Freitag, 4. März 2016

Der "Mißbrauchsskandal" und theologische Konsequenzen

"Sie [K. Demasure, Geschäftfführerin des Zentrums für den Kinderschutz der päpstlichen Universtät Roms] berichtete davon, dass sich Missbrauchsopfer häufig die klassische Theodizeefrage nach der Güte, Allmacht und Gerechtigkeit Gottes stellen: Ist Gott wirklich in Sorge um mich? Wenn ja, warum hat er nicht eingegriffen? Oder wollte er und konnte nicht? Oder hat er vielleicht gar nicht gesehen, dass ich das nicht verdient habe? [...]
 "Die Opfer glauben häufig, dass sie selbst daran Schuld sind, missbraucht worden zu sein", so die Trauma-Expertin. Sie rät daher davon ab, ihr Leiden noch in irgendeiner Art und Weise zu überhöhen. "Eine Kreuzestheologie, wie sie Anselm von Canterbury vertreten hat, müssen wir deshalb infrage stellen." Das Argument, dass Jesus immerhin auch gelitten habe, um uns von den Sünden zu erlösen, sei der falsche Ansatz." So kommentiert. Katholisch de am 3.3. die Causa der Mißbrauchsfälle. Anselm von Canterburys Beantwortung der Frage: Warum wurde Gott Mensch und starb für uns am Kreuze, zu reprobieren, gehört zu den Selbsverständichkeiten modernistischer Theologie. So wird hier nun mal wieder, Karfreitag steht ja vor der Türe, kräftig gegen ihn Nein gerufen. Die Überschrift des Kommentares signalisiert schon  die Tendenz: "Das Gottesbild verdunkelt", daß wir es eben mit Gottesbildern in der Religion zu tuen haben, sodaß zu fragen ist nach der Nützlichkeit bzw. Schädlichkeit eines Gottesbildes für den Menschen. Statt nach dem zu fragen, wie Gott wirklich ist, wird so gefragt, welche Vorstellung für uns Menschen guttuend ist!
 
Denken wir uns nun den Menschen Jesus von Nazareth, ein paar Tage vor seinem Kreuzestod in der Seelsorge bei dieser "Trauma-Expertin". Er sagt ihr, daß sein göttlicher Vater, ihm, seinen einzigen Sohn, gebietet, am Kreuze für die Sünden der Menschen zu sterben als Sühnopfer. "O, das ist aber eine ganz und gar unmenschliche Vorstellung von ihrem göttlichen Vater"- (zu vermuten ist dabei natürlich ein traumatisiertes Verhältnis Jesu zu seinem realen leiblichen Vater, das er nun auf seinen göttlichen projiziert- so analysiert die Therapeutin!) "Von diesem Gottesbild mußt du dich frei machen. Selbstredend hast du wirkliche Feinde, die dir nach dem Leben trachten, aber das darfst du nicht "überhöhen", als hätte diese Feindschaft etwas mit Gott zu tuen, denn er ist die Liebe und dein Freund. Sehe das nüchtern: Wenn dich Pontius Pilatus töten sollte, zum Kreuzestod nicht verurteilen sollte, dann ist das ein politisches Willkürurteil, das mit Gott nichts und gar nichts zu tun hat."
Aber da die erfahrene Therapeutin weiß, daß solche dogmatischen Lehren nicht wirklich helfen, erzählt sie dem verblendeten Jesus noch eine Geschichte mit einem positiven Gottesbild: Abraham erlitt einen fürchterlichen Albtraum, daß er seinen einzigen Sohn Gott zu opfern hätte, aber Gott befreite ihn aus diesem Horrortraum: Nicht Menschenopfer will ich, schon gar nicht deinen Sohn! Und so befreite Gott uns alle vor dem Wahn, daß Gott überhaupt Opfer wolle oder daß er überhaupt strafe! Ob diese Therapie bei Jesus gefruchtet hätte, sodaß er sich nicht hätte kreuzigen ließ? Woher kommt dann nur dies schädliche Gottesbild, daß Gott Menschen auch straft? Die Antwort ist einfach. Diese Aussage gehört zu den zentralen der hl. Schrift und ist so auch immer von der Kirche gelehrt worden. Aber das soll jetzt nicht mehr gelten! Diese Gottesvorstellung muß genichtet werden um der Therapie willen!
Selbstredend lehrt die Kirche nicht, daß jedes Unglück, was Menschen zustößt, eine göttliche Strafe ist, aber sie lehrte immer, daß ein Unglück eine Strafe Gottes sein kann!  Für Israel war eben die Katastrophe 586 v. Chr. nicht einfach eine militärische Niederlage, sondern das von Gottes Propheten angekündigte Strafgericht Gottes. Israel erkannte dies aber gerade daran, daß Gott es seinem Volke vorher durch die Propheten ankündigen ließ- das Ereignis an sich ist nicht so klar, daß es als göttliches Gericht eindeutig erkennbar ist, auch nicht für das religiös geschulte Auge. Es bedurfte dazu der Prophetie- aber es darf nun nicht geurteilt werden: Wo keine prophetische Ankündigung eines Gerichtes sich ereignet, da findet auch kein göttliches Gericht statt!  
Und die Fragen der Theodizee, warum denn Gott es zuließ, daß Menschen Leid widerfährt, kann man auch nicht durch freundliche liebe Gottesbilder zum Schweigen bringen: Da, wo gelitten wird, muß und darf der Christ fragen: Warum? Eine Theologie, die diese Frage nicht mehr zuläßt, ist keine Theologie mehr!   Vgl dazu Uwe Christian Lay: Der gute Gott und die Übel. Theodizee- mein eigener Versuch zu dieser Frage als Buch erschienen.          

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen