Verwirrspiele
oder wie politisch korrekte Augen die
Welt sehen
Lektion 1
Einst,
früher,als die Welt noch klar und übersichtlich war: Im ZDF-
Magazin, G. Löwenthal führte uns ins Wilde Afghanistan. Bärtige,
mit exotischen Gewändern drapiert Männer, eine Art Bibel in der
Hand, der Auslandsexperte kommentierte, daß das liebe Muselmanen
wären, freiheitsliebende Menschen, die einfach nur fromm und nach
ihrer Fasson leben wollten und darum versammeln sie sich nun gegen
die Okkupationstruppen der Sowjetunion, um ihres freien Lebens
willen. Der freie Westen solidarisierte sich und ihre Sportler
zeigten Flagge, indem sie die Olympischen Spiele in Moskau
boykotierten, denn mit Kriegsführern können freie Menschen nicht
friedliche Sportfeste feiern...Vor unserem Auge entrollte sich das
Bild der bolschwestisch-kommunistischen Weltherrschaftsdiktatur und
da stand nun dieser kleiner an Asterix und Obelix erinnerndes
Häuflein verwegen Dreinschauender, die nichts als Bibel und Flinte
den russischen Panzern und Kanonen entgegenzusetzen hatten.
Tollkühne, wagemutige Freiheitskämpfer. Welcher Karl May Leser sah
nicht weltgebildet hier getreue Nachfolger der edlen gegen
goldgierige Weiße kämpfenden Rothäute! Edel und tapfere Helden.
Daß
eine deren Lieblingsbeschäftigungen das Kehledurschneiden russischer
Pädagogen gewesen sein soll, isb. wenn diese Lehrkräfte es
unternahmen, Mädchen und junge Frauen zu unterrichten,wurde nur in
linken Kreisen kolportiert, nein im ZDF- Magazin waren es reine
Freiheitskämpfer. Das Argument, daß jedes Volk doch nach seiner
Eigenart selig werden möchte, und wenn die eben unbedingt einen
religiösen Staat haben wollen, dann müße das eben auch die
russische Supermacht anerkennen, das leuchtete ein. Aber dann, aber
dann, muß ich als TV- User irgendwie in ein falsches Programm mich
gezapt haben:
Jetzt
sah ich Vermummte, fanatische islamistische Terroristen, die die
junge, zart aufblühende Demokratie Afghanistans bedrohten, der freie
Westen, wie ein Mann stand hinter der neuen Kabulregierung, unsere
Deutschen Entwicklungshilfesoldaten an vorderster Front und der freie
Westen half so ihr gegen die Steinzeitfundamentalisten. Welch ein
Glück für jede Afghanin und jeden Afghanen, von Amerikanern und
ihren Freunden und Partnern befreit zu werden vom afghanischen
Islamismus und ganz integriert zu werden in die Wert- und Norm-
Gemeinschaft des freien Westens. Das afghanische Volk war nicht
besiegt und okkupiert worden und nicht hatten Siegermächte dort
ihnen ihr System aufoktruiert, nein, weit gefehlt, das waren nur die
Untaten russischen Imperialismus, jetzt befreite die Pax Americana
das Volk der Afghanen von Unbildung, Koranfundamentalismus,
Schleierzwang und beglückte sie mit the american way of live und
alle jubilierten. Nur unverbesserliche ewig Gestrige, Bärtige mit
Koran und Bomben ausgerüstet trotzten starrköpfig den
Errungenschaften von Freiheit und Hollywod. Und gegen diese Fanatiker
schickt nun unsere tapferer Bundeskanzlerin Deutsche Soldaten in den
Krieg, da wir ja am Hindukusch Deutschlands Freiheit verteidigen
müssen.
Zwischenzeitlich
war das steinzeitfundamentalistische Afghanistan zu dem Hort des
Bösen avanciert und die wagemutigen ZDF- Magazin Muselmanen zu die
Weltfreiheit bedrohenden TOP- Terroristen mutiert, die nur von einer
Allianz wagemutiger Gralsritter besiegt werden konnten. Hochgerüstete
Kämpfer erstürmten Kabul und befreiten alles, was sie nicht vorher
totgebombt hatten. Jetzt noch müssen Deutsche
Entwicklungshilfesoldaten wieder aufbauen, was die Bomben der
Befreier dem Erdboden gleich gemacht hatten. Aber der Kampf gegen den
Weltterrorismus verlangt eben Opferbereitschaft. Nur, daß kaum war
der Sieg verkündet, ich meine natürlich die Befreiung , daß unsere
Massenmedien den Irak als den neuen Hort des Bösen lokalisierten und
von afghanischen Toppteroristen sprach niemand mehr, nur Bin- Laden
durfte
weiter massenmedial auftreten, um die Mär von der Gefahr des
islamischen Terrorismus lebendig zu erhalten.
Aber
irgendwie hatten wir doch schon mal so eine Befreiung. Wie war das
noch mit den Steinzeitmaoisten der Roten Kmer und der Befreiung
Kampucheas durch die vietnamesischen Befreiungstruppen? War Pol Pot
und die Seinigen nicht auch so was wie diese Talibanfundamentalisten?
Aber nicht zu früh jetzt Hochgesänge auf die Befreiung Kampucheas
vom Steinzeitkommunismus anstimmen. Denn die Befreier waren mit der
Sowjetuniuon Verbündete, kommunistische Vietnamesen! Also, war das
keine Befreiung von einer terroristen Diktatur sondern eine
unerlaubte Einmischung in die internen Angelgenheiten Kampoucheas.
Der freie Westen hielt Pol Pot die Treue, die USA erkannte die neue
Befreiungsregierung selbstredend nicht an, unsere Medien sprachen von
einer von Okkupationstruppen eingesetzten Marionettenregierung usw
und man betonte, daß es nur eine legitime Regierung gäbe: die
Steinzeitkommunisten!
Was
lernen wir daraus, damit auch wir uns in der Welt der politischen
Korrektheit korrekt zu verhalten wissen: es verlangt viel politisch
korrekten Instinkt, um Befreiungen von Okkupationen unterscheiden zu
können, denn wenn eine Steinzeitfundamentalisten- Diktatur durch
externe Kräfte gestürzt und dann eine neue freie Regierung
installiert wird, kann das, wie in der Causa: Afghanistan eine
Befreiung, wie in der Causa Pol Pot eine unerlaubte Einmischung in
die internen Angelegenheiten eines souveränen Staates sein. Wenn
Völker von Amerikanern okkupiert werden, handelt es sich in der
Regel um Befreiungskriege, aber in der Causa Vietnam ist sich die PC
nicht ganz eindeutig, während dagegen die Sowjetunion prinzipiell
immer nur aggressive Machtausdehnungskriege führte. Der Taliban von
Gestern mutiert so zum fundamentalistischen Terroristen, obgleich er
sich doch in seiner trotzköpfigen den kulturellen Errungenschaft des
Ostens wie des Westens ablehnenden Haltung treu geblieben ist! Galt
im Afghanistan Krieg die Unterdrückung der Menschenrechte als
legitimer Kriegsgrund, so darf die Vietnamesische Führung dieses
Recht für sich bei ihrem Sturz des Pol Pot Regimes in Kampuchea
nicht in Anspruch nehmen; merke: nur der freie Westen darf Kriege um
der Menschenrechte willen führen! Und vielleicht erleben so wir auch
noch die Befreiung Irans von seiner Diktatur.
Auch
sind von Siegermächten installierte Regierungen von grundlegend
verschiedener Qualität. So sind pro westlich orientierte Regime
grundsätzlich legitim und gut, egal wie sie zu Stande kamen und pro
nationale Regierungen dagegen prinzipiell zu perhorreszieren. Die
westliche Werte Gemeinschaft bewertet die Qualität einer Regierung
einfach nach dem Nutzen, der der freie Westen aus ihnen
herauszuziehen gedenkt. Und so ist eine pro westliche Regierung in
Afghanistan eine gute und legitime Regierung, auch wenn es kein
Journalist unternahm, zu prüfen, ob die Wahlen denn wirklich so frei
waren, daß auch nicht pro westliche Kandidaten wählbar waren und
werden die Wahlen gefälscht, beeinträchtigt dies ihre Reputation im
freien Westen in keinster Weise, Hauptsache: pro westlich.. Daß
offiziell die Staatsregierung Afghanistans nie kapituliert hat, nie
wie auch immer offiziell abgedankt hat, so daß sie eigentlich
genauso wie die illegitim gestürzte Pol Pot Regierung noch
rechtmäßig im Amt sei, wie es der Westen in der Causa Pol Pot
vertrat und daß so ihre Soldaten legitim den Krieg gegen die
Aggressoren fortsetzten, daß darf laut politischer Korrektheit auch
nicht sein. Und so werden Vaterlandsverteidiger Afghanistans zu
Terroristen und eine Marionettenregierung des Westens zur
authentischen Stimme des befreiten afghanischen Volkes.
Ist
einem deutschen Intellektuellen aufgefallen, daß die Staatsführung
Afghanistans, wenn man die internationalen Gepflogenheiten des
Umganges mit Auslieferungsbegehren fremder Staaten zu Grunde legt,
kein Recht hatte, den Topp- Terroristen Bin- Laden nach den USA
auszuliefern, da die USA keinen Beweis für die Täterschaft Bin
Ladens vorweisen konnte außer der bloßen, millionenfach
wiederholten leeren Behauptung, daß der der Drahtzieher sei? Für
ein Auslieferungsverfahren bedarf es aber eines begründeten
Anfangsverdachtes! Und war die Staatsführung nicht bereit, das
vermeintlich geistige Haupt in ein neutrales Land auszuliefern, aber
bestand der Westen nicht darauf, ihn selbst vor ein
Kriegsverbrechertribunal zu stellen und lehnte ein neutrales
Verfahren ab. Die Sieger wollten richten getreu der Ideale
amerikanischer Lynchjustiz.
Verstehbar
ist das Alles wahrlich nicht mehr; desto mehr verlangt die
Staatsraison ein unbedingtes Ja zu den Zumutungen politisch korrekten
Weltwahrnehmens. Und das Nachdenken überlassen wir so ganz korrekt
den großköpfigen Pferden!
Um
unsere geneigte Leserschaft in den Wirrnissen und Zumuten der
politisch korrekten Weltsicht nicht weiterhin allein zu lassen,
werden weitere Aufklärungen folgen.
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