Dienstag, 5. September 2023

Zum Kampf der modernen Theologie gegen den „primitiven“ Jesus

Zum Kampf der modernen Theologie gegen den „primitiven“ Jesus


Gewohnt sind wir seit Luther an die Antithetik von dem Jesus Christus, wie ihn die hl.Schrift bezeugt und lehrt und der Verfälschung Jesu Christi durch die Katholische Kirche. Aber war erst mal das Feuer dieser Kritik entzündet, konnte es auch vor der Autorität des Zeugnisses des Neuen Testamentes über Jesus nicht halt machen: Verfälschen die Evangelien nicht schon das ursprüngliche Anliegen des Jesus von Nazareth, und ist nicht eher der Apostel Paulus der Gründer der Kirche und nicht Jesus- so urteilt etwa F. Nietzsche in “ Der Wille zur Macht“. Dann bliebe nur noch ein kaum noch rekonstruierbarer Jesus von Nazareth übrig, der dann Schritt für Schritt verkirchlicht so immer mehr von seinem Ursprung entfremdet wurde.

Aber die moderne Exegese radicalisierte sich! Wie nun, wenn selbst oder gerade der historisch-kritisch rekonstruierbare Jesus von Nazareth auch im Urteil der Moderne indiskutabel ist?

Jesu Verkündigung, daß Gott gute Werke lohne und böse strafe, sei eine „primitive“ Moral. So urteilt der Exeget R.Bultmann in seiner „Theologie des Neuen Testaments“ in § 2: „Die Verkündigung Jesu“. Dieser Exeget versucht nun noch zu retten, was zu retten ist an dieser Vulgärethik Jesu. Jesu lehne die „Rechnerei mit Verdienst und Lohn ab“. Von einer „Rechnerei“ spricht Bultmann hier aber nur, um in Gänze den Lohn-und den Strafgedanken zu vermaledeien. Gott lohne nicht und er strafe nicht.Als Beleg wird dann angeführt, daß Gott den den ganzen Tag gearbeitet Habenden genauso viel Lohn gibt wie denen, die nur eine Stunde gearbeitet haben. Das widerspricht nun ganz und gar nicht dem Lohngedanken, denn die ganztätigen Arbeiter erhielten ja ihren ausgemachten Lohn. Gott betont hier nur, daß er anderen auch den gleichen Lohn auszahlen kann und will, weil er ein souveräner Herr ist. Theologisch besagt dies Jesusgleichnis aber nur, daß die später erst sich zu Christus bekehrt Habenden in Hinsicht auf den Eingang in das Reich Gottes den Erstbekehrten gegenüber nicht benachteiligt werden, weniger belohnt werden. Eine Verneinung der Lohnlehre findet hier also mitnichten statt.

Dann versteigt sich dieser Exeget zu dieser Aussage: „Und so lehnt er es ab,in dem Unglück, das Einzelne getroffen hat,eine Strafe für besondere Sünden zu sehen;keiner ist besser als der andere.“ Als Beweis wird dann Lk 13,1-5 angeführt. Wer nun diesen Text nachliest, wird irritiert feststellen müssen, daß Jesus hier lehrt: daß Gott sowohl die Galliläer, die Pilatus tötete, als sie opferten, als auch die vom Turm von Schiloch Getöteten, für ihre Sünden gestraft hat und daß es allen so ergehen wird, wenn sie sich nicht bekehren. Gott straft die Sünder, wenn sie sich nicht bekehren, lautet so die Botschaft Jesu. Dabei werden die zwei Unglücksfälle von Jesus nur deshalb zur Sprache gebracht, um zu zeigen, daß Gott wirklich straft, daß die Hörer seiner Predigt aber das nicht so mißverstehen dürften, daß nur diese, weil sie gesündigt haben, von Gott gestraft wurden, sie aber nicht!

Bultmann sieht nun aber in Jesu Verkündigung einen Widerspruch: „Jedoch sind seine Aussagen nicht frei von Widerspruch, wenn er den Vergeltungsgedanken doch gelegentlich als Motivierung der Forderung verwendet,- sei es der Hinweis auf den himmlischen Lohn (Mt 619f par;Mk 10,28 par; Mk 9,42.47 und sonst.“ Daß der Lohn-Strafe-Gedanke zu Jesu Verkündigung dazugehören könnte, schließt dieser Exeget a priori aus, denn diese Vorstellung sei „primitiv“. Diese Lösung offeriert uns nun Bultmann: „Indessen löst sich dieser Widerspruch wohl so,daß das Lohnmotiv nur der primitive Ausdruck dafür ist,daß es dem Menschen in seinem Tun um sein eigentliches Sein-um sein Selbst,das er nicht schon ist, sondern erst werden soll-geht.“ Lassen wir dies Heideggersierende auf sich beruhen und stellen einfach fest, daß Jesus die Rede vom Lohn und von der Strafe Gottes einfach nicht ernst gemeint hatte. Denn Gott straft weder noch lohnt er.

Peinlich ist nun aber nur, daß Jesu Moralverkündigung wie die der griechischen Philosophie eudomonistisch ausgerichtet war: Gott belohnt den moralisch gut gelebt Habenden wie er den Sünder straft. Was nun das gute und was nun das falsche Leben jeweils ausmacht, da orientiert sich der Gesetzeslehrer Jeus an den Geboten des Alten Testamentes einerseits und andererseits an die Messiasverheißungen des Alten Testamentes. Aber Jesu Verkündigung ist eindeutig eine Lohnmoral, die aber auch nicht verschweigt, daß Gott auch ein den Sünder Strafender ist. Jesu Verkündigung vom eschatologischen Endgericht bezeugt dies.

Das alles ist nun für einen modernen Exegeten unzumutbar.Darum konstruiert er erst einen Jesus, der jede Lohnmoral verwirft, keinen Gott kennt, der straft, um dann alle Aussagen Jesu über Gottes Lohnen und Strafen als: So hat das Jesus nicht gemeint, zu entfernen. Denn das seien doch alles primitive Vorstellungen. Stattdessen müsse Jesus verheideggert , also aus ihm ein neues Seinsverständnis Verkündender werden, damit so Jesu Primitivität überwunden wird. Denn Jesu Verkündigung ist im Lichte der Aufklärung gesehen, einfach nur primitiv.

Wäre es da nicht einfacher, Jesus ganz aus der Kirche herauszustreichen und durch Niveauvolleres zu ersetzen?

 

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