoderne zu transformieren: Jeder Sorge für sich allein, reguliere seine Bedürfnisse und Neigungen und erstrebe so weit wie möglich seine Unabhängigkeit, denn je unabhängiger desto freier und zufriedener lebt man. Als Säkularismus sollte man das nicht bezeichnen, denn der Säkularismus lebt von der Aufhebung der Religion, daß das, was die Religion von Gott als die Erlösung erhoffte, nun zu der Aufgabe des Menschen wird: die humanisierte Welt. Epikur paßt da besser in die Postmoderne, in den Rückzug in die Privatsuche nach dem rechten Leben. Die großen metaphysischen Fragen sind einfach veraltet ad acta gelegt und ersetzt durch die Maxime: konsumiere, damit Du zufrieden bist. Alles ist käuflich- mache Dein Lebensglück nicht abhängig von Dingen, die Du Dir nicht leisten kannst. Denn die Lebenszufriedenheit muß allein in Deiner Hand liegen, wenn die Zufriedenheit ein für Dich erreichbares Ziel sein soll. Ein Gott verhält sich dazu völlig inkompatibel und somit ist auch kein Platz mehr für die christliche Religion und die Kirche in so einem Lebensentwurf. Selbstredend wird heute nicht dieser griechische Philosoph viel gelesen, aber im Gerede, wie man so denkt, findet sich vieles, was wir da wiederfinden können.

Donnerstag, 29. Juni 2023

"Rekordaustrittswelle aus der 'deutsch-synodalen Kirche' - Mehr als 522.000 Menschen im Jahr 2022“ Und eine gute Nachricht!

"Rekordaustrittswelle aus der 'deutsch-synodalen Kirche' - Mehr als 522.000 Menschen im Jahr 2022“ So stand es am 28.6.2023 nicht nur auf Kath net geschrieben. Auch wenn diese Austrittszahl die Bischöfe Deutschlands nicht sehr beunruhigen dürfte,denn für sie ist die Entwickelung der Kirchensteuereinnahmen viel relevanter, kann der Eindruck des Niederganges der Kirche zumindest in Deutschland, wenn nicht in ganz Westeuropa nicht mehr verdrängt werden. Das liberalkatholische Narrativ, daß die Art und Weise des kirchlichen Umganges mit den Mißbräuchsfällen und der sogenannte „Reformstau“: noch immer nicht an die Kirche das Frauenpriestertum eingeführt, ihre Sexualmorallehre modernisiert und ist immer noch hierarisch statt demokratisch aufgebaut, bestimmt den Diskurs über diese Negativreordaustrittszahlen. Daß in dem gleichen Zeitraum fast 400.000 Evangelische aus ihrer Kirche austraten, obgleich da doch das ganze Refornprogramm der Synodalen Weges schon längst umgesetzt ist,das in der Katholischen Kirche den Ausweg aus dieser Absturzbewegung weisen soll,bleibt dann unbedacht. Das conservative Narrativ, daß, wenn die Kirche sich seit 1968 nicht Schritt für Schritt immer mehr modernisiert und verliberalisiert hätte, dieser Verfall nicht stattgefunden hätte, erscheint da plausibler, aber verifizierbar ist auch dies Narrativ nicht. Für eine sorgfältige Analyse dieses Niederganges wäre auch die Unterscheidung des Anlasses des Kirchenaustrittes von den Beweggründen des Austrittes zu unterscheiden. Ich gehe davon aus, daß die in den Medien effektvoll aufbereiteten Mißbräuchsfälle in der Kirche eher den Anlaß zum Austreten gaben als daß sie die realen Gründe wären. Nur, wie sind die realen Ausrittsmotive eruierbar? Ob wirklich einfache Befragungen der Ausgetretenen die Wahrheit ans Licht bringen, dürfte auch bezweifelt werden, weiß doch jeder Ausgetretende was für Gründe er zu benennen hat, weil man eben so begründet aus der Kirche austritt. Das Gerede, wie man eben heute über die Kirche so redet, um es heideggerisch zu formulieren, spiegelt sich dann doch nur in den abgefragten Meinungen wider. Es gibt nun keine guten Gründe dafür, daß mit diesen Negativzahlen der Tiefstpunkt erreicht ist. Als Katholiken dürfen wir darauf vertrauen, daß Gott seine Kirche, auch die unserer Heimat nicht verlassen wird, auch wenn viele, viel mehr wohl innerlich als auch äußerlich die Kirche Jesu Christi verlassen haben. Die Entchristlichung Deutschlandes aber auch ganz Westeuropas schreitet so voran. Man könnte da Heidegger zustimmend ausrufen: Nur (ein) Gott kann uns noch retten- Und die gute Nachricht: Kath de jubelt am 30.6. 2023:"Trotz Rekord-Austrittszahlen:Erneut leichter Anstieg bei Kirchensteuer" Corollarium 1 Eine Vermutung: Nicht der aktuelle kirchenpolitische Kurs sondern der Übergang von der Moderne zur Postmoderne erwirkt diesen Niedergang der Kirche. Mit dem postmodern sich verstehenden Menschen verliert die Kirche sozusagen ihren klassischen traditionellen Ansprechpartner. den noch metaphysisch fragenden Menschen, der nach Schuld, dem Woher und Wozu seines Lebens frägt, der das Ganze noch verstehen will.

Montag, 1. Mai 2023

Die Kirche, nicht bereit für die Gegenwart? Um die Zeitgemäßheit der Kirche

Die Kirche, nicht bereit für die Gegenwart? Um die Zeitgemäßheit der Kirche Halik ist überzeugt: „Die Reformen des Zweiten Vaticanums kamen ein bisschen zu spät. Die Auseinandersetzung mit der Moderne kam, als deren Aufkommen längst abgeschlossen war. Das Konzil hat die Kirche nicht auf die radikale, plurale postmoderne Gesellschaft vorbereitet. Dafür braucht man noch eine andere Reform und ich hoffe, der synodale Weg kann die Kirche auf diese globale postmoderne Gesellschaft vorbereiten.“ So steht es geschrieben in der „Tagespost“ am 4.4.2023 in einem Artikel zum Thema Postmoderne und Kirche, aus einem Gespräch mit dem Priester Halik. Ob die Moderne schon zur Zeit des 2.Vaticanums abgeschlossen war, kann bezweifelt werden. Slavoj Zizek schreibt liberalen Revisionisten diese Vorstellung zu: „der Untergang des Kommunismus habe sich 1989 genau im richtigen Moment ereignet.Er markiere das Ende einer Ära,die 1789 begonnen habe,das finale Scheitern des etatistisch-revolutionären Modells, welches erstmals mit den Jaobinern auf der Bildfläche erschienen sei.“ (Zizek, Die bösen Geister des himmlischen Bereichs, 2016, S.95) Mein Vorschlag: Die hier gemeinte Ära ist die der Moderne als der Versuch,die Religion politisch aufzuheben, die Verheißungen des Reich Gottes in ein politisch-revolutionäres Programm umzusetzen. Der Etatismus ist nun aber eine Staatsauffassung, die der liberalen entgegengesetzt ist, aber nicht als ein Spezifikum der Moderne anzusehen ist, aber sonst halte ich diese Epocheneinteilung für überzeugend. Meine These lautet stattdessen, daß das 2.Vaticanum die Verarbeitung des Endes der Konstantinischen Epoche im Ausgang des 1.Weltkrieges durch die Katholische Kirche darstellt und so tatsächlich die Postmoderne in keinerlei Weise im Auge gehabt hatte und auch nicht haben konnte. Wer auf die Fragestellung hin, wie kann die Kirche in der Postmoderne sich positionieren, die Redebeiträge des Synodalen Irrweges betrachtet, muß zu einem zwiespältigem Ergebnis kommen: Es dominiert die These, daß die Kirche noch nicht in der Moderne angekommen sei, da sie immer noch hierarisch statt demokratisch organisiert sei, ja sie noch nicht einmal die Menschenrechte anerkenne, indem sie die Frauen diskriminiere. Aber die Genderideologie zeigt man sich auch sehr aufgeschlossen gegenüber, und das ist nun wirklich ein „Meisterstück“ der Postmoderne. Wenn man den Fundamentaltheologen M. Striet als einen der Ideenliferanten dieses Irrweges bezeichnen kann, dann spricht dessen Kritik , die Kirche ignoriere bis jetzt das moderne Freiheitsbewußtsein, das der Philosoph Kant auf den Begriff gebracht habe, dafür, daß man jetzt die Aufklärung und die Moderne in die Kirche aufnehmen möchte und das zu einem Zeitpunkt,da die Moderne schon untergegangen ist. Man hinkt der Zeit weit hinterher obzwar doch die Lieblingsparole die der Zeitgemäßheit ist. Die Kirche in Deutschland sucht so das Gespräch mit der Moderne, wo diese nur noch ein Scheinleben führt in der Klagelitanei über die noch unvollendete Moderne. Prinzipieller stellt sich aber die Frage nach dem Verhältnis von den ewigen Wahrheiten, den offenbarten und dem Kontext der Kirche, daß sie immer in einer bestimmten Zeit lebt. Das Problem läßt sich auch so formulieren: Wie kann mitten im Strom der Geschichte Jesus Christus als die offenbarte Wahrheit verkündet werden, wenn doch alles in der Geschichte nur eine relative Bedeutung haben kann? Noch gravierender: Das Axiom, das dem postmodernen Denken zu Grunde liegt, lautet: Eine erkannte und besessene Wahrheit ist der Feind der Freiheit. Eine unbegrenzte Pluralität kann es nur geben, wenn es keine absolute Wahrheit gibt, sondern jeder das Jeseinige als für sich wahr annimmt. Das Zentrum der christlichen Religion, daß Jesus von sich sagt, daß er die Wahrheit ist, ist der Postmoderne eine inakzeptable Zumutung. Man kann und muß so einräumen, daß der Priester Halik recht hat: Die Kirche steht der Postmoderne sprachlos gegenüber und vertieft sich so in einen Dialog mit der Moderne, der schon abgestorbenen, um sich nicht mit der lebendigen Gegenwart auseinandersetzen zu müssen. Daß der Synodale Weg aber ein Versuch sei, die Kirche für einen Dialog mit der Postmoderne vorzubereiten, das ist ein klares Fehlurteil: Viel zu vergangenheitsorientiert verläuft dazu der innerkirchliche Reformdiskurs. Da die Kirche in der Zeit existiert, lebt auch in ihr das Vermittelungsproblem.wie die Wahrheit an die Kirchenglieder dieser Zeit zu vermitteln sind, denn in einer bestimmten Zeit leben heißt ja immer auch, durch diese bestimmte Zeit geprägt zu sein.

Montag, 27. März 2023

Zu den Hintergründen des jetzigen Niederganges der christlichen Religion und der Kirche

Zu den Hintergründen des jetzigen Niederganges der christlichen Religion Manchmal werden Antworten auf gewichtige Fragen an Orten gefunden, wo man wirklich nicht nach ihnen gesucht hatte. Eine einfache Feststellung: „Viele Menschen sind heute dazu bereit,die Vorstellung aufzugeben,dass es in allen Fällen eine einzige, maßgebliche Wahrheit zu entdecken und zu verteidigen gibt.“ Catherine Belsey, Poststrukturalismus, 2013, S.105. Zu beachten ist, daß hier die Wahrheit als etwas nicht Entdeckbares begriffen wird. Relativiert wird das nur durch die Einschränkung: nicht in allen Fällen sei die Wahrheit erkennbar. Der Leser darf mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, daß der Fall der Religionen unter diese Fälle, in denen keine Wahrheit gefunden werden kann, zu subsumieren ist. Warum soll das so sein: „Tatsächlich hat ein Jahrhundert politischer Grup-pierungen,die die Wahrheit,wie sie sie verstanden,nicht nur verteidigten,sondern verherrende Gewalt gegenüber Menschen ausübten,die ihre Überzeugungen nicht teilten,bei vielen von uns ernsthafte Zweifel an der Behauptung von Wahrheits-ansprüchen geweckt.“ (S.105) Unter den politischen Gruppierungen sind in erster Linie die kommunistischen und die nationalsozialistischen gemeint, daß Staaten im Besitz der Wahrheit sich wähnend, so totalitär werdend alle dieser Wahrheit Nichtzustimmenden unterdrückten und gar töteten. Nicht werden nun diese Ideologien als unwahre kritisiert, sondern geschlußfolgert, daß der Besitz der Wahrheit immer freiheitsfeindlich sei und zu einer menschenverachtenden Praxis führe. Der Gedanke, daß die Wahrheit die Freiheit der Diskurse begrenze, gar nichte, führt etwa M.Foucault in seiner Diskurstheorie aus. Das Streben nach der Wahrheit mit dem Ziel ihrer Erkenntnis und deren Besitz wird so als etwas zumindest potentiell den Frieden und das Miteinander der Menschen Gefärdendes angesehen. Der Wille zur Wahrheit wäre so im Sinne Nietzsches nur eine Maskerade des Willens zur Macht, des Willens so auch des Herrschens über andere. Auf eine Formel zusammengedrückt hieße das: Wahrheit macht unfrei. Im Zentrum der christlichen Religion steht nun die Aussage, daß Jesus Christus die Wahrheit ist. Diese Zentralaussage, nicht erst unzeitgemäße Morallehren oder dem modernen Menschen abskur vorkommende Wundergeschichten muß die christliche Religion und damit auch die Kirche zu etwas Inakzeptablen machen für das gegenwärtige postmoderne Denken mit seiner Ablehnung des Strebens nach der wahren Erkenntnis. Die christiche Religion paßt nicht mehr in die heutige Zeit, weil sie nicht nur Wahrheitsansprüche stellt, sondern sich gar als die Wahrheit versteht. Wer daraufhin den heutigen theologischen Diskurs überprüft, wird auf vielfältigste Versuche stoßen, den Geltungsanspruch der Kirche zu relativieren, indem nun ökumenisch alle christlchen Confessionen als gleich wahr, im interreligiösen Dialog gar alle Religonen als gleich wahr behauptet werden und letztlich es doch nur noch um die allen Menschen gemeinsame Humanität ginge. Die Religonen werden dann nur noch als Suchbewegungen nach der Wahrheit dargestellt, die aber nicht mehr selbst in ihnen präsent seien. Daraus resultiert ein Dilemma für die Theologie und die Kirche: Gegen ihr Eigentliches, daß in ihr die Wahrheit offenbar präsent ist,verstellt sie sich zu etwas doch nur rein Subjektivistischem: Auch bei uns kann man nur Meinungen, Vorstellungen von Gott und allem Dazugehörigen finden und genau mit diesem Kotau dem postmodernen Zeitgeist gegenüber, der Poststrkturalismus ist ein wesentliches Moment der Postmoderne, wie Besleys Buch es veranschaulicht, macht sich die Theologie und die Kirche auch selbst widerum irrelevant. Das Dilemma: Um sich als Zeitgemäßes zu gestalten muß sie sich als Irrelevantes gestalten. Denn relevant war sie als der Ort der Präsenz der da offenbaren und erkennbaren Wahrheit, aber genau als so Qualifizierte paßt sie nicht in den postmodernen Geist, dem die Wahrheit etwas Freiheitsbedrohendes erscheint. Wahrheit macht unfrei- das dokumentiert am besten die Differenz unserer Epoche von der abendländisch-christlichen,deren Untergang wir nun erleiden.

Montag, 31. Oktober 2022

Vorläufige Thesen zum Verständnis der Gegenwart - das Ende des Emanzipationsnarratives

1.These: Das Narrativ der Emanzipation als das der Moderne ist überholt. Die bürgerliche Revolution erschuf zwar die moderne bürgerliche Welt, geriet aber auch in die Kritik, daß sie als bürgerliche nur eine partikularistische war und so nicht die Emanzipation der Arbeiterklasse, der Frauen, der Unterschichten und der unterdrückten Völker war. Das Projekt der Moderne verlange so noch nach ihrer Vollendung. (etwa Habermas). Erst die Universalisierung der Emanzipation erwirke die eine vernünftige Welt der Gerechtigkeit und des Friedens. Die sog Frauenfrage gehört so zu diesem Emanzipatonsnarrativ. Jetzt gibt es wohl noch vereinzelte Nachhutgefechte, daß immer wieder Grüpchen entdeckt werden, die angeblich noch diskriminiert werden, aber faktisch ist die Nivellierung und Emanzipation erfolgreich gewesen. 2.These: Seit dem Bewußtsein von den "Grenzen des Wachstumes" (Club of Rome) funktioniert die Wachstumsideologie nicht mehr, daß der zu verteilende Kuchen beständig wächst, sodaß bei alle stets mehr bekommen können, obgleich der Reichtum und die Ressourcen ungleich verteilt werden. Die Verteilungskämpfe verschärfen sich, weil nun der eine nur noch mehr bekommen kann auf Kosten der anderen. Jetzt wird das Emanzipationsnarrativ für die Verteilungskämpfe instrumentalisiert, daß Personengruppen ob ihrer vorgeblichen Diskriminierung Vorrechte im Verteilungskampf um die limitierten Ressourcen beanspruchen können. Die Quotenfrau und in Bälde der Quotenhomosexuelle sind Anschauungsbeispiele dafür. Es geht nicht mehr um ein Mehr an Gleichheit sondern um die Legitimierung neuer Privilegien. Dazu gehört auch das Argument, daß so wie eine Frau etwas wahrnähme, es wahr wäre, nur weil sie als Frau das so sähe. 3. These: Für die Weiterentwickelung des Kapitalismus ist die bürgerliche Lebensform der Familie selbst etwas Dysfunktionales, da es die Frau als potentielle Arbeitskraft dem Arbeitsmarkt fernhält. Sie soll wie der Mann gänzlich der Ökonomie zur Verfügung stehen und darf daran nicht durch ein Familienleben behindert werden. Darum wird die Familie als Lebensordnung aufgelöst durch die Verstaatlichung der Kindererziehung. Die Ordnung des Volkes soll ebenso aufgelöst werden, um einen einzigen freien Arbeitsmarkt weltweit zu erschaffen: der globalisierte Kapitalismus. 4. These: Das Narrativ von der Pluralität und Diversität soll so die Menschen aus allen vorgegeben Lebensordnungen emanzipieren, damit sie nur noch als Funktionsgröße der Ökonomie in Betracht kommen: die Identität soll zu etwas frei Konsumierbarem werden. 5. These: Die neuen Weltkonzepte einer Einheitswelt stehen im Widerstreit zu den Realien des Lebens, dem Willen zur Macht, zur Selbstbehauptung und der Natur, deren Grundprinzip der Kampf ist. So verkennt die Genderideologie völlig das natürlich-biologische Fundament des Geschlechtsverhältnisses. 6. These Die Postmoderne signalisiert das Ende des Emanzipationsnarratives. Der Glaube an die eine Geschichte der Menschheit, die sich zu immer Höherem weiterentwickelt, endete im letzten Großversuch der Realisierung, dem Stalinismus. Mit ihm scheiterte die Emanzipationsideologie. 7. These Die Lage des "Freien Westens" ist nicht begreifbar ohne eine Theorie der Dekadenz. des geschwächten Lebenswillens. Dazu gehört auch das Toleranzgerede, das die Frage nach der Wahrheit diskreditiert.

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Früher war irgendwie alles anders in der Kirche – Spurensuche

Früher war irgendwie alles anders in der Kirche – Spurensuche


Nicht ist damit gemeint, daß in einem mythischen „einst“ die Gläubigen gemäß den Geboten Gottes und der Kirche gelebt hätten und dann sei irgendwie der Abfall vom Glauben geschehen, plötzlich wollten die Christen nur noch nach ihrem eigenen Kopfe leben, sondern daß die Verkündigung der Kirche nicht mehr recht katholisch sei.

Meine These dazu: Die Menschenrechtsideologie hat die christliche Erlösungsreligion verwandelt.


Das Zentrum der christlichen Erlösungsreligion ist die große Erzählung vom Fall des von Gott geschaffenen Menschen und wie Gott ihn durch das Heilswerk Jesu Christi und durch seine Kirche erlöst. Alle einzelnen Bestandteile der christlichen Religion erhalten dabei ihre Bedeutung durch ihr Eingeschriebensein in diese Großerzählung. Nun haben sich nicht einfach einzelne Elemente dieser Erzählung gewandelt, sondern diese Erzählung ist aufgelöst worden. Jetzt steht der Glaube an die Menschenwürde im Zentrum, daß der Mensch, von Gott erschaffen, von ihm bejaht, das Recht habe, menschenwürdig zu leben habe und die Pflicht, allen Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Jesus Christus verkündigte so nur noch die Menschenwürde aller. In frömmerer Sprache heißt das dann, daß uns in Jesus von Nazareth Gottes Liebe zu allen Menschen erfahrbar würde.

Gleichgültig nun, wie der Mensch sich zu dieser Allliebe Gottes verhielte, gälte jedem Gottes Liebe. Die habe die Kirche in Wort und noch mehr durch ihre Tat zu bezeugen. Darum sei das Vorrangige der Kirche ihr diakonischer Menschendienst. Den erlösungsbedürftigen Menschen kann es so gar nicht mehr geben, nur noch Menschen, denen ein menschenwürdiges Dasein verweigert wird, den Armen und Unterdrückten, bei uns im „Freien Westen“ isb den Homosexuellen, den ausgegrenzten Fremden und den diskriminierten Frauen etc. Das Anliegen der Kirche wie auch jedes Einzelnen sei so unser Beitrag zur Humanisierung der Welt.

Die einst grundlegende Differenz zwischen dem wahren Glauben und den vielen Religionen wird dann konsequenterweise ersetzt durch die Vorstellung der Cooperation aller Religionen mit dem Ziele der Humanisierung der Welt. Dafür müssen alle Religionen sich wechselseitig als gleich wahr, als gleichgültig anerkennen. Das ist auch möglich, wenn alle sich einen auf das einzig relevante Dogma, das von der Würde des Menschen, da er von Gott bejaht wird. Die Stifter aller Religionen hätten ja auch nur dies verkündet, alles andere wären Petitessen.

 

Montag, 18. April 2022

Enttäuschte Jesus Christus seine Schüler, seine Anhänger und uns? Ist die christliche Religion gar ein großer Irrtum?

Enttäuschte Jesus Christus seine Schüler, seine Anhänger und uns? Ist die christliche Religion gar ein großer Irrtum?


Seine Schüler frugen den Auferstandenen beim gemeinsamen Mal mit ihm: „Herr stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?“ (Apg 1,6). Jetzt, wo Jesus Christus von den Toten auferstanden war, wo er so demonstriert hatte, daß er sogar mächtiger als der Tod ist, jetzt wäre doch der rechte Augenblick gekommen, daß er nun sein Volk von der Römischen Fremdbeherrschung befreie und neu das Jüdische Reich errichte, vielleicht mit ihm als sein Volk ewiglich regierender König. War das nicht das, was das jüdische Volk von dem ihm verheißenden Messias erwartete?


Ein jüdischer Witz: „Rabbi, Rabbi, der Messias ist gekommen, ruft ein Schüler. Der Lehrer schaut aus dem Fenster, er sieht ein weinendes Kind: „Du irrst dich!“Die Tränen eines einzigen Kindes sollen so die christliche Religion widerlegen. Wie viele Kinder weinten nun in den letzten 2000 Jahren, nicht nur in den vielen Kriegen....auch als Opfer sexueller Vergewaltigungen!


Ist die Welt denn seit Weihnachten und Ostern besser geworden, wenigstens ein wenig besser? Jeder Blick in ein beliebiges Geschichtsbuch widerlegt einen solchen Optimismus, daß es nun seit 2000 Jahren kontinuierlich besser geworden wäre. Nicht nur die Schüler Jesu enttäuschte Jesus, als er nicht, vom Tode auferstanden, ein neues jüdisches Reich oder gar eine neue Welt erschuf.


Unser Glaubensbekenntnis gibt aber auf diese einstige Schülerfrage die angemessene Antwort, wenn es da heißt: „Et iterum venturus est cum gloria,judicare vivos et mortuos, cujus regnion non erit finis“ = Und wiederum wird er kommen mit Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten, seiner Herrschaft wird nicht ein Ende sein.

Das Urchristentum erwartete vom vom Himmel herab wiederkommenden Jesus Christus das Heil. Mit seinem Erlösungswerk seiner ersten Ankunft auf Erden erschuf er die Voraussetzungen dafür, daß die nun durch ihn Erlösten im Endgericht bestehen können. Aber weder befreite er das jüdische Volk noch erschuf er nach seiner Auferstehung den neuen Himmel und die neue Erde. Das will er erst bei seiner zukünftigen Wiederkehr erwirken.


Zu einer Widerlegung der christlichen Religion kann und muß sogar die Wirklichkeit der letzten 2000 Jahre werden, wenn die christliche Hoffnung auf diese futurische, noch ausstehende zweite Ankunft Christi verblaßt, gar als mythologisches Beiwerk abgetan wird. Gerade das Buch der Johannesoffenbarung zeigt ja überdeutlich, wie wenig das zukünftige Reich Jesu, das kein Ende mehr haben wird, und das eingeleitet wird durch das göttliche Endgericht, ein Produkt einer evolutionären Entwickelung von einem dunklen Anfange zu immer lichteren Zuständen ist, daß wir sozusagen sanft in das Reich Gottes auf Erden hineinwachsen und uns hineinentwickeln werden.


Jesu Christi Schüler, vor fast 2000 Jahren frugen sie ihn, wann denn sein Reich auf Erden er errichten wird und auch sie mußten bis jetzt auf diese Erfüllung warten, auch wenn sie jetzt schon bei ihrem Lehrer im Himmel sind.Hat das postmoderne Christentum dagegen dies Warten auf die Wiederkehr Jesu Christi als ein vergebliches Warten auf Godot aufgegeben, indem es sich limitiert auf den Glauben an einen Gott, der nur noch sein Ja sagt zu  jedem Menschen, so wie er nun mal ist? 


 

Freitag, 1. April 2022

Alles tolerieren – und deshalb die Wahrheit exkommunizieren auch in der Kirche?

Alles tolerieren – und deshalb die Wahrheit exkommunizieren auch in der Kirche?



In dem Artikel; „Hauptsache tolerant?“einem Auszug aus Dorothee Sölles Buch, Ein Volk ohne Vision geht zugrunde, in dem Passauer Bistumsblatt vom 27.2.2022 findet sich eine bemerkenswerte Darlegung des Pluralismusverständnisses des postmodernen Denkens: „Die Postmoderne definiert sich selber als >Verfassung radikaler Pluralität<.“ „Die Philosophen sprechen von den >unterschiedenen >Diskursarten< (Lyotard) und Sprachspielen;Diskurse nennt man das Grundschema der Weltdeutung.“ (S.22) Resümierend heißt es dann: An die Stelle der einen Wahrheit treten die nicht-verknüpften Wahrheiten, an die Stelle der Identität tritt die Diversität und das Denken in Differenzen. Das Entscheidende der Postmoderne ist, dass ein Meisterdiskurs nicht existiert: Es gibt keine Welterklärung, die von allen angenommen würde.“ (S.22)

Es irritiert nun nicht, daß diese eher linksorintierte Theologin die so skizzierte Postmoderne verurteilt, vergleichbar mit J.Habermas Kritik der postmodernen Philosophie, diffundiere diese doch das Aufklärungsprojekt der Moderne, die Welt vernünftig gestalten zu können.

Ein paar Fragezeichen sollen nun aber doch hier gesetzt werden: Beginnt nicht schon durch die Philosophie Kants die Pluralisierung der Vernunft in die theoretische, die praktische und die ästhetische, auch wenn dann die ihm folgende idealistische Philosophie ein neues Einheitsdenken versuchten, gekrönt in der hegelischen Philosophie? Zu der Pluralität der „Diskurse“ gehört es auch, daß nicht alle „Weltdeutungen“ sind, ja jede Wissenschaft kann erst mal als ein „Diskurs“ verstanden werden. Der Begriff des Diskurses bedeutet hier einfach nur ein geregeltes System, was zum Diskurs gehört und was nicht und wie eine Aussage beschaffen sein muß, damit sie ein Element des Diskurses ist. Es liegt also ein rein formalistisches oder auch strukturalistisches Verständnis vor. Mitgesetzt ist dabei die These, daß es nicht unabhängig von dem Diskurs existierende Gegenstände gäbe, die dann das Material des Diskurses bilde, sondern daß die Objekte erst durch den Diskurs definiert werden. Den homo oeconomicus gibt es so zum Beispiel nicht einfach in der Realität, sondern dieser Begriff ist konzipiert worden, um ökonomische Phänomene zu baegreifen.

Trotzdem ist es wohl sinnvoll, wenn Frau Sölle sich in ihrer Kritik auf den postmodernen Weltanschauungspluralismus kapriziert. Denn in diesem Punkte kollidiert ihr eigenes Weltanschauungskonzept mit der Antithese, daß es keine letztverbindliche Weltdeutung mehr geben könne . Ja eine solche Einheits-weltanschauung evozierte den postmodernen Generalverdacht, daß so eine totalitäre Herrschaft erwirkt würde, gäbe die eine als einzig wahr erkannte Wahrheit. Im Hintergrund steht eine spezifische Interpretation des politischen Totalitarismus, des Nationalsozialismus und des Stalinismus, daß das Fundament dieser Totalitarismen eine als absolut erkannte Wahrheit bilde. Beide Ideologien wurden totalitär, weil sie sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnten. Also stehen im Zentrum dieser zwei nicht machtgierige Diktatoren oder herrschsüchtige Parteien, sondern sozusagen „Wahrheitsgläubige“. Erst der Verzicht auf die absolute Wahrheit könne eine Kultur der Toleranz konstituieren. Ausbuchstabiert findet das sich in Karl Poppers Konzept der „offenen Gesellschaft“ mit seiner Platon- und Hegelkritik als Wahrheitsdenker.

Damit ist natürlich auch das Christentum als die absolut wahre Religion inakzeptabel, weil sie sich als wahr weiß. Sölle versucht nun, diese Kritik zu unterlaufen, indem si zwar an der einen Wahrheit festhalten möchte, die Religionen und Philosophien dann aber als Suchbewegungen nach dieser Wahrheit bestimmen will. „Toleranz ist die Folge dieser existentiellen Wahrheitssuche, sie muss immer wieder den festen Wahrheitsbesitzern oder Fundamentalisten abgerungen werden. Ihr Feinbild ist eindeutig: der Wahrheitsbesitzer, der Fundamentalist. (Wer jetzt an Jesus Christus denkt, der sich als die allein freimachende Wahrheit qualifiziert, liegt goldrichtig!)Es soll aber an der Verheißung des Reich Gottes als der Realisierung universalistischer Gerechtigkeit festgehalten werden um der Parteilichkeit für die Opfer der Geschichte. Eine solche Einheitsutopie läßt ja das postmoderne Denken nicht zu.

Wie der innerchristliche Religionskrieg des 17.Jahrhundertes die Aufklärung als das Projekt der Domestikation der christlichen Religion hervorrief, so rufen die zwei Totalitarismen das Projekt der Domestikation der Wahrheit hervor:Es dürfe nun weder eine sich als absolut wahr wähnende Religion mehr geben noch darf eine erkannte absolute Wahrheit es mehr geben. Sölle teilt eigentlich dies Konzept, will aber um des Aufklärungsprojektes der Humaniserbarkeit der Welt an den Primat der Option für die Opfer festhalten: Ihre Perspektive sei eben „wahrer“ als die der bisherigen Sieger. So dürfe eben die Weltsicht der Sieger nicht toleriert werden.

Dieser evangelischen Theologin fehlt eben die Erkenntnis der Präsenz der offenbarten Wahrheit in der Kirche, sie kennt nur Wahrheitssucher, die nie zu Erkennenden werden dürfen, damit die Pluralität des Meinens aufrechterhalten werden kann.Deshalb kann im Prinzip alles toleriert werden, solange es sich nicht als die Wahrheit versteht. Wer die Selbstverprotestantisierung der Katholischen Kirche begrüßt, darf sich dann deshalb nicht wundern, wenn die Wahrheiten der Kirche dann aus dem innerkirchlichen Diskurs ausgegrenzt werden.



 

Dienstag, 1. März 2022

Zum Niedergang der christlichen Religion – ein Versuch

(Wahrheit, Erlöser - Nein ,danke)

Wer sich nicht mit so oberflächlichen „Analysen“, wie schuld sei eben die un-zeitgeistgemäße Sexualmorallehre der Kirche, oder daß sie eben hierarisch und nicht demokratisch verfaßt sei, zufrieden geben mag, der wird im Werk E.M. Ciorans fündig werden. Seine Religionskritik ist die typische der Postmoderne und unterscheidet sich so signifikant von der klassisch modernen. Die Kurzfassung: Wenn die Aufklärung im Namen der durch die Vernunft erkannten Wahrheit die christliche und auch jede andere Religion kritisierte, so kritisiert die Postmoderne jede Religion, weil sie von sich sagt, daß sie wahr sei, daß in ihr die Wahrheit als erkannte präsent sei. Als der Feind der Freiheit und des Friedens soll nun die erkannte Wahrheit gelten. Es darf hier an Poppers Kampf gegen die Feinde der „offenen“ liberalen Gesellschaft erinnert werden, an seinen Kampf wider Platon und Hegel, die als Wahr-heitsdenker die Feinde der Freiheit sind, daß jeder so leben darf, wie es ihm gefällt.

Cioran schreibt in seinem Werk: „Lehre vom Zerfall“ (Übersetzung, Paul Celan, 1979 in dem Kapitel: „Genealogie des Fanatismus“: „Die Gesellschaft: eine Hölle voller Erlöser!“ (S.9) Gerade weil es Erlöser gibt, wird die Gesellschaft zu einer Hölle. Die Erlöser konkurrieren mit ihren wechselseitigen sich ausschließenden Wahrheitsansprüchen, daraus entstünden dann die Kämpfe gegeneinander und dann versuchten die Erlöser noch, die anderen für sich zu gewinnen. So entstünde aus diesen Konflikten die Hölle der sich wechselseitig Bekämpfenden.

Was ist der Sündenfall denn weiter als die Jagd nach einer Wahrheit,, als die Gewißheit, sie erreicht zu haben, als die Gier nach Dogmen“. (S.8) Noch polemischer heißt es auf dieser Seite: „Die wahren Verbrecher sind diejenigen, die eine religiöse oder politische Orthodoxie stiften, diejenigen, die zwischen Rechtgläubigen und Schismatikern unterscheiden“. Warum Verbrecher? „Nur im Namen eines Gottes oder einer seiner Nachbildungen wird getötet: Exzesse im Namen einer Nation, Rasse oder Klasse sind nah verwandt mit denen der Inquisition- und der Reformationszeit. Zeitalter des Glaubenseifers zeichnen sich durch Blutgier aus“. (S.7) Da die Erstauflage dieses Buches 1949 erschien, ist bei den Nachbildungen der Religion wohl an den Nationalsozialismus und der Stalinismus zu denken, die hier jetzt nicht als antireligiöse Bewegungen sondern als religionsähnliche bewertet werden. Wie in den Religionen so sind auch Nationalsozialisten und Stalinisten Glaubenseiferer!

In der Bilanz der Religionen sind mehr Mordtaten aufgeführt als in den Aktiva der blutigsten Tyrannen, und die Blutrünstigkeit der von der Menschheit Vergötterten übertrifft bei weitem die der gewissenhaftesten Mörder. Wer einen neuen Glauben verkündet, wird verfolgt – bis er selbst zum Verfolger wird: zu Beginn stehen die Wahrheiten im Konflikt mit der Polizei, am Ende stützen sie sich auf sie.“ (S.95)

Cioran weiß aber auch eine Therapie: Die Tugend der Gleichgültigkeit. Der Anfang all dieses Elendes sei: „Der Mensch gehe seiner Fähigkeit, gleichgültig zu sein,verlustig: virtuell ist er bereits ein Mörder“, (S.7), wenn er an etwas Göttliches anfängt zu glauben.

Die Gleichgültigkeit allen Religionen gegenüber, oder Weltanschauungen gegenüber, die sich als wahr verstehen, predigt so Cioran. Auch wenn diesen Philosophen die allermeisten nicht kennen werden, so wird doch seine Gleichgültigkeit allem Religiösem gegenüber massenhaft praktiziert. Der Postmoderne ist eben gerade der allen Wahrheitsverkündern gegenüber sich gleichgültig Verhaltende. Er gleicht so dem letzten Menschen Nietzsches, weil ihn jede Wahrheit beunruhigt, indem sie ihn aus seinem allem gegenüber Gleichgültigsein herausrufen könnte. Offenkundig bildet diese Vergleich- gültigungstendenz auch das Fundament sowohl der Ökumene und des interreligiösen Dialoges: Um des lieben Friedens willen werden alle Differenzen als gleichgültig markiert. Religionen sind also in der globalisierten Welt nur noch akzeptabel, wenn sie sich selbst als gleichgültig devitalisieren und die Bürger alle Religionsangelegenheiten gegenüber sich gleichgültig verhalten. Die Religionen sollen also nicht durch eine aufklärerische Propaganda bekämpft werden sondern als so gleichgültig angesehen werden, daß man sie nicht einmal mehr bekämpfen soll.

Ist das nicht genau die Haltung, die in den westlichen Gesellschaften der Durchschnittsmensch der Religion gegenüber einnimmt?

 

Samstag, 15. Mai 2021

Zur Lage der kirchlichen Theologie in postmodernen Zeiten (ein Orientierungsversuch)


Als das Spezificum der Postmoderne soll hier im Sinne Lyotards das Ende des Glaubens an die großen Erzählungen verstanden werden. Die Moderne lebte aus dem Glauben an solche Erzählungen. Wenn das christliche Abendland fundiert war in der christlichen Erlöungserzählung von dem Fall aus dem Paradies und der Rückführung der Menschheit in das Heil durch Gott durch dessen Kirche, so säkularisierte die Moderne diese Erzählung zu Emanzipationserzählungen des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit hin zur Freiheit in einer vernünftig gestalteten Welt. Nach dem endgültigen Scheitern des letzten Großversuches der Realisierung einer solchen großen Emanzipationserzählung im „Real existierenden Sozialismus“ zerfielen die Großerzählungen, es blieben nur noch Erzählfragmente übrig, die den postmodernistischen Diskurs ausmachen.

Die christliche Großerzählung transformierte sich dabei zu der Vorstellung des von Gott so wie er ist bejahten Menschen. Der Mensch wie auch Gott werden aus der Geschichte entnommen, punktualisiert zu einer einzigen Relation der göttlichen Bejahung. Gott ist nur noch das mir begegnende Ja zu mir. Das sagt viel aus über die Lage des postmodernen Menschen. Er ist nicht mehr etwas Substantielles, sondern er ist sozusagen fragmentiert in Funktionen, die er jeweils in den diversen Subsystemen der Gesellschaft einnimmt, um es verkürzt zu formulieren. Als Berufstätiger ist er eine Funktion in der Ökonomie, dann fungiert er als Konsument, dann in der Familie , in der Freizeit...In verschiedenen Subsystemen tritt er auf, im Raum der Medizin als Patient, im Raum des Rechtes als Klient, als Bürger im Raume des Staates, als Konsument....Das Besondere ist nun, daß der Mensch in den jeweiligen Subsystemen als denen Unterworfener erscheint, sie subjektivieren ihn, nicht beherrscht er sie. Das könnte man unter dem Aufschrei Foucaults vom Verschwinden des Menschen verstehen: Er ist nicht mehr in der Rolle des descartischen, ich denke, also bin ich, von wo aus er seine Welt konzipiert. Er ist zu einer Funktion in den Subsystemen ummoduliert worden.

Diesem so verschwundenen Menschen, der sich als Substanz verloren hat, er lebt nur noch als vielfältige Relationen, soll nun die eine Relation, die Gottes zu ihm restabilisieren, damit er dann in dieser so ausdifferenzierten Gesellschaft noch als Subjekt sich wahrnehmen kann. Er wird als etwas affirmiert, was er in der Gesellschaft nicht mehr sein kann, ein bestimmtes persönliches Sein. Durch das göttliche Du wird erst dies sonst so aufgelöste Ich wieder zu einem Ich. Während im substanzontologischen Denken, also metaphaysisch der Mensch ein Etwas war, das dann auch noch akzidentiell Relationen unterhielt, erst kommt das Ich als Subjekt, von dem dann auch noch Prädikate ausgesagt werden können seines Tuens und Erleidens (aktiv und passiv), so mutet uns das nachmetaphysische Denken seit Nietzsche Handlungen als Ereignisse ohne ein sie hervorbringendes Subjekt zu, etwa nach dem Muster, daß der Aussage: Es blitzt!, nicht ein Subjekt, der Blitz zu Grunde liegt, der dann auch noch tätig wird, indem er blitzt. Für Nietzsche ist das Subjekt ja ein Glaube an es, evoziert durch unser sprachliches Denken in der Subjekt-Prädikat-Struktur.

Das so in nachmetaphysischen Zeiten verloren gegangene Subjekt soll nun durch die Relation der Liebe Gottes zu ihm neu konstituiert werden, als Hervorbringung durch die göttliche Anrufung. Ich werde Ich, weil Gott mich anruft. (Eine säkularisierte Version findet sich davon bei L. Althusser durch die Vorstellung des Angerufenwerdens als Subjektkonstitution.)

Die großen Emanzipationserzählungen (Lyotard) sind immer konzentriert auf den Menschen als das Subjekt einer Selbsterlösungskonzeption, Mit der großen Desillusionierung verschwand auch der Glaube an den Menschen als das die Welt neu erschaffen könnende Subjekt, er verliert so ganz seine Stellung als das Ich, dem die Welt seine Aufgabe ist im Sinne einer Weltgestaltung. (Vgl dazu etwa Fichte). Ja dieses exzeptionelle Ich gerät nun in den Generalverdacht, die Ursache allen Unglückes zu sein, indem es als das der Welt gegenüberstehende Ich zum sie ausbeutenden und zerstörenden Subjekt avanciert ist.

Dem soll nun ein anderes Ich gegenübergestellt werden, das postmodern christliche,das gerade nur aus seiner Relation aus Gott her lebt und so auch befähigt wäre, seinen Relationen zu allen anderen, Menschen wie der Umwelt eine andere Qualität zu geben, sie werden ihm so wesentlich, sie sollen nicht mehr bloß akzidentiell sein.

Die Theologie versucht so also, dem Menschen der Postmoderne therapeutisch unter die Arme zu helfen, indem sie den Menschen neu konstituieren will. Dem liegt das postmoderne Axiom zu Grunde, daß der Mensch sich erst durch seine eigenen Narrative zum Menschen macht, er ist, wie er sich selbst erzählt aber nur noch als eine Simulation ohne eine sie fundierende Substanz.

 

Donnerstag, 9. November 2017

Eine Orientierungsskizze: Das Kreuz und die Kirche und die Teilhabe am Heil

Wie wird das Kreuz Christi (als Kurzformel für das für uns durch Jesus Christus gewirkte Heil) zu meinem Kreuz, sodaß es mir gilt? Katholiken, Lutheraner und Reformierte unterscheiden sich gerade in dieser Frage.
Der Reformiert-Calvinistische Standpunkt ist der, daß Gott in aller Ewigkeit beschlossen hat, für welche Menschen Christus das Heil am Kreuze gewirkt hat und für wen nicht.Die zum Heil Erwählten erlangen dann das Heil, wie die Nichterwählten es nicht erlangen können. Das Vermittelungsproblem, wie wird das Kreuz Christi zu meinem Kreuz ist somit respondiert: allein durch Gottes Erwählen. Es bleibt nur noch das Problem: Wie erkenne ich, daß ich ein Erwählter bin? Und das ist das Zentralproblem der reformierten Theologie.Denn die Taufe, der Glaube und der Empfang des Abendmahles sind keine eindeutigen Zeichen meines Erwähltseins! 
Der lutherische Standpunkt sagt nun, daß nur durch meinen Glauben das im Kreuz gewirkte Heil zu meinem Heil wird, im Sinne von: Wie ich Christus vertraue, so ist er mir. Nur dem, der darauf vertraut, daß Christus für seine Sünden gestorben ist, für den ist er dann auch heilswirksam gestorben. In der lutherischen Theologie ergreift der Glaube das Heil, während nach der reformierten Theologie er nur das Heil anerkennt, denn nicht weil ich glaube, gilt mir das Heil, sondern es gilt mir nur, wenn ich ein von Gott Erwählter bin. Für die lutherische Theologie hat so auch die Kirche eine heilsvermittelnde Funktion, denn durch sie wird das Wort Gottes gepredigt, das es gilt,im Glauben aufzunehmen für das Heil. Für die lutherische Theologie sind aber die Sakramente so gesehen immer ein Problem: Wozu sind sie gut, wenn das Heil allein abhängt vom (gepredigten)Wort, das im Glauben anzunehmen ist? Das Evangelium vermittelt so sehr allein das Heil dem, der es gläubig aufnimmt, daß eigentlich kein Platz mehr ist auch nur für die zwei von Luther übriggelassenen Sakramente. Faktisch steht kaum vermittelt das Taufsakramet und das Abendmahl neben der Heilsvermittelung allein durch das gepredigte Evangelium. Diese beiden Sakramente sollen nun auch Heil vermitteln, das Abendmahl, indem es gläubig empfangen wird.Aber genau genommen empfängt der Kommunikant im Abendmahl dann nur das, was er als an das Evangelium Glaubender schon empfangen hat. Für das Taufsakrament wird dies noch komplizierter, da bei der auch im Luthertum üblichen Säuglingstaufe man schwerlich von einer im Glauben empfangenen Taufgnade sprechen kann. 
Das war auch der Grund der Radicalieserung der Reformation zur Herausbildung eines linken Flügels, indem die Erwachsenentaufe propagiert wurde, mit dem Kollateralschaden, daß nun nichts Gesichertes mehr ausgesagt werden konnte über unmündig gestorbene Kinder. Da lag es nahe, die traditionelle Lehre der Erbsünde abzulehnen und die unmündig verstorbenen Kinder als unschuldig anzusehen. So wurden Teile des linken Flügels pelaginistisch und das, obzwar sie ultraaugustinisch angefangen hatten mit Luther. 
Die Katholische Lehre sagt nun, daß das Heil durch die Sakramente vermittelt wird. Der katholische Glaube gehört dann zu den Empfangsbedingungen eines heilswirksamen Empfanges der Sakramente mit der Ausnahme des Sakramentes der Taufe. Hier gilt nun, daß die Kirche das heilsnotwendige Vermittelungsorgan ist. Das ist die Kirche nach Luther im strengen Sinne nicht, denn der Glaube, der allein hinreichende kann ja auch aus dem bloßen Bibellesen sich generieren ohne eine Vermittelungstätigkeit durch die Kirche. Das ist die Nähe Luthers zum Reformiertentum.
Man kann sich aber des Eindruckes nicht erwehren, daß diese Differenzen im postmodernen Christentum am verlöschen sind. Dieser Eindruck stimmt leider. Die Postmoderne hat ein neues Verständnis von Kreuz Christi, Kirche und der Teilhabe am Heil entwickelt!
Dabei wird an die reformierte Konzeption angeknüpft! Aus Gott, der einen Teil der Menschen erwählt  und einen nicht erwählt, bzw. reprobiert, wird der Gott, der als Liebe jeden Menschen von Ewigkeit her liebt. Das Kreuz Christi zeigt dann nur noch, daß Gott uns liebt (wie das gedacht werden soll, bleibt dann aber völlig unklar, es soll nur besagen, daß das Kreuz Christi nicht uns das Heil gewirkt hat, sondern nur etwas zeigt, was unabhängig vom Kreuzesgeschehen schon immer uns galt. Das Vermittelungsproblem reduziert sich so nun darauf: Wie erkennen wir, daß jeder Mensch ein von Gott Geliebter ist? Das leiste die Verkündigung Jesu. Oder aber: Das sagt doch im Prinzip jede Religion. Alles Handeln der Kirche bezeugt so nur noch, daß jeder Mensch von Gott geliebt wird. Das ist die große Ähnlichkeit zur reformierten Konzeption, daß das Heil allein durch das ewige Erwählen Gottes gewirkt ist und daß es nur noch darauf ankommt, dies zu erkennen. Der Glaube ergreift nicht mehr das Heil, er er- und anerkennt nur noch, was unabhängig von ihm wahr ist für jeden Menschen, im Reformiertentum, für jeden Erwählten gilt.
Da die Postmoderne aber die Freiheit des Menschen das wichtigste Gut ansieht im Sinne der Selbstbestimmung, kann jeder Mensch, indem und nur indem er Nein sagt zur Liebe Gottes, davor "bewahrt" werden, in das Reich Gottes eingehen zu müssen. Aus dem durch Gottes Gericht Verurteiltwerden zur Verdammnis wird so ein freiwilliger Verzicht auf das Leben im Reiche Gottes! Aber Gott hört nie auf zu lieben, auch den Neinsagern gilt das. 
Die Kirche und jede religiöse Vermittelung des Heiles ist so überflüssig, weil ja jeder Mensch immer schon ein von Gott Geliebter, Bejahter ist. Nicht die Vermittelung  des Heiles ist so die Aufgabe der Kirche sondern das Eintreten dafür, daß jeder Mensch auf Erden als ein von Gott Bejahter so auch leben kann.                

Donnerstag, 20. Juli 2017

Eine erkannte Wahrheit macht unfrei! Antichristliches der Postmoderne

Der österreichische Philosoph Burger schrieb: ">Alle großen Verbrechen entspringen großen Idealen, nicht dem bösen Willen, die Täter verfolgen aus ihrer Binnenperspektive immer >das Gute<, ihr Antrieb ist stets eine >Begierde des Rettens< (Hegel) und sie sind um Objektivierungen nie verlegen, heißen diese Rasse, Klasse,Volk oder Nation:man kann den Nationalsozialisten oder Stalinisten vieles nachsagen, aber nicht, daß sie keine >Wertegemeinschaften< gewesen seien". ( M. Lichtmesz, Kann nur ein Gott uns retten?, 2017, S.136)
Hier offenbart sich uns eines der Motive des postmodernen Denkens. Nicht Skeptiker und Nihilisten sondern Gläubige und Utopisten brachten die fürchterlichsten Massaker hervor, gerade um mächtiger Ideale willen. Dort, wo die Wahrheit erkannt und als im Besitz befindlich vorgestellt wird, da würden die gläubigen Wahrheitsbesitzer zu den größten Verbrechern. Galt in der Modern die Maxime, daß durch die Vernunft, die Aufklärung der Mensch immer mehr die Wahrheit oder die Wahrheiten erkennt, den Aberglauben so hinter sich lassend, so gelten in der Postmoderne gerade erkannte Wahrheiten und geglaubte Ideale als eine Büchse der Pandora. Wahrheitsfanatismus führt zum Krieg und zum Terror gegen die, die Wahrheit nicht glauben wollen.
Das stellt für die Katholische Kirche als Ort des Offenbarseins der Wahrheit Jesu Christi, der offenbarten Wahrheit eine sehr problematische Situation dar: Die Kirche wird abgelehnt, gerade weil in ihr die Wahrheit offenbar ist. Wurde einst im Namen der Aufklärung der Aberglaube der Kirche verurteilt, so wird sie in der Postmoderne ob ihres Anspruches, hier ist die Wahrheit offenbar, reprobiert. Die Reaktion der Theologie überrascht dann nicht: Die Kirche wird umgedeutet als Suchbewegung, in der nach der noch nicht erkannten und erkennbaren Wahrheit gemeinsam gesucht wird. Was einst Wahrheit war, soll nun nur noch eine zeitgeschichtlich bedingte Vorstellung von der Wahrheit sein: Nichts Genaues weiß man! 
Weil man keine Wahrheit mehr erkennen will, soll es keine mehr geben. Jetzt soll alles als gleich wahr und unwahr angesehen werden, damit Niemand mehr im Namen einer erkannten und begriffenen Wahrheit anderes diskriminieren kann. Nur noch einen Feind gibt es so: den Fundamentalismus, den Glauben an erkannte Wahrheiten. Das bedeutet, daß Jesus Christus alles sein darf nur nicht mehr die offenbarte Wahrheit. Und die Katholische Kirche darf dann nur noch eine Auffassung der Religion sein neben vielen anderen, die alle als gleich wahr und ungleich anzusehen sind.  
An dieser postmodernen Kritik der nationalsozialistischen und der kommunistischen Weltanschauung fehlt, ist, daß zwar zurecht gesehen wird, daß beide Weltanschauungen sich als wahre verstanden haben, beide auch eine eigene Wertelehre enthielten, es sich wirklich nicht um nihilistische Bewegungen handelt, daß aber nicht ihr Wahrheitsgehalt kritisch in Frage gestellt wird, sondern daß kritisiert wird, daß beide Wahrheit für sich beanspruchen!    
Zudem: Was wird aus der menschlichen Geschichte, wenn sie postmodern klug geworden, auf jede Utopie verzichtet und so nur noch ein alternativloses: "Weiter so, wie bisher!" kennt. Wäre das nicht das Ende der Geschichte, so daß wir so nun wirklich in der Posthistorie angelangt wären?
 

Montag, 16. Januar 2017

Damit ich gerettet werde- vergessene Fragen und Antworten

"quod me oportet facere, ut salvus fiam?" (Apg 16,30)A.Arndt .J. S. übersetzt: "was muß ich thun, um selig zu werden?"(Vulgata, Novum Testamentum 2.Auflage 1903 Reprint). Gerettet werden, wäre eine adäquatere Übersetzung. Ist den Menschen oder der Kirche diese Frage abhanden gekommen? Aber fangen wir jetzt mal anders an: Was für eine Antwort bekäme der so Fragende denn heute von einem kirchlichen Seelsorger? Es bedarf dazu keiner prophetischen Begabung. Der Frager würde erstmal befragt, worin denn wohl sein Problem, das ihn so bedrängende bestünde. Habe er das Problem im Bereich von Liebe/Partnerschaft oder im Beruflichen oder im Gesundheitlichen? Schon diese Grobverortung des Problemes zeigt dem Frager, daß dem Seelsorger ein wirklich religiöses Problem gar nicht mehr vorstellbar ist; er kennt als Seelsorger in der Regel nur Menschen mit weltlichen Problemen, bei denen evtl der christliche Glaube bei der Bewältigung eine Hilfe sein könnte. Meist reduziert sich aber das Religiöse auf die innere Motivation des Seelsorgers, demAnderen zu helfen, sodaß die Seelsorgepraxis dann rein humanistisch-psychologisch verfährt. 
Jedenfalls wird  er nicht die Antwort hören, die der Apostel Petrus den ihn so Fragenden gab: "Crede in Dominum Jesum:et salvus eris tu". "Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst gerettet werden" (Apg 16,31). Warum nicht? Weil es einem Nichtchristen oder gar einem  Andersgläubigen nicht zumutbar ist, ihn zum christlichen Glauben aufzurufen! Zudem: Welches seiner Probleme in der Liebe, im Beruf oder im Falle einer Erkrankung löste denn schon der Glaube an den Herrn Jesus? 
Aber was meint dann der so den Apostel Fragende? Es frug ihn so der römische Kerkermeister. Oberflächlich betrachtet könnte die Frage des Kerkermeisters so gemeint sein: Nachdem das Gefängnis durch ein Erdbeben zerstört war, alle Türen sich öffneten und alle Gefangenen fliehen konnten und der Gefangenwärter befürchtete, daß ihn die Vorgesetzten dafür veantwortlich machen würden, ihn, dem doch eine Spezialbewachung des gefangenen Paulus aufgetragen war, hatte er sich selbst töten wollen. Petrus bewahrte ihm vor diesem Freitod: Ich bin nicht geflohen. Soll  die Frage also eigentlich meinen: Petrus, was soll ich tuen, damit ich nicht von meinen Vorgesetzten bestraft werde?  Dann hätte Petrus seinen Gefangenenwärter gründlich mißverstanden. 
Was kann dann diese Frage gemeint haben? Der Kerkermeister erlebte das eigentümliche Erdbeben, und daß plötzlich Petrus, obgleich seine Füße gar an einen Block gekettet waren, wieder frei war. Das motivierte ihn zu dieser Frage. Abstrakter formuliert: Das Wunder dieser Art der Befreiung des Gefangenen ließ den  Kerkermeister in dem so Befreiten einen besonderen Menschen erkennen, einen, der mit Übernatürlichem und Wunderbaren in einer Beziehung steht. Und deshalb traut er dem Petrus zu, diese Frage beantworten zu können. Denn er frägt auch nach etwas Übernatürlichem und Wunderbaren: Wie kann ich im göttlichen Gericht gerettet werden? Woher wußte der so Fragende von einem solchen Gericht? Spontan würde man antworten. aus dem Glauben der Juden oder aus der urchristlichen Verkündigung. War er aber damit vertraut als römischer Soldat? Oder meint hier der Verfasser der Apostelgeschichte, daß das Wissen um ein göttliches Gericht zum Allgemeinwissn jedes religiösen Menschen gehört? Es wäre dann ein Bestandteil der natürlichen Gotteserkenntnis.
Aus dem 1.Thessalonikerbrief (1,9f) kann man die urchristliche Verkündigung des Paulus wie der anderen Heidenmissinare rekonstruieren, denen wohl ein jüdisches Bekehrungsschema zu Grunde lag: Kehrt ab vom Götzendienst und wendet euch dem einzig wahren Gott zu, damit ihr dem Gericht Gottes entgeht ob eures Götzendienstes. Christlich umgeformt: Glaubet an Jesus Christus, damit der euch aus dem Zornesgericht Gottes über euren Götzendienst rettet.  
Vor dem Gericht Gottes kann uns nur Jesus Christus retten und der rettet uns nur, wenn wir an ihm glauben, das verkündet Petrus seinem Kerkermeister. Diese Antwort ist dem postmodernen Christentum zu einer Unmöglichkeit geworden: Es kann gar keinen Zorn Gottes und kein Gericht Gottes geben und wenn es ein solches Gericht gäbe, dürfte der Glaube an Jesus Christus auf keinen Fall der Grund der Rettung aus diesem Gericht sein. Denn auch für Gott gelten die Menschenrechte, die es verböten, wen ob seines Glaubens zu diskriminieren. Also muß auch Gott, wenn er gerecht urteilt in seinem Gericht, der Glaube des Zubeurteilenden nicht von Relevanz sein. Gott kann doch nicht einen Menschen nur deshalb verurteilen, weil er nicht an Jesus Christus  geglaubt hat! Deshalb ist die Antwort des Petrus nicht mehr akzeptabel. Er hätte respondieren müssen: Egal, wie Du es mit der Religion hältst, wenn Du anständig lebst, reicht das aus, denn mehr verlangt Gott von Niemanden! 
Aber richtig christlich hätte die Antwort lauten müssen: Gott liebt Dich, so wie Du bist. Vertraue einfach darauf, von Gott bejaht zu sein. Für Dich gibt es kein göttliches Gericht. Das gibt es für Niemanden, denn Gott ist die Allliebe. Du brauchst also gar keine Errettung oder Erlösung, weil Alles immer schon in Ordnung ist!  
Das Veschwinden dieser Frage und die Unmöglichkeit dieser Antwort im postmodernen Christentum, das zeigt unübersehbar, wie weit die heutige Kirche sich von der Wahrheit emanzipiert hat. Das eigentliche Problemist die Gotteslehre. (Vgl dazu auch mein Buch: Der zensierte Gott)                     

Donnerstag, 24. September 2015

Zur Lage der Theologie (1.Versuch)

Wer über die Lage der Kirche in Deutschland sprechen will, der sieht sich genötigt, auch und gerade über die Deutsche Theologie nachzudenken. Betritt man einen Hörsaal, ein Seminar einer theologischen Fakultät- etwas Befremdliches erlebt man da. Man versuche sich, dies Bild zu imaginieren. Wir befänden uns auf einer Fortbildungsveranstaltung der Partei der "Grünen", der Dozent referiert zum Thema der aktuellen Herausforderungen angesichts des Klimawandels und er erklärte, daß der beste Beitrag zum Umweltschutz der rasche Ausbau der Kernenergie wäre. Dies schmückte er dann noch aus mit allerlei Seitenhieben wider "Traditionalisten"  mit ihren "Atomkraft-Nein-Danke" Buttons. Das ist fürwahr zu grotesk, als daß es imaginierbar wäre. Man erwartet doch rechtens von einem Dozenten dieser Partei, daß er zumindest soweit sich mit dem Parteiprogramm der "Grünen" identifiziert, daß er dessen Herzstück, das Nein zur Atomenergie bejaht und so es auch lehrt. 
Was soll man nun aber von einer Organisation halten, die die Ausbildung ihrer zukünfftigen Mitarbeiter weitestgehend in Hände von Ausbildern gibt, die (unter Absehung von rühmlichen Ausnahmen) alles Mögliche und Unmögliche dozieren, nur nicht das, was die Kirche verbindlich lehrt.Ja, wer den universitären Betrieb auch nur ein wenig kennt, der kann sich kaum vorstellen, daß in Deutschland jemand Professor werden kann, der das vertritt, was die Kirche lehrt. So uneins das linlslibreral- katholische Spektrum auch unter sich sein mag, das Gegen alles Conservative vereint sie so. Ja, es ist fraglich, ob noch eine Doktorarbeit mit klar erkennbarer conservativen Tendenz anerkannt werden kann. Reden wir Klartext: das ist erstmal fakultätsinterne Machtpolitik, daß Glechgesinnte gefördert und Oppositionelle ausgegrenzt werden. Im Zweifelsfall ist eben die Gesinnung eines Bewerbers von größerer Bedeutung als seine fachliche Qualifikation.  Man wird wohl sagen dürfen, daß gerade in den Geisteswissenschaften der 68er Marsch durch die Institutionen sehr erfolgreich war- aber auch nur so, daß sich nun die "linken" Reformkräfte selbst dabei auch veränderten. Um es zu versimplifizieren: den im Geiste der 68er Denkenden war die Kirche, oder besser die Basis in der Kirche ein potentieller Ort eines anti-bürgerlich-alternativen Lebensstilles, der in die bürgerliche Gesellschaft emanzipatorisch hineinwirken sollte. Die Gemeinden und zuförderst Gemeinschaften in ihnen sollten -durch linke Ideologie erhellt, die sich dabei irgendwie mit der christlichen Religion vermischen sollte- sollten so das Licht der Welt sein, und dazu bedurften sie einer "progressiven" linken Theologie. Den größeren Zusammenhang solch einer neolinken Konzeption bildete die Enttäuschung in orthodox-linken Kreisen über das Ausbleiben der erhofften "Linkswende" der "arbeitenden Klasse". wohingegen Bürger chrrislichen Glaubens eher auf linken Moralismus ansprechbar waren. etwa nach dem Motto, daß wir Reichen Europas schuld seien an der Armut der dritten Welt und diesen Schuldzusammenhang bezeichne man dann als Kapitalismus und Imperialismus. All das ist spätestens 1989 mit der Implosion des real existierenden Sozialismus untergegangen. Jetzt erleben wir eine Umkehrung: nicht mehr sollen christliche Gemeinden das Licht für die Welt bilden, damit von ihr in die bürgerliche Gesellschaft sie revoluzunierende Impulse ausgehen, sondern die Gesellschaft, so wie sie jetzt ist, gilt schon als das Positive, oder sich zum Positiven Hinentwickelnde  und die Kirche als das Dahinterzurückgebliebende. Die Welt ist nun das Licht für die Kirche, die jetzt die Emanzipationsentwicklungen der bestehenden Gesellschaft nachzufolgen habe. Es ist doch erstaunlich, daß ich die gesamte Reformdiskussion in der Katholischen Kirche reduzieren läßt auf die Frage: wie viel Einpassung braucht die Kirche jetzt, damit sie morgen noch lebensfähig ist und Menschen noch erreichen kann? Und diese Tendenz ist die dominierende der wissenschaftlichen Theologie!
Wie kommt das?Banal, aber nicht unzutreffend ist, daß jeder Student vom ersten Semester an lernt, daß gute Noten nur dem vorbehalten sind, der eben in Übereinstimmung mit dem Professor die Prüfungsfragen respondiert. So ist es eben Alltagspraxis, daß man vor Prüfungen etwa über drei Definitionen von der "Erbsünde" verfügt, für jeden Prüfer die, die er hören möchte und früge man den Prüfling, welche er denn für die angemessene hielte, die Antwort bekäme : immer die, die der Prüfer jetzt von mir hören möchte!  Und so geht es weiter bis zur Habilitation bei dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Aber das ist nun selbstredend nicht der Hauptgrund, aber doch auch kein unwesentlicher, denn es ist die Lebenserfahrung, daß ohne ein Sich-nicht-Anpassen an nicht voran kommt im Leben.  Klartext: es ist fraglich, ob heuer an Universitäten noch Arbeiten angenommen und gar mit einer guten Note ausgezeichnet werden, die nicht in der Genderideologiesprache verfaßt sind. 
Aber das bleibt doch recht oberflächlich. Es muß eben der Epochenbruch, der der Auflösung der Moderne und der des Beginnes der Postmoderne mitberücksichtigt werden, den ich vereinfachend auch auf das Ende des real existierenden Sozialismus datieren möchte als dem endgültigen Scheitern des letzten Versuches, die Welt, die Gesellschaft kraft der Vernunft neu und radical anders umzugestalten. Die Moderne soll so begriffen werden als das Großprojekt, das, was die Religion von Gott als Reich Gottes erhoffte, nun als die Aufgabe des Menschen anzusehen und zu realisieren. Die moderne Thelogie versuchte sich diesem Projekt der Moderne anzuschließen- das berühmteste Beispiel ist dafür sicher der Konzilstext: "Gaudium et spes", der uns heuer so fürchterlich zukunftsoptimitisch daherkommt. Aber was war und ist dann die Konzeption postmoderner Theologie? Auf den ersten Blick die der Einpassung in den postmodernen Pluralismus mit der These, daß eine erkannte und offenbare Wahrheit das Ende der Legitimität des Pluralismus wäre, denn dann könnte ja zwischen wahr und unwahr unterschieden werden. Der Traditionalismus mit seinem Glauben an das Offenbarsein der Wahrheit in der Kirche ist so der schlimmste Feind jeder sich postmodernisierenden Theologie!  
Zur Postmoderne gehört dann, wie es Sloterdijk so treffend erfaßte, daß die Theologie jetzt wie eine Ware für den Markt produziert wird. Nicht was wahr ist, zählt sondern was ankommt. Und das hat auch etwas zu tun mit der gesellschaftlichen Nützlichkeit von Theologien: also, welchen Beitrag kann die Theologie dafür leisten, daß ein friedliches Miteinander der Religionen und Kulturen in einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft gelingen kann. 
Um diesem gerecht zu werden, wird eben dann die traditionelle Theologie umgeformt, damit sie der Postmoderne genügt. Dies Umformen läßt dann die so produzierte Theologie häretisch werden.
Aber gibt es auch innere Gründe für diesen Umformungsprozeß der Theologie? Einige liegen nahe: 
der wissenschaftliche Diskurs steht unter dem Gesetz des Neuen- Erkenntnis ist nur als neue Erkenntnis Erkenntnis, die so das bisher als Erkenntnis geltende entwertet oder verbessert. Wenn in einem Paradigma einer Wissenschaft (etwa der Neoscholastik) keine neuen Erkenntnisse mehr möglich sind, weil alle Möglichkeiten in ihm ausgeschöpft sind, dann evoziert dies den Willen zu einem Paradigmenwechsel in dieser Wissenschaft- plötzlich heißt es, daß man jetzt nicht mehr neoscholastisch Theologie produzieren könne, man müsse neue Wege beschreiten. Dies Verständnis von dem wissenschaftlichen Betrieb als Ort der Hervorbringung immer neuer Erkenntnisse schließt so die Vorstellung einer erkannten Wahrheit, die nur noch reproduziert werden braucht, aus. Wer immer innovativ sein muß, muß auch zwangsläufig häretisch werden, will er nicht nur alte Erkenntnisse immer wieder nur neu aufwärmen.           
Zudem wird die Theologie im Hause der Wissenschaften betrieben und den Wissenschaften in der Moderne ist Gott als Subjekt abhandengekommen! In keiner Wissenschaft wird eine Aussage wie die:
"Gott hat das gewirkt" noch zugelassen- sie muß ersetzt werden durch die, daß es Menschen gibt, die die Vorstellung haben, daß das durch Gott gewirkt sei. Die wissenschaftliche Theologie teilt  diesen Trend mit, indem sie historisch phänomelogisch  wird: Menschen gab und gibt es, die glauben, daß Gott das gewirkt habe. Auch die größten Dogmatiken werden so zu Denkprodukten von Menschen, die viel über den jeweiligen Urheber und das theologische Denken seiner Zeit aussagen, aber kaum etwas Wahres über Gott! 
Soweit dieser erste fragmentsarische Versuch- denn angesichts der Krise der Kirche muß eben nach dem Elend der Theologie in der Postmoderne gefragt werden, weil durch diese Theologie die Kirche krank gemacht wird!    
            


Dienstag, 11. August 2015

Naht das Ende des einst christlichen Abendlandes?

So berichtet Kath net am 11.8. 2015:

Umfrage sieht eine große Distanz der Deutschen zu den Kirchen
Köln (kath.net/idea.de)
Mehr als die Hälfte aller Mitglieder der beiden großen Kirchen (51 Prozent) überlegt bisweilen auszutreten. Die Gründe, warum die meisten den Schritt nicht vollziehen, sind vielfältig. Das geht aus dem am 10. August erschienenen Buch „Wie wir Deutschen ticken“ hervor. Es ist ein Projekt des Meinungsforschungsinstitutes YouGov (Köln). Die Ergebnisse beruhen auf rund 80 Onlinebefragungen von jeweils rund 1.000 Menschen. Von den Kirchenmitgliedern, die über einen Austritt nachdenken, bleiben 46 Prozent „aus Bequemlichkeit“ in der Kirche. 14 Prozent entscheiden sich aus „Angst vor einem so radikalen Schritt“ gegen den Austritt, und vier Prozent geben an, dass sie ihren Glauben wiedergefunden haben. Ein Prozent der Befragten sagt, dass ein Geistlicher sie von dieser Entscheidung abgebracht hat. Die übrigen 36 Prozent machen keine genaueren Angaben oder nennen sonstige Gründe. Der Herausgeber und Diplompsychologe Holger Geißler kommt zu dem Schluss, dass es eine große Distanz zu den Kirchen als Institution gibt. So findet es nur jeder sechste Befragte richtig, dass der Staat die Kirchensteuer einzieht.

84 Prozent sind der Meinung, dass die Religionen ihre Traditionen „an die moderne Zeit“ anpassen sollten. 

Am 25.7. war zu selben Causa zu lesen unter der Überschrift: "Deutsche Einheit-Religiös nähert sich der Westen dem Osten an:


"Berlin (kath.net/idea) In den 25 Jahren seit der Wiedervereinigung haben sich die religiösen Verhältnisse in Ost und West angenähert: Der Westen hat bei der Verweltlichung nachgezogen. Während sich der Rückzug des Christentums auf dem Gebiet der ehemaligen DDR fortsetze, nahm er in der alten Bundesrepublik Fahrt auf. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „So geht Einheit“ des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Die Hoffnung, dass das Christentum im Osten wegen der tragenden Rolle der Kirchen bei der Friedlichen Revolution eine Renaissance erleben werde, habe sich nicht erfüllt."
Die gute Basis und die böse Führung, in solchen Dichotomien wird gerne gedacht. Dann gäbe es die "Kirchenführung da Oben", die opportunistisch gestimmt, die ewigen Wahrheiten der Kirche der Welt einzupassen versuchen und die "Basis", die dem schweigend und stirnrunzelnd gegenübersteht, bis sie aus Enttäuschung über die Selbstverweltlichung der Kirche sich von ihr verabschiedeten. Dann gäbe es die kleine Schar der Aufrechten, die zugleich die wahre Stimme der Basis sei, die dem die Parole entgegenhält, daß die Kirche Katholisch zu bleiben habe und daß sie so auch wieder das Kirchenvolk für sich zurückgewönne. 
Man braucht wohl nicht sehr phantasiebegabt zu sein, um zu wissen, daß die 84 Prozent, die eine Anpassung der Kirche an die Welt wünschen, der Reformagenda des linksliberalen Katholizismus zustimmen und genau das als die Einpassung an die Welt begrüßen würden, vom Frauenpriestertum bis  zum Ja zur Homosexualität.. . Wenige von ihnen werden die antikatholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" kennen, aber in der Sache stimmen sie der zu. 
So bitter es auch ist: der deutsche Episkopat kann sich rühmen, mit seinem Willen zur Verweltlichung der Kirche dem Willen der Basis zu entsprechen. Aber eines ist genauso wenig übersehbar: die EKD modernisiert sich geradezu in Lichtgeschwindigkeit, ja ihre Avantgarde begeistert sich schon für die moralische Legitimierung der Polygamie- und trotz solchem Avantgardismus steht sie noch schlechter da als die Katholische Kirche Deutschlands! Sie redet dem Volke (und den Massenmedien nach dem Munde) und das so umworbene Korchenvolk dankt das ihnen auch nicht. 
Ist es so das Schicksal des organisierten Christentums, daß es in Deutschland wie in Westeuropa einfach zugrunde geht, egal, ob es sich modernisiert oder es conservativ die wahre Kirche bleibt? Dabei gab es doch angesichts der Wiedervereinigung recht optimistische Einschätzungen, daß etwas die Menschen im Osten, nun ihrer sozialistisch-atheistischen Weltanschauung beraubt, nun den Weg zur Kirche wiederfänden! Nun gleicht sich aber der Westen dem Osten an- als wolle er nun die Säkularisierung des Ostens nachholen. Was etwa für Rußland gilt, daß hier sich die Kirche revitalisiert und aufsteigt zu einem geachteten Partner des Staates, findet keinerlei Entsprechung im Osten Deutschlands und Westdeutschland löst sich jetzt auch zusehens von seinen christlichen Wurzeln. Man könnte von einem zweiten Kulturkampf sprechen, in dem die Politische Korrektsheitsideologie die Gesellschaft zu beherrschen beginnt und das Christentum an den Rand drängt.Man könnte das auch so formulieren die Gesellschaft und ihre Menschen säkularisieren sich nicht einfach. als löste  sich einfach das Christentum als die einst bestimmende Kultur sich auf, sondern die Gesellschaft generiert eine neue sie bestimmende Kultur, die die christliche ersetzt. Kultur und Christentum sind nicht so miteinander verbandelt, daß es entweder eine christliche oder die Barbarei gäbe! Nur, was sich jetzt neu herausbildet an postmoderner Kultur wird eben keine christliche mehr sein! Denn selbst die Glieder der Kirche, bis hin zu den Bischöfen, sind heuer mehr schon durch die postmoderne Kultur als noch durch das Christentum geprägte Menschen. Oswald Spengler war der große Prophet des Unterganges des Abendlandes- er kam wohl zu früh- aber jetzt könnte er posthum doch noch recht bekommen!  Aber was wird an seiner statt kommen und welche Rolle werden darin wir Katholiken noch spielen können?  Ist es das Schicksal jeder Kultur, auch der christlichen, wenn sie sich "verbraucht" hat, wenn sie ausgeblüht ist (Spengler), unterzugehen- aber wie verträgt sich das mit der Wahrheit der christlichen Religion, daß sie eben nicht einfach eine menschliche Hervorbringung ist, sondern selbst  göttlichen Ursprunges ist?  

Corrollarium 1
Ob man einfach drei Stadien des Christentums unterscheiden könnte, die seines Erwachsebwerdens bis zu Kaiser Konstantin, die seines Erwachsenseins bis zum Ende des 1.Weltkrieges als das Ende der konstantinischen Epoche, wobei seit der Aufklärung das Christentum im Widerstreit sich befand mit seinen "unehelichen" Kindern, den säkularisierten politisch-humanistisch strukturierten Erlösungsweltanschauungen, bis daß nun die Postmoderne sich durchsetzt mit dem Ende des letzten Großversuches, die Aufklärung politisch umzusetzen im Sozialismus. Und jetzt erlebten wir das Christentum, alt geworden als "Rentnerreligion", als eine, die sich aus dem aktiven Berufsleben zurückzieht und nur noch als Privatreligion lebt und die Weltgestaltung anderen überläßt?