Sonntag, 13. Juli 2025

Wozu brauchen wir noch die Religion bzw die Religionen oder die Aufhebung der Religionen!

 

Wozu brauchen wir noch die Religion bzw die Religionen oder die Aufhebung der Religionen!

Der „Feinschwarz“-Artikel: Religion und sozialkulturelle Transfor-mation:Europäische Perspektiven“ versucht auf diese Frage eine Antwort zu geben auf der Basis einer Tagung zu dieser Thematik. Der Fundamentaltheologe Kurt Appel stellt in diesem Artikel die grundlegende Position des interdisziplinären Forschungszentrums „Religion and Transformation in Contemporary Society“ (RaT) der Universität Wien dar.

Eines der Hauptprobleme unserer gegenwärtigen Gesellschaften besteht darin, dass ihr immer mehr eine gemeinsame Vision oder ein einigendes Band abhanden kommt, wie es früher noch durch Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und einer geteilten Kultur vorhanden war – ohne dass man dies glorifizieren muss, denn natürlich führte dies auch leicht zum Ausschluss des >Anderen<“.

Eine Gesellschaft würde also zusammengehalten werden durch das Band einer gemeinsamen Vision. Die Gesellschaft wird hiermit als ein gemeinschaftliches Projekt der Realisierung eines Zieles verstanden. Aber die gegenwärtigen Gesellschaften verfügten nicht (mehr) über eine solche sie vereinende Zielvorstellung. Verständlich wird diese Vorstellung durch die These des Philosophen Lyotard, daß die „großen Erzählungen“ in der Postmoderne ihre Glaubwürdigkeit verloren haben: Als Subtext ist also vorauszusetzen: Erstens, daß die Modere als eine durch die Säkularisation der Erlösungserzählung der christlichen Religion zu begreifen sei.Die Erlösung wird zu der Aufgabe des Menschen,wobei das erhaltende Moment das des Festhaltens an der Erlösungsbedürftigkeit und der Erlösbarkeit des Menschen ist und das negierende, daß der Mensch sich nun selber zu erlösen habe.Beides zusammen ist die Aufhebung der Religion in säkularisierte Erlösungserzählungen der Emanzipation und Befreiung des Menschen.Diese haben nun ihre Glaubwürdigkeit verloren. Das sei das Fundament der Postmoderne.

Das meint die Aussage des Verlustes der gemeinsamen Visionen. Gemeinsam ist hier auch als die Antithese zu individuell, persönlich zu lesen.Politische Visionen sind hier vor allem gemeint.J.Habermas nennt das das unvollendete Projekt der Moderne, das nun im Namen der Postmoderne als unvollendbar verurteilt wird. Dies Projekt müsse nun gegen seine Kritiker verteidigt werden.

Aber noch ein weiterer Subtext liegt dieser Bestimmung der Hauptprobleme zugrunde: Ernst Blochs Texte zur Utopie.Seine Frage lautete: Warum hat nicht die marxistische Linke sondern in Deutschland der Faschismus gesiegt? Seine Hauptthese war die, daß der marxistische Sozialismus in seinem Eigenverständnis als der wissenschaftliche Sozialismus die Bedeutung der Utopie für den politischen Kampf unterschätzt habe, seine mobilisierende Kraft. Selbst in der Bibel forschte er so nach Hoffnungstexten, die als Utopien eine mobilisierende Kraft innewohne. Damit legte er das Fundament für eine“materialistische Bibellektüre“ als ein wesentliches Element der marxistischen Befreiungstheologie. Visionen, Utopien treiben die Menschen zu Revolutionen, keine wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Man kann deshalb von einem Zurück zu den Quellen des Utopisch-Visionären sprechen, da die säkularisierten Derivate nicht mehr recht überzeugten.

Aber wie sollen die Texte der Religionen nun wieder gelesen werden? „Religionen sind voll von Geschichten, in denen sich die unterschiedlichsten Hoffnungen und Verletzungen des Menschen spiegeln.“ Sie sollen als Inspirationsquellen für ein neues utopisches Denken und Handeln gelesen werden. Das ist, man will die Texte so lesen, wie es die modernistische Bewegung nach dem Urteil Papst Pius X verlangt:„Die Begriffe von Seligkeit und Erlösung werden in weltliche oder politische Ziele uminterpretiert.Dies reduziert die Geistlichen zu politischen Aktivisten und der Papst wird zum bloßen Förderer von Belangen der säkularen Welt degradiert.“ 1

Wie sieht dann die Vision, die (auch) aus den religiösen Quellen revitalisiert werden sollen? „Die Grundvision von RaT besteht darin, einen kleinen Beitrag für die Entwicklung eines gemeinsamen Bandes in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft zu leisten. Ein solches muss auf der Anerkennung des Anderen und der Bejahung von Pluralität und Menschenwürde gründen und dabei die Religionen mit einbeziehen. Die universitäre und damit kritische Reflexion religiöser Überzeugungen und Traditionen ist dabei notwendig und auf Grund der religiösen Vielfalt wichtiger denn je.“

Die Vision ist also die einer universalistischen Weltrepublik auf dem Fundament der Menschenrechte und der Bejahung der Pluralität.Dabei seien die Religionen auf diese Vision hin Beförderndes und Infragestellendes zu überprüfen. Wo Utopien proklamiert werden, da gibt es auch Feinde, das sind die,die sich der Realisierung der Vision Entgegenstellenden. Jetzt tritt der Feind auf: „Wohin angesichts dieser Herausforderung die römisch-katholische Kirche geht, ist nicht ganz abzusehen: Einerseits gibt es Strömungen, die sektenähnlich neue massive Grenzen und dabei künstliche, d.h. auf keine wirklich geschichtlichen Erfahrungen beruhende Identitäten aufbauen wollen, die sehr stark über Ausschluss funktionieren. Ein typischer Satz dieser Strömung könnte sein: „Wir sind diejenigen, wo ein Mann noch ein Mann und eine Frau noch eine Frau ist und grenzen uns ab gegen Gender-Ideologie (auch wenn wir nicht genau wissen, was das ist, aber es ist die letzte moralische Überlegenheit, die uns bleibt, gegen diese Ideologie Widerstand zu leisten…), Transpersonen, Homosexuelle, liberale Relativisten etc.“

Der Feind ist also jeder Kritiker der LGBTQ- Bewegung und das Heerlager der Kritiker ist nun in der Katholischen Kirche beheimatet, aber wohl nicht nur da! Die Texte der Religionen seien also so zu lesen, daß sie siich als förderlich für die Anliegen der Menschenrechte und der LGBTQ- Bewegung erweisen.Für die Religionen verbleibt so nur noch die Aufgabe, Unterstützendes für die Menschenrechtsideologie und die Anliegen der LGBTQler hervorzubringen.Das ist die völlige Instrumentalisierung der Religionen für politische Zwecke und ihrer Beraubung von allen religiösen Gehalten.

Völlig unreflektiert bleibt dabei aber auch, ob denn die Menschenrechte und gar die Anliegen der LGBTQ universalisierbar sind. Immerhin scheiterte der Versuch, Afghanistan gewaltsam zu verwestlichen kläglich , und die Regierung des Iran widersetzt sich bis jetzt der Anerkennung der Menschenrechte und der LGBTQ. Muß man nun gegen den Iran einen Krieg führen, um da diese Ideologien durchzusetzen, wie es vordem schon mit Afghanistan versucht worden war? 









1Taylor R. Marshall, Infiltriert,2020,.S.67.

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