Dienstag, 14. Oktober 2014

Das neue Karfreitagsgebet

Die Wende in den Karfreitagsfürbitten,



Ist nicht alles nach dem 2. Vaticanum im Prinzip beim Alten geblieben, die Kirche habe sich doch nur in den Ausdrucksformen der Zeit angepaßt, die Substanz sei die alte geblieben, das, was die Kirche immer und überall lehrte? Wäre dem so, es gäbe wohl nicht einen so heftigen innerkirchlichen Kampf um das 2. Vaticanum und seine angemessene Auslegung.

Eine der Früchte des Reformkonzils war die Neuformung der Karfreitagsfürbitten. Fast schon vergessen, rückte sie in Folge des Motu proprio zur tridentinischen Messe, der katholischen Messe schlechthin wieder ins Rampenlicht. Denn nun wurde in der Kirche auch wieder das alte Karfreitagsfürbittengebet praktiziert. Ein Proteststurm der Empörung erhob sich, kumulierend in dem Aufschrei: das sei praktizierter Antisemitismus. Wer für die Bekehrung der Juden bete, sei ein praktizierender Antisemit. Und so trat diese alte Fassung in das Zentrum der Auseinandersetzung um die Frage einer moralischen Erlaubtheit der tridentinischen Messe nach dem Holocaust, wie man heuer politisch korrekt zu formulieren hat. Darf nach dem Holocaust nur noch die reformierte Messe mit ihrer nicht mehr antisemitischen Fürbitte für die Juden gelesen werden?

Beten für Juden-die Prolongierung des Holocaust?

Ist das Beten für die Bekehrung der Juden ein antisemitischer Akt? Diese Frage muß nun zuerst erörtert werden.Der baden-württembergische Landesrabiner J. Berger verkündigte 1990: „Daß ich vor einigen Monaten die Mission unter Juden als „die Endlösung mit anderen Mitteln“ bezeichnet hatte, wurde als wenig hilfreich angesehen und bewirkte nur ungläubiges Staunen.“1“ Inzwischen stößt diese Meinung auf mehr Zustimmung. 2001 ergänze der Rabiner:„weil Mission zur Eliminierung des Judeseins in Deutschland und in der Welt beiträgt.“2 Wenn die Judenmission die Prolongierung Auschwitz mit anderen Mitteln wäre, dann müßte das kirchliche Gebet um die Bekehrung der Juden zum wahren Glauben wohl als Vorbereitung auf einen weiteren Genoizid betrachtet werden. Einige hysterische Reaktionen auf diese Karfreitagsbitte der traditionellen Messe erweckten wirklich den Eindruck, es gälte nun, einen neuen exterminatorischen Antisemetismus abzuwehren.3



Ein Vergleich der traditionellen Karfreitagsfürbitten mit der modernisierten Fassung

Im Gefolge des vatikanischen Reformkonzils sind bekanntermaßen die Karfreitagsbitten modernisiert worden, Johannes XXIII hatte mit der Parole: „Aggiornamento“ das ist:„Angleichung an die geänderten Zeitverhältnisse“4 dafür den Startschuß gegeben. Es sollen nun die zeitgeistangepaßten Gebete zugunsten der nichtkatholischen Christen, (Für die Einheit der Christen) der Gottgläubigen (Für alle, die nicht an Christus glauben), (Für die Juden) und die Atheisten (Für alle, die nicht an Gott glauben) verglichen werden mit den Fürbitten der traditionellen Karfreitagsbitten, wie sie das Römische Meßbuch 1962 präsentiert, um so erst das Besondere der Fürbitte für die Juden zu erfassen.

Das verunklarte Verhältnis der neuen Karfreitagsfürbitten zum kirchlichen Auftrag der Mission

In dem Gebet : Für die Einheit der Kirche heißt es: „Lasset uns auch beten für die Irrgläubigen und Abtrünnigen: unser Gott und Herr möge sie allen Irrtümern entreißen und sie zur heiligen Mutter, der katholischen und apostolischen Kirche, zurückführen.“5 „Zur Einheit Deiner Wahrheit zurückkehren“ hat dann einen eindeutigen Sinn: es ist die Katholische Kirche gemeint, in der
diese Einheit der göttlichen Wahrheit ist. In der modernisierten Version: Für die Einheit der Christen heißt es nun: „Laßt uns beten für alle Brüder und Schwestern, die an Christus glauben, daß unser Herr und Gott sie leite auf dem Weg der Wahrheit und sie zusammenführe in der Einheit der heiligen Kirche.“ Die nichtkatholischen Christen werden nun zu Brüdern und Schwestern erklärt,
von Irrglauben, von Chisma und Häresie wird nicht mehr gesprochen und es bleibt unreflektiert, ob ein Chismatiker oder Häretiker noch als Glaubensbruder zu qualifizieren ist- man möge sich dies vor Augen halten: für Luther ist der Papst der Antichrist und Lutheraner werden nun von der Kirche, dessen Oberste der Papst ist, als Glaubensbrüder und Glaubensschwestern gewürdigt!
Was meint nun die Einheit der heiligen Kirche? Daß die Nichtkatholiken nun doch in die Römisch-Katholische Kirche reintegriert werden sollen oder meint diese Einheit etwas anderes, etwa eine
Einheit von sich wechselseitig anerkennenden christlichen Kirchen oder eine rein spirituelle Einheit, während empirisch die Zertrennung bestehen bleibt? Diese Unklarheit macht das Spezifische dieser Karfreitagsbitte aus. Sie kann im Einklang stehend mit der katholischen Tradition gedeutet werden, sie kann aber auch im Geiste des modernistischen Ökumenismus gedeutet werden,
daß die Einheit der Kirche erst durch eine ökumenische Bewegung hervorzubringen sei.

In dem Gebet: Für die Bekehrung der Ungläubigen heißt es dann: „Lasset uns auch beten für die Heiden: Gott der Allmächtige möge das Sündenelend von ihren Herzen nehmen, damit sie ihre Götzen verlassen und sich bekehren zum lebendigen und wahren Gott und zu Dessen eingeborenen Sohn Jesus Christus,unserem Gott und Herrn.“6 Konsequenterweise heißt es am Schluß der Bitte:
„befreie sie vom Götzendienst und vereinige sie mit Deiner heiligen Kirche...“ Deutlich wird ihr
religiöses Leben als Götzendienst dysqualifiziert und um die Umkehr zur wahren Kirche gebetet.
So unterschiedlich der Glaube der Nichtksatholiken und der Heiden qualifiziert wird, so ist die Gebetsintention die selbe: die Beheimatung in der wahren Kirche. Aus den Heiden wird nun die Gruppe der nicht an Christus Glaubenden und die der nicht an Gott Glaubenden. Anliegen dieser
Unterscheidung ist es wohl, die nichtchristlichen Religionen vom Atheismus zu unterscheiden und so differenziert für diese beide Gruppen zu beten.
Für die Anhänger der nichtchristlichen Religionen wird nun gebetet: „daß der Heilige Geist sie erleuchte und sie auf den Weg des Heiles führe.“ Ergänzt wird: „daß sie mit redlichem Herzen vor dir leben und die Wahrheit finden.“ Eindeutig ist das nicht. Ist der Weg des Heiles der der Katholischen Kirche, der nur in ihr existiert oder ist das ein Weg, den der Nichtchrist in seiner Religion kraft des Heiligen Geistes finden und begehen kann? Ist die Wahrheit die des Katholischen Glaubens oder ist das eine, die hinreichend für das Heil von dem Gläubigen einer nichtchristlichen Religion auch in ihr kraft des Heiligen Geistes gefunden werden kann?
Amerio konstatierte wohl nicht unzutreffend: „Außerdem macht der neue Ökumenismus die Mission gegenstandslos. Wenn die Völker im Tiefinneren ihrer Religiösität die zum Heil führende
Wahrheit zu eigen haben, wird die Verkündigung dieser Wahrheit durch das Christentum unbegründet und überflüssig.“7 Offenkundig ist auch hier das Mehrdeutige das Spezifische dieser Karfreitagsfürbitte. Sie kann in Übereinstimmung mit der Katholischen Tradition gedeutet werden, sie kann aber auch modernistisch interpretiert werden etwa im Sinne von: jeder kann in seiner Religion selig werden mit Hilfe des Heiligen Geistes.

Im Gebet für die Atheisten heißt es nun: „Laßt uns auch beten für alle, die Gott nicht erkennen, daß sie mit seiner Hilfe ihrem Gewissen folgen und so zum Gott und Vater aller Menschen gelangen.“
Das ist nun nicht mehr mehrdeutig! Hier wird gesagt, daß es für den Atheisten ausreicht, gemäß seinem Gewissen zu leben, wozu ihm Gott verhelfen möge, um das ewige Heil zu erlangen.
Gott wird zwar im Nachfolgenden gebeten: „Gib dich zu erkennen“ aber nicht heißt es: gebe dich
den Atheisten zu bekennen, damit sie dich bekennen. Allgemein heißt es, daß Gott allen Menschen sich zu erkennen geben möge.

Offenkundig wird für die nichtkatholischen Christen, die Gottgläubigen und die Atheisten nicht eindeutig gebetet, daß sie zur wahren Kirche finden sollen, sondern es wird von einer Wahrheit gesprochen, zu der sie kommen sollen, die wahlweise in der Katholischen Kirche ist oder die kraft des Heiligen Geistes auch außerhalb der Mauern der Kirche in dem jeweiligen Konfessions-christentum, in der jeweiligen Religion oder im Gewissen zu finden ist.

Diese eindeutigen Tendenz manifestiert sich nun auch in der Karfreitagsfürbitte für die Juden wieder. Traditionell heißt es: „Lasset uns auch beten für die Juden: Gott, unser Herr möge den Schleier von ihren Herzen wegnehmen, auf daß auch sie unseren Herrn Jesus Christus erkennen.“
In der modernisierten Fassung ließt sich das nun so: „Laßt uns auch beten für die Juden...Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluß sie führen will.“ „Gib, daß es zur Fülle der Erlösung gelangt.“
Heinz- Lothar Barth konstatiert: „Nichtchristliche Juden können den Text, ohne ihm Gewalt anzutun- und ihnen gegenüber kann man ihn ja auch so erklären- anders verstehen. Sie befänden sich demnach in einem legitimen Bundesverhältnis zu Gott, auch wenn sie ihren und unseren Messias, den Gottmenschen Jesus Christus ablehnen, und sollten diesem Bund treu bleiben.“8
Nach Barth könne diese Karfreitagsbitte aber auch in Einklang mit der Tradition interptretiert werden, indem der Begriff der Treue zu seinem Bund ausgelegt wird als Bejahung des Jesus als Christus; treu zum Bund wären Juden nur, insofern sie Jesus als Christus bekennen würden.
So gesehen zeichnet sich auch diese Fürbitte durch ihre Mehrdeutigkeit aus, auch wenn doch unübersehbar ist, daß die letztere Interpretation sehr gekünstelt wird. Vom deutschen Text her drängt sich geradezu der Eindruck auf, daß hier die Kirche bittet, daß der Jude seiner jüdischen Religion treu bleiben soll und daß er so sich des Heiles gewiß sein könne. Er bedarf nicht der Umkehr zur wahren Religion, ihm ist die jüdische hinreichend wahr für das ewige Heil.
Barth fragt darauf zu recht: „Nur fragt man sich natürlich da als gesund denkender Mensch, zu wem der Messias und Gottessohn nach den Zeugnissen des Neuen Testaments eigentlich zuerst gekom-men ist und an wen der Anruf, sich zum Evangelium zu bekehren, zuvörderst erging!

Resümee: Nicht nur die Karfreitagsfürbitte zugunsten der Juden, auch die zugunsten der Gottgläubigen und Nichtgläubigen zeigen eine signifikante Unklarheit auf: wird noch für ihre Bekehrung zur ganzen Wahrheit gebetet oder erwecken die Fürbitten den Eindruck, daß der Nichtchrist in seiner nichtchristlichen Religion, der Atheist, wenn er nur seinem Gewissen Folge leistet, auf dem Wege zum Heil sind? Es sei hier auf die Erklärung des zweiten Vaticanums:
„Nostra aetate“ verwiesen, die auch gerade an dieser Mehrdeutigkeit leidet

Generelle Missionskritik oder Mission ja, aber keine Judenmission?

Zu fragen ist: Ist die Kritik an der traditionellen Karfreitagsfürbitte eine spezielle gegen das Gebet um die Bekehrung der Juden oder ist diese Kritik nur eine spezifizierte auf der Basis eines generellen Neins zu jeder kirchlichen Mission, sofern unter Mission noch Verkündigung und Bekehrung verstanden wird und nicht ein rein diakonisches Handeln? Die puplizierte Debatte um
die Karfreitagsbitte zugunsten der Juden erweckt wenigstens den Eindruck, es ginge um ein spezifisches jüdisches Problem. Im Prinzip sei die Kirche für die Mission, aber nicht für die Judenmission und so stünde dann diese traditionelle Fürbitte wie ein erratischer Fremdkörper in der nachkonziliaren Dialogkirche. So sagt dann auch Ehrlich, Mitunterzeichner der Protestnote des ZK
der Katholiken wider die Wiederzulassung des tridentinischen Meßbuches: „Im Rahmen der römisch- katholischen Kirche gibt es heute keine organisierte Judenmission mehr, an die Stelle
Judenmission ist im Raume der katholischen Kirche der Dialog mit den Juden getreten.“9 Kardinal Lehmann, damals noch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sieht das genauso:
„Deshalb hat die Kirche auch über ihre lange vertretene Überzeugung selbstkritisch nachgedacht, Juden müssten, um das Heil zu erlangen zu können, getauft werden. Es wurde zunehmend bewusst,dass Mission als Ruf zur Umkehr vom Götzendienst zum lebendigen und wahren Gott (1. Thess 1,910) nicht auf Juden angewandt werden kann. Hierhin gründet das Faktum, dass es heute keine judenmissionarischen Aktivitäten der katholischen Kirche mehr gibt.“11

Dies evoziert aber doch ad hoc die Frage, ob es denn im Raume der Kirche noch eine organisierte Mohamedaner- oder Heiden- oder Atheistenmission gibt, die noch etwas anderes ist als Sozialdia-konie und der Dialog als Austausch über den je eigenen Glauben. Und was bietet Kardinal Lehmann als Alternative zur Mission? Zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk geht es um die Begegnung `` auf der Ebene ihrer je eigenen religiösen Identität`` (Papst Johannes Paul II am
12.März 1979).“12 Es geht um einen Dialog unter wechselseitiger Anerkennung der Identität des
Anderen.

Offensichtlich muß es sich um einen besonders qualifizierten Dialog handeln, wenn der kirchlich gepflegte Dialog mit Andersgläubigen nicht mehr das Ziel der Bekehrung bezweckt sondern als Antithese zu einem Miteinanderreden mit dem Ziel, den Anderen von der Wahrheit der eigenen Position zu überzeugen. Wo das Konzept des Dialoges als Alternative zum Willen der Überzeugung des Anderen von der Wahrheit verstanden wird,ist diese Dialog nicht als ein auf Wahrheit hin konzipiertes Reden begriffen sondern auf irgendein anderes Ziel. Was könnte dann das Ziel des christlich-jüdischen Dialoges sein, wenn die Wahrheitsfrage ausgeklammert wird?
Der Vorwurf des badenwürtembergischen Rabbis lautet also, daß die christliche Mission als Bekehrungsabsicht zur Wahrheit die jüdische Existenz vernichten würde und deshalb, um des Selbsterhaltes des Judeseins müsse deshalb eine solche Mission verurteilt werden. Und Papst Johannes Paul II erbringt mit dem Begriff der Identität einen gewichtigen Hinweis auf das Besondere dieses Dialogverständnisses, das den Wahrheitsbegriff eskamotiert. Der Eindruck, daß hinter dem Nein zum traditionellen Fürbittengebet um die Bekehrung der Juden zum wahren Glauben sich ein prinzipielles Nein zu jeder Mission verbirgt, die das Ziel in der Bekehrung und
Umkehr zur wahren Kirche sieht, läßt sich kaum zerstreuen. Trotzdem soll nun das Besondere
dieses Neins zur Judenmission und somit des Neins zur traditionellen Fürbitte erörtert werden unter der Frage: Wie verhält sich die jüdische Identität zur Bekehrung zur wahren Religion?

Identität- was ist ein Jude?

Wie immer diese Frage destinkt zu beantworten ist, offenkundig wird unter Juden und nicht nur unter ihnen die Meinung vertreten, daß die Konversion zum Katholischen Glauben eine Infrage-stellung, ja sogar Nichtung der jüdischen Identität sei. Zu distinguieren ist dabei zwischen dem
Begriff des Judeseins als ethnisch- völkischer Begriff und dem religiösen Begriff des Jüdischseins.
Das Besondere ist nun, daß die jüdische Religion aufs engste mit dem jüdischen Volkstum verbunden ist, die jüdische Religion ist eine Nationalreligion mit einem universalistischem Rand.
Unter dem universalistischen Rand sei verstanden die Frage, ob ein im ethnischen Sinne Nichtjude
zur jüdischen Religion konvertieren kann oder ob er nur als Gottesfürchtiger am Rande der Syna-goge leben kann und ob es im Vorstellungsraum der jüdischen Religion ein Heil auch für Nichtjuden im ethnischen Sinne geben könne.

Zur Veranschaulichung:
Jesus war als wahrer Mensch von seiner Volkstumszugehörigkeit ein Jude, ob seines eigenen Bewußtseins, der Messias zu sein, im religiösen Sinne kein Jude, sondern Christ, insofern der
Kern des christlichen Glaubens, den ihn vom jüdischen distinkt unterscheidet das Bekenntnis ist,
daß Jesus der Christus ist. Das ist das religiöse Selbstbewußtsein Jesu, so daß er als Mensch Christ war. Nun könnte gemeint werden, daß Jesus doch im elterlichen Hause von Joseph und Maria jüdisch, im religiösen Sinne erzogen worden wäre, so daß Jesus, rein menschlich gesehen, ein jüdisch sozialisiertes Kind gewesen sei, daß dann, vielleicht erst bei der Taufe durch Johannes zum
Christen wurde. Daß diese Taufe durch Johannes, dem Täufer vollzogen wurde und keine christ-liche war, läßt diese Meinung aber unwahrscheinlich erscheinen. War Jesus also nicht nur im ethnischen Sinne Jude sondern auch im religiösen, bevor er nach seiner menschlichen Natur christlich wurde? War Saulus jüdischen Glaubens, bevor er zum christlichen Paulus wurde vor Damaskus ?

Hintergrund dieser simplen Fragen ist die Frage: ist das Alte Testament oder die hebräische bzw. die
Septuaginta ein Glaubensbuch der Juden, das jüdische Glaubensbuch, jüdisch hier im religiösen Sinne verstanden, so daß die Heilige Schrift der Christen sich zusammensetzte aus einem religiös-
jüdischem Teil, dem AT und einem christlichen Teil, dem NT, und daß das Gesamte dann als das Religionsbuch der Christen gelte. Liest der Christ, wenn er das AT liest ein jüdisches Religionsbuch, taucht er ein in die jüdische Religion und steigt aus ihr empor, wenn er dann das christliche NT liest? Eine Hilfe zur Lösung dieser Problematik könnte ein von der päpstlichen Bibelkommission mit dem Titel: „Das jüdische Volk und seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel“ vom 24. Mai 2001 andeuten: In Nr. 22 heißt es dort: „Die Christen können und müssen zugeben, daß die jüdische Lesung der Bibel eine mögliche Lesewelt darstellt, die sich organisch aus der jüdischen Heiligen Schrift zur Zeit des zweiten Tempels ergibt, in Analogie zur christlichen Leseweise, die sich parallel entwickelte.“13 Ich schlage vor, sich auf den Begriff der jüdischen Lesung zu kaprizieren,und dabei den leicht konstruktivistischen Unterton wahrzunehmen: der Text des AT wird erst durch den Leseblick entweder zum Religionsbuch der Juden oder zu einem Teil des Religionsbuches der Christen. Und was ist er dann an sich? Nichts, ohne einen ihn treffenden Leseblick?

Mein Interpretationsvorschlag für diese eigentümlich eigenwillige Aussage: die jüdische Lesung, hier jüdisch im religiösen Sinne gemeint, ist der Blick auf die jüdisch- hebräische Bibel (hier jüdisch im ethnischen Sinne),dessen Spezifikum das Nein zu Jesus von Nazareth als des Messias ist. Der hebräische Text wird gelesen unter der Prämisse der Nochnichterfüllung der Messiasverheißung. Jetzt erst wird der hebräische Text zum jüdisch-religiösen Buch. Die jüdische
Bibel konstituiert sich durch diese Leseprämisse und diese Leseprämisse konstituiert dann auch erst die jüdische Religion als die Antithese oder Alternative zur christlichen Religion, deren Zentrum das Bekenntnis ist, daß der von der hebräischen Bibel bzw. Septuaginta verheißene Messias in Jesus Wirklichkeit geworden ist. Christentum und Judentum entwickeln sich parallel alternativ zueinander in Hinsicht auf das eine Ereignis, Jesus von Nazareth, in dem die christliche Religion die Erfüllung der Messiasverheißiung glaubt und in dem sie nun das AT von diesem Glaubensbekenntnis her liest, und in dem die jüdische Religion verneint, daß Jesus von Nazareth der verheißene Messias ist und in dem sie nun den hebräischen Text unter der Prämisse der Nochnichterfüllung liest.

Erst im christlichen Glauben kommt der hebräische bzw. der Septuagintatext zu seiner Wahrheit, wird er als das offenbar, was er an sich schon immer war. Objektiv gesehen war er immer schon das
Proömium für das Neue Testament. Der Konstruktivismus übersieht dies Ansichsein des Textes, erfaßt aber, daß das Ansichsein auch ein für uns offenbares Sein werden muß. Erst als der Schleier von diesem Text entfernt worden war, wurde so seine ganze Wahrheit offenbar. Wo weiter der Schleier über diesem heiligen Text liegt, da entsteht die religiös-jüdische Lektüre und so die jüdische Bibel. Die Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit eröffnet Gott als partikulare Heilsgeschichte mit dem Volkstum der Juden, und er vollendet sie durch die Universalheilge- schichte mit der Kirche als dem wahren Volk Israels , nach dem Geist, wie Paulus sagt zum Unterschied zum jüdischen Volk gemäß dem Fleisch, dem Volkstum Israels.

Was ergibt sich daraus für die Frage nach der Identität des Judeseins?
Das jüdische Volk im ethnischen Sinne steht am Anfang der Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit. Es ist die Vorstufe zur universalen Heilsgeschichte Gottes mit der Menschheit vermittels der wahren Kirche. Israel ist sozusagen die partikulare Vorform der christlichen Kirche,
ihr Kult die Vorabbildung des christlichen Kultes. Und als Vorabbildung ist sie schon wahre Kirche
im Stande des Vorabbildes. Das jüdische Volk war so dazu bestimmt, in der wahren Kirche aufgehehoben zu werden in die Existenz des Judenchristen. Die Identität des Juden ist so diese seine Bestimmung, wahrer Jude in der christlichen Kirche zu werden. Diese wahre jüdische Identität lebten Maria und Joseph, auch darum gelten sie uns als heilig. Es geht hier nicht um eine tote Identität, sondern darum, daß der Jude zu dem wird, wozu er durch Gott bestimmt ist. Ein Mensch ist dann identisch, wenn er eins ist mit dem, wozu Gott ihn bestimmt hat. Abstrakter formuliert:
Identischsein heißt, daß ein etwas in seiner empirischen Existenz mit seinem ideelen Sein in eins fällt, wenn er ist, wozu er bestimmt ist. Das Volkstum der Israeliten ist in diesem Sinne in ihrer nationalen Partikularität schon die Vorabbildung der Kirche, gerade indem beide Größen auch eine natürlich- soziale Gemeinschaft bezeichnen. Der Begriff Volk meint in Hinsicht auf das jüdische Volk nicht univok das, was der Volksbegriff in der Kirche aussagt, aber der ethnische Voklksbegriff
ist analog zum Kirchenvolksbegriff. Unter Volkstum ist hier die Einheit von Blutsverwandschaft, gemeinsamer Sprache und Kultur und Geschichte gemeint in Absetzung zu einem rassisch- biologistischen Verständnis von Volk/Rasse. So gesehen ist das heutzutage AT genannte Buch das
Religionsbuch des jüdischen Volkstumes, insofern dieses dazu bestimmt ist, sich aufzuheben in dem
Corpus der wahren Kirche. Die Kirche enthält aber in sich lebendig das aufgehobene und so zu seiner Wahrheit gekommene völkische Judentum. Denn die Gnade zerstört nicht die Natur, sondern vollendet sie. Das auf das jüdische Volkstum bezogen heißt: dieses Volkstum findet seine Wahrheit und Identität erst im Sein in der Kirche, so wie eine Raupe ihre wahre Existenz erst in der des Schmetterlinges. In der judenchristlichen Existenz der Gottesmutter Maria findet die jüdische Existenz ihre Wahrheit und Identität. Denn in Maria kumuliert die jüdische Vorbereitung auf den Empfang des Messias.

Was ist nun aber die Identität der jüdischen Religion?
Die jüdische Religion konstituiert sich durch das Nein zu Jesus als dem verheißenen Messias.
Diese Religion ist der Ausdruck des Unwillens, sich in der wahren Kirche aufzuheben, um so zu der
wahren Existenz zu gelangen. Die Raupe verharrt darin, das bleiben zu wollen, was es ist und sich der Entwicklung zu verschließen. Es ist eine tote Existenz der unmittelbaren Selbstbehauptung, des
Ansichfesthaltenwollens. Diese jüdische Religion hat sich dabei selbst ihres lebendigen Zentrumes
entledigt, indem sie mit dem Nein zu Jesus Christus, dem wahren Versöhnungsopfer auch ihr Kultzentrum, die Vorabbildung des wahren Versöhnungsopfers, den Tempelkult aufgab. Die jüdische Religion ist eine Religion ohne Opferkult und somit ohne lebendige Mitte. Die jüdische Religion lebt allein aus dem Nein zu Jesus Christus und diese Negation ist auch ihre Unleben-digkeit. Wenn es zum Wesen jeder Religion gehört, im Opferkult ihr Lebenszentrum zu haben, so
ist deutlich, daß die jüdische Religion nicht die Fortsetzung des hebräischen Kultes und seiner Religion sein kann, denn es fehlt ihr das lebendige Zentrum, der Opferkult und es wird deutlich, daß die jüdische Religion eine an sich defizitäre Religion ist. So besitzt die jüdische Religion keine Identität, denn Identität hieße ein empirisches Sein, das mit seinem ideelen eins ist. Aber es gibt ein Konstitutivum der jüdischen Religion, was ihr Unwesen aus macht: sie lebt aus der Negation des
christlichen Bekenntnisses zu Jesus als dem Messias.

Vorläufiges Resümee: die Identität des Juden im ethnischen Sinne besteht darin, in der wahren Kirche aufgehoben zum wahren Juden im ethnischen Sinne zu werden durch die wahre Religion.
Nicht bleibt die Ethnizität des Juden durch seine Konversion zum Katholischen Glauben unberührt, daß hieße, daß die Natur (die nationale Zugehörigkeit) unverändert bliebe durch die Gnade. Die Gnade der wahren Religion vollendet aber die Natur des Gläubigen. Das bezieht sich auch auf die
Ethnizität des Gläubigen. Wenn diese Aufhebung und Vollendung der jüdischen Ethnizität als Zerstörung und Vernichtung der jüdischen Existenz vorgestellt wird, dann ist das so sinnwidrig,
wie ein Mädchen, daß, um seiner Identität willen, nicht Frau werden wollte! Verliebt in ihre Mädchenhaftigkeit scheut sie, eine Frau zu werden. So gesehen ist die Missionierung des Juden im ethnischen Sinne nicht die Vernichtung seiner völkischen Existenz sondern seine Kreuzigung, um
Ostern als Judenchrist aufzuerstehen zu seiner wahren Identität. Das hat mustergültig der hl. Paulus durchlebt und reflektiert.

Die Identität der jüdischen Religion ist ihre Unwahrheit, indem sie die hebräischen Texte unter der Prämisse, daß Jesus nicht der Messias ist, liest und zu einem religiös-jüdischen Kanon verliest.
Die Abkehr von dieser jüdischen Religion zur wahren Religion ist somit der Weg von der Unwahrheit zur Wahrheit. Die jüdische Religion ist möglich, weil Jesus Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch auch verkannt werden kann. Auch rein religionswissenschaftlich fällt jedem Beobachter der defizitäre Charakter dieser Religion auf! Sie behauptet zwar von sich,die Prolongierung des hebräischen Kultes zu sein, aber sie ist eine Religion ohne Zentrum, dem Opferkult. Das zeichnet sie schon als unwahre Religion aus. So sagt Leo XIII: „ Das Wesen und die Natur der Religion enthüllt die Notwendigkeit des Opfers.“ „Und wenn man die Opfer entfernt, kann eine Religion weder sein noch gedacht werden.“14 Für die jüdische Religion ist tatsächlich die Konversion zur wahren Religion ihre Nichtung, denn das Zentrum dieser Religion, ihr Nein zu
Jesus als dem Christus wird in der Konversion in ein Ja verwandelt. In diesem Sinne hat der oben zitierte Rabiner recht, wenn er urteilt, daß die Umkehr eines jüdisch Glaubenden zur wahren Religion seine Absage an seine Ursprungsreligion ist. Es ist seine Nichtung der religiösen Existenz des Juden und seine Vollendung der ethnischen Existenz des Juden in dem einen Akt der Kon-version.

Kann so gesehen, die Partizipation an der jüdischen Religion konstitutiv zur jüdischen Existenz
gehören? Wäre das wahr, wären Jesus, Maria und Joseph in Hinsicht auf das Ideal der Identitätsbewahrung ob ihrer christlichen Existenz sich an ihrem Sein, dem Judesein verfehlt habende Existenzen! Das ganze Neue Testament mit seinen vielfältigsten Umkehr- und Bekehrungsgeschichten wäre ein einziges antijüdisches Machwerk, weil im Zentrum dieses Religionsbuches die Aussage steht, daß der Jude erst im und durch den christlichen Glauben zu
seiner wahren Existenz findet. Zudem: auch Juden sagen nicht, daß ein Jude im ethnischen Sinne nur ein Volkstumsangehöriger wäre, wenn er im religiösen Sinne Jude ist.
B. Lazare, bekannt geworden durch seine kritischen Stellungnahmen zur Dreyfuß-Affaire stellte sich 1894 schon diese Frage: „Man wird mir entgegenhalten, daß der Jude, indem er revolutionär
wird, zumeist atheistisch wird und somit aufhört, Jude zu sein. Das gilt nur in gewisser Weise und vor allem in dem Sinn, daß die Kinder des revolutionären Juden in der sie umgebenden Bevöl-kerung aufgehen und daß sich demzufolge die revolutionären Juden leichter assimilieren.“15 Hört der Jude auf, Jude zu sein, wird er Atheist oder bekehrt sich zum Christentun? Lazare respondiert diese selbstkritische Anfrage wie folgt: „aber im allgemeinen haben die Juden, selbst die revolutionären, den jüdischen Geist behalten, und wenn sie jede Religion und jeden Glauben abgelegt haben, waren sie deshalb doch nicht weniger- erblich und erziehungsmäßig- dem nationalen jüdischen Einfluß ausgesetzt.“ Lazarke exemplifiziert dies dann an den der Vita von
Heinrich Heine und Karl Marx. Heine und Marx waren vor allem Juden in ihrer intellektuellen Existenz. Mit dem schönen Begriff des jüdischen Geistes bezeichnet er das, was der Verfasser unter dem jüdischen Volkstum verstehen möchte: den besonderen kulturellen Charakter dieses Volkes.
Nietzsche bezeichnet dies feinsinnig als die Einheit des künstlerischen Stiles in allen Lebensäußerungen eines Volkes.16 Der Volkstumscharakter des Juden ist unabhängig von seiner religiösen Existenz, er bewahrt ihn sich, wird er Atheist, er vollendet ihn, wird er Katholik.

Sich aufheben müssen, um zu seiner wahren Existenz zu finden, in der die Existenz mit dem Sein übereinstimmt, das ist der Grund des Widerstandes, der Lernwiderstandes, auf den jede christliche Verkündigung bei gerade religiös gebundenen Menschen stößt. Der religiös Gebundene will sich bewahren und nicht vollenden in der Wahrheit. Ist dem christlichen Glauben es eine offenbare Wahrheit, daß die jüdische Existenz gerade erst durch die wahre Religion ihre Vollendung findet,
so nimmt der Jude nur die Auflösung seiner ihm lieb gewordenen Existenz wahr, ihre einfache Negation und nicht das Vollendetwerden durch die Konversion. Darum wird die Katholische Kirche Verständnis aufbringen für die jüdische Abneigung der christlichen Mission gegenüber, aber sie wird und muß um der Wahrheit der jüdischen Existenz willen gerade ihnen das Evangelium verkündigen. Wichtig ist dabei, daß die Frage der Bekehrung der jüdischen Existenz nicht nur
eschatologisch zu diskutieren ist, ob um des Seelenheiles willen die Konversion nötig ist, sondern auch in seiner Lebensbedeutsamkeit: in und durch die wahre Religion vollendet sich gerade der
Volkstumscharakter des Juden, er wird zu dem, wozu er bestimmt ist, zum wahren Juden im ethnischen Sinne. Die Gnade der wahren Religion vollendet den natürlichen Volkstumscharakter
der jüdischen wie jeder anderen ethnischen Existenzen.

Nicht Antisemitismus, sondern der Verzicht auf die Mission ist das Problematische

So wenig überzeugend so die Kritik an dem traditionellenn Karfreitagsgebet zur Bekehrung der Juden ist, so bedenklich ist die modernisierte Version. Ihr problematischer Charakter tritt nämlich erst vollends ans Tageslicht, wird diese Veränderung in dem Kontext des Gesamtgebetes gesehen.In allen Veränderungen zeichnet sich die selbe Tendenz ein: jeder möge in seinem religiösen Stand bleiben, der Nichtkatholik nichtkatholisch, der Theist theistisch, der Jude jüdisch und der Atheist atheistisch. Gott könne jeden in jedem Christentum, in jeder Religion, ja gar im Atheismus die Gnade zukommen lassen, sodaß er ins ewige Leben eingehen könne. Er soll dann in seiner Religion, ja gar in seinem Atheismus verbleiben, es reiche für sein Heil, wenn er mit Gottes Hilfe das realisiere, was an Positivem in dem jeweiligen Stande ihm möglich sei. Ein Verlassen und Sichhinbekehren zur wahren Religion sei so überflüssig. Das ist die Lehre der modernisierten Karfreitagsgebete! Statt für die Bekehrung der Nichtkatholiken zu beten, betet die Kirche, daß jeder bleiben solle, was er ist! Und dies allgemeine Nein! Zur Mission und Bekehrung wird dann auch auf den besonderen Fall der jüdischen Religion und des Judentums appliziert.

Ist diese Umformung eine legitime Frucht des 2.Vaticanums?

Das ist nun die uns bedrängende Frage! Wollte das Reformkonzil schon selbst die Einstellung der Mission? Müßte diese Frage mit Ja respondiert werden, wie könnte dann noch von einem legitimen katholischen Konzil gesprochen werden. Der Verfasser möchte dazu folgende These aufstellen:
Seit dem die Kirche die Lehre aufgestellt hat: extra ecclesiam nulla salus, stand sie theologieimmanent vor dem Problem, wie der universale Heilswille Gottes mit der Partikularität der Kirche harmonisiert werden kann. Nicht um einer Zeitgeistanpassung willen, sondern um dieses theologieimmanenten Problemes willen wurde gelehrt, daß es für Menschen außerhalb der Kirche eine Heilsmöglichkeit gäbe, wenn sie subjektiv unverschuldet außerhalb der Kirche stehen. Dann ersetzte Gott unmittelbar das, was ihnen zum Heil fehlte, wenn sie das ihnen Mögliche taten, um es versimplifiziert zu sagen.Das bestätigte nun das 2.Vaticanum, indem es nun aber auch einseitig die positiven Momente in den unwahren Religionen und gar im Atheismus hervorhob,um so den Ermöglichungsgrund eines Heiles außerhalb der Kirche zu ergründen nach seiner weltimmanenten Seite, auf der dann die göttliche Gnade aufbauen würde17.

In der nachkonziliaren Zeit wurden aber diese Aussagehinsicht vergessen zugunsten der Meinung, daß hier prinzipiell eine Heilsmöglichkeit für alle Menschen in allen Religionen und im Atheismus gelehrt werde und nicht das Sonderproblem thematisiert wird: können Menschen, die notwendigerweise bzw. unverschuldet außerhalb der Kirche leben mußten, wie etwa ein Platon, auch am ewigen Leben teilhaben? Wie ließe sich deren Ausschluß vom ewigen Heil mit dem Heilsuniversalismus Gottes vereinbaren? Aus einer eher vergangenheitsorientierten Frage: wie war Menschen das Heil möglich, als die Kirche noch nicht überall auf der Erde präsent war, wird eine der Mission müden Kirche Frage: können die Menschen auf Erden nicht auch ohne die kirchliche Mission das Heil erlangen? Die Theologie in den modernisierten Karfreitagsgebeten respondiert mit Ja, indem sie nun aus der Ausnahmesituation des unverschuldeten Außer-Kirche-Seins den Regelfall des in seiner jeweilgen Religion selig werden könnenden Menschen macht.Und diese modernistische Lehre triumphiert dann in den jetzigen Karfreitagsfürbitten.

Damit stehen wir vor einem traurigen Resümee. Die Modernisierung der Karfreitagsbitten beinhaltet faktisch den Verzicht auf die kirchliche Mission in der Hoffnung, daß Gott selbst unmittelbar das in den anderen christlichen Konfessionen und anderen Religionen und gar im Atheismus Fehlende ergänzt, so daß im Prinzip jeder, wo immer er auch religiös oder areligiös steht, das ewige Heil erlangen kann. Es reiche, wenn er von sich aus anständig lebe, bzw. das in seiner Religion positiv Mögliche realisiere, Gott würde dann das Fehlende schon ergänzen! So macht sich die Kirche selbst überflüssig.

Uwe C. Lay




1J. Berger in: Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, 19.9.1990, S.7.
2J. Berger in: Rheinischer Merkur 30.11.2001.
3Vgl: Barth, Heinz-Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe antisemitisch? Der Text des ZdK 2007 2.Auflage
S.7-9.
4P. F. Scmidberger, Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konziles, 1997 S.3.
5Das vollständige Römische Meßbuch, Anselm Schott, Nachdruck der Ausgabe 1962, 1995 S.391
6a.s. O.392.
7Amerio, Romano, Jota Unum 2000 S. 533.
8Barth, Heinz- Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe antisemitisch? 2007 2.Auflage S.103.
9Zitiert nach: Barth,Heinz-Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe antisemitisch? Antwort auf ein Papier
des Zentralkommitees der deutschen Katholiken 2.Auflage 2007 S.120.
10Nicht mitzitiert wird dabei die Fortsetzung V 10: und seinen Sohn vom Himmel zu erwarten, Jesus, den er von den Toten auferweckt hat und der uns dem kommenden Gericht Gottes entreißt.
11Zitiert nach Barth a.s. O.118
12Zitiert nach Barth a.s.O.118.
13Barth, Heinz- Lothar, Ist die traditionelle lateinische Messe antisemitisch? 116.
14DH 40. Auflage 2005, 3339.
15 Lazare, Bernhard, Der Antisemitismus. (1894) 1969 S.169.
16Vgl: Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Erstes Stück I, 140 in: Friedrich Nietzsche, Werke 1 Hrsgb: K .Schlechta 1984.

17Vgl: Nostra aetate, DH, 40.Auflage, 2005, 4195-4199.   

1 Kommentar:

  1. Nun ist es aber so - und das ist sicherlich kein Zufall! - dass das Christentum eben aus dem Judentum hervorgegangen ist, dass JESUS als Jude zur Welt gekommen ist, die ersten Getauften, die Apostel usw. Juden waren - da braucht es keines "selbstkritischen Nachdenkens" (Kardinal Lehmann), ob Juden getauft werden müssten, um das Heil erlangen zu können!

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