Die Kirche in der Krise – stünde sie nicht ohne die christliche Religion besser dar?
Ganz optimistisch gestimmt beginnt der „Feinschwarz“ Artikel zur Überwindung der Krise der Kirche so: „Das Christentum wird in einer „postsäkularen Gesellschaft“ (Jürgen Habermas), in der religiöse und nichtreligiöse Lebensentwürfe nebeneinander bestehen, gut leben können – wenn wir uns von christlichen Monopolansprüchen verabschieden und die theologische Herausforderung dieser Situation annehmen.“1 Der Exreligionslehrer Herr Spaeth stellt dann sein sehr praktisch orientiertes Konzept vor. Sein Ausgangspunkt ist das Faktum, daß sehr viele Menschen in (nicht nur in) Deutschland religiös uninteressiert sind, ja daß selbst der Kirche (noch) Angehörende religiös gleichgültig sind. Diese Menschen könne so die Kirche, sich als ein Religionsdienstleister nicht mit seinen Angeboten erreichen. Also müsse die Angebotspalette verändert werden.
Statt eines theoretischen Konzeptes offeriert er seiner Leserschaft gleich ein praktisches Anschauungsbeisiel: „Vor kurzem hatte ich, seit 40 Jahren katholischer Theologe, das interessante Vergnügen, einer „freien Trauung“ vorzustehen. Ein Freund und seine Frau waren der Meinung, ich sei aufgrund unserer persönlichen Beziehung und meiner Lebenserfahrung für sie der richtige „Trauredner“. Beide sind ohne antireligiöse Affekte – Religion hat ganz einfach keine Bedeutung für sie.“
Das ist die Zukunftsperspektive der Kirche! Wenn die christliche Religion nicht gefragt ist, dann bietet die Kirche eben, wie gerade berichtet, eine Traufeier ohne Religion an. So könnte die Kirche dann auch Taufen und die Erstkommunion und die Firmung und die Beerdigung mit und ohne die christliche Religion potentiellen Kunden anbieten! Die Kirche soll eben der christliche Religion keine Monopolstellung zuschreiben. Der Gedanke ist von bestechender Schlichtheit: Ein Buchhändler, der nur Klassiker in seinem Geschäft anbietet in der Meinung, daß nur die Klassiker lesenswert wären, wird in Bälde den Konkurs anmelden müssen, nur einer, der für jeden Geschmack etwas in seinen Regalen stehen hat, kann geschäftlich überleben. So habe die Kirche auch ihr Angebotsprogramm zu erweitern, eben auch für die vielen an der christlichen Religion Desinteressierten sie Ansprechendes zu kreieren.
Da könnte neben der traditionalistischen Osternachtsfeier ein fröhliches Frühingsfest, neben den Weihnachtsgottesdiensten Lichtfeierveranstaltungen treten und warum nicht am Sonntag einen feucht-fröhlichen Frühschoppen starten! Die Institution Kirche solle eben ihr Angebot, das der christlichen Religion nur noch als ein Angebot neben anderen gleichberechtigten ansehen!
Ganz auf die christliche Religion solle so die Kirche nicht verzichten, so als ein Randgruppenangebot kommt es ja noch bei einigen an, aber es gälte nun, sich auf den neuen potentiellen Kundenkreis der an der Religion Desinteressierten neu auszurichten!
Das dem zugrunde liegende Kirchenverständnis beeindruckt durch seine Simplizität: Die Kirche ist ein Freizeitgestaltungsunternehmen, das auch Angebote für religiös Interessierte aufweist! Dabei ist der Kunde König: Er bekommt, was er will! Rabiater kann man die Kirche nicht zerstören als durch dieses Vermarktwirtschaftlichungskonzept der Kirche!So triumphiert der Anthropozentrismus im Gewande der Kundenorientierung, als gäbe es für die Kirche nur die Norm, die Kundenwünsche zu erfüllen.
1Feinschwarz, 16.7.2025:Liquidierung der Religion: Säkularisierung als Herausforderung zu einem theologischen Lernprozess
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