Dienstag, 16. Mai 2023

Beschütze uns vor unsrer Freiheit – die neue Lust am Paternalismus

Beschütze uns vor unsrer Freiheit – die neue Lust am Paternalismus In der „Tagespost“ vom 15.5.2023 (im Internet nachlesbar) fand sich unter dem Titel: „Vermintes Gelände“ diese Nachricht: „Der Deutsche Bundestag solle auf eine gesetzliche Neuregelung der Suizidhilfe verzichten, fordern Autoren aus Medizin, Recht und Ethik.“ Daß das Bundesverfassungsgericht die jetzige gesetzliche Regelung der Beihilfe zum Freitod als nicht mit dem Grundgesetz kompatibel beurteilte und so eine Neuregelung forderte, soll somit einfach ignoriert werden. Das wäre mit den Prinzipien unseres Rechtsstaates unvereinbar. Auf der Sachebene ist die Causa klar: Da der Gesetzgeber den Freitod nicht (mehr) als eine zu bestrafende Handlung bewertet, kann eine Beihilfe zu einer erlaubten Handlung nicht strafbar sein. Konstruieren wir mal ein triviales Beispiel: Jemand, der gerade mit seinem Feuerzeug eine Kerze angezündet hat, wird gefragt: „Können sie mir Feuer geben für meine Zigarette; rauchen möchte ich!“ Nun könnte der so Gebetene antworten: „Rauchen schädigt ihre Gesundheit. Ich möchte ihnen nicht bei so einer Selbstschädigung helfen.“ Das würde wohl als recht unhöfliches Verhalten zu beurteilen sein, so könnte sich aber der so Gebetene verhalten. Unmöglich ist es aber, eine Beihilfe zum Rauchen, verbieten zu wollen, solange das Rauchen nicht gesetzlich verboten ist. Die grundgesetzlich fixierten Freiheitsrechte der Staatsbürger erlauben so eine gravierende Beeinträchtigung der individuellen Freiheit nicht. Ein Staatsbürger hat das Recht, seine Gesundheit zu schädigen, gar den Freitod zu wählen. Diesem Recht zur Selbstbestimmung muß ob der grundgesetzlichen Fundierung auch die Regelung der Suizidbeihilfe Rechnung tragen. Differenziert werden muß dabei zwischen einer moralischen Beurteilung des Freitodes und einer Beihilfe zum Freitod von der durch das Strafgesetzbuch.So ist das Fremdgehen ein moralisches Vergehen, aber keine Straftat. Warum wollen nun die Autoren keine Neuregelung? Weil eine grundgesetzlich konforme Neuregelung eine Beihilfe zu einem Freitod nicht als unerlaubte, verbotene Handlung qualifizieren kann, will man keine. Man traut dabei den eigenen Argumenten wider die Wahl des Freitodes und des Wunsches, zur Realisierung dieser Option benötigten Beihilfe,nicht und befürchtet so, daß zu vielen dann eine Beihilfe zum Freitod gewährt werden würde. Der Schwachheit der Argumente gegen die Wahl des Freitodes und der Bitte nach einer Unterstützung zur Realisierung soll so ein gesetzliches Verbot aufhelfen: Einfach verbieten! Prinzipieller formuliert: Da Bürger dazu neigen, ihre Freiheitsrechte zu mißbrauchen, müssen sie eingeschränkt werden. Bayern hat die strengsten Antirauchergesetze Deutschlands erlassen, die nicht dem Schutz der Nichtraucher dienen, sondern Rauchern ihren Tabakkonsum limitieren soll: Wo darf ein Raucher alles nicht mehr rauchen! Wenn 10 Gäste in einem Bierlokal sitzen, der Gastwirt wie alle seine Gäste Raucher sind, dürfen sie nicht im Lokal rauchen, auch wenn unter den sonstigen regelmäßg kommenden Gästen nur Raucher sich befänden. Hier will der Staat den Raucher vor sich selbst schützen. Diese paternalistische Tendenz ist nun nicht auf die Antirauchergesetzgebung limitiert. Wir Staatsbürger müssen auch davor geschützt werden, uns „falsch“ über den Ukrainekrieg durch „Rußland heute“ zu informieren; darum wurde dieser Sender europaweit verboten. Auch wird jetzt vehement selbst die Zensur von Romanen gefordert, die politisch Inkorrektes enthält. In der Übersetzung des Romanes: „Der Ekel“ von Sarte taucht noch mehrmals das Wort: „Neger“ auf- wann wird wohl diese Übersetzung auf dem Markt verschwinden und aus den Bibliotheken verschwinden`? Karl May bald ohne Indianer und ohne Zigeuner? Überall soll der Bürger vor vermeintlichen Gefahren geschützt werden, daß er seine Freiheit mißbrauche, daß er eben „Falsches“ lese. Bezeichnend ist dabei, daß der „Aufklärung“: „Das soll man nicht lesen, sehen oder hören!“ nicht genug Durchsetzungskraft zutraut. Zu viele könnten doch Falsches sehen wollen, etwa „Rußland heute“ oder „Haßmeldungen“ im Internet und darum muß das alles gesetzlich verboten werden. Einem Gelähmten, der so schwer erkrankt ist, daß er ohne eine Hilfe sein Leben nicht mehr beenden kann, kann, nein muß man gar zum Weiterleben zwingen, indem man ihm eine Hilfe zu seinem gewünschten Freitod verweigert. Wenn man ihn eben nicht zur Aufgabe seines Willens zum Freitod überzeugen kann durch Argumente, will man das Recht haben, ihn gegen seinen Willen zum Weiterleben zu zwingen. Als Legitimierungsformel dazu dient die Behauptung, daß niemand freiwillig seinen eigenen Tod wolle, sodaß gilt: Wenn er ihn will, will er ihn nicht freiwillig. Deshalb dürfe,ja müsse man den Sowollenden gegen seinen geäußerten Willen zum Weiterleben zwingen, gerade dann wenn er die Selbsttötung nicht mehr allein ohne eine Beihilfe realisieren könne, indem ihm jede Hilfe zum Freitod verweigert wird. In deutschen Landen scheint das Mistrauen dem Bürger gegenüber legitimiert zu sein durch das Narrativ, daß so viele 1933 die NSDAP wählten; der Deutsche sei eben zum Freheitsmißbrauch geneigt.

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