Die Wende in den Karfreitagsfürbitten,
Ist nicht alles nach dem
2. Vaticanum im Prinzip beim Alten geblieben, die Kirche habe sich
doch nur in den Ausdrucksformen der Zeit angepaßt, die Substanz sei
die alte geblieben, das, was die Kirche immer und überall lehrte?
Wäre dem so, es gäbe wohl nicht einen so heftigen innerkirchlichen
Kampf um das 2. Vaticanum und seine angemessene Auslegung.
Eine der Früchte des
Reformkonzils war die Neuformung der Karfreitagsfürbitten. Fast
schon vergessen, rückte sie in Folge des Motu proprio zur
tridentinischen Messe, der katholischen Messe schlechthin wieder ins
Rampenlicht. Denn nun wurde in der Kirche auch wieder das alte
Karfreitagsfürbittengebet praktiziert. Ein Proteststurm der Empörung
erhob sich, kumulierend in dem Aufschrei: das sei praktizierter
Antisemitismus. Wer für die Bekehrung der Juden bete, sei ein
praktizierender Antisemit. Und so trat diese alte Fassung in das
Zentrum der Auseinandersetzung um die Frage einer moralischen
Erlaubtheit der tridentinischen Messe nach dem Holocaust, wie man
heuer politisch korrekt zu formulieren hat. Darf nach dem Holocaust
nur noch die reformierte Messe mit ihrer nicht mehr antisemitischen
Fürbitte für die Juden gelesen werden?
Beten für Juden-die
Prolongierung des Holocaust?
Ist das Beten für die
Bekehrung der Juden ein antisemitischer Akt? Diese Frage muß nun
zuerst erörtert werden.Der baden-württembergische Landesrabiner J.
Berger verkündigte 1990: „Daß ich vor einigen Monaten die Mission
unter Juden als „die Endlösung mit anderen Mitteln“ bezeichnet
hatte, wurde als wenig hilfreich angesehen und bewirkte nur
ungläubiges Staunen.“1“
Inzwischen stößt diese Meinung auf mehr Zustimmung. 2001 ergänze
der Rabiner:„weil Mission zur Eliminierung des Judeseins in
Deutschland und in der Welt beiträgt.“2
Wenn die Judenmission die Prolongierung Auschwitz mit anderen Mitteln
wäre, dann müßte das kirchliche Gebet um die Bekehrung der Juden
zum wahren Glauben wohl als Vorbereitung auf einen weiteren Genoizid
betrachtet werden. Einige hysterische Reaktionen auf diese
Karfreitagsbitte der traditionellen Messe erweckten wirklich den
Eindruck, es gälte nun, einen neuen exterminatorischen
Antisemetismus abzuwehren.3
Ein Vergleich der
traditionellen Karfreitagsfürbitten mit der modernisierten Fassung
Im Gefolge des
vatikanischen Reformkonzils sind bekanntermaßen die
Karfreitagsbitten modernisiert worden, Johannes XXIII hatte mit der
Parole: „Aggiornamento“ das ist:„Angleichung an die geänderten
Zeitverhältnisse“4
dafür den Startschuß gegeben. Es sollen nun die zeitgeistangepaßten
Gebete zugunsten der nichtkatholischen Christen, (Für die Einheit
der Christen) der Gottgläubigen (Für alle, die nicht an Christus
glauben), (Für die Juden) und die Atheisten (Für alle, die nicht an
Gott glauben) verglichen werden mit den Fürbitten der traditionellen
Karfreitagsbitten, wie sie das Römische Meßbuch 1962 präsentiert,
um so erst das Besondere der Fürbitte für die Juden zu erfassen.
Das verunklarte Verhältnis der neuen
Karfreitagsfürbitten zum kirchlichen Auftrag der Mission
In dem Gebet : Für die Einheit der
Kirche heißt es: „Lasset uns auch beten für die Irrgläubigen und
Abtrünnigen: unser Gott und Herr möge sie allen Irrtümern
entreißen und sie zur heiligen Mutter, der katholischen und
apostolischen Kirche, zurückführen.“5
„Zur Einheit Deiner Wahrheit zurückkehren“ hat dann einen
eindeutigen Sinn: es ist die Katholische Kirche gemeint, in der
diese Einheit der göttlichen Wahrheit
ist. In der modernisierten Version: Für die Einheit der Christen
heißt es nun: „Laßt uns beten für alle Brüder und Schwestern,
die an Christus glauben, daß unser Herr und Gott sie leite auf dem
Weg der Wahrheit und sie zusammenführe in der Einheit der heiligen
Kirche.“ Die nichtkatholischen Christen werden nun zu Brüdern und
Schwestern erklärt,
von Irrglauben, von Chisma und Häresie
wird nicht mehr gesprochen und es bleibt unreflektiert, ob ein
Chismatiker oder Häretiker noch als Glaubensbruder zu qualifizieren
ist- man möge sich dies vor Augen halten: für Luther ist der Papst
der Antichrist und Lutheraner werden nun von der Kirche, dessen
Oberste der Papst ist, als Glaubensbrüder und Glaubensschwestern
gewürdigt!
Was meint nun die Einheit der heiligen
Kirche? Daß die Nichtkatholiken nun doch in die Römisch-Katholische
Kirche reintegriert werden sollen oder meint diese Einheit etwas
anderes, etwa eine
Einheit von sich wechselseitig
anerkennenden christlichen Kirchen oder eine rein spirituelle
Einheit, während empirisch die Zertrennung bestehen bleibt? Diese
Unklarheit macht das Spezifische dieser Karfreitagsbitte aus. Sie
kann im Einklang stehend mit der katholischen Tradition gedeutet
werden, sie kann aber auch im Geiste des modernistischen Ökumenismus
gedeutet werden,
daß die Einheit der Kirche erst durch
eine ökumenische Bewegung hervorzubringen sei.
In dem Gebet: Für die Bekehrung der
Ungläubigen heißt es dann: „Lasset uns auch beten für die
Heiden: Gott der Allmächtige möge das Sündenelend von ihren Herzen
nehmen, damit sie ihre Götzen verlassen und sich bekehren zum
lebendigen und wahren Gott und zu Dessen eingeborenen Sohn Jesus
Christus,unserem Gott und Herrn.“6
Konsequenterweise heißt es am Schluß der Bitte:
„befreie sie vom Götzendienst und
vereinige sie mit Deiner heiligen Kirche...“ Deutlich wird ihr
religiöses Leben als Götzendienst
dysqualifiziert und um die Umkehr zur wahren Kirche gebetet.
So unterschiedlich der Glaube der
Nichtksatholiken und der Heiden qualifiziert wird, so ist die
Gebetsintention die selbe: die Beheimatung in der wahren Kirche. Aus
den Heiden wird nun die Gruppe der nicht an Christus Glaubenden und
die der nicht an Gott Glaubenden. Anliegen dieser
Unterscheidung ist es wohl, die
nichtchristlichen Religionen vom Atheismus zu unterscheiden und so
differenziert für diese beide Gruppen zu beten.
Für die Anhänger der
nichtchristlichen Religionen wird nun gebetet: „daß der Heilige
Geist sie erleuchte und sie auf den Weg des Heiles führe.“ Ergänzt
wird: „daß sie mit redlichem Herzen vor dir leben und die Wahrheit
finden.“ Eindeutig ist das nicht. Ist der Weg des Heiles der der
Katholischen Kirche, der nur in ihr existiert oder ist das ein Weg,
den der Nichtchrist in seiner Religion kraft des Heiligen Geistes
finden und begehen kann? Ist die Wahrheit die des Katholischen
Glaubens oder ist das eine, die hinreichend für das Heil von dem
Gläubigen einer nichtchristlichen Religion auch in ihr kraft des
Heiligen Geistes gefunden werden kann?
Amerio konstatierte wohl nicht
unzutreffend: „Außerdem macht der neue Ökumenismus die Mission
gegenstandslos. Wenn die Völker im Tiefinneren ihrer Religiösität
die zum Heil führende
Wahrheit zu eigen haben, wird die
Verkündigung dieser Wahrheit durch das Christentum unbegründet und
überflüssig.“7
Offenkundig ist auch hier das Mehrdeutige das Spezifische dieser
Karfreitagsfürbitte. Sie kann in Übereinstimmung mit der
Katholischen Tradition gedeutet werden, sie kann aber auch
modernistisch interpretiert werden etwa im Sinne von: jeder kann in
seiner Religion selig werden mit Hilfe des Heiligen Geistes.
Im Gebet für die Atheisten heißt es
nun: „Laßt uns auch beten für alle, die Gott nicht erkennen, daß
sie mit seiner Hilfe ihrem Gewissen folgen und so zum Gott und Vater
aller Menschen gelangen.“
Das ist nun nicht mehr mehrdeutig! Hier
wird gesagt, daß es für den Atheisten ausreicht, gemäß seinem
Gewissen zu leben, wozu ihm Gott verhelfen möge, um das ewige Heil
zu erlangen.
Gott wird zwar im Nachfolgenden gebeten: „Gib dich zu erkennen“ aber nicht heißt es: gebe dich
Gott wird zwar im Nachfolgenden gebeten: „Gib dich zu erkennen“ aber nicht heißt es: gebe dich
den Atheisten zu bekennen, damit sie
dich bekennen. Allgemein heißt es, daß Gott allen Menschen sich zu
erkennen geben möge.
Offenkundig wird für die
nichtkatholischen Christen, die Gottgläubigen und die Atheisten
nicht eindeutig gebetet, daß sie zur wahren Kirche finden sollen,
sondern es wird von einer Wahrheit gesprochen, zu der sie kommen
sollen, die wahlweise in der Katholischen Kirche ist oder die kraft
des Heiligen Geistes auch außerhalb der Mauern der Kirche in dem
jeweiligen Konfessions-christentum, in der jeweiligen Religion oder
im Gewissen zu finden ist.
Diese eindeutigen Tendenz manifestiert
sich nun auch in der Karfreitagsfürbitte für die Juden wieder.
Traditionell heißt es: „Lasset uns auch beten für die Juden:
Gott, unser Herr möge den Schleier von ihren Herzen wegnehmen, auf
daß auch sie unseren Herrn Jesus Christus erkennen.“
In der modernisierten Fassung ließt
sich das nun so: „Laßt uns auch beten für die Juden...Er bewahre
sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen,
damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluß sie führen
will.“ „Gib, daß es zur Fülle der Erlösung gelangt.“
Heinz- Lothar Barth konstatiert:
„Nichtchristliche Juden können den Text, ohne ihm Gewalt anzutun-
und ihnen gegenüber kann man ihn ja auch so erklären- anders
verstehen. Sie befänden sich demnach in einem legitimen
Bundesverhältnis zu Gott, auch wenn sie ihren und unseren Messias,
den Gottmenschen Jesus Christus ablehnen, und sollten diesem Bund
treu bleiben.“8
Nach Barth könne diese
Karfreitagsbitte aber auch in Einklang mit der Tradition
interptretiert werden, indem der Begriff der Treue zu seinem Bund
ausgelegt wird als Bejahung des Jesus als Christus; treu zum Bund
wären Juden nur, insofern sie Jesus als Christus bekennen würden.
So gesehen zeichnet sich auch diese
Fürbitte durch ihre Mehrdeutigkeit aus, auch wenn doch unübersehbar
ist, daß die letztere Interpretation sehr gekünstelt wird. Vom
deutschen Text her drängt sich geradezu der Eindruck auf, daß hier
die Kirche bittet, daß der Jude seiner jüdischen Religion treu
bleiben soll und daß er so sich des Heiles gewiß sein könne. Er
bedarf nicht der Umkehr zur wahren Religion, ihm ist die jüdische
hinreichend wahr für das ewige Heil.
Barth fragt darauf zu recht: „Nur
fragt man sich natürlich da als gesund denkender Mensch, zu wem der
Messias und Gottessohn nach den Zeugnissen des Neuen Testaments
eigentlich zuerst gekom-men ist und an wen der Anruf, sich zum
Evangelium zu bekehren, zuvörderst erging!
Resümee: Nicht nur die
Karfreitagsfürbitte zugunsten der Juden, auch die zugunsten der
Gottgläubigen und Nichtgläubigen zeigen eine signifikante
Unklarheit auf: wird noch für ihre Bekehrung zur ganzen Wahrheit
gebetet oder erwecken die Fürbitten den Eindruck, daß der
Nichtchrist in seiner nichtchristlichen Religion, der Atheist, wenn
er nur seinem Gewissen Folge leistet, auf dem Wege zum Heil sind? Es
sei hier auf die Erklärung des zweiten Vaticanums:
„Nostra aetate“ verwiesen, die auch
gerade an dieser Mehrdeutigkeit leidet
Generelle Missionskritik oder Mission
ja, aber keine Judenmission?
Zu fragen ist: Ist die Kritik an der
traditionellen Karfreitagsfürbitte eine spezielle gegen das Gebet um
die Bekehrung der Juden oder ist diese Kritik nur eine spezifizierte
auf der Basis eines generellen Neins zu jeder kirchlichen Mission,
sofern unter Mission noch Verkündigung und Bekehrung verstanden wird
und nicht ein rein diakonisches Handeln? Die puplizierte Debatte um
die Karfreitagsbitte zugunsten der
Juden erweckt wenigstens den Eindruck, es ginge um ein spezifisches
jüdisches Problem. Im Prinzip sei die Kirche für die Mission, aber
nicht für die Judenmission und so stünde dann diese traditionelle
Fürbitte wie ein erratischer Fremdkörper in der nachkonziliaren
Dialogkirche. So sagt dann auch Ehrlich, Mitunterzeichner der
Protestnote des ZK
der Katholiken wider die
Wiederzulassung des tridentinischen Meßbuches: „Im Rahmen der
römisch- katholischen Kirche gibt es heute keine organisierte
Judenmission mehr, an die Stelle
Judenmission ist im Raume der
katholischen Kirche der Dialog mit den Juden getreten.“9
Kardinal Lehmann, damals noch der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz sieht das genauso:
„Deshalb hat die Kirche auch über
ihre lange vertretene Überzeugung selbstkritisch nachgedacht, Juden
müssten, um das Heil zu erlangen zu können, getauft werden. Es
wurde zunehmend bewusst,dass Mission als Ruf zur Umkehr vom
Götzendienst zum lebendigen und wahren Gott (1. Thess 1,910)
nicht auf Juden angewandt werden kann. Hierhin gründet das Faktum,
dass es heute keine judenmissionarischen Aktivitäten der
katholischen Kirche mehr gibt.“11
Dies evoziert aber doch ad hoc die
Frage, ob es denn im Raume der Kirche noch eine organisierte
Mohamedaner- oder Heiden- oder Atheistenmission gibt, die noch etwas
anderes ist als Sozialdia-konie und der Dialog als Austausch über
den je eigenen Glauben. Und was bietet Kardinal Lehmann als
Alternative zur Mission? Zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk
geht es um die Begegnung `` auf der Ebene ihrer je eigenen religiösen
Identität`` (Papst Johannes Paul II am
12.März 1979).“12
Es geht um einen Dialog unter wechselseitiger Anerkennung der
Identität des
Anderen.
Offensichtlich muß es sich um einen
besonders qualifizierten Dialog handeln, wenn der kirchlich gepflegte
Dialog mit Andersgläubigen nicht mehr das Ziel der Bekehrung
bezweckt sondern als Antithese zu einem Miteinanderreden mit dem
Ziel, den Anderen von der Wahrheit der eigenen Position zu
überzeugen. Wo das Konzept des Dialoges als Alternative zum Willen
der Überzeugung des Anderen von der Wahrheit verstanden wird,ist
diese Dialog nicht als ein auf Wahrheit hin konzipiertes Reden
begriffen sondern auf irgendein anderes Ziel. Was könnte dann das
Ziel des christlich-jüdischen Dialoges sein, wenn die Wahrheitsfrage
ausgeklammert wird?
Der Vorwurf des badenwürtembergischen
Rabbis lautet also, daß die christliche Mission als
Bekehrungsabsicht zur Wahrheit die jüdische Existenz vernichten
würde und deshalb, um des Selbsterhaltes des Judeseins müsse
deshalb eine solche Mission verurteilt werden. Und Papst Johannes
Paul II erbringt mit dem Begriff der Identität einen gewichtigen
Hinweis auf das Besondere dieses Dialogverständnisses, das den
Wahrheitsbegriff eskamotiert. Der Eindruck, daß hinter dem Nein zum
traditionellen Fürbittengebet um die Bekehrung der Juden zum wahren
Glauben sich ein prinzipielles Nein zu jeder Mission verbirgt, die
das Ziel in der Bekehrung und
Umkehr zur wahren Kirche sieht, läßt
sich kaum zerstreuen. Trotzdem soll nun das Besondere
dieses Neins zur Judenmission und somit
des Neins zur traditionellen Fürbitte erörtert werden unter der
Frage: Wie verhält sich die jüdische Identität zur Bekehrung zur
wahren Religion?
Identität- was ist ein Jude?
Wie immer diese Frage destinkt zu
beantworten ist, offenkundig wird unter Juden und nicht nur unter
ihnen die Meinung vertreten, daß die Konversion zum Katholischen
Glauben eine Infrage-stellung, ja sogar Nichtung der jüdischen
Identität sei. Zu distinguieren ist dabei zwischen dem
Begriff des Judeseins als ethnisch-
völkischer Begriff und dem religiösen Begriff des Jüdischseins.
Das Besondere ist nun, daß die
jüdische Religion aufs engste mit dem jüdischen Volkstum verbunden
ist, die jüdische Religion ist eine Nationalreligion mit einem
universalistischem Rand.
Unter dem universalistischen Rand sei
verstanden die Frage, ob ein im ethnischen Sinne Nichtjude
zur jüdischen Religion konvertieren
kann oder ob er nur als Gottesfürchtiger am Rande der Syna-goge
leben kann und ob es im Vorstellungsraum der jüdischen Religion ein
Heil auch für Nichtjuden im ethnischen Sinne geben könne.
Zur Veranschaulichung:
Jesus war als wahrer Mensch von seiner
Volkstumszugehörigkeit ein Jude, ob seines eigenen Bewußtseins, der
Messias zu sein, im religiösen Sinne kein Jude, sondern Christ,
insofern der
Kern des christlichen Glaubens, den ihn
vom jüdischen distinkt unterscheidet das Bekenntnis ist,
daß Jesus der Christus ist. Das ist
das religiöse Selbstbewußtsein Jesu, so daß er als Mensch Christ
war. Nun könnte gemeint werden, daß Jesus doch im elterlichen Hause
von Joseph und Maria jüdisch, im religiösen Sinne erzogen worden
wäre, so daß Jesus, rein menschlich gesehen, ein jüdisch
sozialisiertes Kind gewesen sei, daß dann, vielleicht erst bei der
Taufe durch Johannes zum
Christen wurde. Daß diese Taufe durch
Johannes, dem Täufer vollzogen wurde und keine christ-liche war,
läßt diese Meinung aber unwahrscheinlich erscheinen. War Jesus also
nicht nur im ethnischen Sinne Jude sondern auch im religiösen, bevor
er nach seiner menschlichen Natur christlich wurde? War Saulus
jüdischen Glaubens, bevor er zum christlichen Paulus wurde vor
Damaskus ?
Hintergrund dieser simplen Fragen ist
die Frage: ist das Alte Testament oder die hebräische bzw. die
Septuaginta ein Glaubensbuch der Juden,
das jüdische Glaubensbuch, jüdisch hier im religiösen Sinne
verstanden, so daß die Heilige Schrift der Christen sich
zusammensetzte aus einem religiös-
jüdischem Teil, dem AT und einem
christlichen Teil, dem NT, und daß das Gesamte dann als das
Religionsbuch der Christen gelte. Liest der Christ, wenn er das AT
liest ein jüdisches Religionsbuch, taucht er ein in die jüdische
Religion und steigt aus ihr empor, wenn er dann das christliche NT
liest? Eine Hilfe zur Lösung dieser Problematik könnte ein von der
päpstlichen Bibelkommission mit dem Titel: „Das jüdische Volk und
seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel“ vom 24. Mai 2001
andeuten: In Nr. 22 heißt es dort: „Die Christen können und
müssen zugeben, daß die jüdische Lesung der Bibel eine mögliche
Lesewelt darstellt, die sich organisch aus der jüdischen Heiligen
Schrift zur Zeit des zweiten Tempels ergibt, in Analogie zur
christlichen Leseweise, die sich parallel entwickelte.“13
Ich schlage vor, sich auf den Begriff der jüdischen Lesung zu
kaprizieren,und dabei den leicht konstruktivistischen Unterton
wahrzunehmen: der Text des AT wird erst durch den Leseblick entweder
zum Religionsbuch der Juden oder zu einem Teil des Religionsbuches
der Christen. Und was ist er dann an sich? Nichts, ohne einen ihn
treffenden Leseblick?
Mein Interpretationsvorschlag für
diese eigentümlich eigenwillige Aussage: die jüdische Lesung, hier
jüdisch im religiösen Sinne gemeint, ist der Blick auf die jüdisch-
hebräische Bibel (hier jüdisch im ethnischen Sinne),dessen
Spezifikum das Nein zu Jesus von Nazareth als des Messias ist. Der
hebräische Text wird gelesen unter der Prämisse der
Nochnichterfüllung der Messiasverheißung. Jetzt erst wird der
hebräische Text zum jüdisch-religiösen Buch. Die jüdische
Bibel konstituiert sich durch diese
Leseprämisse und diese Leseprämisse konstituiert dann auch erst die
jüdische Religion als die Antithese oder Alternative zur
christlichen Religion, deren Zentrum das Bekenntnis ist, daß der von
der hebräischen Bibel bzw. Septuaginta verheißene Messias in Jesus
Wirklichkeit geworden ist. Christentum und Judentum entwickeln sich
parallel alternativ zueinander in Hinsicht auf das eine Ereignis,
Jesus von Nazareth, in dem die christliche Religion die Erfüllung
der Messiasverheißiung glaubt und in dem sie nun das AT von diesem
Glaubensbekenntnis her liest, und in dem die jüdische Religion
verneint, daß Jesus von Nazareth der verheißene Messias ist und in
dem sie nun den hebräischen Text unter der Prämisse der
Nochnichterfüllung liest.
Erst im christlichen Glauben kommt der
hebräische bzw. der Septuagintatext zu seiner Wahrheit, wird er als
das offenbar, was er an sich schon immer war. Objektiv gesehen war er
immer schon das
Proömium für das Neue Testament. Der
Konstruktivismus übersieht dies Ansichsein des Textes, erfaßt aber,
daß das Ansichsein auch ein für uns offenbares Sein werden muß.
Erst als der Schleier von diesem Text entfernt worden war, wurde so
seine ganze Wahrheit offenbar. Wo weiter der Schleier über diesem
heiligen Text liegt, da entsteht die religiös-jüdische Lektüre und
so die jüdische Bibel. Die Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit
eröffnet Gott als partikulare Heilsgeschichte mit dem Volkstum der
Juden, und er vollendet sie durch die Universalheilge- schichte mit
der Kirche als dem wahren Volk Israels , nach dem Geist, wie Paulus
sagt zum Unterschied zum jüdischen Volk gemäß dem Fleisch, dem
Volkstum Israels.
Was ergibt sich daraus für die Frage
nach der Identität des Judeseins?
Das jüdische Volk im ethnischen Sinne
steht am Anfang der Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit. Es ist
die Vorstufe zur universalen Heilsgeschichte Gottes mit der
Menschheit vermittels der wahren Kirche. Israel ist sozusagen die
partikulare Vorform der christlichen Kirche,
ihr Kult die Vorabbildung des
christlichen Kultes. Und als Vorabbildung ist sie schon wahre Kirche
im Stande des Vorabbildes. Das jüdische
Volk war so dazu bestimmt, in der wahren Kirche aufgehehoben zu
werden in die Existenz des Judenchristen. Die Identität des Juden
ist so diese seine Bestimmung, wahrer Jude in der christlichen Kirche
zu werden. Diese wahre jüdische Identität lebten Maria und Joseph,
auch darum gelten sie uns als heilig. Es geht hier nicht um eine tote
Identität, sondern darum, daß der Jude zu dem wird, wozu er durch
Gott bestimmt ist. Ein Mensch ist dann identisch, wenn er eins ist
mit dem, wozu Gott ihn bestimmt hat. Abstrakter formuliert:
Identischsein heißt, daß ein etwas in
seiner empirischen Existenz mit seinem ideelen Sein in eins fällt,
wenn er ist, wozu er bestimmt ist. Das Volkstum der Israeliten ist in
diesem Sinne in ihrer nationalen Partikularität schon die
Vorabbildung der Kirche, gerade indem beide Größen auch eine
natürlich- soziale Gemeinschaft bezeichnen. Der Begriff Volk meint
in Hinsicht auf das jüdische Volk nicht univok das, was der
Volksbegriff in der Kirche aussagt, aber der ethnische Voklksbegriff
ist analog zum Kirchenvolksbegriff.
Unter Volkstum ist hier die Einheit von Blutsverwandschaft,
gemeinsamer Sprache und Kultur und Geschichte gemeint in Absetzung zu
einem rassisch- biologistischen Verständnis von Volk/Rasse. So
gesehen ist das heutzutage AT genannte Buch das
Religionsbuch des jüdischen
Volkstumes, insofern dieses dazu bestimmt ist, sich aufzuheben in dem
Corpus der wahren Kirche. Die Kirche
enthält aber in sich lebendig das aufgehobene und so zu seiner
Wahrheit gekommene völkische Judentum. Denn die Gnade zerstört
nicht die Natur, sondern vollendet sie. Das auf das jüdische
Volkstum bezogen heißt: dieses Volkstum findet seine Wahrheit und
Identität erst im Sein in der Kirche, so wie eine Raupe ihre wahre
Existenz erst in der des Schmetterlinges. In der judenchristlichen
Existenz der Gottesmutter Maria findet die jüdische Existenz ihre
Wahrheit und Identität. Denn in Maria kumuliert die jüdische
Vorbereitung auf den Empfang des Messias.
Was ist nun aber die Identität der
jüdischen Religion?
Die jüdische Religion konstituiert
sich durch das Nein zu Jesus als dem verheißenen Messias.
Diese Religion ist der Ausdruck des
Unwillens, sich in der wahren Kirche aufzuheben, um so zu der
wahren Existenz zu gelangen. Die Raupe
verharrt darin, das bleiben zu wollen, was es ist und sich der
Entwicklung zu verschließen. Es ist eine tote Existenz der
unmittelbaren Selbstbehauptung, des
Ansichfesthaltenwollens. Diese jüdische
Religion hat sich dabei selbst ihres lebendigen Zentrumes
entledigt, indem sie mit dem Nein zu
Jesus Christus, dem wahren Versöhnungsopfer auch ihr Kultzentrum,
die Vorabbildung des wahren Versöhnungsopfers, den Tempelkult
aufgab. Die jüdische Religion ist eine Religion ohne Opferkult und
somit ohne lebendige Mitte. Die jüdische Religion lebt allein aus
dem Nein zu Jesus Christus und diese Negation ist auch ihre
Unleben-digkeit. Wenn es zum Wesen jeder Religion gehört, im
Opferkult ihr Lebenszentrum zu haben, so
ist deutlich, daß die jüdische
Religion nicht die Fortsetzung des hebräischen Kultes und seiner
Religion sein kann, denn es fehlt ihr das lebendige Zentrum, der
Opferkult und es wird deutlich, daß die jüdische Religion eine an
sich defizitäre Religion ist. So besitzt die jüdische Religion
keine Identität, denn Identität hieße ein empirisches Sein, das
mit seinem ideelen eins ist. Aber es gibt ein Konstitutivum der
jüdischen Religion, was ihr Unwesen aus macht: sie lebt aus der
Negation des
christlichen Bekenntnisses zu Jesus als
dem Messias.
Vorläufiges Resümee: die Identität
des Juden im ethnischen Sinne besteht darin, in der wahren Kirche
aufgehoben zum wahren Juden im ethnischen Sinne zu werden durch die
wahre Religion.
Nicht bleibt die Ethnizität des Juden
durch seine Konversion zum Katholischen Glauben unberührt, daß
hieße, daß die Natur (die nationale Zugehörigkeit) unverändert
bliebe durch die Gnade. Die Gnade der wahren Religion vollendet aber
die Natur des Gläubigen. Das bezieht sich auch auf die
Ethnizität des Gläubigen. Wenn diese
Aufhebung und Vollendung der jüdischen Ethnizität als Zerstörung
und Vernichtung der jüdischen Existenz vorgestellt wird, dann ist
das so sinnwidrig,
wie ein Mädchen, daß, um seiner
Identität willen, nicht Frau werden wollte! Verliebt in ihre
Mädchenhaftigkeit scheut sie, eine Frau zu werden. So gesehen ist
die Missionierung des Juden im ethnischen Sinne nicht die Vernichtung
seiner völkischen Existenz sondern seine Kreuzigung, um
Ostern als Judenchrist aufzuerstehen zu
seiner wahren Identität. Das hat mustergültig der hl. Paulus
durchlebt und reflektiert.
Die Identität der jüdischen Religion
ist ihre Unwahrheit, indem sie die hebräischen Texte unter der
Prämisse, daß Jesus nicht der Messias ist, liest und zu einem
religiös-jüdischen Kanon verliest.
Die Abkehr von dieser jüdischen
Religion zur wahren Religion ist somit der Weg von der Unwahrheit zur
Wahrheit. Die jüdische Religion ist möglich, weil Jesus Christus
als wahrer Gott und wahrer Mensch auch verkannt werden kann. Auch
rein religionswissenschaftlich fällt jedem Beobachter der defizitäre
Charakter dieser Religion auf! Sie behauptet zwar von sich,die
Prolongierung des hebräischen Kultes zu sein, aber sie ist eine
Religion ohne Zentrum, dem Opferkult. Das zeichnet sie schon als
unwahre Religion aus. So sagt Leo XIII: „ Das Wesen und die Natur
der Religion enthüllt die Notwendigkeit des Opfers.“ „Und wenn
man die Opfer entfernt, kann eine Religion weder sein noch gedacht
werden.“14
Für die jüdische Religion ist tatsächlich die Konversion zur
wahren Religion ihre Nichtung, denn das Zentrum dieser Religion, ihr
Nein zu
Jesus als dem Christus wird in der
Konversion in ein Ja verwandelt. In diesem Sinne hat der oben
zitierte Rabiner recht, wenn er urteilt, daß die Umkehr eines
jüdisch Glaubenden zur wahren Religion seine Absage an seine
Ursprungsreligion ist. Es ist seine Nichtung der religiösen Existenz
des Juden und seine Vollendung der ethnischen Existenz des Juden in
dem einen Akt der Kon-version.
Kann so gesehen, die Partizipation an
der jüdischen Religion konstitutiv zur jüdischen Existenz
gehören? Wäre das wahr, wären Jesus,
Maria und Joseph in Hinsicht auf das Ideal der Identitätsbewahrung
ob ihrer christlichen Existenz sich an ihrem Sein, dem Judesein
verfehlt habende Existenzen! Das ganze Neue Testament mit seinen
vielfältigsten Umkehr- und Bekehrungsgeschichten wäre ein einziges
antijüdisches Machwerk, weil im Zentrum dieses Religionsbuches die
Aussage steht, daß der Jude erst im und durch den christlichen
Glauben zu
seiner wahren Existenz findet. Zudem:
auch Juden sagen nicht, daß ein Jude im ethnischen Sinne nur ein
Volkstumsangehöriger wäre, wenn er im religiösen Sinne Jude ist.
B. Lazare, bekannt geworden durch seine
kritischen Stellungnahmen zur Dreyfuß-Affaire stellte sich 1894
schon diese Frage: „Man wird mir entgegenhalten, daß der Jude,
indem er revolutionär
wird, zumeist atheistisch wird und
somit aufhört, Jude zu sein. Das gilt nur in gewisser Weise und vor
allem in dem Sinn, daß die Kinder des revolutionären Juden in der
sie umgebenden Bevöl-kerung aufgehen und daß sich demzufolge die
revolutionären Juden leichter assimilieren.“15
Hört der Jude auf, Jude zu sein, wird er Atheist oder bekehrt sich
zum Christentun? Lazare respondiert diese selbstkritische Anfrage
wie folgt: „aber im allgemeinen haben die Juden, selbst die
revolutionären, den jüdischen Geist behalten, und wenn sie jede
Religion und jeden Glauben abgelegt haben, waren sie deshalb doch
nicht weniger- erblich und erziehungsmäßig- dem nationalen
jüdischen Einfluß ausgesetzt.“ Lazarke exemplifiziert dies dann
an den der Vita von
Heinrich Heine und Karl Marx. Heine und
Marx waren vor allem Juden in ihrer intellektuellen Existenz. Mit dem
schönen Begriff des jüdischen Geistes bezeichnet er das, was der
Verfasser unter dem jüdischen Volkstum verstehen möchte: den
besonderen kulturellen Charakter dieses Volkes.
Nietzsche bezeichnet dies feinsinnig
als die Einheit des künstlerischen Stiles in allen Lebensäußerungen
eines Volkes.16
Der Volkstumscharakter des Juden ist unabhängig von seiner
religiösen Existenz, er bewahrt ihn sich, wird er Atheist, er
vollendet ihn, wird er Katholik.
Sich aufheben müssen, um zu seiner
wahren Existenz zu finden, in der die Existenz mit dem Sein
übereinstimmt, das ist der Grund des Widerstandes, der
Lernwiderstandes, auf den jede christliche Verkündigung bei gerade
religiös gebundenen Menschen stößt. Der religiös Gebundene will
sich bewahren und nicht vollenden in der Wahrheit. Ist dem
christlichen Glauben es eine offenbare Wahrheit, daß die jüdische
Existenz gerade erst durch die wahre Religion ihre Vollendung findet,
so nimmt der Jude nur die Auflösung
seiner ihm lieb gewordenen Existenz wahr, ihre einfache Negation und
nicht das Vollendetwerden durch die Konversion. Darum wird die
Katholische Kirche Verständnis aufbringen für die jüdische
Abneigung der christlichen Mission gegenüber, aber sie wird und muß
um der Wahrheit der jüdischen Existenz willen gerade ihnen das
Evangelium verkündigen. Wichtig ist dabei, daß die Frage der
Bekehrung der jüdischen Existenz nicht nur
eschatologisch zu
diskutieren ist, ob um des Seelenheiles willen die Konversion nötig
ist, sondern auch in seiner Lebensbedeutsamkeit: in und durch die
wahre Religion vollendet sich gerade der
Volkstumscharakter des Juden, er wird
zu dem, wozu er bestimmt ist, zum wahren Juden im ethnischen Sinne.
Die Gnade der wahren Religion vollendet den natürlichen
Volkstumscharakter
der jüdischen wie jeder anderen
ethnischen Existenzen.
Nicht Antisemitismus, sondern der
Verzicht auf die Mission ist das Problematische
So wenig überzeugend so
die Kritik an dem traditionellenn Karfreitagsgebet zur Bekehrung der
Juden ist, so bedenklich ist die modernisierte Version. Ihr
problematischer Charakter tritt nämlich erst vollends ans
Tageslicht, wird diese Veränderung in dem Kontext des Gesamtgebetes
gesehen.In allen Veränderungen zeichnet sich die selbe Tendenz ein:
jeder möge in seinem religiösen Stand bleiben, der Nichtkatholik
nichtkatholisch, der Theist theistisch, der Jude jüdisch und der
Atheist atheistisch. Gott könne jeden in jedem Christentum, in jeder
Religion, ja gar im Atheismus die Gnade zukommen lassen, sodaß er
ins ewige Leben eingehen könne. Er soll dann in seiner Religion, ja
gar in seinem Atheismus verbleiben, es reiche für sein Heil, wenn er
mit Gottes Hilfe das realisiere, was an Positivem in dem jeweiligen
Stande ihm möglich sei. Ein Verlassen und Sichhinbekehren zur wahren
Religion sei so überflüssig. Das ist die Lehre der modernisierten
Karfreitagsgebete! Statt für die Bekehrung der Nichtkatholiken zu
beten, betet die Kirche, daß jeder bleiben solle, was er ist! Und
dies allgemeine Nein! Zur Mission und Bekehrung wird dann auch auf
den besonderen Fall der jüdischen Religion und des Judentums
appliziert.
Ist diese Umformung eine
legitime Frucht des 2.Vaticanums?
Das ist nun die uns
bedrängende Frage! Wollte das Reformkonzil schon selbst die
Einstellung der Mission? Müßte diese Frage mit Ja respondiert
werden, wie könnte dann noch von einem legitimen katholischen Konzil
gesprochen werden. Der Verfasser möchte dazu folgende These
aufstellen:
Seit dem die Kirche die
Lehre aufgestellt hat: extra ecclesiam nulla salus, stand sie
theologieimmanent vor dem Problem, wie der universale Heilswille
Gottes mit der Partikularität der Kirche harmonisiert werden kann.
Nicht um einer Zeitgeistanpassung willen, sondern um dieses
theologieimmanenten Problemes willen wurde gelehrt, daß es für
Menschen außerhalb der Kirche eine Heilsmöglichkeit gäbe, wenn sie
subjektiv unverschuldet außerhalb der Kirche stehen. Dann ersetzte
Gott unmittelbar das, was ihnen zum Heil fehlte, wenn sie das ihnen
Mögliche taten, um es versimplifiziert zu sagen.Das bestätigte nun
das 2.Vaticanum, indem es nun aber auch einseitig die positiven
Momente in den unwahren Religionen und gar im Atheismus hervorhob,um
so den Ermöglichungsgrund eines Heiles außerhalb der Kirche zu
ergründen nach seiner weltimmanenten Seite, auf der dann die
göttliche Gnade aufbauen würde17.
In der nachkonziliaren
Zeit wurden aber diese Aussagehinsicht vergessen zugunsten der
Meinung, daß hier prinzipiell eine Heilsmöglichkeit für alle
Menschen in allen Religionen und im Atheismus gelehrt werde und nicht
das Sonderproblem thematisiert wird: können Menschen, die
notwendigerweise bzw. unverschuldet außerhalb der Kirche leben
mußten, wie etwa ein Platon, auch am ewigen Leben teilhaben? Wie
ließe sich deren Ausschluß vom ewigen Heil mit dem
Heilsuniversalismus Gottes vereinbaren? Aus einer eher
vergangenheitsorientierten Frage: wie war Menschen das Heil möglich,
als die Kirche noch nicht überall auf der Erde präsent war, wird
eine der Mission müden Kirche Frage: können die Menschen auf Erden
nicht auch ohne die kirchliche Mission das Heil erlangen? Die
Theologie in den modernisierten Karfreitagsgebeten respondiert mit
Ja, indem sie nun aus der Ausnahmesituation des unverschuldeten
Außer-Kirche-Seins den Regelfall des in seiner jeweilgen Religion
selig werden könnenden Menschen macht.Und diese modernistische Lehre
triumphiert dann in den jetzigen Karfreitagsfürbitten.
Damit stehen wir vor
einem traurigen Resümee. Die Modernisierung der Karfreitagsbitten
beinhaltet faktisch den Verzicht auf die kirchliche Mission in der
Hoffnung, daß Gott selbst unmittelbar das in den anderen
christlichen Konfessionen und anderen Religionen und gar im Atheismus
Fehlende ergänzt, so daß im Prinzip jeder, wo immer er auch
religiös oder areligiös steht, das ewige Heil erlangen kann. Es
reiche, wenn er von sich aus anständig lebe, bzw. das in seiner
Religion positiv Mögliche realisiere, Gott würde dann das Fehlende
schon ergänzen! So macht sich die Kirche selbst überflüssig.
Uwe C. Lay
1J.
Berger in: Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, 19.9.1990, S.7.
2J.
Berger in: Rheinischer Merkur 30.11.2001.
3Vgl:
Barth, Heinz-Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe
antisemitisch? Der Text des ZdK 2007 2.Auflage
S.7-9.
4P.
F. Scmidberger, Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konziles,
1997 S.3.
5Das
vollständige Römische Meßbuch, Anselm Schott, Nachdruck der
Ausgabe 1962, 1995 S.391
6a.s.
O.392.
7Amerio,
Romano, Jota Unum 2000 S. 533.
8Barth,
Heinz- Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe
antisemitisch? 2007 2.Auflage S.103.
9Zitiert
nach: Barth,Heinz-Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe
antisemitisch? Antwort auf ein Papier
des Zentralkommitees der deutschen
Katholiken 2.Auflage 2007 S.120.
10Nicht
mitzitiert wird dabei die Fortsetzung V 10: und seinen Sohn vom
Himmel zu erwarten, Jesus, den er von den Toten auferweckt hat und
der uns dem kommenden Gericht Gottes entreißt.
11Zitiert
nach Barth a.s. O.118
12Zitiert
nach Barth a.s.O.118.
13Barth,
Heinz- Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe
antisemitisch? 116.
14DH
40. Auflage 2005, 3339.
15
Lazare, Bernhard, Der Antisemitismus. (1894) 1969 S.169.
16Vgl:
Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Erstes Stück I, 140 in:
Friedrich Nietzsche, Werke 1 Hrsgb: K .Schlechta 1984.
17Vgl:
Nostra aetate, DH, 40.Auflage, 2005, 4195-4199.
Nun ist es aber so - und das ist sicherlich kein Zufall! - dass das Christentum eben aus dem Judentum hervorgegangen ist, dass JESUS als Jude zur Welt gekommen ist, die ersten Getauften, die Apostel usw. Juden waren - da braucht es keines "selbstkritischen Nachdenkens" (Kardinal Lehmann), ob Juden getauft werden müssten, um das Heil erlangen zu können!
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