Montag, 1. Mai 2023

Die Kirche, nicht bereit für die Gegenwart? Um die Zeitgemäßheit der Kirche

Die Kirche, nicht bereit für die Gegenwart? Um die Zeitgemäßheit der Kirche Halik ist überzeugt: „Die Reformen des Zweiten Vaticanums kamen ein bisschen zu spät. Die Auseinandersetzung mit der Moderne kam, als deren Aufkommen längst abgeschlossen war. Das Konzil hat die Kirche nicht auf die radikale, plurale postmoderne Gesellschaft vorbereitet. Dafür braucht man noch eine andere Reform und ich hoffe, der synodale Weg kann die Kirche auf diese globale postmoderne Gesellschaft vorbereiten.“ So steht es geschrieben in der „Tagespost“ am 4.4.2023 in einem Artikel zum Thema Postmoderne und Kirche, aus einem Gespräch mit dem Priester Halik. Ob die Moderne schon zur Zeit des 2.Vaticanums abgeschlossen war, kann bezweifelt werden. Slavoj Zizek schreibt liberalen Revisionisten diese Vorstellung zu: „der Untergang des Kommunismus habe sich 1989 genau im richtigen Moment ereignet.Er markiere das Ende einer Ära,die 1789 begonnen habe,das finale Scheitern des etatistisch-revolutionären Modells, welches erstmals mit den Jaobinern auf der Bildfläche erschienen sei.“ (Zizek, Die bösen Geister des himmlischen Bereichs, 2016, S.95) Mein Vorschlag: Die hier gemeinte Ära ist die der Moderne als der Versuch,die Religion politisch aufzuheben, die Verheißungen des Reich Gottes in ein politisch-revolutionäres Programm umzusetzen. Der Etatismus ist nun aber eine Staatsauffassung, die der liberalen entgegengesetzt ist, aber nicht als ein Spezifikum der Moderne anzusehen ist, aber sonst halte ich diese Epocheneinteilung für überzeugend. Meine These lautet stattdessen, daß das 2.Vaticanum die Verarbeitung des Endes der Konstantinischen Epoche im Ausgang des 1.Weltkrieges durch die Katholische Kirche darstellt und so tatsächlich die Postmoderne in keinerlei Weise im Auge gehabt hatte und auch nicht haben konnte. Wer auf die Fragestellung hin, wie kann die Kirche in der Postmoderne sich positionieren, die Redebeiträge des Synodalen Irrweges betrachtet, muß zu einem zwiespältigem Ergebnis kommen: Es dominiert die These, daß die Kirche noch nicht in der Moderne angekommen sei, da sie immer noch hierarisch statt demokratisch organisiert sei, ja sie noch nicht einmal die Menschenrechte anerkenne, indem sie die Frauen diskriminiere. Aber die Genderideologie zeigt man sich auch sehr aufgeschlossen gegenüber, und das ist nun wirklich ein „Meisterstück“ der Postmoderne. Wenn man den Fundamentaltheologen M. Striet als einen der Ideenliferanten dieses Irrweges bezeichnen kann, dann spricht dessen Kritik , die Kirche ignoriere bis jetzt das moderne Freiheitsbewußtsein, das der Philosoph Kant auf den Begriff gebracht habe, dafür, daß man jetzt die Aufklärung und die Moderne in die Kirche aufnehmen möchte und das zu einem Zeitpunkt,da die Moderne schon untergegangen ist. Man hinkt der Zeit weit hinterher obzwar doch die Lieblingsparole die der Zeitgemäßheit ist. Die Kirche in Deutschland sucht so das Gespräch mit der Moderne, wo diese nur noch ein Scheinleben führt in der Klagelitanei über die noch unvollendete Moderne. Prinzipieller stellt sich aber die Frage nach dem Verhältnis von den ewigen Wahrheiten, den offenbarten und dem Kontext der Kirche, daß sie immer in einer bestimmten Zeit lebt. Das Problem läßt sich auch so formulieren: Wie kann mitten im Strom der Geschichte Jesus Christus als die offenbarte Wahrheit verkündet werden, wenn doch alles in der Geschichte nur eine relative Bedeutung haben kann? Noch gravierender: Das Axiom, das dem postmodernen Denken zu Grunde liegt, lautet: Eine erkannte und besessene Wahrheit ist der Feind der Freiheit. Eine unbegrenzte Pluralität kann es nur geben, wenn es keine absolute Wahrheit gibt, sondern jeder das Jeseinige als für sich wahr annimmt. Das Zentrum der christlichen Religion, daß Jesus von sich sagt, daß er die Wahrheit ist, ist der Postmoderne eine inakzeptable Zumutung. Man kann und muß so einräumen, daß der Priester Halik recht hat: Die Kirche steht der Postmoderne sprachlos gegenüber und vertieft sich so in einen Dialog mit der Moderne, der schon abgestorbenen, um sich nicht mit der lebendigen Gegenwart auseinandersetzen zu müssen. Daß der Synodale Weg aber ein Versuch sei, die Kirche für einen Dialog mit der Postmoderne vorzubereiten, das ist ein klares Fehlurteil: Viel zu vergangenheitsorientiert verläuft dazu der innerkirchliche Reformdiskurs. Da die Kirche in der Zeit existiert, lebt auch in ihr das Vermittelungsproblem.wie die Wahrheit an die Kirchenglieder dieser Zeit zu vermitteln sind, denn in einer bestimmten Zeit leben heißt ja immer auch, durch diese bestimmte Zeit geprägt zu sein.

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