Montag, 28. März 2016

Gott war dabei- mitleidend am Kreuze Christi- eine kleine Polemik

Wer hat diese zur Phrase verkommende Verkündigung zum Karfreitag noch nicht gehört: als Christus am Kreuz litt, litt Gott mit ihm; die Frohbotschaft des Kreuzes lautet also: wenn immer Du leidest, leidet Dein Gott mit Dir.
Starten wir eine Probe. Denke Dir, werter Leser, Du liegst mitten in einer Wüste, kurz vor dem Verdurstungstode. Du hast schon so lange kein Wasser mehr getrunken, Du kannst Dich an den letzten Tropfen nicht mal mehr erinnern. Dann stirbst Du elendig, verdurstet.
Nun kommt die christliche kreuzestheologische Variante: Du liegst wieder mitten in der Wüste, und Du spürst: Der Tod ist ganz nah bei Dir. Da steht Jesus Christus neben Dir. Er trinkt aus einer vollen Wasserflasche und sagt zu Dir: Ich bin bei Dir. Ich leide mit Dir. Und dann stirbst Du elendig verdurstet. Ist Dir dieser Jesus Christus ein Heiland, ein wahrer Freund, der seinen Freund auch in der schlimmsten Todesstunde nicht allein läßt? Möchtest Du einen solchen zum Freunde haben, der Wasser trinkt, Dich verdursten läßt und Dir zusagt: Ich bin jetzt bei Dir? 
Aber mehr soll dieser Gott des Kreuzes nicht sein! Stürbest Du  da nicht lieber allein als im Dabeisein eines so gearteten Freundes?
Nietzsche urteilte, daß wir Gott getötet haben. Das ist eine sehr wahre Einsicht, denn am Karfreitag ließ sich der Sohn Gottes wirklich von Menschen töten. Aber dabei läßt es die Theologie nicht bewenden: Sie tötet Gott noch einmal, indem sie aus Gott einen bloßen Zuguckgott macht, der angesichts der Leiden der Welt nur ohnmächtig die Hände über den Kopf zusammenschlägt, vor sich hin murmelnd: Ich leide da mit.  
Im Hintergrund steht dabei die Philosophie des Personalismus, die ihren prägnantesten Ausdruck in dem Film" Casablanca" findet, dieser einmaligen Szene: Schau mir tief in die Augen, Kleines. Begegnung ist eben Alles, daß Da ein Du ist, das zu mir Du sagt und ich zu ihm auch Du. Und diese Duzerei soll dann alles Leiden und alle Qual überwinden, weil da ein Du ist, wenn ich zu Tode gequält werde oder einfach verdurste! Denn der Gott dieser Philosophen ist eben der Du-Da- Gott. Mit dem Gott der hl. Schrift und der Lehre der Kirche hat der zwar nichts gemein, aber in Zeiten, da Einsamkeit und Isolation eine viele Menschen betreffendes Problem ist, soll eben dieser Du-Da-Gott ausreichen zum Trost und Vertrösten. Denn mehr als einfach nur dabeisein kann der Gott der Moderne nicht mehr; alle anderen Fähigkeiten beraubt (die allseits bekannte Kritik an dem Begriff des allmächtigen Gottes war eben erfolgreich) muß Gott sich darauf limitieren, immer dabei zu sein.Aber hat der Atheist nicht dann recht, daß er lieber allein in der Wüste sterben möchte als im Beisein eines Gottes, der nur murmeln kann: Ich bin bei Dir, während er selbst Wasser trinkt oder aus Solidarität eine Trinkpause macht: Ich leide jetzt mit Dir, die Flasche Wasser absetzend?  

Zum Thema Theodizee verweise ich hier auf mein eigenes Buch dazu:
Uwe Christian Lay, Der gute Gott und das Leid. Theodizee.  

Corollarium 1
Dem Du-Da-Gott korrespondiert dann auch das moderne Offenbarungsverständnis: Gott offenbart danach nichts (schon gar keine Satzwahrheiten, auch Dogmen genannt) sondern nur: Ich bin da als Du für Dich- sonst nichts, denn er ist ja auch nur der große Dusager!    
 

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