Der
Kampf um die Luftherrscaft im Wertehimmel über Europa
Eine Alltagsszene:
Irgendwo in deutschen
Landen in einer Restauration: Papa, kann ich zum Nachtisch einen
Negerkuß bekommen? Fragende Kinderaugen und entsetzte Eltern: erst
ein Zigeunerschnitzel- nicht politisch korrekt ein
Roma/Sinti-Schnitzel bei der Kellnerin geordert und jetzt dieser
Fauxpas! Verlegenes Umsichherumschauen- hat das wer mitgehört? Kommt
gleich ein besorgter Geschäftsführer politisch korrekt Aufsicht
führend , um zu erklären, daß man das Speiselokal zu verlassen
habe, da solche rassistisch- ausländerfeindlichen Äußerungen in
einer deutschen Gaststätte nicht mehr toleriert werden können? Die
Postmoderne ist so gerade nicht eine des: Anything goes sondern eine,
die alle alten Tabus aufgelöst nun neue Tabuisierungsstrategien
sucht!
Die Politische
Korrektness ist so etwas tief in unser Alltagsleben Eingeschriebenes-
es prägt die Alltagskultur des spontanen Urteilens : das gehört
sich so- man tut das so. Die Omnipräsenz der Massenmedien ersetzt
dabei das, was einst die Tradition leistete: einen Bodensatz
unhinterfragbarer Grundgewißheiten bereit zu stellen für das
soziale Miteinander. Dieser Kanon von Man-Gewißheiten, so hat man
über das und dies zu denken und zu reden, eröfffnet nun
notwendigerweise einen Schattenraum des Ausgeschlossenen- der
Lebensraum des Dissidenten, des unzeitgemäßen Denkens. Und zusehens
gerät die Katholische Kirche in diesen Schatten des Unerlaubten,
wenn sie sich nicht anpaßt.
Politische Korrektheit
Politische Korrektheit
ist aber mehr als nur eine lästige Beeinträchtigung der
Denkfreiheit, mehr als nur die schon längst verinnerlichte Vorzensur
in unseren Massenmedien, die Uniformität von der TAZ bis zur FAZ.
Ein kühner Gedanke steht am Anfang dieser Weltanschauung: daß der
Mensch sich nicht unmittelbar zu seiner Umwelt verhält sondern zu
ihr, wie er sie wahrnimmt.Der Mensch lebt immer schon in einer von
ihm gedeuteten, ausgelegten Wirklichkeit. Nur, diese Weltauslegung
ist nun nicht das Produkt individueller Subjekte, sondern ein
soziales Produkt. Die Gesellschaft setzt dem Individuum die Brille
auf, durch die er erst sich und anderes wahrnimmt. Gelungene
Sozialisation ist, wenn der Erwachsene die Welt sieht, wie er sie zu
sehen hat. Die Intention der politischen Korrektheit ist es so, ein
für alle am öffentlichen Leben Partizipierenden verbindliches
Paradigma der Wirklichkeitswahrnehmung zu installieren. Die Rolle der
öffentlichen Religion in vormodernen Gesellschaften übernimmt so
die Ideologie der Politischen Korrektheit. Die PC sagt nicht, was
ist, sondern sagt, wie Wirklichkeiten wahrzunehmen sind.
Wer von der Politischen
Korrektheit ernsthaft reden will, darf nicht dabei stehen bleiben,
sie als Beeinträchtigung der Gedanken-und Meinungsfreiheit zu
kritisieren, so bedenklich auch der Versuch der ersten türkischen
Ministerin Niedersachsens war, durch eine Selbstverpflichtung alle
Medien auf eine politisch korrekte Vorzensur einzuschwören. Nein,
das Projekt der Politischen Korrektheit beinhaltet mehr: daß
entgegen dem Traum einer säkularisierten Gesellschaft, in der alles
und jedes tabufrei öffentlich in Frage gestellt und alle
Legitimitätsansprüche kritisierbar sind- der linke Zeitgeist selbst
seine weltanschaulichen Vorgaben tabuisiert, um sie so jeder Kritik
zu entziehen. Diese Tabuisierung gibt dieser Ideologie die Form einer
öffentlichen Religion.
Die Wiederkehr der
öffentlichen Religion?
In der Antike
unterscheidet man zwischen der Privatreligion, der Religion der
Philosophen und der öffentlichen. Für das Funktionieren der
Gesellschaft galt es als notwendig, daß es eine öffentliche
Religion gebe, die von allen anerkannt, die Funktion einer
Letztbegündung für alle Fragen des gesellschaftlichen Lebens
übernehme. Die Hoffnung des Säkularismus war nun die, daß das von
allen anerkannte Prinzip des freien Marktes als das Ordnungsmodell
der Gesellschaft jede weiteren Werte- und Normenhimmel überflüssig
mache.. Gianni Vattimo bezeichnet dieses Stadium der Entwicklung als
das des vollendeten Nihilismus: „Auf diese Weise ist der Nihilismus
die Reduktion von Sein auf Tauschwert.“1
Aber das Projekt einer völlig säkularsierten und damit
nihilistischen Kultur scheint sich als Illusion zu erweisen. Oder der
Prophet des Nihilismus, Nietzsche bekommt nun doch noch recht in
seiner Verheißung, daß der Nihilismus nur eine Durchgangsphase ist
für einen neuen Wertehimmel. Nicht kommt nun aber die Stunde der
wahren Konservativen, die ewig gültige Wahrheiten neu in Geltung zu
bringen versuchen, wie es etwa Moeller van den Bruck..fordert oder
ein neuer Rekurs auf das Naturrecht im katholischen Sinne, wie es
Papst Benedikt XVI. anmahnte. Neue Werte werden gesucht.
Mögliche Kandidaten für
den neuen Wertehimmel
Wir erleben und erleiden
jetzt als Reaktion auf das Scheitern der Hoffnung auf eine völlig
säkularisierte Gesellschaft den Etablierungsversuch einer neuen
öffentlichen Religion. Als Kandidaten kämen ein Christentum,
evtl. als Zivilreligion verdünnt, der politische Islam, die
Politische Korrektheitsideologie verbunden mit der Holocaustreligion
in Frage! Ein Prophet müßte man sein, um den Ausgang dieses Kampfes
vorausssagen zu können. Die demographische Entwicklung spricht
längerfristig für ein Europa unter dem Banner des Islam, die
aktuelle Kampfsituation für den Sieg der Holocaustreligion im
Verbunde mit der Politischen Korrektness- wohingegen das Christentum
wie der Nationalismus als die Prägekrafte des 19. und 20.
Jahrhundertes eher als schwach erscheinen. Nur ein Konsens zeichnet
sich ab, daß auch die (postmoderne) Gesellschaft nicht ohne einen
letztbegründenden Wertehimmel auskommt- und so der Kampf um die
Luftherrschaft über Deutschland eröffnet ist.
Abschied vom
Fortschrittsmythos
Von einer Vorstellung muß
aber Abschied genommen werden: von der des Fortschrittes, daß es
einen die Menschheitsgeschichte innewohnenden unumkehrbaren
Fortschritt gäbe in einer einheitlichen Entwicklung von einem Mehr
an Naturbeherrschung und einem damit unaufhaltsam voranschreitenden
Versittlichungs- und Humanisierungsprozeß der Menschheit. Diese naiv
optimistische Vorstellung dient ja nur dazu, die Vorherrschaft
progressiv-revolutionären Denkens zu etablieren, indem alles
Nichtprogressive als von der Zeit Überholtes diffamiert wird. Wir
erleben und erleiden Geschichte eher als einen Wechsel von
kulturellen Grundparadigmen, die jeweils eine Epoche
bestimmen,(vgl.etwa: Foucault, Die Ordnung der Dinge 1966) wobei
diese Wechsel aber kein Paradigmen übergreifenden Fortschritt zu
immer „Besserem“ meint. Die Vorstellung des Fortschrittes ist
selbst eine Idee des modernen Paradigmas und keine ewig gültige
Wahrheit. Die Renaissance des sich revitalisierenden politischen
Islam ist so gesehen nicht ein Versuch reaktionärster Kreise, mit
Mitteln des Mittelalters Probleme der Gegenwart zu lösen, sondern
zeigt ein Spezificum der Postmoderne auf: daß veraltet erscheinende
Gesellschaftsmodelle wider tagespolitische Relevanz bekommen können.
Es gibt keinen
unumkehrbaren Fortschritt von der religiös über die metaphysischen
zur positivistisch verfaßten Gesellschaft wider A. Comte aber auch
keine Garantie einer Renaissance des Christentumes etwa im Geiste von
Novalis: „Christentum oder Europa“. Es ist eine offene Situation,
in der nur eine Option, die der Hoffnung auf eine völlig
durchsäkularisierte Gesellschaft an Überzeugungskraft verliert.
Aber es kann nicht übersehen werden, daß die Holocaustreligion im
Verbund mit der Politischen Korrektness Feldvorteile für sich
gewinnt.
Anmerkungen zur
Holocaustreligion
Deshalb ein paar Worte zu
ihr im besonderen. Auch in ihr steht, wie in jeder traditionellen
Religion ein Opfer im Zentrum-der Holocaust. Angesichts dieses Opfers
kann nun einerseits gesagt werden, daß es das einzig wahre
Verbrechen ist, dem kein anderes gleichzusetzen oder auch nur
vergleichbar sei. Das hat zur Folge, daß eigentlich nur die Urheber
dieses Opfers Sünder/ die Bösen sind und somit alle anderen
entschuldigt: so schlimm sind wir nicht. Andererseits kann jede Tat,
wenn sie denn eine Ähnlichkeit mit dieser Urtat des Bösen hat, so
auch als Sünde qualifiziert werden. Gut und Böse werden so auf den
Holocaust als dem moralischen Maßstab schlechthin ausgerichtet. Als
oberste Handlungsmaxime setzt die Holocaustreligion: Nie wieder!
statt der obersten christlichen Maxime der Sorge um das Seelenheil.
Somit gilt jede Haltung und Handlung, die Ähnliches bewirken könnte
als verwerflich und jede, die Ähnliches verhindert als gut. Was nun
materialiter Gut und Böse ist, das ist Sache des öffentlichen
Diskurses der neuen öffentlichen Religion. Als öffentliche Religion
besitzt sie einen totalitären Charakter. Darum reicht ihre
Prägekraft von der banal anmutenden Frage: was muß ich jetzt statt
des Wortes: „Negerkuß“ sagen bis hin zur Frage, ob der deutsche
Kriegseinsatz in Jugoslawien legitim war, um einen Völkermord zu
verhindern, weil es gelte, einen zweiten Holocaust zu verhindern.
Die sich zur öffentlichen
Religion entwickeln wollende Holocaustreligion verlangt nun die
Unterordnung aller anderen Religionen unter sich als
Privatreligionen. Als legitime Privatreligion kann dann nur noch
gelten die, die die inhaltlichen Vorgaben der politischen Religion
bejaht und all ihre Inhalte kompatibel zu den Vorgaben der
öffentlichen Religion umgestaltet. Das ist einerseits das Konzept
eines europäischen Islam und das eines modernisierten-liberalen
Christentums. Unter dem sogenannten Reformstau innerhalb der
Katholischen Kirche ist so der Mangel an Unterordnung unter die
Vorgaben der Holocaustreligion zu verstehen.
Interessant ist dabei,
daß nun auch andere Interessengruppen ihre Anliegen mit denen der
Holocaustreligion zu verbinden suchen. Sie docken sich sozusagen an.
Da wäre einerseits der Feminismus in der Gestalt der Genderideologie
und die starke Homosexlobby, die jede Kritik an der Homosexualität
zu einer unverzeihlichen Sünde hochstilisieren möchte. Die neue
öffentliche Religion ist noch im Werden und so könnten diese zwei
Strömungen Bestandteil dieser neuen Religion werden.
Auch diese neu sich
etablierende politische Religion kommt nicht ohne ihre Ketzer aus.
So entsteht neben den sich unterordnenden Privatreligionen und
Privatweltanschauungen der Raum des Unerlaubten, des Ausgegrentzten.
Die sogenannten „Revisionisten“ sind so die Häretiker der neuen
Religion, wie im realen Sozialismus die Dissidenten und für das
Christentum die Ketzer.
Ein Resümee:
Das, was man die
Politische Korrektheit und die Holocaustreligion nennt, ist nicht
hinreichend verstehbar ohne die Wahrnehmung des Zusammenhanges vom
Ende der Illusion der Überlebensfähigkeit einer
durchsäkularisierten Gesellschaft und dem Willen zur Etablierung
einer neuen politischen Religion als das Band, das die
auseinanderdriftende zusammenhalten und die grundlose postmoderne
Gesellschaft fundieren soll. Für uns Christen ist dabei wichtig, daß
diese neue öffentliche Religion die Unterordnung des Christentums
unter sich einfordert und daß dies eine Umgestaltung der
christlichen Religion verlangt.
1Vattimo,
G., Der Nihilismus als Schicksal. Apologie des Nihilismus, in:
Vattino,G., Das Ende der Moderne, 1990 S.25.
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