Nicht heiligt der Zweck (jedes, oder das) Mittel – eine einsichtige Formel und doch hinterfragbar?
Wer die moralphilosophische Position des: „Der Zweck heiligt die Mittel“ vertritt, provoziert zu recht die Kritik, daß damit doch jedes Verbrechen und jede Sünde rechtfertigbar sei, zumal ein findiger Kopf doch wohl für jede beabsichtigte Untat irgendein Zweck finden könne, um damit die Untat zu rechtfertigen. Dies Moralkonzept öffne dann somit die Tore weit für jeden Amoralismus im Namen dieser Moral. Das ist auch der Grund, warum die Kirche die „der Zweck heilige die Mittel“ reprobiert, zumal ja oft gerade dem Jesuitenorden der Vorwurf gemacht wurde, so zu agieren. (So findet sich gar in dem Karl May Roman: „Scepter und Hammer“ ein so agierender Jesuit, der nicht mal vor Morden und der Anstiftung einer Revolution zurückschreckt!)
Somit wäre diese Causa erledigt, wenn es da doch noch unbequeme irritierende Anfragen gäbe. Der König Salomo gilt neben dem König David als der vorbildlichstes König Israels, sodaß ihm Gott auch die Gnade erwies, Gottes Tempel auf Erden erbauen zu dürfen. Seine Weisheit rühmt die Bibel und so wundert es nicht, daß gar ein „Buch der Weisheit“ ihm zugeschrieben wird, die Septuaginta betitelt dieses Bibelbuch so.
Nur, was müssen wir dann im 2.Kapitel des 1,Buches der Könige, isb 2,13-46, in der Einheitsübersetzung arg verschönigend mit: „Das Ende der Gegner Salomons“ betitelt, lesen? David empfiehlt seinem Thronnachfolger, eine Reihe potentieller Aufrührer gegen Salomo als dem Nachfolgerkönig zu töten, zu töten lassen, damit er in Frieden regieren könne. Die Durchführung der Auftragsmorde erzählt nun der angegebene Text des 2.Kapitels des ersten Königsbuches – ein für zart Besaiteter schwer erträglicher Text. König Salomon agiert hier eindeutig gemäß der Morallehre des Zweckes, der die Mittel heiligt: Um dem jüdischen Volke Bürgerkriege zu ersparen zwischen Aufrüherischen, ihn nicht als legitimen König Anerkennenden und ihm, läßt er alle potentiellen Revolutionäre töten, die, vor denen ihn König David ausrücklich gewarnt hatte: „Töte die, oder die werden Aufstände gegen Dich anzetteln!“
Menschen zu töten, die gar nichts Böses getan hatten, von denen nur der König David urteile, sie werden das tuen, wenn Du sie nicht daran hinderst, ist auch bei einer großzügigen Auslegung des Rechtes, einen Präventivkrieg führen zu dürfen, nicht legitimierbar. Das gilt gerade auch auf die Angriffe Israels und der USA auf die Atomanlagen des Irans mit der bloßen Behauptung, die iranische Regierung plane die Entwickelung von Atombomben!
Nun könnte man das Faktum, daß erst im 3.Kapitel des 1.Buches der Könige von Salomons Gebet um die Weisheit zum guten Regierenkönnen (3,2-15) als ein Distanzierungsakt gelesen werden: Bis dahin habe der König eben noch nicht weise regiert, aber eindeutig ist das nicht. Könnten wir König Salomo bezüglich dieser Auftragsmorde befragen, er würde uns antworten: Als König hatte ich dem jüdischen Volke zu dienen. Ich untersuchte die Frage: Was schadet meinem Volke mehr; Wenn ich eine begrenzte Anzahl von Revolutionären töten lasse oder daß ich es zulasse, daß die sich gegen mich erheben, einen Bürgerkrieg anzetteln, um so sich an die Macht zu bringen? Außerdem hätte er zu seiner Exculpation hinzugefügt: Wie würde wohl ein König, durch einen Bürgerkrieg an die Macht gekommen, mit dem jüdischen Volke umspringen, wenn er, um an die Macht zu kommen, gar einen Bürgerkrieg in Kauf zu nehmen bereit gewesen ist? Würde der nicht weiter regieren gemäß dem Motto des berühmten Westerns:“Leichen pflastern seinen Weg“?
Aber König Salomon konnte nicht wissen, ob diese potentiellen Putschisten wirklich gegen ihn revoltieren werden, David hätte sich auch mit seiner Prognose irren können. Nur hätte Salomo erwidern können: Das Leid, das durch solch einen Putschistenkrieg über das Volk gekommen wäre, für das ich nun mal die Verantwortung trage, wäre so viel größer gewesen als das, das den Tod potentieller Aufrührer, das meine Auftragsmorde doch legitmierbar waren.
Am liebsten würde man doch die Beurteilung dieser Auftragsmorde Gott ganz allein überlassen, aber man kann nicht umhin, dem König einfach ein unmoralisches Handeln vorzuwerfen, fällt doch schwer, auch wenn man der Verurteilung der Lehre, daß der Zweck, (hier die Bewahrung des Volkes vor Bürgerkriegen), das Mittel (des Auftragsmordes) heilige, verwirft.
Wenden wir uns nun König Saul, seinem Tode zu, nachzulesen im 1.Buch Samuel, im 31.Kapitel: König Saul, schwer verletzt im Kampf, tötet sich selbst, um nicht lebend in die Hände seiner Feinde zu fallen. Nach der katholischen Morallehre war dieser Freitod eine schwere Sünde. Auch in dieser Causa gilt, daß der Zweck nicht das Mittel des Freitodes billigt. Aber zu welchem Zwecke tötete sich denn nun dieser König: Er wollte so einen großen Schaden vor seinem Volke abwenden, denn gefangen genommen, hätte der Feind Israel erpressen können: „Tut das oder dies, oder wir töten euren König!“ Darf ein König, um eine solche Gefährdung von seinem Volke abzuwenden, sich selbst töten, wenn er nur so diesen Schaden abwenden kann? Hier stand der König in einer Dilemmasituation: Sich selbst zu töten, muß als eine Sünde angesehen werden, aber einen goßen Schaden von seinem Volke abwenden zu können, also erpreßbar zu werden, und den Schaden abwenden zu können, aber das nicht zu tuen, muß auch als eine Sünde angesehen werden.
Um dieses Problem klarer vor Augen zu bekommen, soll dieses Fall nun erörtert werden: Gesetz den Fall, zwei Kosmonauten befinden sich in ihrem Raumschiff auf der Rückreise zur Erde. Ein technischer Defekt führt dazu, daß ihr Sauerstoffvorrat nur noch für 5 Stunden reicht, dann werden sie ersticken, aber erst in 9 Stunden werden sie auf der Erde ankommen.Darf nun einer der zwei Kosmonauten sich das Leben nehmen, um dem Anderen das Leben zu retten? Da auch hier die Regel gilt, daß der Zweck nicht das Mittel heiligt, wenn das Mittel eine Sünde ist, dann müßte diese Frage verneint werden. Aber jemanden Unschuldigen das Leben retten können, und das zu unterlassen, muß auch als ein Verstoß gegen das Gebot der Nächstenliebe angesehen werden. Darf eine Sünde begangen werden, auch die des Freitodes, wenn das die einzige Möglichkeit ist, jemand anderem sein Leben zu retten? In eine religiöse Sprache übersetzt heißt das: Darf ein Mensch sein Leben opfern, um das eines anderen zu retten, wenn nur so das Leben des Anderen gerettet werden kann? Nun klärt sich diese Causa: Wenn der Sohn Gottes sein Leben aufopferte, um das vieler zu retten, dann muß es auch einem ihm Nachfolgenden erlaubt sein, sein Leben zu opfern, um anderen ihr Leben zu retten, wenn nur so deren Leben rettbar ist.
Aber dies Sichopfern widerspricht der Regel, daß kein auch noch so guter Zweck eine sündige Handlung, hier die des Freitodes, legitimieren könne. Aber wer wollte sagen, daß jemand, der sein Leben aufopferte, um anderen das Leben zu retten, sündigen würde? Müßte man dann nicht gar Jesus der Sünde bezichtigen, da er sein Leben opferte, um das der Vielen zu retten? Einen anderen nicht zu retten, obzwar man das könnte, muß auch als eine Sünde angesehen werden!
Offensichtlich ist die These, daß kein noch so guter Zweck keine Sünde rechtfertigen, gar heiligen könne, nicht so eindeutig wahr, wie es uns die Morallehre der Kirche suggeriert!
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