Sonntag, 21. Mai 2023

Grundlegendes: Kann es das Gute ohne das Nichtgute geben und erkennbar sein?

Grundlegendes: Kann es das Gute ohne das Nichtgute geben und erkennbar sein? Wenn wir jetzt den Niedergang der christlichen Religion und der Kirche erleben und auch erleiden, sofern wir noch katholisch sind, stehen wir auch vor der Frage, welch Substantielles damit verloren geht: der Verlust der Fundamente der abendländischen Kultur. Drei Grundordnungen strukturieren die Totalität des von Gott Geschaffenem: die Ordnung der Wahrheit mit ihrer Differenz des Wahre zu dem Unwahren Unwahre, die Ordnung des Guten mit ihrer Differenz des Guten mit dem Unguten, und die Ordnung des Schönen mit ihrer Differenz des Schönen zum Unschöne. Diesen 3 Ordnungen korrelieren nun die drei Vernünfte, die theoretische, die praktische und die ästhetische. Gott als der Erschaffer diese 3 Grundordnungen darf nun nicht mit diesen 3 Ordnungen selbst identifiziert werden, die Idee des Guten und Wahren und Schönen ist nun nicht Gott, sondern sind eben nur, aber doch auch Ideen Gottes und zwar die für seine Schöpfung wesentlichsten. Die Differenz zwischen Sein und Nichtsein möchte ich der Ordnung der Wahrheit zuordnen: Was ist wirklich und was nicht. Der Geist der Säkularisation transformiert nun diese Ideen, die die jeweiligen dazugehörenden Ordnungen konstituieren, zu rein zu fälligen rein menschlichen Hervorbringungen, die so auch alle abgeschafft und durch andere ersetzt werden können und auch sollen, wenn sie nicht mehr gefallen. Ich möchte nun Heraklits These: „Krieg ist aller Dinge Vater,aller Dinge König.Die einen macht er zu Göttern,die anderen zu Menschen,die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien“, (zitiert nach Slavoj Zizek, Die bösen Geister des Himmlischen Bereichs, 2011, S.87 in recht ungewohnter Weise fruchtbar machen zu einem besseren Verstehen dieser metaphysischen Grundordnungen. Den Begriff des Krieges möchte ich dabei versuchsweise mit dem der Differenz interpretieren. These: Existierten keine Differenzen wäre nur das Eine, von dem nichts aussagbar wäre, weil jede Aussage eine Bestimmtheit des Auszusagenden voraussetzt, aber jede Bestimmtheit ist immer auch eine Negation und setzt so die Differenz von der Bestimmung, es ist A und somit nicht -A. In der philosophischen Tradition finden wir diesen Gedanken beim Platonausleger Plotin wieder in dem Begriff des Einen. „Als Ursprung und Existenzgrund aller Dinge ist das Eine das Höchste, was es geben kann. In einer religiösen Terminologie käme ihm faktisch die Rolle der obersten Gottheit zu. Eine solche Bestimmung wäre jedoch bereits eine unangemessene Differenzierung, denn jede Bestimmung impliziert einen Unterschied und damit eine Nicht-Einheit. Aus diesem Grund ist es auch unzulässig, dem Einen Merkmale zuzuschreiben, die als göttlich gelten, etwa es mit dem Guten oder dem Sein zu identifizieren. Vielmehr ist das Eine weder seiend noch nichtseiend, sondern überseiend, und weder gut noch schlecht, sondern jenseits solcher Begrifflichkeit. Aus dem Blickwinkel des Denkenden erscheint es als etwas Höheres, Erstrebenswertes und damit Gutes, aber für sich selbst ist es nicht gut. Man kann nicht einmal wahrheitsgemäß aussagen, dass das Eine „ist“, denn das Sein als Gegenteil des Nichtseins oder das vollkommene Sein im Gegensatz zu einem geminderten Sein setzt bereits eine Unterscheidung voraus und damit etwas, was dem Einen nachgeordnet ist. Genau genommen ist auch die Bestimmung des Einen als „Eines“, als einfach oder einheitlich im Sinne eines Gegensatzes zur Pluralität eine Verkennung seiner wahren, gegensatzfreien Natur, über die paradoxerweise überhaupt keine zutreffende Aussage möglich ist. Das Eine ist „unsagbar“ (árrhēton).Wenn Plotin dennoch Aussagen über das Eine macht, so pflegt er solche Feststellungen mit Einschränkungen wie „gleichsam“, „gewissermaßen“ (hoíon) zu versehen. Damit stellt er klar, dass diese Begriffe hier nicht in ihrer gewöhnlichen Bedeutung gemeint sind, sondern nur etwas andeuten sollen, was er nur unzulänglich ausdrücken kann.“ Der Lexikonartikel von „Wikipedia“ faßt so treffend diesen grundlegenden neuplatonischen Gedanken zusammen, daß ich ihn hier so ausführlich zitiere. Dieser metaphysische Gottesgedanke entspricht ganz der theologischen Gotteslehre nach des heiligen Augustins Confessiones und doch fehlt dem etwas Wesentliches: So ist doch nicht Gott, wie er sich uns offenbart hat! In Jesus Christus hat er sich als ein bestimmter Gott offenbart.Wenn diese Bestimmtheit nun eine des menschlichen Denkens wäre, wäre der Gott der christlichen Religion nur ein menschengemachter Gott. Plotin kennt in seinem Denken den nous als sagen wir mal bestimmtes Gottsein, das aus dem Einen entsprungen sein soll, die Ordnung des Guten, Wahren und Schönen könnte damit erklärt werden. Gott selbst setzt diese Differenzen, bestimmt sich als das Wahre, Gute und Schöne, sodaß nun anderes als das Eine sein kann, indem es teilhat an diesen 3 Grundideen. Alles, was an Geschaffenem wahr, gut oder schön ist, ist es durch seine Partizipation an diesen 3 Ideen Gottes. Der Logos wäre dann die Einheit dieser 3 Ideen. Der göttliche Logos ist dann der Grund, aus dem, in dem und zu dem alles Andere ist. Nun soll dieser noch in statu nascendi sich befindende Gedanke für die Frage, warum es denn in der von Gott geschaffenen Welt das Unwahre, Ungute und Unschöne gibt, wobei ich hier nicht dem hl. Augustin folgen möchte, der in seiner antimanichäischen Intention, statt das Böse als etwas real Seiendes zu begreifen, wie es der Manichäismus tut in dem er alles auf zwei sich widerstreitende Urprinzipien zurückführt, den Gott des Lichtes und den der Finsternis, es nur als einen Mangel an Gutsein deutet. Ein einfacher Gedanke möge das grundlegende Problem veranschaulichen: Wie könnte in einem Kriminalfilm ein Kommissar sich als guter Kommissar erweisen, wenn er nicht am Ende den Mörder des Mordes überführen kann? Helden sind nur Helden, weil sie sich im Kampfe wider Schurken als Helden erweisen und Heilige nur Heilige, weil sie den Versuchungen Satans widerstanden. Philosophisch formuliert: Das Gute ist nur und ist nur erkennbar in seiner Differenz zum Nichtguten. Das gilt genauso vom Wahren und Schönen. Ohne eine solche Differenz verschwände alles in einem grauen Einerlei, in dem es nichts Bestimmtes gäbe und das Eine wäre auch vollkommen unbestimmt. Ein Examen kann man bestehen oder nicht bestehen und wenn man es besteht mit der Note 1, 2, 3 oder 4. Diese Noten bezeichnen die Quantität des Bestehens, ob gut oder weniger gut die Prüfung bestanden wurde aber nur weil man auch die Prüfung nicht bestehen kann durch eine Negativbewertung kann die Qualität des Bestehens erkannt werden, weil es das Nichtbestehen real gibt. Ohne diese Negativrealität gäbe der Begriff des Bestehens keinen Sinn und so verlören auch die Noten 1 bis 4 ihre Bedeutung, weil sie nicht mehr als mehr oder weniger gut bestanden begriffen werden können. Das Wahre, Gute und Schöne ist also um seiner selbst willen, das Unwahre, Ungute und Unschöne ist, damit das Wahre, Gute und Schöne ist. Denn ohne diese Differenzen entschwände alles in ein bloßes ununterscheidbares Einerlei. Diese Ordnung der Differenzen ist nun aber nicht ein friedliches Nebeneinander, sondern es gilt ontologisch: Jedes Einzeletwas ist nur ein Einzeletwas durch seine Negation aller anderen Einzeletwassen. „Ich bin nur Ich, weil ich nicht Du bist.“ Alles Gute ist nur, indem es das Nichtsein des Nichtguten ist.Durch dies Negieren wird alles Seiende zu bestimmten Seienden und daraus entsteht die Ordnung der Welt als etwas Lebendigem. Aber diese Differenzen setzen auch einen qualitativen Unterschied im Seienden zwischen dem, was um seiner selbst willen sein soll, das Wahre, Gute und Schöne, und dem, was nur ist, damit das Wahre, Gute und Schöne ist und erkennbar ist.Damit ist der Widerstreit zwischen diesen 3 gesetzt, daß das Wahre wider das Unwahre usw streitet. Darin spiegelt sich die Wahrheit aller dualistischen Ontologien aus, wenn so die Realität des Guten und des Bösen gedacht wird, wenn dabei dann aber mitgedacht wird, daß das Negative nur um des Positiven ist, das ist als die Teilhabe an der Idee des Guten, Wahren und Schönen. Soweit meine recht vorläufigen Gedanken zu diesem Thema. Kritik ist sehr erwünscht. Wichtig ist dabei der Grundgedanke, daß wahr/unwahr, gut/böse und schön/unschön nicht einfach menschliche Hervorbringungen sind sondern:"All unser Denken ist in der Tat nur ein Nachdenken des in Wirklichkeit schon Vorgedachten.Es kann nur auf eine armselige Art versuchen, jenes Gedachtsein, das die Dinge sind, nachzuvollziehen und darin Wahrheit zu finden." Kardinal Ratzinger, Der Primat des Logos, in:Einführung in das Christentum.

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