Mittwoch, 9. Juli 2025

Was ist das Revolutionäre des 2.Vaticanums? Die Selbstrelativierung der Kirche und der Beginn ihrer Selbsthistorisierung!

 

Was ist das Revolutionäre1 des 2.Vaticanums? Die Selbstrelativierung der Kirche und der Beginn ihrer Selbsthistorisierung!



Im Geiste des 2.Vaticanumes über es hinaus, seine positiven Potenzen weiterentwickeln, das sei die jetzige Aufgabe der Theologie, offenbart uns der Fundamental“theologe“ Hoff. Ja, es gäbe Revolutionäres im 2.Vaticanum. Damit reiht sich dieser Theologe in die Heerschar derer ein, denen dies Konzil zuvörderst das der Diskontinuität gewesen sei, daß einer Befreiung von der fast 2000 jährigen Tradition zugunsten eines Aufbruches zu neuen Ufern. Meist wird dann aber relativierend hinzugefügt, daß der Bruch noch nicht gänzlich gelungen sei, daß eben doch noch zu viel Traditionalistisches in ihr weiter west, und noch nicht verwest sei.

Zu einem der Favoriten dieser Diskontinuitätstheorie avancierte nun die Behauptung des kryptoprotestantischen Kirchenhistorikers Hubert Wolf, das Papstamt mit seiner Kompetenzbestimmung sei eine Erfindung des 19. Jahrhundertes, von der sich leider dies Reformkonzil nicht gelöst hätte. In dem Kath de Artikel liest sich das so: „Im 19. Jahrhundert – das hat Hubert Wolf überzeugend herausgearbeitet – wird auf dem Boden der Tradition ein neues Lehrformat entwickelt. Was bedeuten diese Prozesse für die Selbstbestimmung der Kirche?“ (Das hätte dieser Fundamentalteologe auch simpler formulieren können: Jetzt haben wir erkannt, daß Luthers Papsttumskritik im Recht war, aber das klänge doch zu trivial, es soll wissenschaftlicher daherkommen!)Das Papstamt, so wie es dann das 1.Vaticanum explizierte sei ein Konstrukt des 19. Jahrhundertes. Dieser Subtext muß dabei mitzuhören, daß die Kirche sich da gegen die Moderne verbarrikadiert hätte, statt diese Frucht der Aufklärung in sich beglückt aufzunehmen, aber das 2.Vaticanum öffnete dann ihre Tore weit, weit, auch wenn der jetzige Modernistenpapst Magnus Striet bemängelt, daß Kants Philosophie immer noch nicht zum neuen Fundament der Kirche gekürt worden sei!

Von zentraler Bedeutung ist nun der Terminus der „Selbstbestimmung der Kirche“: Was sie lehrt und was sie dann auch tut, das ist ein Ergebnis ihrer Selbstbestimmungsakte.Damit ist die These mitgesetzt, daß sie all ihre Gehalte als die Produkte von ihren Selbstbestimmungsakten revozieren und durch neue ersetzen könne. „Alles fließt“- darauf läßt sich diese Selbstrelativierung der Lehre der Kirche reduzieren.

So formuliert dies dieser Fundamental“theologe“: Es hat der Pluralität von Kirche einen anderen Ort gegeben. Es hat die Globalität von Kirche und der unterschiedlichen kirchlichen Traditionen markiert und eine neue Wissensform entwickelt – nämlich diejenige, dass man sich von anderen Perspektiven, Wahrheitsüberzeugungen und gesellschaftlichen Realitäten relativieren lassen kann. Relativieren heißt, sich zu ihnen in ein produktives Verhältnis setzen. Menschenrechte, Religionsfreiheit, Ökumene, die Bedeutung anderer Religionen: sich davon relativieren zu lassen, ohne die eigenen Überzeugungen und den eigenen Geltungsanspruch aufzugeben, war ein bedeutender Schritt.“

Aus den Offenbarungswahrheiten werden so Überzeugungen, die Kirche tätige nun nur auch Aussagen, die Geltungsansprüche erhebten. Tätige ich die Aussage: „Es regnet jetzt!“, dann erhebe ich damit den Anspruch, daß diese Aussage wahr sei, verbunden mit der Möglichkeit, daß dieser Geltungsanspruch veri- oder falsifizierbar sei. So werden in jedem Gespräch Geltungsansprüche getätigt. In denen manifestieren sich auch Überzeugungen, in diesem Falle die, daß es regnet!

Aber hier sind andere,gewichtigere Dinge gemeint, und zwar nur Größen, die die Katholische Kirche vor dem Konzil als nicht mit der Wahrheit kompatibel verworfen hatte.Zur Bedeutung der anderen Religionen: Nie hat die Kirche die anderen Religionen als bedeutungslos bezeichnet, denn gerade eine falsche Religion ist nicht bedeutungslos, sie insistiert aber darauf, daß nur die Katholische Kirche die wahre sei, daß nur in ihr der die ganze Wahrheit präsent sei. Dies aufgegeben zu haben, sei nun die Revolution des 2.Vaticanums. Die Ökumene und die Bejahung der Religionsfreiheit fungieren dabei als die Einfallstore der Vergleichgültigung aller Religionen.

Aber dies Konzil sei eben noch nicht weit genug gegangen in dem Prozeß de Selbstrelativierung: „Historisches Denken greift wirklich Raum. Doch jetzt kommt das große Aber: Eine wirklich konsequente Selbsthistorisierung der eigenen Wissensform, das heißt, die Konzepte, mit denen man arbeitet, kontextbewusst in den Blick zu nehmen, hat das Konzil nicht geleistet.“ Die Theologie stehe so vor der Aufgabe, die Dogmen und Lehren der Kirche historisch kritisch zu dekonstruieren als zeitgeschichtlich bedingte Meinungen über Gott und die Welt.

Aber Kath de frug nun diesen „Theologen“:Wie verhält sich denn ein solches geschichtliches Denken zu Glaubenswahrheiten, die für die Kirche überzeitig sind? Darauf erhielt der Frage diese meisterliche Antwort: Aus meiner Sicht exzellent. Erstens, weil sich gerade im geschichtlichen Bestimmen dieser Glaubenswahrheit zeigt, dass der Gott, an den wir glauben, ein Gott ist, mit dem wir unterwegs sind.“ Die ewigen Wahrheit ist also die, daß alle sich gebildet habenden Meinungen und Überzeugungen über Gott und die Welt sich stetig modifizieren, daß alle die Wahrheit der stetige Wandel sei. In Anlehnung an Hegel könnte gesagt werden: „Jetzt regnet es“, ich schreibe den Satz auf und ein paar Stunden später ist der Satz unwahr geworden, da nun die Sonne wieder scheint.Alle Wahrheit sei eben nur eine kontextuelle.Das Mit-Gott-Unterwegs-Sein macht so in letzter Konsequenz aus Gott etwas zu sich selbst noch Unterwegsseiendes, das wie einem Politiker sein Geschwätz von gestern heute nicht mehr interessiert.  

So verwundert es nicht, daß dieser Fundamental“theologe“ im Papstamt das größte Problem für die Kirche sieht: „Neues Verständnis des Petrusdienstes nötig. Hoff sieht monarchisches Papstamt als Grundproblem der Synodalität“ Kath de am 3.4.2024. Wenn alles relativiert werden soll, dann muß das päpstliche Lehramt einfach das Übel schlechthin sein. Aber genaugenommen richtet sich diese in diesem Artikel beschworene Revolution gegen den, der von sich sagt:“Ich bin die Wahrheit“, denn eine solche darf und kann es nicht geben, ist doch jede vermeintliche Gotteserkenntnis nur ein zeitgeschichtlich bedingtes Meinen.

Faktisch wird hier die Theologie beseitigt durch eine historisch kritisch vorgehende Ideengeschichte, die eben jede theologische Erkenntnis relativiert: Nichts Gewisses weiß man, außer das alles ungewiß sei. Der Philpoosoph P.Sloterdijk ("Menschenverbesserung", in: ders: "Nach Gott", S,228) spricht von einer "postmetaphysischen Umformung des Christentums". Dieser Begriff könnte diese Transformation der Theologie in eine Disziplin der Geschichtswissenschaft erklären, daß keine wahrheitsfähigen Aussagen über Gott mehr als möglich erachtet werden und daß sich so die "theologische" Wissenschaft auf die Klärung der historischen Bedingtheit aller Aussagen über Gott zu kaprizieren habe. Wahre Aussagen über Gott sind eben metaphysische Aussagen, auch wenn sie theologische, von Gott offenbarte sind.





1 Kath de, 9.7.2025:“Fundamentaltheologe über Hinterlassenschaften des Zweiten Vatikanums Hoff: Es braucht Antworten auf die offenen Fragen des Konzils.“

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