Dienstag, 15. Juli 2025

„Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“: das Projekt der Moderne, nur was meint da „Freiheit“?

 

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“: das Projekt der Moderne, nur was meint da „Freiheit“?



Für „Freiheit“ ist jeder, aber sobald nachgefragt wird, was denn unter diesem Begriff überhaupt zu verstehen sei, wird es schwierig: Irgendwie sei das etwas sehr Gutes und Wichtiges, aber was denn genau? Es soll hier nun eine erste Orientierungsskizze versucht werden, ohne damit aber schon hinreichend den Gehalt dieses Begriffes explizieren zu können.

Als erstes muß unterschieden werden zwischen der Willens- und der Handlungsfreiheit. Frägt die Handlungsfreiheit danach, ob ich realisieren kann, was ich will, so frägt die Willenfreiheit: Will ich das, was ich will, auch freieillig oder muß ich das, was ich will, wollen.

Im politischen Diskurs wird unter der Freiheit die Handlungsfreiheit verstanden. In unserer modernen Gesellschaft hängt die Handlungsfreiheit primär von meiner Kaufkraft ab: Je ärmer ich bin, desto weniger Wünsche kann ich realisieren, sofern zur Realisierung des Willens der Kauf von etwas nötig ist. Wer reich ist, kann sich einen Fernurlaub leisten, weniger Betuchte urlauben in der Heimat und Arme können gar nicht verreisen. Das ist so trivial, daß dieser Punkt in der politischen Diskussion gar nicht thematisiert wird, denn es solle doch nur um politisch bedingte Eingrenzungen der Freiheit gehen, nicht um soziale. So galten die DDR-Bürger als unfrei, da sie nicht im Westen urlauben durften, wohingegen ein Westdeutscher, der ob seiner Armut nicht urlauben kann, als frei galt, da diese Unmöglichkeit keine politisch verschuldete ist.

Aber wie nun, wenn ein Mensch etwas Unmögliches will, etwa daß er an zwei Orten gleichzeitig sein möchte? Ist dann die Unmöglichkeit der Realisierung dieses Wunsches als Unfreiheit anzusehen? Ich schlage vor, von der menschlichen Handlungsfreiheit als einer endlichen zu sprechen, sodaß die Nichtrealisierbarkeit von einem Menschen unmöglich zu realisierenden Wünschen nicht als eine Unfreiheit zu bestimmen sei.

Wie steht es nun um Wünche, die aus moralischen Gründen unmöglich reallisierbar sind? Zur Veranschaulichung: Ein Vater will als Pädophiler mit seinem leiblichen 10 jährigen Sonn Sex. Ist das moralische und strafrechtliche Verbot der Realisierung dieses Wunsches eine Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit des Bürgers? Wenn die Freiheit gleichgesetzt wird mit der Willkür: Alles, was jemand will, solle er auch realisieren können!, dann wäre jede Moral und jedes Strafgesetz eine Beeinträchtigung der menschlichen Handlungsfreiheit. 2 Möglichkeiten sehe ich: Die erste, daß Freiheit als Willkür verstanden wird, alles realisieren zu können, was man wolle, das ist das Freiheitsverständnis des radicalen Marquise de Sade. Die zweite, daß die Handlungsfreiheit bedeutet, nur die Wünsche realisieren zu dürfen, die moralisch legitim sind. Kant. Wenn der Mensch aber nur das realisieren könnte, was moralisch legitim ist, dann könnte er das moralisch Gesollte nicht mehr in einer moralisch qualifizerbaren Weise realisieren. Ein Ehemann kann nur dann seiner Frau treu sein, wenn es für ihn eine realisierbare Möglichkeit zur Untreue gibt.

Hier könnte man sich aus dieser Problemtik herauswinden, wenn man die Distinktion der wahren und der unwahren Freiheit einführte, daß die wahre Handlungsfreiheit darin bestünde, nur das moralisch Gute zu realisieren und daß es nicht zur wahren Freiheit gehöre,sündigen zu können. So argumentiert etwa Anselm von Canterbury in seiner Schrift über den freien Willen. Aber gäbe es keine Freiheit zum Sündigen, gäbe es auch keine Freiheit zum Gutes Tuen, denn unfreiwillig Gutgetanes ist kein moralisch Gutgetanes. So halte ich es- vorbehaltlich einer besseren Einsicht, für sinvoll, von einer menschlichen Handlungsfreiheit zum Guten wie zum Bösen zu sprechen, womit dann notwendig die Aufgabe verbunden ist, die Handlungsfreiheit zum Bösen einzuschränken, wenn nicht gar zu unterbinden.

Nun zeitigen Handlungen in der Regel Konsequenzen: Will ich ein Buch kaufen, muß ich es bezahlen. Kann nun dies als eine Einschränkung meiner Handlungsfreiheit angesehen werden, daß ich das Buch nicht kaufen kann, ohne es bezahlen zu müssen? Ein anderes Beispiel: Wenn ich, sagte ich in einem islamisch regierten Land, daß Mohammed nicht der Prophet Gottes sei, mit einer Bestrafung rechnen muß, ist das dann keine Handlungsfreiheit mehr? Die Qualität der Konsequenzen, daß ich das eine Mal etwas von mir Gekauftwollendes bezahlen muß und daß ich beim anderen Male bestraft werde, weil ich etwas Unerlaubtes sage, ist doch verschieden, aber wie verschieden? Zum Kaufen gehört notwendig das Bezahlen des Gekaufttwerdensollenden, aber es liegt nicht im Wesen einer Meinungsäußerung, dafür bestraft zu werden. Wer etwas realiseren will, das notwendige Konsequenzen für den Realisierer zeitigt, und der diese Konsequenzen nicht tragen will, kann dies nicht als eine Beeinträchtigung seiner endlichen menschlichen Handlungsfreiheit ansehen. Wer aber für eine Meinungsäußerung bestraft wird, der darf dies als eine Beeinträchtigung seiner Handlungsfreiheit ansehen. Nun wird man aber auch nicht jede Bestrafung einer Handlung als eine Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit ansehen dürfen oder wollte jemand, die Bestrafung eines Mörders als eine Beeinträchtigung seiner Handlungsfreiheit ansehen. Das gilt aber nur, wenn man eine Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit per se als etwas Negatives bewertet, sonst könnte geurteilt werden: Ein Mörder verfügte über die Handlungsfreiheit zum Morden und dafür wird er dann rechtens bestraft. Es gäbe also Handlungsfreiheiten, die rechtens durch die Androhung von Strafen beeinträchtigt wird.

Aber nun wird man doch sagen, daß diese Überlegungen dem Freiheitspathos der Moderne nicht gerecht werden. Und das ist das Problem, daß offenkundig unter dem Begriff der Freiheit seit der Französischen Revolution etwas ganz anderes verstanden wird, nämlich ein Erlösungsnarrativ: Die bisherige Menschheitsgeschichte wäre die des unterdrückten Menschen, dessen Aufgabe nun die seiner Selbstbefreiung sei und daß damit erst die wahre Menschheitsgeschichte anfinge. Nur bleibt dabei völlig ungeklärt, warum der Mensch, ist er erst wirklich ein freier Mensch nur noch das Gute Wollen und tuen sein wird und nicht etwa ganz frei Böses.

Das eigentlich philosophisch theologische Thema der Willensfreiheit wird hier nun an den Rand gedrängt, weil es nicht das Thema des Projektes der Moderne ist: Was ich will, will ich das auch freiwillig, daß also, wenn ich A will auch A nicht wollen könnte. In der Welt, die durch Indikative ausgesagt wird, existiert keine Willensfreiheit, in ihr gibt es nur das, was ich wollte und will. Aber zu jeder indikativischen Aussage: Ich will A kann ich die konjunktivische: Ich könnte auch -A wollen, bilden. Dieser Konjunktiv erschließt sich die Welt der Freiheit, in und durch ihn ist die menschliche Freiheit. Nur ist diese nicht in der durch Indikative aussagbaren Welt vorhanden, so wie Eindrittel nicht als ein Element der Zahlenmenge der Dezimalzahlen existiert. Aber dem Projekt der Moderne ist dies Moment der Oberflächlichkeit immanent: Man kapriziert sich auf die Frage: „Kann ich, was ich will“ und vernachlässigt die, ob ich denn auch frei will, was ich will.



Es müßte nun noch erörtert werden, was die Bedeutung von: „Freiheit wovon?“ und „Freiheit wozu?“ und was unter der Freiheit verstanden wird, zu der uns Christus befreit habe. Das kommt später!

Außerdem wurde unter der Parole der Freiheit bis heute im politischen Raum die Emanziption des Menschen von Gott und seiner Kirche verstanden, daß er nun autonom sich selbst bestimmen solle, daß es keine metaphysische Ordnung gäbe,die des Guten, Wahren und Schönen sondern nur Ordnungen, die der Mensch selbstständig hervorgebracht hat und hervorbringt.  







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