Sonntag, 9. November 2025

Über die fröhliche Markttheologie – was sie alles uns verspricht und was sie uns nimmt

 

Über die fröhliche Markttheologie1 was sie alles uns verspricht und was sie uns nimmt



In dem Buch: „Zur Tytrannei der Werte“ wird unter dem Begriff der Theologie eine Lehre vom Heil für den Menschen verstanden und der Begriff des Marktes soll das Medium bezeichnen, das uns das Heil verspricht, wenn wir denn nur gemäß den Marktgesetzen uns selbst verstehen und dem gemäß auch agieren. Dabei tritt der Mensch als Subjekt, wie es in der postmodernen Philosophie fast üblich geworden ist, in zweifacher Stellung auf, als das von einer Ordnung Unterworfene, als Subjectum und als das Subjekt auf, als das alles selbst Bestimmende. Diesem so zweifach verstandenem Subjekt gelten nun die Verheißungen der Markttheologie, wobei hier diese Art von Theologie auch als die Alternative zur christlichen Theologie sich versteht, indem sie selbst diese zu einer Ware des Marktes, die ihre Käufer sucht, herabstuft.

So wird diese der Marktwirtschaftsideologie immanente Paradies-vorstellungen dann näher bestimmt: „Dessen Paradiese verlocken und verführen,weil sie ein Begehren nicht vollständig befrieden und sättigen.Ein Hunger nach Weiterem muss immer bleiben.Vollkommenheit als vollkommen gestillter Hunger würde den Markt und die Wirtschaft vollkommen durcheinanderbringen.“2 Die Verheißung, durch den Konsum von vielen Waren einmal satuiert zu sein, verschiebt sich immer wieder zu der Hoffnung, daß noch eines fehle, das es noch zu konsumieren gälte, um endlich zufrieden zu sein. Hier tritt der Konsument nicht in der Position des königlichen Kunden auf, sondern als ein durch diese Verheißung zu immer weiterem Konsumieren Getriebener. Konsum ist Pflichtheißt es deshalb.3 Resümierend wird dann festgestellt: „Der Aufstieg vom Menschen zum Endverbraucher war das Programm fröhlicher Markttheologen.Sie erhoben den Markt zum Erlöser,Retter und Befreier, zu einer Glaubensmacht,die keinen verlässt,der sich seiner Gnadenmittel beflissen als Marktgerechter versichert.“4

Diese religiöse Sprache disiertverwendet hier Straub absichtlich, um den religiösen Charakter dieser Marktideologie zu erfassen, daß nun der freie Markt verheißt, was einst der Gläubige von Gott sich erhoffte. Der heutige politische Duskurs, das müßte jetzt ergänzt werden, bejaht diese Markttheologie und sieht so seine Aufgabe darin, a) die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß massenhaft die zu konsumierenden Güter von der Wirtschaft auch produziert werden können und daß b)die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen daß alle, eher so viel wie möglich auch als Käufer der Waren fungieren können. Um es im Geiste des Eudaimonismus zu formulieren: Der Raum möglichen Glückes ist der durch den Markt ermöglichte Konsum des Endverbrauchers und der Staat soll es ermöglichen, daß der Markt so funktioniert.

Die Menschen müßten dafür angeglichen und gleichförmig gemacht werden: Der Markt könne nämlich nur so funktionieren, „wenn die Mannigfaltigkeit der Begehrlichkeiten standadisiert wird,Massenware und Luxusprodukte zu ein und der gleichen Wertordnung gehören.“5 Die Massenproduktion verlangt den Massengeschmack, der selbst wiederum durch den Markt erzeugt wird. Der Mensch fungiere so nur noch als Arbeitstier und als Kunde auf dem Markt.“6 Er ist nur noch als ein dem Markt Unterworfener, als subjectum.Hierbei ist also die ideologische Fiktion vom Kunden als dem Keinenönig des freien Erwählens und seiner faktischen Indienstnahme durch die Ordnung des Marktes strikt zu unterscheiden.

Bedenkenswert ist dabei der Versuch, die Marktwirtschaft nicht einfach nur als eine Ordnungsmöglichkeit der Ökonomie zu begreifen, sondern in seiner quasi religiösen Dimension zu erfassen, daß diese Ordnung dem Menschen das Glück auf Erden als ein mögliches vor Augen stellt als die Option des unbegrenzten Konsumes.

Das dieser Wirtschaftsordnung immanente Problem ist nicht auf den ersten Blick offenkundig, daß nämlich einerseits diese Ordnung eine fast unbegrenzte Kaufkraft der Konsumenten verlangt und daß andererseits zur Gewinnmaximierung die Produktionskosten zu senken sind und das heißt, daß die Löhne klein gehalten werden sollen, was aber die Kufkraft der Konsumenten beeinträchtgt: Als Arbeiter soll er wenig verdienen und als Konsument über eine große Kaufkraft verfügen, damit die massenhaft produzierten Güter auch verkauft werden können.

Erstaunlicherweise wird dann in diesem Buch die Kritik Karl Marx an dieser Marktwirtschaftsordnung zugefügt, wie sich diese Ordnung auf das Miteinander der Menschen auswirkt,erstaunlich, da der Verlg, in dem dieses Buch erschienen ist, eher conservativ- rechts orientiert ist. Über die Grundwerte der bürgerlichen Gesellschaft: Freiheit,Gleichheit, Eigentumspottet Marx: „Freiheit! Denn Käufer und Verkäufer einer Ware,z.B.der Arbeitslraft,sind nur durch ihren freien Willen bestimmt.Sie kontrahieren als freie,rechtliche ebenbürtige Personen.Der Kontrakt ist das Endresultat,worin sich ihre Willen einen gemeinsamen Rechtsausdruck geben.Gleichheit! Denn sie beziehen sich nur als Warenbesitzer aufeinander und tauschen Äquivilant für Äquialent.Eigentum!Denn jeder verfügt nur über das Seine! Bentham! Denn jedem von beiden ist es nur um sich zu tun.Die einzige Macht,die sie zusammen und in ein Verhältnis bringt,ist ihres Eigennutzes.(,,,)ihrer Privatinteressen.“ So weit Marx Kritik, die die Ordnung des Marktes als bloßen Raum der wechselseitigen Realisierungen von Privtinteressen ansieht, in der jeder nur ein Mittel zur Realisierung der Privatinteressen des Anderen sein kann. Dem Menschen als Zoon politicum wird somit sein gesellschaftliches Leben nur noch ein Mittel zur Steigerung des Genusses seines Privatlebens, das ihm das Reich des Konsumierens ist. Aber der so verprivatisierte Mensch verfehlt sein Leben als Mensch, lebt entfremdet von sich, urteilte Karl Marx als, um es mit dem marxistischen Philosophen Althusser zu formulieren der noch humanistisch denkende Marx, bevor er ein Marxist wurde.

Man tut sich keinen Gefallen, alles, was Karl Marx schrieb, zu verdammen, nur weil es von ihm stammte. Das gilt ebenso für den ihm gleichbürtigem Philosophen Nietzsche! Es ist ein Stärke der kaholischen Theologie, stets im Gespräch gewesen zu sein und zu sein mit der Philosophie.

Wenn alles zur Ware wird, wird auch der Mensch zu einer Ware, die, wenn sie keinen Gebrauchswert mehr hat, nichts mehr wert ist. 









1Eberhard Straub, Zur Tyrannei der Werte, 2019, S.92.

2A.a,O. S.92.

3A.a.O.S.92.

4A.a,O. S.92.

5A.a.O. S.91.

6A.a.O. S.91.

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